#26
Ja, er hatte einen Fehler gemacht. Das hatte Koryn bereits zu Beginn bereitwillig eingestanden. Aber hatte er nicht genau wie Mytria ein Recht darauf, Fehler zu machen – fehlbar zu sein? Hatte er nicht genau auch ein Recht auf seine Gefühle, deine Trauer und den Wunsch, nach den gestrigen Ereignissen wieder etwas Selbstvertrauen zu gewinnen? Oder hatte in Mytrias Augen nur sie selbst das Verständnis verdient, das sie so forsch von anderen einforderte? Der Kel Dor hätte sich bereitwillig ihrem gerechten Zorn unterworfen, wenn er ihr dafür etwas von seinem Essen hätte abtreten, beim Aufräumen helfen oder sogar die ein oder andere spitze Bemerkung hätte erdulden müssen. Doch in Mytrias Weltsicht schien es nur Absolute zu geben. Ein Gedanke, der Koryn sehr beunruhigte. Soweit man es behaupten konnte, war er ihre Stimmungsschwankungen inzwischen gewöhnt. Doch der stete Wechsel zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode beleidigt war ermüdend und ernüchternd. Mytria sprach von einer Gemeinschaft, die sie sich ersehnte – und war doch selbst nicht bereit, sich weit genug zu öffnen und das eigene Ego zurückzunehmen, um wirklich ein Teil davon zu werden.

„Eine Gemeinschaft lebt davon, dass jeder ein Teil des Ganzen ist.“ Die Stimme des Jedi-Schülers war nun eher monoton als gelassen. Er hatte nicht die Muße, dem Wind zu trotzen, der beim kleinsten Widerstand auffrischen würde. Wieder konnte er von seinen Erfahrungen auf Dorin zehren. Wenn draußen der Sturm toste, hielt man in einer Gemeinschaft zusammen und kleine Streitigkeiten waren vergessen. Es gab wichtigere Dinge, als sich wegen Kleinigkeiten zu zerstreiten. „Wir alle sind bereits durch unsere Machtbegabung miteinander verbunden und niemand wird ausgegrenzt. Das solltest du besser wissen.“
Koryn ließ sich durch den Donner nicht rühren, auch wenn er sich fragte, ob sie gerade absichtlich versuchte, ihn zu verletzen. Die Kälte, die sich in seinen Gliedern ausbreitete, behagte ihm nicht. Doch es war besser, eine nüchterne Unterhaltung zu führen als sich gegenseitig Worte an den Kopf zu werfen. Zumindest reden wir noch miteinander. Diese Gedanken schmeckten mit jeder Minute bitterer. „Das mag sein“, sagte er leise und nickte zu ihren Worten. „Meister Skywalker hat es gestern selbst gesagt – Kriege machen niemanden groß.“ Eine Weisheit, über die der junge Jedi-Schüler noch genug zu lernen hatte. „Aber manchmal sind Worte nicht genug. Worte halten keine Blasterschüsse auf.“

Du wirst niemals allein sein, dachte er noch einmal an seine gestrigen Worte, die er auch noch immer so meinte. Doch dieses Mal würde er ihr nicht nachrennen. Für jemanden da zu sein, war nicht gleichbedeutend damit, ihm stets und ständig nachzulaufen. All seine Taten als richtig anzusehen oder sich selbst dauerhaft zurückzustellen. Vielleicht mangelte es ihnen beiden derzeit an dem nötigen Mitgefühl, doch der Kel Dor konnte zumindest von sich behaupten, dass er versucht hatte, es Mytria entgegenzubringen. Sonst hätte er es sich am gestrigen Abend sparen können, ihr nachzulaufen. Völlig unerwartet waren es ihre nächsten Worte, die ihn trafen.
„Siehst du das wirklich so?“, hakte der Kel Dor nach und beobachtete, wie sich Mytria immer weiter von ihm entfernte. Nicht nur körperlich, sondern auch emotional. Er konnte es in ihren Augen sehen. „Wenn du jemanden beim kleinsten Fehltritt verloren gibst, hast du ihm dann je wirklich eine Chance gegeben, dein Freund zu werden? Wir alle haben unsere schwachen Momente und wenn du…“ …das nicht akzeptieren kannst und nicht von deinem hohen Ross herunterkommst… „…jeden von dir stößt, der einen solchen Moment durchlebt und dadurch Fehler macht…“ Er schüttelte mit Bedauern den Kopf, auch wenn er noch immer keine Anstalten machte, ihr zu folgen. „Dann wird niemand dich je wirklich erreichen können. Das wird ein sehr einsames Leben sein.“
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