#25
Und wieder griff diese Hölle nach ihr, der sie entfliehen wollte. Es war sie selbst, die Mytria hinabreißen wollte. Was war das wirkliche Ich dieser Person, die so oft verletzt wurde, dass sie sich selbst entkommen wollte - aber nicht entkommen konnte. Es holte sie alles wieder ein, denn Koryn zeigte ihr eine abweisende Haltung. Es tat weh. Sehr weh sogar. Doch niemand half ihr durch diesen Albtraum. Sein gefühlter Egoismus traf sie. Auch der Vorwurf, dass er gestern Freunde verloren habe und er trainieren würde, um sie alle zu beschützen, war für sie mit einem eingeklammerten Satz verbunden, dass sie selbst nicht verstand. Doch sie verstand sehr wohl. Denn genau deswegen wollte sie nicht alleine frühstücken. Nicht mehr alleine sein. Koryn stieß sie ab. "Dann..," stammelte sie müde und die Lippen zitterten glasig. Nur langsam konnte Mytria ihre Emotionen bändigen, die heraufwogten, wie eine gefährliche Brandung. Er sagte nicht einmal ihren Namen. Nicht einmal ihren Namen, sondern stieß sie ab. Es traf sie nicht, dass er sie kritisierte. Nicht einmal, dass er wütend war, sondern es traf sie, dass er schlicht nicht für sie da war. Ja, sie war schwierig und mitunter auch ungehalten. Mytria selbst wusste das. Doch gerade jetzt, wo sie nicht allein sein wollte, fühlte sie sich allein. Die junge Frau wollte gehen, doch war wie fest gebunden. Koryn hatte sie verletzt. Es tat ihm nicht wirklich leid. Zorn verbot sich der Gnade des Mitgefühls. Das hatte Mytria schnell begriffen, denn wer zürnte, sah nicht mehr, was um ihn herum geschah. Zorn war Gift. Jetzt sah sie klar, was vor sich ging. Auch sie war zornig gewesen, hatte sich selbst vergiftet und doch fühlte sich der Zorn notwendig an. Hätte er nur ihren Namen gesagt; sie als Person beachtet und nicht nur als Störfaktor in seinem Training. "Es dreht sich um uns," sagte sie dann mit gesenktem Blick, so dass ihre Haare, einem eleganten Vorhang gleich, vor ihr Gesicht fielen. "Uns alle," fügte sie an aber meinte im Grunde sich selbst. Mytria wollte nur gesehen werden. Ehrlich gesehen werden. "Ich bin allein und wollte nur für einen Moment wissen, wie es ist, nicht allein zu sein. Dieses Frühstück hat mir viel bedeutet, weil ich geglaubt habe, dass wir endlich eine Gemeinschaft werden," versuchte sie zu vermitteln, was sie dachte und schluchzte dann brechend als ihre Finger an ihren schönen Händen zitterten. Koryn wollte stark sein. Er wollte kämpfen. Mytria wollte nicht kämpfen. Nicht mehr. Sie war des Kampfes um Aufmerksamkeit so überdrüssig. Die junge Jedi sah hier keinen Kampf, nicht die notwendig stark zu sein, sondern eher die notwendig der Nähe und des Mitgefühls. Koryn flüchtete sich, wie auch sie davon lief. Ja, sie wollte wieder davon laufen aber tat es nicht, weil das erste mal in ihrem Leben etwas Größeres wartete. "Du wirst niemanden beschützen," donnerte sie als ihren Kopf anhob. "Konflikte schützen niemanden. Kämpfen ist falsch," meinte sie und deutete mit einem Fingerzeig auf Koryns Herz; zumindest dort, wo sie es bei einem Kel'dor vermutete. "Stärke liegt nicht in Waffen, sondern in Herzen." Mytria wollte nicht altklug klingen, tat es aber, denn unpassenderweise verband sie dies mit einem Vorwurf gegen den jungen Mann, dass er herzlos war. Ja, sie fühlte sich herzlos behandelt. Hätte er nur ihren Namen gesagt. Koryn lebte auch in seiner Welt als festen Denkstrukturen und Schwarz/Weiß-Bildern. Der Arm sank herab, während sie zwei Tränen aus ihren Augenwinkeln fallen ließ. Die Tränen fielen schnell und zerschlugen am Boden des Areals. "Ich dachte, dass wir Freunde sind," fragte sie gepeinigt und entfernte sich dann rückwärtsgehend; mit kleinen Schritten, darauf achtend, nicht umzuknicken oder zu fallen. Sie wollte sein Angesicht nicht verlieren. Nicht heute aber es fühlte sich richtig an, nun zu gehen. Nicht fern von hier aber aus seinem Angesicht. Der Hunger rief sie und zumindest wollte sie nun essen. Wenn auch allein; schmerzlich allein. Die Erinnerung an ihre Vergangenheit kam auf, drückte zusätzlich auf das Gemüt. Mytria wollte sich nicht erinnern aber tat es. Die Widersprüche in ihrer Psyche lösten sich nicht auf, obwohl ihr eigentlich gutes Herz mit Kraft dagegen arbeitete. Die junge Frau konnte nicht immer gewinnen.
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