#44
Als die verquere Spiegelexistenz ihr Worte entgegen blies, schmeckten sie hohl und fadenscheinig, plump und inhaltslos. Natürlich waren sie einmal etwas anderes gewesen, dies war die Konstante der Galaxis, des Kosmos: Veränderung, immer und immer wieder. Metamorphose war ein essenzieller Teil dessen, was notwendig war um in diesen feindseligen Weiten, zu denen sich wiederum das Universum gewandelt hatte, zu überleben. Darin lag keine schreckliche Erkenntnis, es war der natürliche Weg eines jeden Lebewesens, dass sich bestrebt sah, sich selbst am Leben zu halten. Manche waren darin zweifellos erfolgreicher als andere. Reah hatte sich dieser Anpassung lange widersetzt, versucht, vor langer Zeit sich auf Byss dagegen zu erwehren, bis die Toxine der Dunkelheit in ihrem Blut schließlich Überhand nahmen und ihren Körper und Geist einem Giftschock gleich völlig aus der Bahn warf. Seit dem, war sie lediglich darin bestrebt damit zu leben, wollte es auch weiterhin so handhaben - mal mehr, mal weniger erfolgreich. Ging es ihr um einen Beweis? Den Lehren der Jedi eines Tages zeigen zu können, dass ein Leben in der Dunkelheit nicht nur von Angst und Hass getrieben sein musste? Ein Stück weit, vielleicht, doch in erster Linie versuchte sie selbst nur wieder einen seelischen Ausgleich zu schaffen - irgendwie zumindest. Ein Unterfangen, dass bisher nur von mäßigen Erfolg gekrönt war - immerhin hatte sie Sedrael nicht getötet, noch nicht, besaß aber immer noch den instinktiven Beißreflex nach allem, was sie zu bedrängen versuchte, was schlechte Erinnerungen hervorrief, wo sie Schuld und Versagen sah. Demnach musste ihr Pfad dahin führen, wieder etwas anderes zu werden, nicht das, was sie einmal sah - Reah konnte Bilder neu zusammensetzen, Werte und Wünsche formen, aber nicht das reparieren, was in der Vergangenheit in tausende Teile zerbrochen war. Sie musste das Dunkel nicht nur ertragen, sondern beherrschen können - nicht so wie die Sith oder die Narren, die sie nachzuahmen versuchten, sondern von Wesen, jenseits der dominierenden Philosophien. Solche Gestalten waren rar gesät, höchst gefährlich und eine Kontaktaufnahme mitunter schwierig und doch wusste sie um Kulte und Religionen, in den äußersten Winkeln der Galaxis. Vielleicht, vielleicht wäre nach Korriban, sollten sie hier überleben, hier irgendwie entkommen können, die nötige Zeit sich einer dieser Spuren zu widmen und zu sehen, wohin ein solcher Pfad sie bringen mochte. Eines war in diesem Moment sicher, sie musste sich wandeln, der pervertierten Finsternis widerstehen können, welche die Sith ihr entgegenschleuderten oder Vesperum und seine Schergen würden die Oberhand behalten. Und wer sollte ihn dann aufhalten? Skywalker? Die Republik? Laien, die nicht wussten mit wem oder was sie es zu tun hatten?

Ein widerliches Kribbeln ließ sie hochschrecken, als sich die Augen der dunklen Jedi weit öffneten und entsetzlich mit Ansehen musste, wie die scharfen Zähne der Monstrosität herabfielen und darauf hässliche Maden hervorbrachen, die sich in ihr Fleisch zu fressen begannen. Ihr Griff fiel von der Kreatur ab, als ihre Ohren ein kurzes Knacken registrierten, dass signalisierte, dass das Genick der Abscheulichkeit offenbar gebrochen war. Reahs Körper glitt am Monster vorbei, dass nun hart auf die Stufen aufschlug und seine lange Reise in den Abgrund antrat. Sie selbst lag auf den Treppen, während Muskelkrämpfe ihren Arm durchzuckten, sie ihn auf den Boden entlang schabte, um dieses ekelerregende Gefühl abzuschütteln, dass sich mehr und mehr in ihr ausbreitete. Voller Abscheu bemerkte die dunkle Jedi, dass die Würmerbrut weiter durch ihren Körper streifte, sich m Fleisch fett fraß und weiter nach oben kroch, in zum Herzen, das wie wild vor Aufregung und Todesangst schlug, doch nichts gegen die aus der Verwesung geborene Bedrohung ausrichten konnte.
Dann stoppte es, fiel von ihr ab. Reahs Magen krampfte sich zusammen und sie kam nicht umhin sich ob der eben erlebten Abartigkeit zu übergeben. Beinahe erwartete sie, die widerlichen Wurmkreaturen würden mit der Magensäure wieder heraus gespült werden und zu ihren Füßen landen, doch dem war nicht so. Stattdessen blieb nur ein kribbelndes Gefühl zurück, dort, wo die Maden ihr Werk verrichtet hatten. Ihre Beine zitterten unsicher und geschwächt, als sie sich wieder zur Gänze erhob und in den gähnenden Schlund blickte, in dem die Spiegelkreatur gefallen war. Dann richteten sich ihre Augen auf den Arm, oder auf das, was im fahlen Licht dieses Korridors zu erkennen war. Fremdartige Zeichen fanden sich darauf, aber doch stellenweise vertraut. Sie erinnerten grob an das wirre Gekrakel, dass Thules ländliche Bevölkerung als hässliches Aurabesh zu verkaufen versuchte und mehr noch an einige Schriften aus dem Buch der Sith, welches Vesperum ihr einst gegeben hatte. Tatsächlich zu lesen vermochte Reah dies aber nicht. Weder hatte sie je ein Interesse daran entwickelt sich näher mit ihrer Heimatwelt zu befassen, noch hatte sie das ominöse Buch je näher studieren wollen und so blieb das Schriftbild ein mysteriöses Rätsel, dass sich nun auf ihrer Haut fand. Ein Fluch? Alte Sithmagie? Sie wusste es nicht und selbst wenn, konnte sie nichts dagegen ausrichten. Nur ein Name ließ sich klar erkennen: Carrigan Rae, doch war es kein Name, der in ihr eine Erinnerung weckte, keinen, den sie schon einmal gehört oder von dem sie gelesen hatte. Der Name der Wesenheit in dieser Gruft? Vielleicht. Oder es spielte gar keine Rolle - für den Moment konnte sie es ohnehin nur hinnehmen.

Reah sah sich um, während sie sich mit einer Hand an der Wand stützte. Die dichte Schwärze hinter ihr, zog sich immer weiter zusammen, während sich ein Teil von ihr fragte, was wohl geschehen mochte, wenn sie einfach in sie hinein schritt. Würde der Schatten sie verzehren? Oder war das Gebilde so massiv wie eine Felswand? Überwinden, es riskieren, konnte sie sich allerdings nicht, wollte es stellenweise auch gar nicht. Reah wollte etwas finden, das Geheimnis dessen lüften, was auf dem Grund dieser Krypta lag. Ihr Gefühl verriet ihr, dass es nicht genau das war, was sie suchte, nicht Ludo Kressh, doch offenbar hatte etwas, oder sie selbst gewollt, dass sie hier eintrat. Letztlich mochte es wirklich der eigene Wille Reahs gewesen sein - ihre Aktionen hatten sie hergeführt, auf diesen Planeten und auch in dieses Grab. Sie hatte nach der größten Finsternis gesucht und war bereitwillig in sie hineingeschritten.
"Weiter...?", murmelte sie der Schattenwand undeutlich entgegen, erwartete aber nicht ernsthaft eine Antwort. So setzte sie nun also ihre Schritte vorsichtiger und bedächtiger, einen vor den anderen, während ihre Hand an der Mauer entlangglitt. Je tiefer der Weg sie herabführte, desto mehr schien der faulige Gestank zu verschwinden, der die Gruft zuvor dominiert hatte. Es lag nun eine gewisse Süße in diesem finsteren Korridor, der hinunter zum Herzen dieser Düsternis führte: Aromen von Rosen, von Parfümen, wie sie wohlhabende Damen verwendeten. Sie konnte nicht sagen, dass es ihr behagte. Es hatte stets etwas unangenehmes, unechtes, machte die Luft schwer und reizte die Atemwege. Es war nichts anderes als der Pesthauch der Dekadenz, welchen man so oft am imperialen Hof fand, dort, wo im diesigen Dunst der Aromen Falschheit und Lüge das Geschehen beherrschten. Nichts anderes als der Pfuhl einer selbst ernannten Elite, die zu sehr an ihrem erbärmlichen Leben, Geld, Macht und Einfluss hingen und sich nicht darüber erheben konnten. Männer wie Tiggellinus und Corno, Abschaum wie die Tagge-Familie oder Adelshäuser der Tepasi und Kuati.
Es überraschte sie nicht einmal wirklich hier nun, am Ende des Weges auf dieser verdrehten Welt ein Tor zum imperialen Palast vorzufinden - irgendwo hatte sie es sich nun sogar gewünscht, gehofft, dieses Geschmeiß, dass ganze Gesellschaften vergiftete, einmal so vorzufinden, dass sie wehrlos waren, man ihnen nur noch die Herzen herausreißen musste und sie in ihrem Blut ertranken. Ihr Schritte wurden wieder schneller, das Herz von Zorn und Adrenalin angepeitscht, der illusorischen Hoffnung ergeben ein weiteres Geschwür aus der Galaxis herausreißen zu können. Reah dachte in diesem Augenblick nicht einmal lange darüber nach und streckte ihren Arm nach vorn, um die Tür aufzustoßen und diese Hallen der Schande zu betreten.
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