#9
„Admiral Vaash“, schnitt eine frohe Stimme von der Seite in die Szene, direkt in die Rippen des gestützten Mannes. Eine Stimme, deren Freude nicht aus Mitgefühl kam, sondern vielmehr aus Interessen. Es war nicht die Art von Lächeln, das Wohlgefallen oder Wärme ausstrahlte. Es war die Art von Lächeln, das schleimig wie ein Parasit im Fleisch saß, Beobachtern die Nackenhaare aufstellte. Die hartkantigen Schatten im Morgen schienen sich zu verfestigen. Geräusche vor der Gleittüre. Waren das schwere Schritte, Soldatenstiefel dort draußen? Ein paar Meter neben dem Bett saß im Schein des Morgens die rote Uniform, zurückgelehnt, ein Arm spielerisch auf einem Nachttisch platziert. Das Lächeln, es stand im Gesicht der Frau, überlegen, selbstsicher, ein Funkeln in den Augen.
„Gut, dass Sie wieder da sind“, fuhr Ysanne Isard fort. Und bereits in den Worten schien sich die Frage zu stellen, für wen dies wohl tatsächlich gut sein mochte. Auch wenn nichts objektiv darauf hinzudeuten schien, war da doch dieses subtile Gefühl der Bedrohung, die jedem Wort der Frau inne zu sein schien und diese harmlosen Wörter wie durch ätzende Säure verunstaltete. Mehr steckte dahinter. Die Direktorin machte keine Anstalten, sich zu erheben, Vaash anderweitig zu grüßen oder ihm zur Hand zu gehen. Sie saß dort, zurückgelehnt, halb im Schatten. Nur ihr auf dem Tisch abgelegter Unterarm hob sich ein Stück an, zwei Finger deuteten den Ärzten an, den Raum zu verlassen. Diese sahen sich kurz an, vergewisserten sich, dass Vaash nicht stürzte, sobald der eine Arzt ihn losließ, und eilten sodann mit leicht beschleunigtem Schritt aus dem Raum. Draußen, ein kurzer Blick auf schwarz uniformierte Geheimdienstoffiziere zu beiden Seiten der Türe, bis sie sich wieder schloss. Abschätzig betrachtete einer die Ärzte, der andere blickte auf seine Chrono-Einheit und notierte etwas auf seinem Datapad.
„Man sagte mir, es sei möglich, dass Ihr Gehirn durch diesen Vorfall mit Inquisitorin Nigidus Schaden genommen hat. Das wäre äußerst… bedauerlich“, machte sie schließlich mit leicht wiegendem Kopf weiter. Erneut schienen Worte und Implikation nicht übereinzustimmen, oder nicht so, wie man es von normaler Kommunikation hätte vermuten können. Natürlich ließ sie offen, was daran bedauerlich war und vor allem für wen es das noch werden könnte, sollte es tatsächlich zutreffen. Es schien genug auszusagen, dass sie diesen Punkt überhaupt erwähnte. Wirkte sie deshalb auf Vaash feindselig? Gar nicht unbedingt. Unterschwellig vielleicht, latent andeutend, dass sie womöglich etwas zu wissen glaubte, von dem Vaash vermutlich nicht wollte, dass ausgerechnet sie es wusste.
„Mir wäre sehr daran gelegen, über diese ganze Sache etwas mehr zu erfahren. Und ich bin mir sicher, Sie wollen gern Ihr Möglichstes tun, um mich dabei zu unterstützen, nicht?“
Sie saß hier, jetzt. Direkt als er aufgeweckt wurde durch die Ärzte. Allein dieser Punkt mochte bereits Alarmsirenen läuten lassen. Es schien bezeichnend zu sein, dass die Direktorin keine Zeit zu verschenken hatte, sondern direkt in diesem ersten Moment, diesem durchaus peinlichen, persönlichen Moment gleich vor Ort war. Es vorgezogen hatte, vor Ort zu sein. Somit mochte hier weit mehr auf dem Spiel stehen als ihre vergleichsweisen Worte andeuteten, die sich betont sanft wie eine Decke auf Vaash legten – doch statt ihn zu wärmen, schien sie ihn dieses Mal immer weiter umfassen zu wollen, bis er von ihr gefesselt und fixiert worden war.

Woher das plötzliche Interesse an Vaash? Aus Isards Sicht war das nur logisch. Auch wenn einige Puzzlestücke noch nicht zusammenpassten, so schienen andere nur allzu klar zu sein und perfekt ineinanderzugreifen. Oder wie wurden eben so gemacht, dass sie zusammenpassten mussten. Tiberius Vaash war von einer Staatsfeindin attackiert worden – von der gleichen Person, die auch Ysanne Isard attackiert hatte, wenn auch in diesem Fall ungleich erfolgloser. Zunächst schien dieser Punkt für Vaash zu sprechen, zweifellos. Seine Meinung zum Inquisitorius als Apparat würde nach diesem Vorfall vermutlich ungefähr dem entsprechen, den Isard selbst davon hatte. Das war ein Vorteil und ein As, das sich noch immer jederzeit ausspielen lassen ließ. Selbst wenn Vaash Isard nicht mochte oder – was wahrscheinlicher war – sie sogar verabscheute, wie es viele taten, war die Chance, dass er den Inquisitorius jetzt noch mehr verabscheute, vermutlich um ein Vielfaches höher, schon aus dem Grund, dass es hier nun einen persönlichen Beweggrund für eine Rache daran gab. Was auch immer also ansonsten noch der Fall war – in einer bestimmten Funktion besaß Admiral Tiberius Vaash noch immer einen brauchbaren Nutzen. Er hatte aus Isards Sicht lediglich ein anderes, großes Problem: Sein Tod war von einer anderen Staatsfeindin verhindert worden. Den Ärzten selbst, die sie bereits hatte vernehmen lassen, schien nicht erklärlich, wie Vaash überhaupt am Leben sein konnte, nach den Verletzungen, die er davongetragen hatte. Erst als das seltsame Jedi-Wesen eingeschritten war, waren die Behandlungsmaßnahmen wieder erfolgsversprechender geworden. Die meisten der Ärzte waren der Meinung gewesen, dass der Admiral die Nacht nicht überstanden hätte. Das schmälerte die durchaus bemerkenswerte anschließende, medizinische Leistung der Ärzte in keinster Weise – doch diese Jedi-Verbindung bemakelte Vaash nun aus Isards Sicht. Es erschien nur unter bestimmten Punkten Sinn zu ergeben, wovon einer der mit Abstand wahrscheinlichste war: Tiberius Vaash paktierte mindestens mit einer, höchstwahrscheinlich aber in irgendeiner Form gar mit den aufstrebenden Jedi als solches. Und damit hatte er sich mit Staatsfeinden verbündet und gegen das Imperium verschworen. Vermutlich war das Ziel davon in irgendeiner Form vor allem die Beseitigung von Vesperum an der Spitze des Imperiums – ein Ziel, das ihr durchaus selbst durch den Kopf gegangen war und in schwächeren Momenten immer noch ging, das sie allerdings in der derzeitigen Situation für kontraproduktiv hielt, da es die Stabilität des Imperiums erheblich beeinträchtigen würde. Da er Isard aktuell bei der Regierung des Reiches nahezu freie Hand ließ und daher de facto beinahe mehr sie als er aktuell Herrscher in weltlicher Hinsicht war, konnte sie Vesperum derzeit trotz seiner lästigen und – wie sie feststellen durfte – unberechenbaren, gefährlichen, dummen Spießgesellen tolerieren. Zumindest für den Moment. Vermutlich war das aus ihrer Sicht nur ein Bündnis auf Zeit, langfristig sah sie in der Galaxis keinen Platz mehr für übernatürliche Wesen. Auch wenn der Gedanke, die unbändigen Kräfte, die diese Personen besaßen, irgendwie kontrollieren und für bestimmte Zwecke einzusetzen, sie noch immer faszinierte – und womöglich hatte ein Teil von ihr diesen Gedanken am Ende weiterhin nicht gänzlich abgeschrieben, obwohl es sehr schwierig sein dürfte, eine derartige Macht, wie sie Vesperum offenbar besaß, wirklich an die Kette legen zu können. So oder so, für den Augenblick galt es daher, Vesperum zumindest offiziell im Sattel zu halten – und daher war eine Verschwörung gegen den Thron aus den Reihen des Militärs entgegen den derzeitigen Interessen von Isard selbst. Was nicht bedeutete, dass sie nicht selbst entsprechende Vorbereitungen treffen sollte und auch würde… natürlich nur für den Fall.
„Nun?“, forderte sie schließlich lax das ein, was sie für das Ihre hielt: Informationen. Sie alle gehörten ihr. Auch die, die tief verborgen irgendwo in Vaashs Gehirn lagen. Und sie bekam sie – auf die eine oder andere Art.
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