#58
Schweigend hörte sich Traggis den Vortrag der Frau an, während er mit halber Aufmerksamkeit die Konsole betrachtete, die soeben noch heil gewesen war. Scharfe Kanten, nicht nur hier, auch in ihren Worten, ihren Gesten, in allem. Jede Bewegung. Da war es wieder, das Tier, ungezähmt. Dieses Überlegenheitsgefühl, nahe an der Klippe zur Arroganz, oder womöglich schon darüber hinaus. Ein schiefes Grinsen fuhr über sein Gesicht, mehr das eines Piraten denn das eines Offiziers. Eigentlich eine Schande, dass er diesen Funken zum Erlöschen bringen sollte. Er mochte die Wildheit. Vielleicht war auch das der Grund gewesen, warum er zum Agenten auf dem Schiff einer Inquisitorin vom Ubiqtorat erkoren worden war. In den falschen Händen war Wildheit einfach zu gefährlich. Einen Augenblick lang ließ der Agent der Inquisitorin ihre Genugtuung, auch wenn ihm ihre Widerworte vielleicht weniger missfielen als sie erwartete. Es war – alles in allem – aus seiner Sicht vielleicht das Interessanteste, dass sie sich überhaupt dazu bemüßigt sah, ausschweifend von ihrem Schwert zu berichten. Sein Grinsen im Gesicht wich nicht von der Stelle.
„Nun, dann freut es mich sehr zu hören, wie Sie sich an die Situation anpassen und sich bereits jetzt um mein Wohlergehen sorgen, um mich daran zu hindern, mit meinem Spielzeug etwas Dummes zu tun, Inquisitorin“, zog er sich schließlich aus ihrer Rede durchaus in einem unterschwelligen Tonfall, der sie aufziehen sollte, das heraus, was ihm gerade gefiel – losgelöst vom eigentlichen Kontext ihrer Rede und doch an sich auch genau das, was sie gesagt hatte. Natürlich war der Inhalt ein anderer gewesen und natürlich – war es ihm egal. Schließlich fiel sein Blick an ihr vorbei, hinter sie, als eine neue Gruppe schwarzer Geheimdienstsoldaten in Begleitung einiger Techniker auf die Brücke ankam.
„Ihr neues Operator-Team für die Brücke meldet sich zum Dienst, Sir“, sagte der Ranghöchste der Männer und reichte Traggis ein Datapad zum Abzeichnen. Für eine Sekunde betrachtete der Agent den Bildschirm. Die Geheimdienstmänner also, die mit Isards Shuttle angekommen waren.
„Sie halten sich für so viel besser, nicht?“, sagte Traggis dann, während er das Datapad studierte und darauf herumzutippen begann, ohne aufzusehen oder einen Adressaten zu nennen. Dennoch war aus dem Kontext ersichtlich, dass es nur die Inquisitorin sein konnte, deren vorherige Stichelei und Schauergeschichte er jetzt in einer Frage zusammenfasste. Ob nun wahr oder nicht. Schon nach der eigenen Logik der Inquisitorin würde er selbst ohnehin nicht dazu in der Lage sein, den Unterschied zu bemerken. Seine eigene Logik interpretierte ihre Aussagen natürlich sowieso ein Stück weit anders.
„Und doch… kann ich gerade mit Ihnen machen, was ich will. Das muss ein ziemlich erniedrigendes Gefühl sein, einem Mann ausgesetzt zu sein, der in den eigenen Augen so minderwertig ist. Aber Sie akzeptieren es. Weil Sie genau wissen, dass auch dies hier Macht ist.“
Er sah wieder auf, breitete seine Arme aus, umfasste die gesamte Brücke in seiner Geste, um den Punkt zu verdeutlichen.
„Sehen Sie sich um. Wie Sie gerade selbst demonstrieren, ist sie nicht weniger real als das, was Sie unter Macht verstehen. Auch wenn Sie noch so sehr wollen, dass Ihre Macht das ist, was zählt.“
Während seiner Geste sah er sich auf der Brücke um. Dabei fiel sein Blick auf den noch immer unregelmäßig surrenden Maschinenkadaver des früheren Captains der Abaddon. Seine Geste blieb einen Moment in der Luft hängen.
„Ziffer 17, schaffen Sie das weg“, brummte er zwischenzeitlich dem IGD-Mann vor ihm zu, der ihm das Pad überreicht hatte. Dieser wechselte kurz den Blick zwischen Traggis und dem Kadaver, dann winkte er die von ihm mitgeführten Techniker herbei und ließ sie die Leichen der ehemaligen Brückenbesatzung bergen und wegbringen. Irritiert und wenig erfreut über ihre Ersatzverwendung machten sich die Techniker an die Arbeit, warfen sich gegenseitig fragende Blicke zu. Mit einem Nicken ließ der Zifferagent auch Traggis' Blaster einsammeln, der noch immer auf der Konsole lag. Währenddessen wandte sich Traggis selbst wieder der Inquisitorin zu und fuhr fort, so als habe er das Gespräch mit ihr nie unterbrochen.
„Ihre ganze Macht, Ihre ganze Stärke… wie Sie sehen, sie bedeutet gerade gar nichts. Streng genommen macht das im Moment also Sie zum minderwertigen Wesen. Und im Vergleich zum Imperium sind Sie das auch. Ein Nichts. So wie ich. Der einzige relevante Unterschied zwischen uns beiden ist also eigentlich nur, dass ich das längst akzeptiert habe und Sie es erst noch müssen, um mich wieder loszuwerden.“
Er tippte ein Mal mit der rechten Hand gegen das jetzt wieder gefüllte Holster, wenn auch nicht mit der Waffe, die dort ursprünglich Platz finden sollte.
„Wenn Sie also glauben, dass ich Ihre Waffe beherrschen möchte, damit herumwedeln möchte, um so zu tun als wäre ich einer von euch…“
Plötzlich schien er wieder erstaunlich amüsiert, so als habe er in Gedanken gerade eine besonders unerwartete Erkenntnis gehabt. Die Waffe war eben das, was sie war. Faszinierend. Ein Relikt einer alten Zeit, die nie wiederkehren sollte. Obwohl er nicht abstreiten konnte, dass er die Klinge gerne noch einmal sehen wollte, das kalte, energetisch brummende Metall noch einmal anfassen wollte. Später. Es war genug Zeit. Kein Grund für Unruhe. Der Agent zuckte schließlich die Schultern, um seine Aussage zu beenden.
„Ich bitte Sie. Nichts liegt mir ferner. Ihr Leute habt einfach nie begriffen, wie sehr euch die Galaxis immer verabscheut hat und immer verabscheuen wird.“
Schließlich glitt die Brückentüre erneut auf. Der Agent schien sofort seine etwas legere Haltung zu korrigieren. Rot. Mit ein paar Schritten stand Traggis direkt neben der Inquisitorin, so, dass sein geschlossenes Holster mit ihrem Schwert auf der ihr abgewandten Seite lag. Zur Linken der Inquisitorin positionierte sich dagegen der Offizier der Schattentruppen, während seine beiden unterstellten Soldaten vorbei an den weiter Spalier stehenden weißen Pendants sich an der Brückentüre je zu einer Seite des Neuankömmlings mit der flammend roten Uniform aufstellten. Traggis neigte seinen Körper etwas zu Reahs Seite, so dass sein weiterhin auf die Direktorin gerichteter Kopf näher an dem der Inquisitorin war.
„Zumindest erfahren wir gleich, ob Ihre Jedi es bereits begriffen hat“, flüsterte er ihr leise ins Ohr, ehe er sich wieder gerade stellte und darauf wartete, dass Ysanne Isard die Brücke betrat.
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