#40
Tiberius Vaash. Nicht nur ein Name, sondern auch eine Legende unter den Dienenden. Nicht unbedingt unter allen Soldaten bekannt aber sehr wohl in den entsprechenden Etagen einer selbsternannten Elite. An jenem Tag, als er Vesperum auf den Thron brachte und auch an jenem Schicksalstag über Eriadu, war der Name Vaash in die imperiale Geschichte eingegangen. Ob er wollte oder nicht, dieser Mann war Geschichte. Jeder Schritt, den er tat, würde später beurteilt oder verurteilt werden. Militärs mit derartigen Abzeichen, die eines Admirals, wurden nicht einfach vergessen. Militärs kannten sich untereinander, wussten um die gemeinsamen Schicksale. Doch dieser Ruhm oder Schande waren hier nicht von Bedeutung. Die Last eines Kriegers war nicht die Entscheidung, sondern mit dieser zu leben. Nicht die Schlacht brach die Seele, sondern das Danach. Nicht der Moment machte das Monster, sondern die Bewertung. Tiberius Vaash bewertete sich selbst gerade. Mit dumpfen Schlägen war es sein Gewissen, welches zuschlug. Immer wieder, heftig. Alles, woran er sich erinnerte, war dieser Wunsch, hinein zu passen, in jene Ehre und das Weltbild eines Soldaten. Doch das Schwarz und Weiß vermochte nicht mehr zu funktionieren. Die Gefahr lag nicht mehr nur hinter einer Grenze, sondern auch in sich selbst. Er war nur ein Mann mit dem Wunsch, für etwas Gerechtes zu kämpfen. Zu kämpfen? Kampf war das einzige, was er beherrschte. Dies konnte er. Nicht immer gut aber auch nicht schlecht. Das wollte er. Doch mit dem Kampf kam die Verantwortung, für diese Taten, für die Gewalt sowie seine Kameraden. Die Gefahr war niemals Freund, sondern immer bedrohlich. Das Problem lag in ihm selbst, in diesem Wunsch, mit Gewalt etwas ändern zu kennen. Doch bestimmte nicht der Mächtige über das Geschick der Galaxis? Über die Bewertung, ob richtig oder falsch? Macht definierte alles. In diesem Gedanken lag Gift. Nämlich jene Erkenntnis, dass der Alte eigentlich machtlos war.

Seine militärische Macht war bedeutungslos, wenn der Feind nicht besiegt wurde. Bedeutungslos, wenn das Reich zerissen war. Bedeutungslos, wenn aus dem Krieg nichts Großes hervortrat. In der Tat war etwas hervorgetreten, eine unheilvolle Macht, aus dem Abgründen der Hölle. Nein, das wollte er nicht. Dieses Monster. Leider kam der Wunsch auf, anders zu sein. Doch man war nie anders. Er blieb immer Tiberius Vaash. Der Kaisermacher. Der Veteran. Der Alte. Der Verlierer. So deutlich war es. Er war verantwortlich für Vesperum. Für diesen Zustand. Hätte er etwas anders machen können? Das Imperium musste gerettet werden. Geeint gestellt werden. Doch diese Bürde hatte er sich angemaßt. Und damit war er selbst das Monster, welches er geboren hatte. Vesperum war nur Symptom seiner Entscheidung. Gedanken, zogen, wie eine traurige Spieluhr hinauf, verschwanden und kamen erneut. Die Bilder, die Schreie und das Gefühl des Unbehagens. Reue - fasste es zusammen. Würde ihn eines Tages, sein Sohn fragen, was er im Krieg getan? Warum er Nachts still weinte? Würde er überhaupt überleben? Fragen blieben. Es gab keine sauberen, trennscharfen Antworten. Krieg war in ihm; mit ihm. Die Fragen brachten das Leid zurück. In diese Sekunde. Er betete; zu keinem Gott, zu keiner Macht. Doch er tat es. "Was habe ich getan?" - fiel fast wortlos dieser Satz aus seinem krauchenden Mundwerk. Die ISB-Agentin, welche sich Maledice nannte, konnte nicht mehr eingeordnet werden. Nicht mehr bestimmt werden. Ihre Sätze waren fremd gerückt. Ausgetauscht mit seinem eigenen Mitgefühl. Mitgefühl für sich, aber nicht nur. Es blieb auch das große Gefühl, des Versagens. Er war der Krieg. Er machte ihn möglich. Er machte ihn einfach. Nicht Vesperum. Nicht das Oberkommando, sondern er selbst waren Eriadu. Er war auch Coruscant. Er war Endor. Er war auch der Tote auf Talasea. Die unsägliche Geschichte konnte nicht mehr enden. Nicht für ihn, aber für Galaxis. Die Kinder nach dem Krieg.

Er musste enden, irgendwie. Irgendwann würde er das auch. Ohne ihn. Wenn man sich selbst überlebte, um zu erkennen, dass der Eid, den man geschworen hatte, die Ideale für die er stand, verloren waren. Verloren in den Gebeinen des blutigen Konfliktes, welche bereits Dekaden hielt. Nichts hatte einen Sinn. Nichts hatte je Sinn gehabt. Man war da. Einfach da. Einem Militär schien jenes Schicksalsgerede wie Hohn. "Nichts hat Sinn. Nichts hat je Sinn gehabt," sprach er schließlich und blickte die elfische Figur verlassen an. "Es mag uns prägen, verändern aber am Ende bleibt nur eines," formulierte er einen zynischen Gedanken, welcher länger in ihm, wie Krebs gewachsen war. "... der Tod." Egal, was er tat, was er hoffte und überlebte, am Ende war nur eines klar, sein Tod. Nicht für das Reich. Nicht für die Politik oder Familie. Am Ende war sie allen vergangen. "Die Zukunft stirbt ebenso. Es zählt nur, wie man uns in Erinnerung hat." Indirekt griff er sogar die Aussagen aus einem vergangenen Gespräch auf. Dem Gespräch mit Vize-Admiral Cassio Acchetia. In der Tat war für einen Militär nur noch sein Andenken wichtig. Der idealisierte falsche Mut. Es gab auch keine Alternative nach dem Bad des Blutes, als diese eine Hoffnung, besser in Erinnerung zu bleiben, als man sich selbst sah. DIe Vergötterung des eigenen Andenkens war nicht untypisch für Soldaten. Mehr blieb auch selten von einem, wenn man erstochen, zerblastert oder verbrannt wurde. Tod war der Gefährte, neben der Hoffnung, jener Männer, welche unter den öligen Bajonetten, den schlammigen Bannern und staubigen Waffen standen. Ihre Worte brachten nur die Pein zurück. Das Gebet eines müden Soldat war die einzige wahre Antwort, die er erbringen konnte: "Möge die Macht uns allen, Gnade zu Teil werden lassen." Gnade. Ein Wort, welches nur Militärs wahrhaft verstanden. Eine Floskel, welche noch in alten Veteranen Bestand hatte. Dieser Satz, welcher nur noch alten Republikanern etwas bedeutete aber nie für sie an Wert verloren hatte. Die Macht war für sie nur Aberglaube aber nicht den Wert der Gnade schmälernd. Vielleicht war doch ein kleiner Funken Glauben in Vaash. Ein wenig alte Zeit, welche mit ihrer Ehre Antlitz seiner Visionen war. Ein Staat der Ehre und Anstandes. Wo der Kampf immer ein guter Kampf war. Einst hatte er sich dem verschrieben, niemals ganz verloren war diese Hoffnung, der sich unterschwellig mit dieser Floskel "um die heilige Macht" verband. Sie nannte ihn Tiberius. Bei seinem Vornamen, unüblich, wie unpassend aber nicht schändlich. Irgendwie konnte und wollte er es nicht ansprechen. Es passte ihm einfach so. Immerhin hatte er sich schwach präsentiert, so dass man nun nicht in eine vermeindliche Stärkeposition zurückfinden musste. Noch nicht zumindest.

Etwas stimmte nicht. Die Ansammlung von Empathie, Nähe und ihrer Erscheinung passte nicht zusammen. Vaash durchblickte etwas, was von ersonnene Unechtheit war. Nicht ganz verstand er, zu groß war die Furcht vor dem Apparat des Sicherheitsbüros. Diesem bösartigen Wesen, welches Moral durch Gewalt erzwang. Abweichung duldete das Reich nicht. Es war mitunter nur eine neue Masche, Offiziere zu prüfen. Doch etwas in dem Alten sagte etwas anderes. Diese Frau vor ihm, war anders. Anders als jene Gestalten, welche sonst auf den Sternenschiffen auftauchten. Als Flottenoffizier hatte er ohnehin ein dediziertes Verhältnis zu solchen Moralwächtern. Moral konnte man nicht erzwingen, sondenr sie entstand aus Überzeugung. Überzeugung hatten sie alle einst. Firerre? Der alte Mann überlegte, kam zur Erkenntnis, dass diese Welt vergangen war und einst an einer elenden Seuche gelitten hatte. Dieses Geschöpf hatte viel verloren und war dennoch überzeugte Agentin eines Apparates, welchen diesen Verlust hervorgebracht hatte? Nicht, dass Vaash jemals Verräter aus Überzeugung war, oder wirklich verraten wollte, doch konnte er sich diesem Gedanken nicht entziehen, dass er vielleicht über einen Verrat nachdenken würde, wenn man dies Carida angetan hätte. Seiner Familie, seiner Heimat. Die ISB-Uniform erschien ihm unpassend an dieser Frau. "Sie scheinen mehr zu wissen, als sie zugeben. Mein Beileid," kombinierte er zwei Antworten in einer. Vielsagend blickte er mit einem traurigen Lächeln zu ihr. Er strahlte großväterliche Fürsorge aus. Nein, unterstellen wollte der alte Militär nicht. Nicht mehr. Dafür erschien diese Alien-Frau ihm zu zerbrechlich, viel zu sanft. Es war ihm wohl auch egal, dass etwas nicht stimmte. Es passte für den Moment. Manchmal musste man nicht mehr wissen, wenn man bereits erahnen konnte, wohin diese Erkenntnisse führen würden. Zu nichts Gutem. "Ideale sind vergänglich. Es zählt nur die Realität," wollte er gerade noch aussprechen; tat es auch als eine dubiose Gestalt in seltsamer Kleidung auftrat. Ihr Auftreten, ihre Erscheinung, alles schrie förmlich dunkler Jedi. Eine Person aus dem finsteren Kreis um diesen grausamen Tyrannen Vesperum. Vaash konnte sie noch nicht sehen, würde aber alsbald einen Blick auf sie werfen müssen. Ihre kalte, stahlhafte Stimme durchschnitt den Raum. Ihre Frage war böse, zynisch und verletzten. Sie traf genau dort, wo Vaash verwundbar war. Sie war der Blasterschuss in seine Brust, welchen er gerade nicht gebrauchte. Er zitterte kurz, kaum merklich, als ihn diese Kälte beschlich. Dieses eine Gefühl, welche er sonst nur in Vesperums Nähe hatte. Diese kriechende Kälte, welche allen dunklen Dienern anhaftete. Nicht, dass der alte Mann dies wissen konnte, doch ihm war klar, dass dieser Frost nur von Machtnutzern ausgehen konnte. Für ihn war dies das Indiz eines dunklen Jedis in der Nähe. So war es auch. So riskierte er fast unschuldig-ängstlich einen Blick zurück. Dort stand sie. Das wahre Monster. Die Hexe. Es musste sie sein. Sie war hier. Reah Nigidus. Noch nie hatte er sie leibhaftig gesehen aber an ihrer Erscheinung gab es keinen Zweifel. Furchtbar! Der alte Mann wollte sich erheben, flüchten von dieser kruden Gestalt, wie einst vor Vesperum. Doch die Kraft war ihm abhanden gekommen. So verharrte er, presste die Lippen im Zuge des kalten, nicht-vorhandenen Windes, zusammen. Stille. Er wandte den Blick zur elfischen Figur zurück. Sie war eindeutig aus besserem Holz geschnitzt als jene dunkle Skulptur hinter ihm.

Vielleicht sogar Stein. Stein war kalt, Holz war warm. Die Nähe zur Agentin war ihm lieber als zur Inquisitorin. Auch wenn er sich täuschen konnte, war ihm die Täuschung lieber. Selbstbetrug war oft die Rettung für eine verlorene Seele. Gutes. Es gab nichts Gutes hier. Nicht mehr. "Wir sollten...," versuchte der Mann zu antworten, welcher mehr Zeit im Krieg verbracht hatte, als gut war. "... das tun, was uns richtig erscheint." Und so erfüllte sich diese eine Prophezeihung, die einst sein gefallener Freund gegeben hatte. Der Eid kostete. Immer. Ihn zu erfüllen, war mit Preisen verbunden, die oft mehr kosteten, als man je zahlen konnte. "Gut und Böse gibt es nicht. Nur Realitäten. Fakten." Der alte Veteran versuchte es sich einfach zu machen. Moral bei Seite zu schieben, für jene Aussage - eine Lüge. Es war nicht vorbei. Dafür war zu gut, zu ehrenhaft. Der Eid war die Kette, die ihn band. Ihn veranlasste dies zu sagen. Es machte es einfacher, viel einfacher, mit diesem Krieg umzugehen. Einsam kochte sein Herz im frostigen Wind dieser Episode. Die dunkle Jedi war genauso bösartig kalt, wie Darth Vesperum. Unangenehm war es ihm und so wollte er bald gehen. Noch einmal flüchten, vor der eigenen Verantwortung. So schändlich es auch war. Man musste überleben. Irgendwie. Auch hier. Mitunter war dies auch die Hölle, die er sich selbst geschaffen hatte. Durch seinen Krieg. Denn er war der Krieg, wie jeder andere Offizier im Reich auch. Mitschuldig, mitkämpfend und verloren in den endlosen Stahlkolossen der Flotte. Dies war sein Überleben, bis zum Tod.
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