Abschätzend blickte Sedrael in den Spiegel an der Wand. Eigenartig. Äußerst eigenartig. Eine Uniform zu tragen hatte einen merkwürdigen Charakter, fast als ginge von dem weißen Kleidungsstück eine Aura der Gleichförmigkeit aus, ein Ausstrahlen von Pflicht und Gehorsam, das das Individuum daran erinnerte, dass es mit seinem Anlegen nicht mehr nur und vor allem nicht mehr primär Privatperson, sondern nun zugleich vor allem auch Teil von etwas Bestimmtem war. Das war in Sedraels Fall zwar nur wenig der Fall – offen gestanden wusste sie nicht einmal, wessen Uniform sie hier nun trug und wofür diese überhaupt stand –, doch dieser Nimbus der Überlegenheit, der davon ausging, war hier, wo vermutlich keinerlei Individualität geschätzt oder bemerkt werden durfte, dennoch spürbar. Eigentlich hatte Sedrael den mystizistischen, ja beinahe religiösen Charakter, die manche dem Militär zumaßen, nie verstanden, aber vielleicht war es nicht so fernliegend, in einer Zeit, in der man sonst nicht viel vorweisen konnte, zumindest diese eine Besserstellung gegenüber anderen vorweisen zu können, um weiterhin Achtung vor sich selbst behalten zu können. Selbst wenn die Dinge nicht so liefen, wie sie sollten, man arbeitete schließlich nur daran, es wieder besser zu machen, richtig? Das war letztlich natürlich vor allem eine Verklärung der Institution und seiner eigenen Person, führte es doch dazu, dass sowohl man selbst als auch die Institution sakrosankt wurde, weil am Ende alles dem hehren Ziel untergeordnet werden konnte. Wen kümmerte schon das Mittel, wenn der Zweck doch von allen als erstrebenswert angesehen wurde? Man musste daran glauben. Kritik musste also zurückgewiesen werden. Wer aussprach, wollte nicht reformieren, nein, er verriet. Seine Loyalität, seine Kameraden. So schwiegen die meisten. Alles in allem war das System einfach, bequem und relativ selbsternährend, nicht zuletzt weil die Institution als solche in Anbetracht verbrecherischer Individuen aller Völker nun einmal tatsächlich notwendig war. In irgendeiner Form zumindest. Doch Sedrael musste zugeben, dass ihr diese plötzliche Militarisierung der Galaxis Angst machte. Fast eintausend Jahre hatte es in der Republik kein zentralisiertes Militär mehr gegeben; und nach nur wenigen Jahren schien die Galaxis sich nun in einem Maße militarisiert zu haben, das kaum vorstellbar war. Ihre Haltung zu den Klonkriegen wäre nach heutigen Maßstäben wahrscheinlich als noch lächerlicher angesehen worden als damals. In gewisser Weise hatte die Hexe somit Recht, wenn sie sagte, dass ein Fortlaufen am Ende nichts änderte, sondern von Zeit zu Zeit die Dinge verschlimmern mochte. Auf der anderen Seite hatte die direkte Konfrontation des Bösen im Kampf die Dinge auch nicht verbessert, sondern möglicherweise sogar überhaupt erst diese Situation verschuldet, in der man sich nun befand. Die Grenzen dessen, wo der erste Fehler endete und wo der nächste begann, waren fließend, liefen möglicherweise auch manchmal parallel zueinander. Aber war das, was sie nun hier tat, denn nun mehr Fehler oder mehr Lösung? Das hing am Ende wohl nur vom Ergebnis ab, und nicht nur die Uniform mochte dann andeuten, dass der Zweck hier die Mittel heiligte.
„Ja, die Größe ist in Ordnung“, sagte sie murmelnd, während sie den letzten Druckknopf zu ihrer Rechten an der Uniformjacke schloss und während sich die Türe aus dem Badezimmer öffnete, allerdings blieb sie noch im Bewegungssensor der aufschnellenden Tür stehen. Der junge Unteroffizier, der sie vom Hangar in das ihr zugewiesene Quartier geleitet und ihre Größe geschätzt hatte, hatte sich in der Zwischenzeit müde gegen den Tisch unter dem einzigen Aussichtsfenster im Raum gelehnt und dort sichtlich gelangweilt im noch leeren Raum gewartet, bis die neue Besitzerin des Quartiers die zurechtgelegte Uniform des ISB aus weißer Uniformjacke und schwarzen Hosen, Gürtel, Mütze und Stiefeln anprobiert hatte. Der Mann betrachtete die neu eingekleidete Frau ein Mal von oben bis unten mit scheinbar neutraler Miene, aber Sedrael spürte, dass das in Teilen aufgesetzt war. Ein unbewusstes Blinzeln mit den Augen war Ausfluss seiner kurzzeitigen, aber unterdrückten Missbilligung, sie in Uniform zu sehen, wobei Sedrael nicht klar sagen konnte, woher diese Ablenkung tatsächlich herrührte. Schließlich verlagerte er sein Gewicht ein Stück weit nach vorne, um seine lehnende Position aufzugeben und sich mit ein paar Schritten in der Mitte des Raums zu positionieren, wo er dann in vermutlich sauberer militärischer Haltung Stellung bezog und stur geradeaus die leere Wand ein paar Meter vor ihm anblickte.
„Ich lasse den Quartiermeister wissen, dass er die Schränke in Ihrer Abwesenheit entsprechend auffüllen lässt, Ma'am.“
„Danke.“
Der starre Blick zur Wand wurde einen Sekundenbruchteil unterbrochen, als der Unteroffizier offenbar etwas irritiert seine Pupillen seitwärts schob, um die uniformierte Frau anzublicken – ehe er sich daran erinnerte, dass sich das nicht schickte, und wieder sein Drill Überhand nahm, doch er antwortete nicht. Mehrere Sekunden lang herrschte schließlich peinliche Stille im Raum. Sedrael bemerkte an der etwas unruhigen Haltung, dass der Mann offensichtlich auf irgendetwas von ihrer Seite wartete. Nur was mochte das wohl sein? Übersprunghaft fasste sie an ihren Hinterkopf und schien ihre Haare zu richten, die sie hochgesteckt hatte und die vermeintlich durch das Umziehen in Unordnung geraten waren, allerdings in diesem Fall nur, um wenigstens den Anschein zu erwecken, dass sie gerade durch etwas abgelenkt war. Der junge Mann schien sich zunächst nichts anmerken zu lassen, ihm schien jedoch in ihrer Abwesenheit im Zimmer aufgefallen zu sein, dass ihr Quartier noch erstaunlich leer war.
„Ich nehme an, das ISB lässt Ihnen Ihre Unterlagen noch zukommen?“
„Ja, natürlich“, sagte sie nickend, als wüsste sie, wovon der Mann redete, und hoffte, dass der Blick des Mannes wirklich so starr war, wie es den Anschein hatte, damit er nicht bemerkte, wie ihr gerade vor Nervosität das Blut in den Kopf schoss. Sie strich weiter ihre Haare glatt, drehte sich dann jedoch in der Türe um, um wieder einen Moment Zuflucht im Badezimmer suchen zu können. Der Mann verfolgte das aus dem Augenwinkel mit angehobener Braue und fing sie ab, indem er sich ein Mal räusperte und schließlich die Stimme erhob.
„Sofern Sie nichts weiter benötigen, möchte ich dann darum bitten, mich entfernen zu dürfen.“
Sedrael blieb dadurch in der Türe stehen, wenn auch nun mit dem Rücken zu dem Soldaten. Das war es also. Wie amüsant.
„Sie dürfen.“
Befreit atmete der Mann gepresst aus, schlug die Hacken leicht aneinander und ließ das Quartier mit beschleunigtem Schritt hinter sich. Sehr ungewohnt, jemandem erlauben zu müssen, dass er gehen durfte. Das Militär war ein eigenartiger Verbund aus mangelnder Individualität und kreativer Leere. Alles war dem System und der Funktion unterworfen, dem Dogma von Befehl und Gehorsam. Es musste dem Mann wohl geradezu wie eine Strafe vorgekommen sein, die vermeintliche Agentin zu integrieren, insbesondere weil er auch er wieder eine gewisse, unerklärbare Grundskepsis ausgestrahlt hatte. Vorurteile waren hier mehr Regelfall als Ausnahme, so viel war bereits erkennbar. Die Frage war nun nur noch, welcher Art von Vorurteilen sie hier ständig begegnete. Ob sie das allerdings mit ihrem ungeschickten Auftreten wirklich sinnvoll herausfinden konnte, war schwer abschätzbar. Vielleicht war ein Blick in die Macht, in die Gedanken der offenbar ausschließlichen Menschen ein unauffälligeres Mittel hierzu, doch Gedankenlesen war keine einfache Fähigkeit, die nur besonders empathische Jedi lernen konnten oder solche, die miteinander eine engere Bindung erreicht hatten. Das war hier nicht gegeben und vielleicht war es sogar hinderlich, dass sie dann mit unstrukturierten Machtfetzen aus nicht trainierten Menschen zu tun haben würde, deren Machtpräsenz aus ihrer Sicht zu unsortiert schien, um daraus logische Gedanken erschließen zu können. Vielleicht also irgendwann eine Frage, die sich eher an die Person Reah Nigidus richten würde. Für den Moment jedoch verspürte Sedrael ein weitaus primitiveres Gefühl, das sie schließlich dazu veranlasste, ihr vorübergehendes Quartier wieder zu verlassen.
Es war kaum zu begreifen, wie groß ein Raumschiff tatsächlich sein konnte. Der einzige Vorteil für Unbekannte war, dass die durchaus komplexen Deckpläne an den Wänden ähnlich korrekt und sauber waren wie auch der Rest davon. Vermutlich wäre es einfacher gewesen, wenn Sedrael sich nur in Begleitung der Inquisitorin auf dem Schiff bewegte, aber es war letztlich immer denkbar, dass diese sich erneut dem Diktat der mysteriösen Frostgestalt aus dem Hologramm beugen und Sedrael somit für eine Zeit lang verlassen musste. Je früher die Sephi also ihre Hilflosigkeit ablegte, desto besser waren die Aussichten, in einem etwaigen Notfall zumindest nicht völlig verloren zu sein. Die Schiffszeit war auf die übliche Coruscant-Standardzeit geeicht und auch wenn eine Tageszeit im Weltraum willkürlich schien, so setzten sich dadurch doch die Abläufe auf dem Raumschiff fest, wie etwa die Aufteilung in Tages- und Nachtschichten, obwohl auch diese sich optisch nicht voneinander unterschieden, denn es gab nun einmal keinen natürlichen Tagesablauf in den Sternen. Es war daher sinnlos anzunehmen, dass in Nachtschichten auf dem Raumschiff tatsächlich weniger Personen im Dienst waren, denen sie begegnen konnte. Dennoch schien es wahrscheinlich, dass die Abläufe gerade so ausgelegt waren, dass sie dem als natürlich empfundenen menschlichen Biorhythmus entsprechen und die meisten Menschen dem bewusst oder unbewusst folgten. Daher entschied Sedrael, dass die beste Zeit, um ihren aufkeimenden Hunger möglichst unauffällig zu stillen, in der genormten Nachtzeit auf dem Schiff war, ein paar Stunden vor der Zeit, die für die Tagesschicht als Frühstückszeit empfunden werden würde.
Obwohl die Kantine im Vergleich zum Rest des Schiffes nicht allzu weit von den Quartieren im Brückenturm, der allein bereits gewaltige Ausmaße hatte und den sie ohnehin bislang nur mit der Inquisitorin in Richtung des Hangars verlassen hatte, entfernt lag, dauerte es trotzdem länger als sie erwartet hatte, um den richtigen Korridoren zu folgen und schließlich vor einer größeren, offenstehenden Doppeltür zum Stehen zu kommen. Sie beugte sich leicht nach vorne, um durch die Tür in den gesamten Raum spähen zu können, doch auch wenn sie später dran war als sie ursprünglich geplant hatte, schien ihre Idee dennoch aufzugehen. In der Kantine selbst, die sicherlich hundert Meter oder mehr an Länge messen musste, konnte sie tatsächlich niemanden erkennen. Das war durchaus erleichternd. Grundsätzlich hätte sie kein Problem damit gehabt, auch das Gespräch mit der Besatzung an Bord zu suchen, aber jetzt, wo sie eine Rolle spielen musste, die ihr völlig fremd war, hatte sich das zwangsläufig geändert. Nun barg genau das die Gefahr oder eher die beinahe Sicherheit, dass sie ihrer Rolle im Fall einer Konfrontation nun einmal nicht gerecht werden würde. Nur wenige Personen waren in der Lage, aus dem Stegreif eine erfolgreiche Lüge zu erdenken, wenn ihnen die Situation, in der sie sich gerade befanden, völlig fremd war. Sedrael war keine davon. Tatsächlich fielen ihr derzeit nur wenige Situationen ein, die ihr überhaupt fremder hätten sein können, als zu versuchen, sich wie ein Militär zu verhalten. Was wusste sie schon von deren Gepflogenheiten, von Umfangsformen, von Habitus? Bestenfalls eine oberflächliche und antiquierte Darstellung verschiedener Medien aus den Archiven der Republik, die mit der Realität aber auch wenig gemein haben konnte und natürlich auch nie ein Schwerpunkt ihrer Studien gewesen war, sondern allenfalls am Rande erwähnt wurde. Zum Militär der Republik während des ersten Kriegsjahres hatte sie wiederum nahezu keinen Kontakt gehabt, nachdem sie sich in dieser Zeit fast nur noch im Tempel aufgehalten hatte. Rückblickend betrachtet hätte ihr die eine oder andere Erfahrung mehr hier nun vielleicht nützlich sein können.
Vorsichtig trat Sedrael durch die Doppeltüre, sah sich noch einmal um, doch auch auf den zweiten Blick war niemand in dem riesigen Raum zu sehen. Sie seufzte ein Mal erleichtert. Das war gut, dadurch konnte sie sich zumindest Zeit lassen. Über die gesamte Länge der Kantine war zur rechten Seite der Türe ein Ausgabetisch für Teller, Speisen und Besteck platziert, links davon diverse graue Tische und Stühle von gleicher Größe und Anordnung. Zur Linken blitzten auch helle Sterne aus dem schwarzen Teppich des Weltraums hervor, der sich hinter den beinahe bis zum Boden reichenden, großflächigen Fenstern erstreckte. Duft geradezu klinischer Sterilität umstrich Sedraels Nase, obwohl sie erwartet hätte, dass der dominierende Geruch hier von den Speisen ausgehen würde. Die Jedi trat an die Ausgabe heran und betrachtete die verschiedenen Teller, die dort platziert wurden und zum Teil mit künstlicher Wärme warm- oder frischgehalten wurden. Erst als Sedrael ein paar Schritte am Tisch entlang gemacht hatte, um die Teller zu inspizieren, bemerkte sie, dass sie doch nicht vollständig allein in dem Raum war, sondern Gesellschaft in Form eines schwarzen, offenbar leicht modifizierten R5-Droiden hatte, der regungslos hinter der Ausgabetisch stand und den sie daher zunächst nicht registriert hatte. Da er stabil auf seinen Beinen stand und seinen eckigen Kopf nicht rotieren ließ, schien er inaktiv zu sein und war vermutlich nur einem einfachen Programm unterworfen, das ihn nur dann aktivieren ließ, wenn es dafür Bedarf gab. So ignorierte die Sephi das auf seine Weise schlafende Geschöpf, obwohl sie sich auf peinliche Art und Weise davon beobachtet fühlte und immer wieder für einen Augenaufschlag überprüfte, ob es sich auch tatsächlich nicht bewegt hatte. Vielleicht machte sie das gerade paranoid genug, um ausnahmsweise wirklich den Anschein einer Agentin zu erwecken. Als sie sich schließlich entschieden hatte, nahm sie eins der kalten, leichteren Gerichte aus der Ablage, bei dem sie wenigstens wusste, worum es sich handelte, und füllte ein Glas füllte mit etwas, das zumindest wie einfaches Sprudelwasser aussah und auch danach roch.
Dann aber fror sie urplötzlich in der Bewegung ein. In ihrem Kopf begann es zu pulsieren, fast wie ein intuitiver Warnruf. Perplex schob sie ihre Pupillen unwillkürlich in Richtung der geöffneten Doppeltüre. Zunächst war noch niemand zu sehen, doch nur ein paar Sekunden darauf ertönte bereits das prägende, monotone Geräusch schwerer Militärstiefel, das immer näher kam.
„Ja, die Größe ist in Ordnung“, sagte sie murmelnd, während sie den letzten Druckknopf zu ihrer Rechten an der Uniformjacke schloss und während sich die Türe aus dem Badezimmer öffnete, allerdings blieb sie noch im Bewegungssensor der aufschnellenden Tür stehen. Der junge Unteroffizier, der sie vom Hangar in das ihr zugewiesene Quartier geleitet und ihre Größe geschätzt hatte, hatte sich in der Zwischenzeit müde gegen den Tisch unter dem einzigen Aussichtsfenster im Raum gelehnt und dort sichtlich gelangweilt im noch leeren Raum gewartet, bis die neue Besitzerin des Quartiers die zurechtgelegte Uniform des ISB aus weißer Uniformjacke und schwarzen Hosen, Gürtel, Mütze und Stiefeln anprobiert hatte. Der Mann betrachtete die neu eingekleidete Frau ein Mal von oben bis unten mit scheinbar neutraler Miene, aber Sedrael spürte, dass das in Teilen aufgesetzt war. Ein unbewusstes Blinzeln mit den Augen war Ausfluss seiner kurzzeitigen, aber unterdrückten Missbilligung, sie in Uniform zu sehen, wobei Sedrael nicht klar sagen konnte, woher diese Ablenkung tatsächlich herrührte. Schließlich verlagerte er sein Gewicht ein Stück weit nach vorne, um seine lehnende Position aufzugeben und sich mit ein paar Schritten in der Mitte des Raums zu positionieren, wo er dann in vermutlich sauberer militärischer Haltung Stellung bezog und stur geradeaus die leere Wand ein paar Meter vor ihm anblickte.
„Ich lasse den Quartiermeister wissen, dass er die Schränke in Ihrer Abwesenheit entsprechend auffüllen lässt, Ma'am.“
„Danke.“
Der starre Blick zur Wand wurde einen Sekundenbruchteil unterbrochen, als der Unteroffizier offenbar etwas irritiert seine Pupillen seitwärts schob, um die uniformierte Frau anzublicken – ehe er sich daran erinnerte, dass sich das nicht schickte, und wieder sein Drill Überhand nahm, doch er antwortete nicht. Mehrere Sekunden lang herrschte schließlich peinliche Stille im Raum. Sedrael bemerkte an der etwas unruhigen Haltung, dass der Mann offensichtlich auf irgendetwas von ihrer Seite wartete. Nur was mochte das wohl sein? Übersprunghaft fasste sie an ihren Hinterkopf und schien ihre Haare zu richten, die sie hochgesteckt hatte und die vermeintlich durch das Umziehen in Unordnung geraten waren, allerdings in diesem Fall nur, um wenigstens den Anschein zu erwecken, dass sie gerade durch etwas abgelenkt war. Der junge Mann schien sich zunächst nichts anmerken zu lassen, ihm schien jedoch in ihrer Abwesenheit im Zimmer aufgefallen zu sein, dass ihr Quartier noch erstaunlich leer war.
„Ich nehme an, das ISB lässt Ihnen Ihre Unterlagen noch zukommen?“
„Ja, natürlich“, sagte sie nickend, als wüsste sie, wovon der Mann redete, und hoffte, dass der Blick des Mannes wirklich so starr war, wie es den Anschein hatte, damit er nicht bemerkte, wie ihr gerade vor Nervosität das Blut in den Kopf schoss. Sie strich weiter ihre Haare glatt, drehte sich dann jedoch in der Türe um, um wieder einen Moment Zuflucht im Badezimmer suchen zu können. Der Mann verfolgte das aus dem Augenwinkel mit angehobener Braue und fing sie ab, indem er sich ein Mal räusperte und schließlich die Stimme erhob.
„Sofern Sie nichts weiter benötigen, möchte ich dann darum bitten, mich entfernen zu dürfen.“
Sedrael blieb dadurch in der Türe stehen, wenn auch nun mit dem Rücken zu dem Soldaten. Das war es also. Wie amüsant.
„Sie dürfen.“
Befreit atmete der Mann gepresst aus, schlug die Hacken leicht aneinander und ließ das Quartier mit beschleunigtem Schritt hinter sich. Sehr ungewohnt, jemandem erlauben zu müssen, dass er gehen durfte. Das Militär war ein eigenartiger Verbund aus mangelnder Individualität und kreativer Leere. Alles war dem System und der Funktion unterworfen, dem Dogma von Befehl und Gehorsam. Es musste dem Mann wohl geradezu wie eine Strafe vorgekommen sein, die vermeintliche Agentin zu integrieren, insbesondere weil er auch er wieder eine gewisse, unerklärbare Grundskepsis ausgestrahlt hatte. Vorurteile waren hier mehr Regelfall als Ausnahme, so viel war bereits erkennbar. Die Frage war nun nur noch, welcher Art von Vorurteilen sie hier ständig begegnete. Ob sie das allerdings mit ihrem ungeschickten Auftreten wirklich sinnvoll herausfinden konnte, war schwer abschätzbar. Vielleicht war ein Blick in die Macht, in die Gedanken der offenbar ausschließlichen Menschen ein unauffälligeres Mittel hierzu, doch Gedankenlesen war keine einfache Fähigkeit, die nur besonders empathische Jedi lernen konnten oder solche, die miteinander eine engere Bindung erreicht hatten. Das war hier nicht gegeben und vielleicht war es sogar hinderlich, dass sie dann mit unstrukturierten Machtfetzen aus nicht trainierten Menschen zu tun haben würde, deren Machtpräsenz aus ihrer Sicht zu unsortiert schien, um daraus logische Gedanken erschließen zu können. Vielleicht also irgendwann eine Frage, die sich eher an die Person Reah Nigidus richten würde. Für den Moment jedoch verspürte Sedrael ein weitaus primitiveres Gefühl, das sie schließlich dazu veranlasste, ihr vorübergehendes Quartier wieder zu verlassen.
Es war kaum zu begreifen, wie groß ein Raumschiff tatsächlich sein konnte. Der einzige Vorteil für Unbekannte war, dass die durchaus komplexen Deckpläne an den Wänden ähnlich korrekt und sauber waren wie auch der Rest davon. Vermutlich wäre es einfacher gewesen, wenn Sedrael sich nur in Begleitung der Inquisitorin auf dem Schiff bewegte, aber es war letztlich immer denkbar, dass diese sich erneut dem Diktat der mysteriösen Frostgestalt aus dem Hologramm beugen und Sedrael somit für eine Zeit lang verlassen musste. Je früher die Sephi also ihre Hilflosigkeit ablegte, desto besser waren die Aussichten, in einem etwaigen Notfall zumindest nicht völlig verloren zu sein. Die Schiffszeit war auf die übliche Coruscant-Standardzeit geeicht und auch wenn eine Tageszeit im Weltraum willkürlich schien, so setzten sich dadurch doch die Abläufe auf dem Raumschiff fest, wie etwa die Aufteilung in Tages- und Nachtschichten, obwohl auch diese sich optisch nicht voneinander unterschieden, denn es gab nun einmal keinen natürlichen Tagesablauf in den Sternen. Es war daher sinnlos anzunehmen, dass in Nachtschichten auf dem Raumschiff tatsächlich weniger Personen im Dienst waren, denen sie begegnen konnte. Dennoch schien es wahrscheinlich, dass die Abläufe gerade so ausgelegt waren, dass sie dem als natürlich empfundenen menschlichen Biorhythmus entsprechen und die meisten Menschen dem bewusst oder unbewusst folgten. Daher entschied Sedrael, dass die beste Zeit, um ihren aufkeimenden Hunger möglichst unauffällig zu stillen, in der genormten Nachtzeit auf dem Schiff war, ein paar Stunden vor der Zeit, die für die Tagesschicht als Frühstückszeit empfunden werden würde.
Obwohl die Kantine im Vergleich zum Rest des Schiffes nicht allzu weit von den Quartieren im Brückenturm, der allein bereits gewaltige Ausmaße hatte und den sie ohnehin bislang nur mit der Inquisitorin in Richtung des Hangars verlassen hatte, entfernt lag, dauerte es trotzdem länger als sie erwartet hatte, um den richtigen Korridoren zu folgen und schließlich vor einer größeren, offenstehenden Doppeltür zum Stehen zu kommen. Sie beugte sich leicht nach vorne, um durch die Tür in den gesamten Raum spähen zu können, doch auch wenn sie später dran war als sie ursprünglich geplant hatte, schien ihre Idee dennoch aufzugehen. In der Kantine selbst, die sicherlich hundert Meter oder mehr an Länge messen musste, konnte sie tatsächlich niemanden erkennen. Das war durchaus erleichternd. Grundsätzlich hätte sie kein Problem damit gehabt, auch das Gespräch mit der Besatzung an Bord zu suchen, aber jetzt, wo sie eine Rolle spielen musste, die ihr völlig fremd war, hatte sich das zwangsläufig geändert. Nun barg genau das die Gefahr oder eher die beinahe Sicherheit, dass sie ihrer Rolle im Fall einer Konfrontation nun einmal nicht gerecht werden würde. Nur wenige Personen waren in der Lage, aus dem Stegreif eine erfolgreiche Lüge zu erdenken, wenn ihnen die Situation, in der sie sich gerade befanden, völlig fremd war. Sedrael war keine davon. Tatsächlich fielen ihr derzeit nur wenige Situationen ein, die ihr überhaupt fremder hätten sein können, als zu versuchen, sich wie ein Militär zu verhalten. Was wusste sie schon von deren Gepflogenheiten, von Umfangsformen, von Habitus? Bestenfalls eine oberflächliche und antiquierte Darstellung verschiedener Medien aus den Archiven der Republik, die mit der Realität aber auch wenig gemein haben konnte und natürlich auch nie ein Schwerpunkt ihrer Studien gewesen war, sondern allenfalls am Rande erwähnt wurde. Zum Militär der Republik während des ersten Kriegsjahres hatte sie wiederum nahezu keinen Kontakt gehabt, nachdem sie sich in dieser Zeit fast nur noch im Tempel aufgehalten hatte. Rückblickend betrachtet hätte ihr die eine oder andere Erfahrung mehr hier nun vielleicht nützlich sein können.
Vorsichtig trat Sedrael durch die Doppeltüre, sah sich noch einmal um, doch auch auf den zweiten Blick war niemand in dem riesigen Raum zu sehen. Sie seufzte ein Mal erleichtert. Das war gut, dadurch konnte sie sich zumindest Zeit lassen. Über die gesamte Länge der Kantine war zur rechten Seite der Türe ein Ausgabetisch für Teller, Speisen und Besteck platziert, links davon diverse graue Tische und Stühle von gleicher Größe und Anordnung. Zur Linken blitzten auch helle Sterne aus dem schwarzen Teppich des Weltraums hervor, der sich hinter den beinahe bis zum Boden reichenden, großflächigen Fenstern erstreckte. Duft geradezu klinischer Sterilität umstrich Sedraels Nase, obwohl sie erwartet hätte, dass der dominierende Geruch hier von den Speisen ausgehen würde. Die Jedi trat an die Ausgabe heran und betrachtete die verschiedenen Teller, die dort platziert wurden und zum Teil mit künstlicher Wärme warm- oder frischgehalten wurden. Erst als Sedrael ein paar Schritte am Tisch entlang gemacht hatte, um die Teller zu inspizieren, bemerkte sie, dass sie doch nicht vollständig allein in dem Raum war, sondern Gesellschaft in Form eines schwarzen, offenbar leicht modifizierten R5-Droiden hatte, der regungslos hinter der Ausgabetisch stand und den sie daher zunächst nicht registriert hatte. Da er stabil auf seinen Beinen stand und seinen eckigen Kopf nicht rotieren ließ, schien er inaktiv zu sein und war vermutlich nur einem einfachen Programm unterworfen, das ihn nur dann aktivieren ließ, wenn es dafür Bedarf gab. So ignorierte die Sephi das auf seine Weise schlafende Geschöpf, obwohl sie sich auf peinliche Art und Weise davon beobachtet fühlte und immer wieder für einen Augenaufschlag überprüfte, ob es sich auch tatsächlich nicht bewegt hatte. Vielleicht machte sie das gerade paranoid genug, um ausnahmsweise wirklich den Anschein einer Agentin zu erwecken. Als sie sich schließlich entschieden hatte, nahm sie eins der kalten, leichteren Gerichte aus der Ablage, bei dem sie wenigstens wusste, worum es sich handelte, und füllte ein Glas füllte mit etwas, das zumindest wie einfaches Sprudelwasser aussah und auch danach roch.
Dann aber fror sie urplötzlich in der Bewegung ein. In ihrem Kopf begann es zu pulsieren, fast wie ein intuitiver Warnruf. Perplex schob sie ihre Pupillen unwillkürlich in Richtung der geöffneten Doppeltüre. Zunächst war noch niemand zu sehen, doch nur ein paar Sekunden darauf ertönte bereits das prägende, monotone Geräusch schwerer Militärstiefel, das immer näher kam.