Orbit von Atrisia, Supersternenzerstörer Abaddon
War Ausweichen nun das geeignete Wort eine Person zu beschreiben, die sich per se weigerte eine zufriedenstellende Antwort zu geben? Zufriedenstellend für den Gegenüber? Unklarheiten und nebulöse Formulierungen mochten einer Flucht dienen, doch entscheidender war, dass sie es nicht zwingend mussten. Derartige Antworten vergrößerten lediglich das Spektrum der Möglichkeiten, indem sie Rahmen und Parameter nicht genauer definierten und erst recht nicht definieren wollten. Grenzen und Möglichkeiten ergaben sich schlussendlich von selbst, sie zu erzwingen engte die allgemeine Bandbreite des Möglichen ein und schuf Konflikte, ganz ähnlich dem Kriegsszenario, in dem sich erstarrte Frontlinien herauskristallisierten. Wozu nun also den zarten Frieden opfern um den Konflikt zu provozieren? Aus ihren Gedanken heraus schien, besonders in Anbetracht der Tatsache, dass Sedrael trotz allem am ehesten mit dem Orden der Jedi zu assoziieren war, ein solcher Wunsch nur wenig Sinn zu machen - zumindest in Anbetracht ihres Kodex. Und doch reichte ihr empathisches Verständnis weit genug, um einen Sinn, nur einen von vielen dahinter ausmachen zu können. Nach dem tragischen Tod dessen, was sie wohl am ehesten Heimat nennen konnte, wünschte sich die Sephi vielleicht sogar die Konfrontation, nicht offen vielleicht, nein, aber insgeheim dennoch Ein solches Ereignis zog nicht stillschweigend an Personen herüber, nein, sie wollten mindestens Rechtfertigung, wenn schon nicht Reue, nicht Rache und wie die Hexe zugeben musste, war sie sich nicht einmal sicher, ob Sedrael letztere Punkte nicht auch wollte. Düsternis gebar Düsternis, seit jeher. Das finstere Feuer des Drachen aus dem Tiefenraum hatte die Welt verzehrt und nun sollte sich der Meister der Bestie stellen, den Kontrollverlust erklären, offenbaren, warum es nicht gelang den Hunger des Monsters in Zaum zu halten, das Verlangen nach Blut, nach Schrecken. Vielleicht war dem so, weil Bestie und Meister, weil Drache und Hexe eins waren, zwei Teile eines Ganzen, dass in einem diffusen Wirbel die Rollen wechselte, wie es sich anbot, wie es notwendig war.
Darum gab es keine eindeutige Antwort, sondern nur illusorisches Nebelwerk, weil es keine geben konnte. Die Bedingungen schwankten situationsbedingt und unter solche Voraussetzungen blieb es an der Sephi zu erahnen, zu erkennen, wohin der Weg der Hexe sie zu führen vermochte, welche der unendlich vielen Weggabelungen, Türen, Reah Nigidus öffnete und was sich dahinter verbergen mochte. "Wenn ich es denn tue, so stellt es Euch vor wie die Macht.", sprach der Finstergeist mit Bedacht. "Stellt sie Euch als Fluss vor, natürlich, ebenso schön wie auch rau und wild, wie ein Wildwasserbach auf Belsavis. Die Steine, große wie kleine bilden Widerstände, sie bremsen den Fluss und doch, statt mit brachialer Kraft der Ozeane von Bestine dagegen anzukämpfen, an den Klippen zu zerschellen, entscheidet sie sich für den subtileren Weg. Sie fließt an den Widerständen vorbei, ebenso zart wie geschmeidig, sie behindert den Widerstand nicht für das, was er ist, sie verachtet ihn nicht dafür, nur weil er dazu verdammt ist stillzustehen und nicht mitzukommen."Vielleicht traf selbiges ein Stück weit sogar auf Sedrael zu, doch blieb es ihrer selbst überlassen sich getroffen oder ertappt zu fühlen - so sie es dann war. Sie mochte es vorziehen unter der Last des Ozeans zusammenzubrechen und doch wäre ein solches Ende ungebührlich und verfrüht. Die Zeit mochte kommen, früh genug, da würden Krieg und Konflikt sie einholen und sie stellen. Aber nicht jetzt, dies waren weder Ort und Zeit um Grenzen zu ziehen, um absolute Standpunkte mit inbrünstiger Überzeugung zu vertreten. Nein, es war nur ein Gespräch, ein fürwahr seltsames unter noch seltsameren Freunden.
Und verhielt es sich dann mit der Furcht nicht ganz ähnlich? Denn ursprüngliche Furcht war vage, ebenso wechselhaft und launisch wie ein zänkisches Weib. Sie legte sich nicht fest, sondern erfand sich stets neu um die Lebenden zu malträtieren und zu quälen, wo sie nur konnte. Aber auch mehr als das. Furcht war ein Katalysator, die Vorstellung der Schrecken, die angstverzerrten Bilder, die sich in die Hirne ihrer Opfer einbrannten konnten eine Motivation sein, sie trieben zu Höchstleistungen um ebene jene Projektion aus dem Reich der Alptraumlande, nicht bis in die Realität vordringen zu lassen. Sie war natürlich und essentiell. Sie verursachte Kriege und schloss Frieden, sie schuf Hass und gleichsam abgöttische Liebe. Furcht war das Rückgrat der Galaxis, vielleicht aller Galaxien überhaupt. Sie war Saat und Nährboden für Zivilisationen, sogar von philosophischen Orden und dabei dachte die Hexe nicht nur an die Sith, denn Furcht funktionierte auch umgekehrt, nicht als Teil einer Ordensdoktrin, sondern als Nichtteil, der dennoch da war. Verleugnet, aber existent. Denn fürchteten die Jedi nicht die Sith? Glühende Verfechter mochten das bestreiten und vielleicht hatten sie recht nur mussten sich auch jene Gestalten dann letztlich der zweiten Frage stellen: Fürchteten sich die Jedi nicht davor zu werden wie die Sith? Und an diesem Punkt nun, versagte das Dogma, versagte der Kodex und brach in sich zusammen. Täten die Jedi sich nicht vor der Ureigenen wilden Natur fürchten, die sich in jedem lebend Wesen finden ließ, so wäre ihr Orden ad absurdum geführt, er verkam zu einem Instrument, einem bloßen Teil staatlicher Gewalt mit mehr Schein als Sein. Und so armselig und fehlgeleitet auch das Wesen der Sith sein mochte, in diesem Punkt waren sie dennoch ehrlicher, offener - wenn schon nicht besser.
"Weder mehr noch weniger als Ihr, Sedrael - nur auf eine andere Weise.", lautete das knappe Eingeständnis, das, von ihrem Standpunkt aus so klar zu sein schien, dass selbst diese Worte eigentlich überflüssig waren. "Aber nicht vor dem was Ihr vermutet, nein. Gedanken und Handlungen ändern sich - selbst die meinen und vielleicht öfter als ihr denkt. Und selbst wenn nicht, Euch den Schlüssel zur Entschlüsselung zu überreichen wäre unangemessen leicht, nein. Wenn ihr mich kennen wollt, werdet Ihr mich kennenlernen müssen. Ihr werdet es irgendwann erkennen - wenn Ihr Euch selbst die Zeit dazu gebt und wo Ihr doch zu denken scheint, dass Ihr mich ohnehin nicht beeinträchtigen könntet... ist es da nicht gerade die Zeit, die Ihr am meisten besitzt?" Und doch ließ ein Wort der Sephi sie für den Moment innehalten und den Atem zu Eis gefrieren. Sie war nicht willens sie aufzuhalten? Entsprach es der Wahrheit oder aber war dieses Wort nur unachtsam herausgerutscht? Die Hexe hatte eine Welt den Flammen überlassen und Sedrael sollte wissen, musste wissen, dass sie es jederzeit wieder tun konnte. Hier, über Atrisia, über Millionen anderer Welten und nun sollte sie glauben, dass sich dieses Wesen vor ihr damit abgefunden hat? Unvorstellbar. Unmöglich.
"Tue ich das?", antwortete sie nach alter Marotte mit einer Gegenfrage. "Oder gebt Ihr Euch nur nicht genug Mühe mich zu erkennen? Doch wenn Ihr glaubt ich vertraue Euch nicht, dann irrt Ihr euch." Der Schatten breitete seine eigenen schwarzen Schwingen aus, doch nicht etwa, damit die Finsternis den weißen Engel verschlingen und in den Abgrund ziehen konnte, nein. Vorsichtig griff sie nach den schneeweißen Händen und schwarzer, weicher Samt über aschgrauer Haut berührte die natürliche Reinheit und führte deren Hände zusammen. Das starre Totengesicht beugte sich vor und legte sein Gewicht auf die Stirn der Sephi. Licht und Schatten zusammen - größer konnte der Kontrast nicht sein und doch nah genug um den Atem des Gegenübers zu spüren. "Ich gab Euch Gelegenheiten mich zu töten. Ich habe mich beinahe selbst getötet um Euch vor den Sith zu bewahren und Ihr wart eine imperiale Gefangene die wissentlich mit einer Waffe in einer Zelle landete." Die Augen der Hexe senkten sich herab, vielleicht ein unangemessener Anflug von Traurigkeit, ein kleiner Dämpfer der Enttäuschung. "Aber glaubt nicht ich würde Euch misstrauen weil Ihr keine Antworten erhaltet für die Ihr nicht bereit seid, für die ich nicht bereit bin." Ein kurzer Druckimpuls glitt durch die weißen Hände, die so gänzlich umschlugen, so gierig verschlungen von der Dunkelheit waren. "Und vielleicht solltet Ihr beten, Sedrael, dass Ihr und ich diese Antworten niemals erlangen." Der Schrecken löste sich und gab den Engel erneut frei. Der Schatten wandte sich ab, kroch dahin, wo er das Licht nicht sehen musste und lenkte seine Schritte durch die sich öffnende Hangartore.
Die Augen der Macht erfassten den Mann, ehre ihre wirklichen ihn auch nur annähernd fixiert hatten. Es war als blies von Rost durchsetzter Staub in ihre Lungen, zerriss Luftbläschen und ersetzte sie durch künstliche Pumpen, mit Drähten und Kabeln als Innereien, Elektrospulen statt eines Gehirns und einen krächzenden Vokabulator statt einer Stimme. Der Blechmann war da. Aber kein neuer Darth Vader, nein, etwas Geringeres. Etwas Ärmeres. Etwas, dem Macht fehlte und das nur Leid kannte, Leid vielleicht, das sich nach einem Ende sehnte. Die Eindrücke wirbelten durcheinander abgelenkt und verschwommen von dem was die Macht flüsterte und dem was die Realität zeigte. War da da noch ein Mensch? Oder nur ein Droidenhirn, das einen Menschenkörper steuerte? Fest stand nur eines: diese Kreatur brachte Unruhe in ihre Welt, eine unbekannte Variable, die sich erst noch würde einordnen müssen, ein Etwas, dass erst noch in die richtige Form würde gebracht werden müssen. So oder so. Aber das Geschöpf war eben auch nur ein Mann, ein Mann ohne Macht, ein Mann, der äußerlich das war, was das Imperium verkörperte: maschinelle Funktion und dahingehend mochte dieses Gerät seinen Zweck sogar erfüllen. Die Konturen wurden klarer je näher sie kam und mit warf sich auch die Frage auf, ob dieses Design nun ein besonders schlechter Scherz sein sollte, oder tatsächlich eine perfide Art Absicht darstellte. Ein helles Glucksen entfuhr der Hexe, ein spontaner Ausfall kindlicher Freude, verzerrt von des Elfenbeins zweiter Haut über dem ursprünglichen, dem zerfressenen Gesicht, an dem sich die Dunkelheit labte. Stratis mochte bereits eine seltsame Art Haustier gewesen sein, doch ihr tatsächlich einen Vogel in den goldenen Käfig zu entsenden war einfach zu köstlich. Da stand es nun also, das scheue Schnabelwesen und sah sich um, sah herum wo es hinsollte, wo das Korn zum picken war, wo es kreischend Flattern konnte, sich im Hahnenkampf der Offiziere beweisen. Vorzüglich. "Horington?", ertönte eine Frauenstimme hinter immer gleicher weißer Fassade versteckt und in dunkle Roben gehüllt und wohl darauf bedacht den militärischen Rang als entbehrlich zu betrachten. "Inquisitorin Reah Nigidus, Operationsleiterin." Ihr Kopf reckte sich kurz seitwärts, in Richtung ihrer Begleitung. "Und meine Adjutantin, Agentin Maledice." Der rechte Arm der Hexe streckte sich vor, während sie den Handschuh abstreifte und die aschgraue Hand entblößte, in die sich die Furchen von Finsternis und Verfall gruben. Gerade gestreckt hing er vor ihr, die Finger leicht nach unten gewölbt und wartete darauf entgegengenommen zu werden, um eine Dame so zu begrüßen, wie es sich geziemte - selbst wenn es offensichtlich unmöglich war.
Orbit von Atrisia, Modular-Kreuzer Celsius
Nervös blickte Iphris Haraam auf die Sensordaten und war damit offensichtlich nicht alleine. Auf dem Kreuzer war es still geworden, seitdem sie eine noch nicht identifizierte Armada auf dem Schirm hatten, die sowohl freundlich als auch feindlich sein konnte. Es war nicht gänzlich abwegig, dass einer der Tiefkern-Kriegsherren sich dazu entschlossen hatte Atrisia einen Überfallbesuch abzustatten, nur, dass er hier mehr fand als nur einen recht wehrlosen Planeten. Iphris musste zugeben, dass sie nicht nur leichte, sondern wegen des Supersternenzerstörers auch relativ begehrte Beute waren - eine wahrhaft formidable Trophäe und nutzbringendes Spielzeug für Kriegsherren. Andererseits bestand die ebenso wahrscheinliche Möglichkeit, dass es sich um Verbündete Schiffe handelte, die sich auf dem Weg von der Tiefkernreserve zur Südfront befanden. Alles in allem war die Kuati derzeit sehr unentschlossen ob sie nun Alarm schlagen sollte, der das unvermeidliche nur kurzfristig hinauszögern würde oder einfach abwartete, bis sie Gewissheit hatte. Sie seufzte und ließ sich in den Stuhl zurücksinken und betrachtete, wie Waffen und Schilde routinemäßig hochfuhren und sich der Kreuzer abschirmend vor den Supersternenzerstörer legte. "Kontakt in zwei.", sprach der Sensoroffizier zerknirscht und beobachtete, wie die zahlreichen Punkte näher kamen, bis der Realraum aufblitzte und den Schleier des Unbekannten zerriss. Mit einem Mal fielen gleich einer Heuschreckenplage hunderte imperialer Großkampfschiffe in das System ein, von großen Sternenzerstörern bis hin zu kleinen Fregatten und Korvetten. Immerhin, so dachte sich Iphris, schienen sie nicht in Gefechtsformation zu sein und auch sonst nur wenige Anstalten zu machen, sie atomisieren zu wollen. "Captain, wir haben die Schiffsignaturen gescannt und sie weisen die typische imperiale Kennung auf - keine Anomalien. Höchstens eine gelungene Überraschung: die Flotte wird offenbar von der Veneratio II geführt." Iphris drehte sich um und atmete ruhig aus. "Admiral Vaash?", fragte sie schließlich. Der Sensoroffizier zuckte entwaffnend mit den Schultern. "Wahrscheinlich." Ihre Augen wanderten die Runde herüber, bis sie den Kommunikationoffizier trafen. "Verbindung herstellen, Ma'am?" Die Kuati nickte entschlossen. "Unbedingt!"