Schlachtschiff der Bellator-Klasse Tyrann
Gut. Sehr gut. Harrks innere Fratze lächelte befriedigt und vielleicht schien auch ein Funken davon nach außen zu strahlen und seinen kranken Körper wohlig zu bescheinen. Das vernachlässigte Ego wurde durch den Imperator sorgsam mit dem Rasiermesser gestreichelt, vielleicht die Wiedergutmachung für das Übersehen des Mannes beim letzten Mal. Trug Blitzer Harrsk es Vesperum nicht nach, dass dieser an seiner statt den alten Mann befördern wollte? War Harrsk nun das Trostpflaster für den Imperator? Das mochte sein, oder auch nicht – aber letztlich war es gänzlich ohne Bedeutung. Die Gegenwart und die Zukunft waren das, was zählte, und diese konnte Harrsk groß gestalten und hatte hier nun seinen ersten Schritt in diese Richtung getätigt. Es oblag jetzt seinem Gegenüber, sein dieses Mal ausgesprochenes Wort zu halten und Harrsk in die Position zu erheben, die ihm zustand. Großadmiral. Und vielleicht, irgendwann eines Tages Oberbefehlshaber. Sofern es Harrsk gelang, in seinem Aufgabenbereich herauszuragen. Und Harrsk hatte bislang immer herausgeragt. Einige Großadmirale hatten irgendeine besondere Verwendung, irgendeine Art von Spezialprojekt. Batch war der unsichtbare Admiral gewesen, Zaarin derjenige, der auf brillante Weise mit dem TIE-Chassis experimentiert hatte. Was wäre Harrsks Spezialprojekt? Bei Harrsk war der Name Programm, vielleicht Prophezeiung. Harrsks Spezialität war der Blitz. Der schnelle Gegenschlag, der Gegenangriff, ehe der Feind seine Position vollständig eingenommen und befestigt hatte. Ein mächtiger Konter wirkte verheerender als jede reguläre Offensivaktion, wenn man nur wusste, wie man die eigene Stärke in kürzester Zeit bündeln und so auf eine vom Kampf ausgelaugte, noch unorganisierte und somit weniger konzentriert kämpfende Feindgruppe traf, die sich gerade noch von ihrem eigenen Vorstoß und der eigenen eben noch erfolgreichen Offensivaktion erholte. Irgendwann würde er die Gelegenheit erhalten, dies auch wieder unter Beweis zu stellen. Und vielleicht dadurch die Gnade erlangen, dass sein Imperator der Schändung von Harrsks Körper Einhalt gebot und ihn wieder zu dem machte, was er einst gewesen war. Eine Hilfe durch den Teufel war immer noch eine Hilfe.
Für den Moment aber galt es, ein näheres Unglück zu verhindern. Harrsks Photorezeptor begann schwach zu flimmern, beinahe amüsiert und bestätigt. Auch die Gesichtszüge des Admirals entspannten sich, als sich der Teufel abfällig über den Opportunisten Pestage äußerte, der sich erneut anschickte, die Herrschaft übernehmen zu wollen. Doch sein Spiel war vorüber, er wusste es lediglich noch nicht. Der Moment würde noch kommen. Bald, sehr bald. Der Admiral folgte der Geste des Imperators daraufhin und erhob sich, verteilte anschließend sein Gewicht gleichermaßen, trat allerdings nicht näher an den Herrscher heran.
„Ihr seid noch rechtzeitig zurückgekehrt, Gebieter. Der… Verwalter gedenkt, den Thron an sich zu reißen und Euch zu entmachten.“
Verwalter. Ja, das war er. Nichts weiter. Harrsk würdigte den Großwesir nicht einmal seines Namens. Er war nur ein lästiges Insekt, das irgendwann jemand zerquetschen würde, wenn ihm danach war. Vielleicht schon früher als gedacht, wenn es Harrsk nur gelang, den Imperator davon zu überzeugen, dass der Großwesir diesem böswillig die Herrscht streitig machen und ihn entmachten wollte.
„Euer Senat wird auf seine Veranlassung hin bald zusammentreten. Er hat die Senatoren so lange bearbeitet, dass sie nun überzeugt sind, dass Ihr tot sein müsst und das Imperium nun endlich einen neuen Führer benötigt.“
Einen Moment lang bewegte sich Harrsks Kopf ein Stück zur Seite, als schien er nachzudenken, und das pinke, vernarbte Gewebe seiner zerstörten Gesichtshälfte wandte sich kurzzeitig der schwarzen Kreatur zu, bis sich die gesunde Pupille wieder auf sie richtete.
„Inzwischen glaube ich aber, dass der Geheimdienst weiß, dass etwas nicht so ist wie der Verwalter es den Senatoren Glauben machen möchte. Direktorin Isard ist auffallend ruhig.“
Es war alles in allem ein offenes Geheimnis, dass Ysanne Isard den Großwesir nur geringfügig weniger verachtete als Harrsk dies tat. Natürlich wusste sie, dass sie insoweit in dem Admiral einen Verbündeten hatte und umgekehrt wusste er es auch – doch in einem Holo-Gespräch hatte sie äußerst selbstzufrieden gewirkt und auf Harrsks verachtende Worte über Pestages Bestrebungen überzeugt belächelt. Das hatte der Admiral als ungewöhnlich erachtet und ihn vielleicht mehr frustriert als das Vorhaben Pestages selbst, wenn niemand bereit war, ihn aufzuhalten. Nun aber, mit der Rückkehr des Imperators, mochte das Nichthandeln der Isard erklärbar werden. Sollte sie tatsächlich Kenntnis gehabt haben, dass Vesperum im Aufbruch begriffen war, gab es schließlich keinerlei Grund zur Sorge sowie keinen Anlass zum Handeln. Den Machtkampf mit Vesperum konnte Pestage nicht gewinnen, selbst wenn er ihn anstreben sollte – was Harrsk indes bezweifelte. Letztlich war der Großwesir Pragmatiker und Realist genug zu wissen, dass ihm das das Leben kosten würde, früher denn später.
„Ich befürchte, die Zeit drängt, mein Imperator. Euer Reich ist geschwächt von Einflüssen von außen. Die verhassten Rebellen gehen nun offen gegen unsere Grenzen vor. Ein massiver Schlag gegen unsere schwachen Linien.“
Der Mann stockte kurz, aber sein Photorezeptor bohrte sich ernst in die Augen des Teufels, vermutlich um seinen Gegenüber auf die Bedeutung seiner kommenden Aussage vorzubereiten und sie bereits vornehinweg zu unterstreichen.
„Eriadu ist gefallen“, sagte er schließlich bedeutungsschwer. „Der Köter Delvardus hat uns verraten und ist seiner Strafe entkommen. Die Moral der Truppe ist daher schlecht. Ohne die eiserne Disziplin eines einenden Mannes werden unsere Soldaten nicht mehr standhalten. Sie wissen nicht, wofür sie derzeit kämpfen.“