Nein, gewiss tat Agent Traggis das nicht, wo er sich doch so überlegen wähnte, so stark und doch... nur Haut und Knochen. Die Mühle des Krieges aber verbrannte das Fleisch und würde das Mark zu feinem Mehl mahlen, wie Sternenstaub, der ziel- und hifllos durch die Galaxis trieb. So geschah es, wenn man keinem kläglichen Orden, sondern einem kläglichen Staat diente. Und "dienen" war überdies ohnehin eine denkbar falsche Beschreibung von der Tätigkeit, die Darth Maledice ausübte. Das Imperium stellte sich als ein Drache dar, war aber doch so viel mehr nur eine Schlange, die sich so sehr nach dieser Macht sehnte und in ihrer Gier versuchte die Galaxis zu verschlingen, nur um die finale Phase ihrer Metamorphose zu erreichen. Und dann würde die Kreatur schlussendlich kollabieren, das faule Fleisch von Millionen Toten im Magen, dass sich durch den Leib verteilte wie toxisches Miasma und das Monster von Innen zerfraß. Sie lächelte spöttisch. Weitaus mehr über diesen Gedanken als über Traggis unkreative Antwort. So ähnlich verhielt es sich auch mit der dunklen Seite oder anders gesagt, hatten fünfundzwanzig Jahre Sith-Herrschaft gereicht um mit einem Machtkonzept, das vorher nur wenige Mitglieder einer relativ kleinen Gruppierung betraf, auf eine gigantische Gesellschaft auszuweiten. Reah fragte sich indes, wie lang es dann dauern mochte, bis die naiven Bewohner erkannten, dass sie nur die Nahrung für den Moloch waren, der sie führen wollte. Letztendlich konnte niemand, der so durchtränkt vom fanatischen Glauben der Sith-Lehre war wie Vesperum, einfach aufhören, jemals zu dem Gedanken gelangen, die angehäufte Macht würde genügen. Die Galaxis sehnte sich vielleicht den Frieden herbei, doch eine Kreatur wie jene, die auf Coruscants Thron saß, benötigte diesen Krieg um zu funktionieren und jede Unterbrechung würde einer Stagnation des Katalysators der Dunkelheit gleichkommen, von der er so abhängig war. Vielleicht war sie seine Luft, ließ ihn atmen und brannte ihm doch das Leben aus.
Reah lächelte genügsam weiter, nun jedoch tatsächlich über den Agenten und sein, zweifellos aus unterdrückter Rage heraus, loseres Mundwerk. Es war nicht gänzlich uninteressant zu erfahren, dass er Vesperum nur bei seinem Darth-Namen nannte, aber bewusst darauf verzichtete ihn mit "Imperator" anzusprechen. Eine sehr plötzliche Wendung, die ihre Neugier durchaus ansprach und ebenso die Frage relativierte, wer denn nun tatsächlich ein Verräter war.
Diese Frage aber, würde noch einige Momente warten müssen, zumindest so lang, bis eben jene gefürchtete Direktorin des Imperialen Geheimdienstes, Ysanne Isard, ihr anliegen erklärt hatte. Reahs Blicke folgten indes dem Agenten, der wie ein ungezogenes Kind vor die Tür geschickt wurde, ehe sich ihr Fokus wieder grob auf Isard legte. Aber nicht übermäßig, denn anders als jener Frischling, der sich an seiner Macht zu laben versuchte, besaß die Direktorin eine gewisse vernünftige Ader und, was weitaus wichtiger war, das nötige Kalkül und die Rationalität, sie nicht sinnlos zu reizen. Ohnehin hätte sie Coruscant sicherlich nicht verlassen, nur, um eine im Gesamtkollektiv des Imperiums betrachtet, relativ unwichtige Person zu triezen, nein, im Zweifel wäre Reah bereits tot gewesen, ebenso wie die Maschine Horington. So ließ der Schatten Ysard reden und entfernte sich mit leisen, doch präzisen Schritten, instinktiv hin zu den dunkleren Ecken des Schiffes. Sie lehnte sich gegen eine der Durastahlwände, verschränkte die Arme vor der Brust und gab sich eher nachdenklich, hielt nur vereinzelt Sichtkontakt mit der rot gekleideten Direktorin.
Ein müder Seufzer entglitt der Sith, als Ysard Sedraels Tarnung erwähnte und machte deutlich, dass eine Erwähnung ihrer desaströsen Tarnung kein Punkt war, den sie für bemerkenswert hielt, oder aber, der ihr nicht selbst längst bewusst wäre. "Sie als Jedi zu bezeichnen wäre doch etwas weit über das Ziel hinausgeschossen - meinen Sie nicht, Direktorin?", erwiderte Reah auf eine Art, die deutlich machte, dass derartige Späßchen derzeit nicht ihren Humor trafen. "Und bitte, nicht meine Agentin. Sedrael gehört sich nach wie vor selbst. Sie benötigte lediglich die rein... optische Legitimität sich auch frei bewegen zu können." Reah wog ihren Kopf zur Seite und fügte noch an: "Das Konzept des Lügens scheint ihr ohnehin nicht Vertraut, umso seltsamer erscheint es, dass es Sie braucht um diese klägliche Scharade aufzudecken. Ich fürchte Admiral Vaash ist daran gescheitert." Ein vielsagendes Lächeln zuckte über Reahs Gesicht, wohl eine Art barbarisches Versprechen zur Not auch mit den Händen zu zerfetzen, was der Sephi zu Nahe kommt.
Doch es ging nicht etwa um Sedrael, nein, ganz und gar nicht: wie sie schon vermutete war diese bewusste Respektlosigkeit gegenüber dem Imperator, die Traggis unverhohlen hatte verlauten lassen, nicht unwichtig für Isards Besuch, mehr noch, schien es eben jener besondere Grund zu sein. Wie vielsagend, dass ein Imperium, dass an allen Ecken zerbrach nun auch noch intern, auf höchsten Ebenen zu wanken begann. War das Fundament so derartig marode? Es wäre ein Fest für Intriganten, die am Ende ihrer Tat mit nackten, blutigen Füßen auf diesem Scherbenhaufen tanzten, der einst die Galaxis in Angst und Schrecken versetzte. Langfristig hatte Reah vielleicht mit dem Faktor Pestage gerechnet, der sich durch Vesperums Rückkehr nun in einer deutlich geschwächten Position befindet. Doch, dass nun selbst die Direktorin begann zu zweifeln... Reah nahm einen tiefen Atemzug, schloss die Augen und öffnete sie kurze Zeit später wieder, gefolgt von einem mitleidigem Lächeln. Sie tanzte in der Luft umher, kaum sichtbar, doch immer präsent - die Furcht, die durch alles kroch, sich eines jeden Individuums bemächtigen konnte. Ysanne Isard hatte Angst - nicht unbedingt Panik, aber doch eine Art unwohles Gefühl, dass eine eher düstere persönliche Zukunft aufzeigte. War etwa der Keim der Saat aufgegangen, man könnte den Krieg verlieren? In solch hohen Kreisen? Ja, es zerbrach, weil Vesperum nicht Souverän, sondern nur Tyrann war. Er vermochte nicht zu herrschen, vielleicht hatte er es nicht einmal mehr ernsthaft vor, sondern war mehr an der Macht und damit einhergehend den Möglichkeiten interessiert, die seine Position mit sich brachte und eine planlose Direktorin zurück ließ.
"Experten? Interessant. Ich dachte eher, Sie würden sich im Falle solcher Fragen eher an Cronal oder Lumiya wenden, Ysanne..." Reah streckte den Rücken gerade, machte eine abwinkende Geste und stieß sich von der Wand los. "...aber genug." Sie bewegte sich langsam durch die zerstörten Konsolen hindurch, bewegte sich eher planlos und willkürlich im beschädigten Brückenraum, konzentrierte sich aber nun vollends auf Isard. Keine einfache Frage, erst recht nicht, wenn der Fragende nur denkbar wenig von der Macht verstand, es lag also ein wenig an der... Mitarbeit der Direktorin, solche Dinge auch verstehen zu wollen.
"Verrückt ist er nicht.", stellte die Sith unmissverständlich und deutlich klar, als sähe sie es als unumstößlichen Fakt an. "Irre stellen wohl kaum eine Gefahr dar. Weder für Sie, noch für mich, noch für das Imperium. Ich denke Darth Vesperum ist im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte, selbst wenn seine Handlungen keinen rationalen Mustern entsprechen oder Sie seinen Gedanken nicht folgen können." Reah machte an eine der Konsolen stopp und stützte sich locker mit einer Hand darauf ab. "Aber Planeten wie Korriban können die Wahrnehmung verändern und erweitern - zumindest die jener Wesen, die Sie als McH-Fälle betrachten. Wie Sie wissen bewahrte der alte Jedi-Orden sein Wissen in der Bibliothek des Tempels auf, bevor dieser zerstört wurde, jedoch...", Reah lächelte vielsagend, "...ist das Wissen der Sith weitaus schwieriger zu erlangen. Sehen SIe... Vesperums Art, die Sith, sind nicht gerade dafür bekannt die erlangte Macht in einer Bibliothek mit anderen zu teilen. Sith nehmen ihre Geheimnisse mit ins Grab und Korriban ist mehr Gruftwelt als eigentlicher Planet. Wenn ein ambitionierter Sith-Lord, der in den Sphären der Macht aufsteigen will, nach Führung sucht, wird ihn Korribans Ruf früher oder später von selbst ereilen."
Sicherlich würde sich Isard mit dieser Erklärung kaum zufrieden geben, aber es war ein Einstieg, ein bewusst grob gehalten und stark vereinfachter, eben so, dass, dass es für die geistig durchaus gebildeten aber anderweitig eher wenig bewanderten Geschöpfe der Galaxis begreifbar sein konnte.
Ich kann Ihnen nicht sagen welche Geheimnisse Vesperum dort tatsächlich gefunden hat, aber sie haben den glauben an seine Philosophie, den glauben an die Sith gestärkt und ihn gefestigt. Zumindest lässt seine Reaktion nach Onderon drauf schließen: seine alten Lords sind entweder tot oder gefangen und durch jene ersetzt die er für stärker und fanatischer hielt, ihm blind zu folgen - eine zumindest in meinem Falle fatale Fehlkalkulation. Das bedeutet, sofern meine Annahme richtig ist und Vesperum seinen blinden Fanatismus auslebt, Ihr Imperium unter der Philosophie der Sith kollabieren wird." Sie machte eine Pause und blickte ernst zu Isard hinüber, wobei sie warnend einen Finger erhob. "Sith sind Einzelgänger, Direktorin. Sie können sich an die Spitze einer Gesellschaft setzen um diese zu führen, doch vorrangig gieren sie nach der Macht und den Möglichkeiten die eine solche Position mit sich bringt, ihr Handeln wird von ihren Interessen bestimmt, nicht von einer bestimmten Ideologie. Vielleicht also, wird Vesperum Sie, Pestage, Harrsk und alle anderen einfach Opfern, nur um sein persönliches Ziel zu erreichen...", Reah lächelte sanft und offenbarte das Offensichtliche: "...denn Verrat ist die Natur der Sith. Finden Sie heraus, was genau Vesperum auf Korriban entdeckte und Sie finden ihre Antwort."
11.05.2016, 00:12
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 25.07.2020, 19:22 von CA-5510.)
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Isard lächelte. So viele Speerspitzen, die ihr entgegengeworfen wurden, doch an ihrem Harnisch abprallten. Sogar eine versteckte Drohung - sogar eine, die die Chefin des Geheimdienstes ernster nahm, als sie nach außen hin zeigte. Ihr war nicht klar, welche seltsame Verbindung die Inquisitorin und ihr Gast hier eingegangen waren und alles in allem kümmerte es sie auch nicht. Zumindest nicht konkret, aber aus dem Auftreten und überhaupt dem bisherigen Verhalten der Inquisitorin war eindeutig, dass die Jedi irgendeinen Wert für die Frau haben musste. Dafür spielte gar keine Rolle, welcher es war – es war nur wichtig, dass es einen gab und dass Isard diesen nutzen konnte. Und würde. Auf die eine oder andere Art.
„Oh, ich schätze, das Konzept ist ihr durchaus vertrauter als Ihr vielleicht annehmt“, entgegnete die Direktorin. Allein in ihrer kurzen Anwesenheit bei der Jedi hatte diese versucht, sie zu täuschen – auf das Jämmerlichste zwar, aber versucht dennoch. Bereits der Versuch zählte, um die Gesinnung einer Person einschätzen zu können.
„Zumindest ist es ein interessanter Umstand, dass Ihr sie nicht als Jedi bezeichnen mögt. Hat sie Euch das erzählt? Die Tempelaufzeichnungen sprechen da eine andere Sprache“, fuhr sie fort und fingerte mit einer Hand kurz an ihrer Brusttasche herum, in der bei regulären Offizieren die Codezylinder befestigt waren. Heraus kam ein kleiner Datenstick, den sie kurz in die Luft hielt, dann einen Schritt nach vorne machte und ihn auf einem Computerbildschirm ablegte, der etwa auf halbem Weg zwischen ihr und der Inquisitorin lag. Die Tempelaufzeichnungen waren direkt mit dem Untergang des alten Ordens vom Imperium beschlagnahmt und zur Suche der noch verbliebenen Jedi genutzt worden, standen allerdings in vollem Zugang nur wenigen Personen offen. Vielleicht war Isard sogar neben Vesperum die einzige Person mit vollem Zugang. Sie bewegte sich langsam wieder in Richtung ihrer beiden schwarzen Wachen, wo sie erneut stehen blieb.
„Falls es Euch interessiert, mit wem Ihr es zu tun habt. Falls nicht, auch gut. Eure Entscheidung.“
Sie zuckte lediglich mit den Schultern. Es war für Isard keine relevante Information, keine, die in irgendeiner Weise etwas hätte ändern können. Im größeren Maßstab war sie wertlos, hatte allenfalls persönlichen Wert für Nigidus. Doch nicht genug, um daraus Kapital schlagen zu können. Ein kleiner Köder. Einer, der nichts kostete. Dieser zumindest nicht.
Dann aber gelang es der Inquisitorin doch, eine Reaktion Isards zu provozieren. Zum ersten Mal begann Isard tatsächlich zu lachen und nicht eines ihres undurchschaubaren Lächeln zu zeigen. Kurz, aber – soweit ersichtlich – ehrlich erheitert. Natürlich konnte sie von einer Inquisitorin nicht erwarten, die Feinheiten der Politik zu begreifen – Inquisitoren waren Killer, nicht mehr und nicht weniger. Lebende Werkzeuge, die von ihrem Herrn, dem Imperator, so gefesselt waren, dass sie nie frei nach Luft schnappen sollten, aber brutal und hemmungslos genug waren, dreckige und lästige Pflichten zu erledigen. Sie waren nicht dazu gedacht, noch dazu gemacht, politische Schachzüge zu verstehen. Cronal? Ein Mann, der seit jeher wieder Direktor des IGD werden wollte und jede Schwäche von Isard gnadenlos ausnutzen würde, um sich selbst in besseres Licht zu rücken? Einem direkten, vielleicht dem einzigen Konkurrenten anzuvertrauen, dass sie den Imperator für verrückt hielt? Das wäre ihr sicheres Todesurteil gewesen. Und Lumiya? Die stand derzeit nicht im Verdacht, mit Vesperum überhaupt Probleme zu haben, schien daher nicht aufschlussreich im Hinblick auf die Frage, warum man etwas gegen diesen unternehmen müsste. Nein, die einzige Person, die in letzter Zeit in Kontakt mit Vesperum gestanden hatte und gegen ihn intrigierte, war Nigidus. Und einer Verräterin gegenüber konnte auch Isard problemlos an Verrat grenzende Gedanken anvertrauen – denn einer Verräterin, die sie jederzeit enttarnen konnte, glaubte ohnehin niemand. Nicht zuletzt, wenn ihre eigenen Männer es waren, die das Verhör leiteten. Dennoch streckte Isard eine Hand nach vorne, mit der Handfläche nach oben, und deutete der Inquisitorin somit an fortzufahren, ohne auf diese durchaus bemerkenswert offene Kritik abseits ihres Lachens reagieren zu wollen. An anderer Stelle hätte sie diesen tollkühnen Mut bewundert, denn in der Tat wagten es nur wenige, sich offen gegen sie zu stellen, ihr es gar ins Gesicht zu sagen. Das hatte eine ehrfurchtgebietende Position wie die ihre so an sich. Sie konnte sehr vielen Menschen sehr schaden oder ihnen körperliche und seelische Qualen verordnen, die über jedes Fassungsvermögen hinausgingen. Nur wenige gingen das Risiko ein, sich den Missmut des Eisherzes einzufangen.
Die Analyse von Nigidus war in Teilen interessant, wenn Isard auch einige Schlussfolgerungen nicht teilte. Insbesondere nicht, dass Irre keine Gefahr darstellten. Gerade Irre stellten eine Gefahr dar. Denn Irre waren nicht berechenbar, handelten nicht nach verständlichen Motiven, ihre Aktionen nicht vorherzusehen, schwankten nach Stimmungslage und Grad der aktuellen Verrücktheit. Nein, gesunde Personen stellten keine Gefahr dar. Mit ihnen war einfach fertigzuwerden. Hier gab es probate Mittel und Methoden, nach denen vorgegangen werden musste, um früher oder später zu dem Ergebnis zu kommen, das man haben wollte. Ein klarer Geist war immer einfacher zu ködern als ein wirrer, schlichtweg weil er auf rationalen, weltlichen, nachprüfbaren und logischen Gesichtspunkten beruhte, die sich durch Beeinflussung positiv oder negativ verändern ließen. Waren aber schon die Parameter der Gesichtspunkt unklar, weil sie einfach nicht logisch nachzuvollziehen waren, gingen Köder, die unter normalen Gesichtspunkte funktionierten, hier womöglich ins Leere. Aber das waren Feinheiten menschlicher Psychologie, die sie nicht mit der Inquisitorin erörtern würde. Nicht zuletzt war die Frau vor ihr im Hinblick auf einen klaren Geist nach Isards Einschätzung auch nicht gerade der beste Ansprechpartner. Manche Punkte der Frau waren interessanter als andere. Besonders die eigene Einschätzung zu den Sith war in einer Weise bemerkenswert und ironisch, dass sich die Direktorin nicht klar war, ob es der Frau selbst bewusst war oder nicht. Denn letztlich bedeutete auch das, dass ein Sith ihr jetzt alles erzählen würde, um gegebenenfalls einen Vorteil gegenüber Vesperum selbst zu haben und die Geheimdienstchefin als eigenes Werkzeug gegen ihn zu verwenden. Wenn das Wesen der Sith war, die alleinige Macht an sich zu ziehen, war der Verrat an Vesperum ihrem Denken inhärent und keine Frage des Ob, sondern des Wie und des Wann. Und die Inquisitorin war keine Person, die über die materiellen Mittel noch das politische Netz verfügte, die Stellung des Vesperum im Falle seines Sturzes einnehmen zu können. Tatsächlich besaßen nur zwei Personen dieses Netz: Isard selbst und Pestage. Und es würde Isard keines großen Aufwandes benötigen, letzteren aus dem Spiel zu nehmen. Insofern schien es plausibel, dass ihre Gegenüber einen Spalt zwischen Vesperum und der Direktorin provozieren wollte – und weitaus weniger wahr und zuverlässig antwortete als von einem regulären politischen Feind, mit dem Isard sonst im Verhör rang, zu erwarten war. Mit Isard mochte Nigidus aber eventuell herrschen können – oder vielleicht glaubte sie das zumindest. Natürlich würde das niemals passieren, doch das hieß nicht, dass ihre Gegenüber nicht selbst verquer genug dachte, es zu versuchen.
„Hm“, machte Isard zunächst nur. Eine völlig neutrale Reaktion, die allerdings weder Enttäuschung noch Freude über die ausführliche Antwort erkennen ließ. Es war jedenfalls keine Antwort mit einem geschlossenen Ende, sondern eine, die weitere Untersuchungen mit sich führte. Das war nun ohnehin das, was Isard vorgehabt hatte – niemals hätte sie sich allein auf die Information einer einzelnen Person verlassen. Der Geheimdienst bewertete eine Vielzahl von Quellen, ehe er eine Erkenntnis daraus zog und ebenso arbeitete Isard selbst auch. Nigidus war eine Quelle von vielen, vielleicht nicht einmal eine wichtige im Vergleich zu anderen. Vielleicht aber die Interessanteste, weil sie bislang als einzige etwas wagte, das sonst niemand offen tat. Einige Moffs mochten in ihren Gelagen vom Tod des Vesperum schwadronieren, aber das hier war anders. Es war konkreter. Ein Einlassen mit einem Erzfeind. Einem imperialen Staatsfeind. Hier braute sich mehr zusammen als in den Mäulern gieriger Moffs, die viel redeten, aber wenig sagten, und noch weniger davon auch tatsächlich tun würden, weil es ihnen immer noch viel zu gut ging.
Ein paar Sekunden später öffnete sich die Brückentüre hinter Isard. Sie drehte sich nicht um, sondern legte den Kopf in den Nacken und drehte ihn leicht zur Seite. Agent Traggis trat von hinten an sie heran und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Kurze Überraschung auf den Gesichtszügen der Direktorin. Vielleicht sogar etwas Enttäuschung?
„Ist der Standort bestätigt?“, fragte Isard.
Der Agent überreichte seiner Direktorin ein Datapad, das sie entgegennahm und kurz studierte. Ein Nicken des Agenten nahm die Antwort gleich vorweg. Binnen kurzer Zeit hatte Isard die Informationen auf dem Pad überflogen. Ihr Gesicht verfinsterte sich. Irgendetwas gefiel ihr nicht, als habe ihr jemand einen Keks weggeschnappt, dessen sie sich sicher gewähnt hatte. Oder tat sie nur so? Sie drückte das Pad fester als nötig gegen die Brust des Agenten und entließ diesen mit einer Kopfbewegung wieder nach draußen. Dieser tat wie befohlen, nicht jedoch ohne der Inquisitorin einen Blick zuzuwerfen – schwer deutbar, doch klar genug, dass das, was geschehen war, in irgendeiner Form Auswirkungen auf die Situation hier an Bord hatte. Isard wartete mit geschürzten Lippen, bis die Tür hinter dem Agenten wieder zuglitt. Dann passierte ein paar Sekunden nichts und es war beinahe möglich, Isards Gehirn arbeiten zu sehen. Irgendwann blickte sie auf und somit zurück in das Gesicht von Nigidus.
„Nun, wie sich zeigt, spielt der Zufall für Euch. Wie es aussieht, kann ich mir nun einige Dinge im Auftrag des Imperators ersparen, die Euch wohl nicht gefallen hätten. Doch da sich das jetzt erledigt hat…“
Die beiden verschiedentlichen Pupillen schienen den Zwiespalt und das undurchsichtige Wechselspiel zwischen Feuer und Eis kaum besser widerspiegeln zu können. Pragmatik. Jetzt wo, der offizielle Auftrag aus dem Weg war, war die Bahn frei für andere Dinge. Alles in allem machte der Wegfall einer etwaigen Folter die Dinge sogar einfacher.
„Ich schlage vor, Ihr tut etwas für mich und ich tue etwas für Euch.“ Ein kurzes Lächeln kehrte zurück. Keines von der Sorte, das Freundlichkeit ausstrahlte. „Ich lasse Euch hier mit Eurer Jedi-Freundin machen, was auch immer Ihr hier tut. Das Schiff gehört jetzt meinem Dienst – niemand wird Fragen stellen, solange ich sie nicht stellen lasse. Und im Gegenzug werdet Ihr meine Antwort finden, die ich suche.“
Das hieß nur eines: Korriban. Eine Antwort, an der Nigidus selbst gelegen war, wenn das, was sie Isard beschrieben hatte, tatsächlich zutraf.
„Vorausgesetzt, Ihr spielt nach meiner Regel, Nigidus. Und die heißt: Niemand rührt meine Leute an. Passiert es doch, werde ich dafür sorgen, dass Eure kleine Freundin bis an die Stufen des Throns vor Vesperum gezerrt wird. Und ich denke, wir sind uns einig, dass das im Vergleich zu meiner Obhut kein Vergnügen werden dürfte.“
Wie wichtig war ihr Gast also? Isard konnte einen solchen Befehl jederzeit geben. Heute. Morgen. In einer Woche. Frühmorgens, mittags, nachts. Wenn die Inquisitorin ihre Jedi nicht rund um die Uhr in einem Schiff voller Geheimdienstagenten und Sturmtruppen im Auge hielt, was faktisch unmöglich war, so könnte sie einen solchen Zugriff schlichtweg nicht verhindern - und selbst wenn sie es könnte, würde die Masse sie irgendwann überwältigen. Allein dass Isard den Befehl dazu nicht schon jetzt gab, schien in dem Moment wie ein Zugeständnis. Eines, das sie nicht hätte machen müssen, wenn sie nicht noch in irgendeiner Form Verwendung für Nigidus hätte.
„Wenn ich das bekomme, was ich möchte, lasse ich Euch und Eure Jedi ziehen. Verkriecht euch im hintersten Winkel der Galaxis, wenn es nach mir geht. Und hofft, dass ich niemals dazu gezwungen werde, euch finden zu müssen.“
Isards zweifarbige Augen verengten sich. „Einverstanden?“
21.05.2016, 01:01
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 25.07.2020, 19:23 von CA-5510.)
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https://www.youtube.com/watch?v=g4AEBPBQa7s
Welch prickelnde Worte, die sich in den Raum ergossen und doch... so rau. Wie Sandkörner auf der Haut, schabten sie entlang, langsam, aber stetig. Unaufhaltsam, gaben sie der Figur den Feinschliff, der sie in die gewünschte Form bringen sollte. Hier und da türmten sie sich zu mächtigen Dünen auf, die den Blick in die endlose Weite der gedanklichen Existenz versperrte - oder es zumindest versuchte. Doch Isards Konstrukte waren mehr Schall und Rauch, als tatsächliche Durastahlpfeiler, die sich als reelle Hindernisse entpuppten und somit kaum mehr als groteske Absonderlichkeiten am Wegesrand, die sich zwar bestaunen ließen, einen entschlossenen Wanderer aber nicht ins wanken bringen konnten. Sie war dumm, einfältig in ihrem Denken, beschränkt in ihrem Horizont, der vom Imperium bewusst so klein gehalten wurde, dass es ihr nicht gelang und nie gelingen würde, über den weltlichen Rand hinauszusehen. Selbstverständlich gehörte Sedrael zum alten Orden der Jedi - kein neuer Fakt und selbst wenn, dann keiner, dem der maßgebliche Bedeutung erlangte. Auf dem wertlosen Flimsi, dem im Imperium so viel Beachtung geschenkt wurde, mochte sie einer antiquierten Religionsgemeinschaft anhören, aber die Realität sprach eine andere Sprache, als ein plumpes Gemenge von Aurabesh. Sie war zu mehr geworden, als einer einfachen Jedi, so, wie auch Reah viel mehr war, als nur eine Sith. Ihr gemeinsames Konstrukt fundierte nicht auf Gegensätzen, sondern Gemeinsamkeiten und obgleich die sichtbaren Folgen dieser seltsamen Verbindung oft in vollends konträre Richtungen gingen, war die Grundhaltung doch irgendwo ähnlich, wenn nicht gar vertraut. Aber die benötigte Feinfühligkeit, um eine solche Differenzierung zu erkennen, besaß das Wesen vor ihr nicht, dass mit einem sü0ßen Bonbon lockte. Reah würde den Hund spielen, der apportierte. Bewusst aber nicht etwa, weil der Datenstift ihre Neugier befriedigen sollte, nein, sondern um ihn der Person zurückzubringen, der er gehörte. Die Hexe trat vor und langte nach dem Datenstift, als wäre es ein ganz besonders kostbarer Schatz, gab sich bewusst plump, ganz, wie ein neugieriges Kind. Immerhin würde es Ysanne erwarten, so, wie eine bestimmte Szene in ihrer Lieblingsoper, die sich einfach ereignen musste, nur, dass die gute Direktorin offenbar unklar war, wer von ihnen nun mit wem spielte, so, wie vieles für die Frau in ungreifbaren Schatten lag, dass erst hervortrat, wenn die Sith es wollte. Dunkelheit besaß viele Formen und Wege, doch eine Eigenschaft, war ihr stets gemein: sie verbarg den Blick auf das Wesentliche, die eigentliche Gefahr. Und so warm der Schleier der ewigen Nacht auch sein mochte, so entsprach sein Zweck dem eines Leichentuches, den die Meister der Finsternis am Zipfel hielten - noch hatte die Meisterin entschieden nicht loszulassen.
Der Schatten schritt mit seiner Beute zurück, die er in den geschundenen Händen hielt und betrachtete dieses zerbrechliche, kleine Ding, wie einen wertvollen Kristall. Offenbar gänzlich verzückt, welch seltene Kostbarkeit ihr in die Hände gefallen war. Die Hexe kroch ins Licht der Brücke, weiter weg von der Direktorin und näher zum Panoramafenster, durch welches das fahle Sonnenlicht Atrisias fiel. So tat sie gänzlich abwesend, wie eine Gebannte, die viel zu sehr mit ihrem Neuen Spielzeug beschäftigt war und die Frau in Rot ausblendete. Reah streckte den Arm empor und hielt den zylinderförmigen Gegenstand, gegen die hindurchschimmernden Sonnenstrahlen, de sich im Transparistahl brachen. Wie... belanglos und doch wollte das Bildnis der einfältigen Inquisitorin gemalt werden, die doch nur ein Tier sein sollte und sich doch zu so viel mehr entwickelt hatte.
Lachen dran in ihre Ohren und die Sith lächelte dem Fenster kalt entgegen. Isard agierte wie ein Uhrwerk, stetig, ohne Überraschungen und völlig konstant. Dies war... illustre Empörung über einen unbedachten Kommentar, einen bewusst unbedacht abgesonderten, ganz wie eine Art Echolot, der den Kurs anzeigen sollte und jemand so... langweiliges wie Ysanne lieferte vortreffliche Signale. Das Lächeln des Schattens wurde breiter, bis sie sich dazu entschloss, selbst zu lachen. Zwei Gauner, die einander übers Ohr hauten und sich beide zu ihrer Cleverness beglückwünschten - ein absurdes Theater, dass der derzeitigen galaktischen Bühne würdig war und doch auch so amüsant, da die vermeintlich gefährlichste Frau des Imperiums nicht begriff, was sie der Sith verraten hatte. Ihre Reaktion, selbst der Klang ihres Lachens, genügte sich selbst und bedurfte kaum mehr anderer Worte. Isard besaß im Spektrum der Macht keine Verbündeten oder zumindest niemanden, von dem sie sich sicher sein konnte, dass er die Schwäche nicht ausnutzen und früher oder später gegen sie arbeiten würde. Ein simpler Fakt, gestärkt schon dadurch, welch relative Freiheit die Geheimdienstchefin einer einfachen Inquisitorin ließ. Und das steigerte ihren Wert ungemein, mehr noch, machte sie unabdingbar, wenn die Frau den Thron herausfordern wollte. Als einfacher Mensch wäre Isard chancenlos - egal wie, denn das Konstrukt von Macht und Staat mit Vesperum an der Spitze war.. vielschichtiger, komplizierter. Leicht zu zerstören zwar, aber schwer zu übernehmen, schwer für jemanden, der nicht begreifen konnte, was vor sich ging.
Das Lachen verstummte und so stellte auch der Schatten seine Imitation ein und wandte sich wieder seinem Schatz zu, der so vortrefflich im Licht zu glitzern wusste. Lediglich Agent Traggis ließ sie einmal zucken, erinnerte sie daran, ihre Wahrnehmung auch auf jene Gruppierung trauriger Geschöpfe auszudehnen, die gehorsam vor der Brückentür Spalier standen und die Rückkehr ihrer Königin herbeisehnten.
Die geistige Maske der Hexe, schälte sich ab, als die Direktorin begann weiterzusprechen und ihre Stärke, ihre Überlegenheit in ihrer Einfalt demonstrierte und doch stets vergaß, wie wenig die vermeintlich Verrüclte vor ihr nur noch zu verlieren hatte, nicht bedachte, wie gering die Hemmschwelle zu extremen Reaktionen war und sich, umgeben von ihren drei geschwärzten Schergen so unantastbar fühlte. Schall und Rauch. Fleisch war wie Mehl, der Panzer kaum mehr als eine Nussschale, der unter Druck knackte, riss und den Weichkörper zerdrückte. Diese Geschöpfe konnten ihre Herrin nicht beschützen, nicht, wenn das Raubtier in seinem Habitat, dem Tötungsinstinkt nachgeben würde.
"Nein, wie bedauerlich...", kommentierte Reah lapidar den Kommentar zur versäumten Folter, sich wohl bewusst, dass die Direktorin ebenso Glück hatte, dass es nicht dazu kam. Ein wahrhaft vortrefflicher Zufall für beide Parteien, selbst wenn eine der Gefahr gegenüber noch immer blind war, sich immer noch bewusst davor verschloss, mit welch animalischen Monster sie zu spielen versuchte, es zu dressieren versuchte und nicht darauf achtete die Hände aus dem schnappenden Maul zu lassen. Die Hexe senkte den Arm und ballte den Datenstift in der Faust, ehe sie sich wieder der Direktorin zuwandte und selbstsicher nach vorn trat. Die Schleier der Macht spannen durch den Raum und Reah musste nur den Seidenfäden hin zum ihrem Urspung folgen, hin zum Eisherz, dass in Isards Brust schlug und doch so leicht zerbrach. Die Hexe lächelte kalt, als sie ihre Klauen an das Herz legte, eben gerade nur stark genug, dass ihre Präsenz spürbar war, aber kein Druck entstand. Es war eine barbarische Entartung des unter Vader berüchtigten Würgegriffs. Keine Strangulation, kein Gebettel um das eigene Leben, nein, der Schatten würde mit seinen kalten Händen einfach zudrücken und das zerquetschen, was die Direktorin am ehesten am Leben hielt - soll sie nicht an mangelnder Luft ersticken, sondern an ihrem eigenen Blut. "Nein, ich fürchte ich bin nicht einverstanden." Fest und mit kaltem Stahl in der Stimme, lies Reah die Worte einige Sekunden wirken, lange genug vielleicht, dass auch Isard realisieren konnte, wer sich in wessen Griff befand. Von der wankelmütigen Sith, war in diesem Moment nur noch wenig übrig, so blickte sie klar und entschlossen zurück, ohne Furcht vor jener, die von allen gefürchtet wird. "Wenn Ihnen Personalverluste so viel bedeuten, schicken Sie mich vielleicht besser allein - denn ich fürchte meine Geduld gegenüber Agent Traggis neigt sich dem Ende entgegen... er kann so...", ihre Augen weiteten sich für einen kurzen Augenblick, "...ungestüm sein." Reah hob warnend einen Finger und funkelte die Direktorin voller Abscheu an, als hätte sie eine unsichtbare Grenze überschritten. "Und sollten Sie, das Imperium oder auch nur irgendein Inquisitor das Recht herausnehmen, Sedrael zu berühren, oder sich einzumischen, mache ich Jagd auf Sie und in diesem Falle Ysanne, sollten Sie hoffen, dass Korriban mein Grab wird." Vielleicht mochte die Drohgebärde grotesk wirken, unrealistisch und doch schien die Sith mehr als bereit, die Direktorin hier und jetzt anzuspringen und ihre Krallen in das Fleisch zu graben, sofern sie ihr auch nur den geringsten Anlass dafür gab. "Denn der Tod ist unser ständiger Begleiter, nicht wahr?" Reah drückte zu, ließ die unsichtbare Hand, die das pochende Herz unter der roten Uniform entschloss impulsartig zudrücken, so, dass ihr Bewusstsein in aller Ruhe erkennen konnte, wie plötzlich und launisch ein Leben enden konnte. "Und doch ereilt er uns oft so unverhofft, dass wir ihn kaum kommen sehen... nun frage also ich: Einverstanden?", echote der Schatten die Worte, die eben noch aus Isards Mund gekommen waren.[/align]
--> Nach Korriban (Einöde von Korriban, S. 5)
22.05.2016, 02:51
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 25.07.2020, 19:23 von CA-5510.)
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Ysanne Isard hob das Kinn leicht an, noch während ihre Augen zusammengezogen waren, was ihr eine ungewohnt arrogante Note gab. Die Inquisitorin schien den Datenstick geradezu als Schatz zu betrachten, dessen wertvoller Inhalt bald preisgegeben werden konnte. Eine kleine, armselige Gestalt mit einem viel zu großen Ego, das in der Kindheit entweder zu viel oder zu wenig geprügelt worden war. So oder so war ein fast bedauernswertes Wesen daraus geworden, womit sie in bester Gesellschaft ihrer Kollegen des Inquisitorius war. Aber, ja. Wie sie gesagt hatte. Nicht die Gesunden waren die Gefährlichen, es waren immer die Verrückten. Und so mochte es auch hier sein. Wirre Variablen schwebten vor dem kruden, sinnlosen Geist dieser Frau, der mehr Bestie als Verstand zu sein schien.
Irgendetwas ließ Isard im Inneren verkrampfen. Ihre Gesichtszüge verhärteten sich etwas, unklar, woher dieses seltsame Gefühl kam, das sie gerade beschlich – so anlasslos und plötzlich, wie es kam. Widerspruch? Widerstand? Nichts, was logisch erklärbar war. War es etwa genau das? Sie war es schließlich nicht gewohnt, dass wirklich jemand etwas in Frage stellte, zumindest nicht unter Bedingungen wie diesen hier. Doch das frostige Lächeln ihrer Gegenüber schien so selbstüberzeugt, dass Isards Inneres für einen Augenblick mit dem schier unmöglichen Gedanken spielte, dass sie selbst einen wichtigen Faktor in diesem Kartenspiel übersehen hatte. Hatte die Frau irgendeinen besonderen Trumpf im Ärmel, einen, mit dem die Direktorin nicht gerechnet hatte? Eine einfache Narrenkarte, die sie hervorzauberte und plötzlich Isard in eine Situation brachte, die sie überhaupt nicht mehr kontrollieren konnte? Das war in Anbetracht der Situation eigentlich kaum vorstellbar. Sie hatte sämtliche Sicherheiten, ein Entkommen gab es nicht. Und niemand würde sein Leben als so wertlos einschätzen, dass er etwas außerhalb jeder Vernunft tat. Oder… doch? Isard räusperte einmal, als das eigenartige Gefühl in ihr nicht weniger wurde und sie sich dem Sog in sich Platz verschaffen wollte. Dieses… Ungeziefer wagte es, Forderungen aufzustellen? Wagte es, ihr dieses Mal ganz offen zu drohen? Das war auf eine obskure Weise interessant – vielleicht sogar bewundernswert. Doch auch Bewundernswertes musste hin und wieder zerschlagen werden. Die Inquisitorin besaß weitaus zu viele rebellische Gedanken, die es auszutreiben gelten würde. Vermutlich war ihr die fragwürdige Beförderung, die ihr Vesperum hatte zuteilwerden lassen, zu sehr ins Blut gegangen – und so hatte der Imperator eine Kreatur erschaffen, die er jedoch nicht gebändigt hatte. Ein Fehler. Einer, den es zu korrigieren galt. Auf die eine oder andere Art. Wieder änderten sich die Parameter. Wenn Vesperums Bestiarium mehrere derartige Kreaturen hervorbrachte, mochte das künftig zu einem größeren Problem werden als es eine einzelne Schreckensperson wie Darth Vader seinerzeit gewesen war. Nicht nur für die Kontrolle über das Imperium als Ganzes, sondern speziell auch für Vesperum selbst. Das mochte die Beseitigung dieser Elemente am Ende vielleicht sogar einfacher machen als Isard es bislang erwartet hatte. Immerhin wäre es gleichermaßen in seinem persönlichen Interesse. Aber nur ein Narr fuhr eingleisig und sicherte sich nicht in mehrere Richtungen ab – daher war ein solches Unterfangen für die Zukunft interessant, aber nicht für jetzt. Nichtsdestotrotz mussten Dinge geklärt werden.
„Ihr seid überhaupt nicht in der Pos-“, begann die Direktorin gepresst, aber ihre Stimme versagte zu ihrem eigenen Erstaunen mitten im Wort, als der Druck in ihrer Brust zunahm. Die Inquisitorin sprach vom Tod, streckte ihr einen wütenden Finger entgegen, aber die Geräusche klangen inzwischen nur noch dumpf in ihrem Ohr, in Watte gepackt. Isard blickte auf ihre blutrote Uniform hinab, so als vermutete sie eine Schuss- oder Stichverletzung in ihrer Brust, fuhr sich mit einer Hand schließlich über die gepresste Stelle. Doch es war nichts, wie erwartet. Und dennoch war da etwas, etwas, das Isard so bislang nicht erlebt hatte. Somit gab es auch nur eine Erklärung dafür. Für einen kurzen Moment weiteten sich Isards Augen in purer Panik, dass Nigidus wirklich so wahnsinnig war, ihr eigenes Leben wegzuwerfen, nur um Isard zu beseitigen. Erst nach einem Moment setzte die Ratio ein und erklärte ihr, dass sie das in diesem Fall bereits getan hätte und nicht nur damit drohen würde. Stattdessen wollte sie nur die Bedingungen ändern und ihre Unverzichtbarkeit in Isards Spiel betonen. Die Brauen der Direktorin zogen sich zusammen und in ihrem nach unten geneigten Gesicht machte sich nun stattdessen Ärger breit. Denn offenbar überschätzte die Inquisitorin ihre Wichtigkeit für die Direktorin. Isard hatte viele Möglichkeiten, Dinge herauszufinden, Dutzende Agenten, die nach Vesperums wahrer Vergangenheit stöberten, vielleicht Hunderte in der Reiseflotte des Imperators. Coruscant. Byss. Früher Onderon. Sie bekam ihre Informationen. Früher oder später. Die Feinheiten der Macht waren ein kleines Puzzlestück in ihren Untersuchungen – ein Extra, das mehr Verständnis bringen konnte, aber keineswegs so unverzichtbar war, wie das Ego ihrer Gegenüber offenbar annahm. Viele Quellen ergaben ein Bild. Der Ausfall einer einzelnen Quelle war notfalls vernachlässigbar, wenn diese mehr Ärger brachte als potentiellen Nutzen. An diesem Prinzip nagte die Inquisitorin gerade, doch noch war Nutzen da. Langfristig hatte er sich erledigt, aber für den Moment existierte er – zumindest wenn sie Grundpfeiler allen Beteiligten klar waren. Offenkundig waren sie das nicht. Das ließ sich indes nicht ändern, zumindest aber verdeutlichen.
„Einverstanden“, schnaubte Isards blasses Gesicht abfällig hervor und sie hob ihren eiskalten Blick in das Gesicht einer Feindin, jedoch nur kurz. In der Tat, manches kam, ohne es vorherzusehen. Dann blickte Isard für weniger als eine Sekunde zu Reahs Rechten. Schwarzes Plastoid glänzte im Augenwinkel. Instinktiv, ohne überhaupt nur einen Bruchteil darüber nachzudenken, riss der Schattentruppenoffizier neben Reah sein Vibroschwert aus der Scheide. Der Schwung des Schwertzückens ließ den ungepanzerten Ellenbogen des Jedi-Killers hart in die Schläfe der Inquisitorin neben ihm dreschen, während er noch in der Ziehbewegung das Handgelenk drehte und so die nach unten geneigte Klinge durch die Luft in die Höhe surrte, wo sie zwischen Handgelenk und Unterarm des ausgestreckten drohenden Arms schnitt. Ein feiner roter Faden benetzte die Sicht, noch bevor das Gehirn durch den Aufprall an der Schläfe gegen den Schädel prallte und alles im Schwarz verging.
05.11.2016, 19:11
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 25.07.2020, 19:24 von CA-5510.)
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Die eigene Sterblichkeit, ein zwangsläufiges Konzept. Und doch eines, über das sie nur selten nachgedacht hatte. Sie war die Spielerin mit dem Tod, das brachte ihr Beruf mit sich. Folter konnte Tod bedeuten, wenn sie unachtsam durchgeführt wurde. Manchmal musste dies in Kauf genommen werden, um Informationen im Krieg gegen die Terroristen zu erlangen. Aber es war immer nur um den Tod anderer gegangen, nie um den ihren. Ysanne Isard spürte noch immer diesen eigenartigen Phantomdruck in ihrem Körper, als die wahnsinnig gewordene Inquisitorin sie attackiert hatte. Eine... völlig irrationale, törichte Idee. Hatte eine jämmerliche Inquisitorin, ganz unten in der harten Nahrungskette des Inquisitorius, wirklich erwartet, die Chefin des mächtigsten Apparates des Imperiums herauszufordern? Das Ungeziefer hatte den Preis für diese Anmaßung, diese Arroganz umgehend zahlen müssen. Oder jedenfalls die Anzahlung erhalten, solange es noch diesen kleinen Funken an Restwert haben mochte. Der Rest folgte im Anschluss. Wut stieg in ihr auf. Niemand stellte sie bloß. Wer es tat, starb. Es war eine simple Konsequenz, die logische Folge. Ein ehernes Gesetz, an das sich jeder halten musste. Bislang war das jedem auch bewusst gewesen – nun schien es anders. Das Exempel, das ihre schwarze Garde daraufhin statuiert hatte, war nur ein wenig Genugtuung gewesen. Doch immerhin etwas. Aber die Gier nach mehr Genugtuung war ungestillt. Keiner sollte es jemals wieder wagen.
Surrend scannte der Medi-Droide gerade ihren Brustkorb mithilfe eines faustgroßen Geräts ab, die metallische Greifhand nur knapp über dem weißen Unterhemd unter ihrer blutroten Uniform. Sie ignorierte dessen bewegungslose Fratze, blickte lediglich abwesend die helle Wand des Raums an. Sie merkte, wie ihr Blick gerade starrend war, viel zu selten von einem Blinzeln unterbrochen. Andere starben, sie nicht. Sie war unantastbar gewesen. Und plötzlich fühlte sie sich doch verwundbar. Es galt, die richtigen Konsequenzen hieraus zu ziehen. Einfache Konsequenzen. Klare Konsequenzen. Diese schienen vergleichsweise simpel: Die Inquisitoren mussten sterben. Jeder von ihnen. Sie waren zu unvorhersehbar geworden seit dem Tod Palpatines, nicht mehr zu kontrollieren. Vesperum hatte sie nicht im Griff. Deren Untergang ließ sich einrichten, würde aber seine Zeit und Vorbereitung benötigen, um es nicht sichtbar werden zu lassen. Isard zweifelte daran, dass der Imperator sich sein Spielzeug freiwillig nehmen ließ, dann musste man es ihm eben auf Umwegen nehmen. Aber es war notwendig. Irgendwann waren alle diese Zauberer endlich aus dem Imperium getilgt. Bis auf einen. Vorerst.
Die Tür der Sanitätsabteilung schoss nach oben hin auf. Hinein trat die schwarze Uniform von Agent Traggis, der bis an Liege herantrat, auf der Isard selbst lag. Etwas zu nah für ihren Geschmack. Sie nahm den leeren Blick nicht von der Wand. Der Mann räusperte sich kurz, als wolle er ihrer Aufmerksamkeit gewisse sein. Sie machte nur eine knappe Handbewegung mit dem rechten Zeige- und Mittelfinger.
„Der Arzt sagt, die Betäubung ist sicher“, begann der Agent zufrieden. „Sobald wir das Tier vom Schlauch nehmen, bleibt es immer noch ein paar Stunden bewusstlos. Zeit genug also, es auf den Planeten zu bringen.“
Sie nickte zunächst nur. Dass Traggis die Inquisitorin als Tier bezeichnete, war ihr nicht neu, es befriedigte sie nun in gewisser Form sogar. Und alles in allem war der Inquisitorius auch nicht viel mehr als das: ein Käfig voller Raubtiere, die von ihren Dompteuren im Zaum gehalten wurden, aber auch werden mussten. Und hin und wieder gab es... Zwischenfälle, wenn sie vergaßen, wer ihre Herren waren. Am Ende erschoss man aber immer das Tier und nicht den Dompteur. So sollte es auch dieses Mal sein.
„Traggis, Sie gehen mit dem Schiff nach Korriban“, entgegnete sie nach ein paar Sekunden, ihre Stimme etwas matter als für gewöhnlich, obwohl sie sich Mühe gab, diesen Anschein nicht zu erwecken. Niemals Schwäche zeigen. Sonst passierten genau solche Dinge. Niemand wagte es allein, den Starken anzugreifen, angegriffen wurde der Schwache. Aber woher immer die Kraft nehmen? Aus dem Überlebenswillen heraus, vielleicht. Doch das war womöglich nicht genug. Aus der Schwächung anderer musste es sein. Weniger Stärke war erforderlich, je schwächer der andere war.
„Und geben Sie der Frau die Botschaft mit, dass sie nicht so wichtig ist wie sie es gerne hätte. Ihnen fällt dazu sicher etwas ein. Falls sie nach ihrer Aufgabe zu uns zurückkriecht, brechen Sie sie noch einmal ganz von vorne. Das Wenige, was dann übrig bleibt, kann noch nützlich sein. Falls sie gar nicht erst kooperiert, liquidieren Sie sie direkt vor Ort.“
„Mit Vergnügen, Direktorin.“
„Ich gebe Ihnen TX-17 und seine Männer dafür mit. Das wird die Sache vereinfachen.“
Traggis' Gesichtszüge verfinsterten sich sichtlich. Sein Kopf drehte sich ein Stück zur Seite in Richtung der Tür, an der die schwarz gepanzerte Gestalt in aller Ruhe regungslos stand.
„Mein Trupp bekommt das auch alleine hin“, brummte der Agent als Antwort, ohne seinen Blick von der Schattensturmtruppe zu nehmen. Der Helm bewegte sich einige Zentimeter seitwärts. Ein leises Geräusch unter der schwarzen Fratze schien im Helm unterdrückt zu werden.
„Vermutlich“, entgegnete sie seufzend. „Allerdings reduziere ich gerne das Risiko, soweit möglich.“
Ein Augenrollen seinerseits. Doch keine Widerworte, nur ein gedrungenes Nicken. Akzeptabel. Es sprach für Initiative, dass der Mann sich seine Beute nicht entgehen lassen wollte. Ambition war in diesem Apparat wenigen vorbehalten, die meisten funktionierten lediglich, wissend um den Dreck, den sie aufwirbelten. Auf der anderen Seite war diese Ambition somit eine Abweichung, die sie im Kollektiv des Geheimdienstes nicht gerne sah. Außerhalb von sich selbst. Aber sie konnte es sich leisten. Er nicht. Vielleicht noch nicht. Und vielleicht auch niemals, wenn er es nicht korrigierte. Blicke wie dieser waren in der Situation wie Speere, die auf ihre Person gerichtet waren. Eine paranoide Wahrnehmung vielleicht, aber war sie deswegen falsch? Nein, letztes Mal hatte sie die Gefahr auch nicht erkannt. Sie musste achtsamer werden. Noch achtsamer.
Der Scanner an ihrer Brust piepte kurz, andeutend dass die Untersuchung fertig war. Sie schob die metallene Droidenhand von sich weg und ignorierte den 2-1B-Droiden, der dies als Aufforderung zu schweigen verstand. Isard setzte sich auf, blickte auf die schwarze Gestalt an der Tür.
„Ich verlasse mich darauf, dass Sie das dann regeln, TX-17.“
„Nigidus ist dieses Mal gewarnt“, entgegnete ihr der Offizier hinter dem Vocoder-Helm. „Ich brauche fünf Mann. Dann garantiere ich Ihnen einen Erfolg.“
Alle wollten sie mehr, natürlich. Mehr Männer, mehr Posten, mehr Material, mehr Geld. Es war immer das gleiche Spiel. Und alle stellten es sich immer so leicht und problemlos vor. Als wäre ihr individuelles Problem immer das wichtigste von allen. Tausende wichtigste Probleme jeden Tag, jeder aus seinem verengten Blickfeld. Die Direktorin schüttelte mehrfach den Kopf, während sie die Uniformjacke langsam wieder schloss.
„Ich sagte bereits, dass das nicht möglich ist. Cronal wird irgendwann skeptisch, wenn ich immer neue Männer von ihm abziehe. Sie bleiben zu dritt. Es wird Ihrem Nebenverdienst sicherlich nicht schaden, wenn Sie Erfolg haben.“
„Dann müssen Sie mit einem Risiko leben.“
Isard lächelte den Helm an. Das Lächeln ohne Freude. Das gefährliche Lächeln, auch wenn es keine Bedrohung mit sich führte. „Dann lässt es sich hier eben nicht reduzieren. Ein Scheitern wäre aber weniger mein Problem als Ihres. Ein fairer Ansporn also.“
Der Mann antwortete nicht. Was hätte er auch erwidern sollen. Ihr Lächeln wurde innerlich breiter und ehrlicher, stieß aber nicht mehr nach außen. Selbst wenn er scheitern sollte, machte das im Grunde kaum einen Unterschied. Mit der Jedi und dem Angriff auf Vaash hatte sie ihrer Glaubwürdigkeit ihr eigenes Grab geschaufelt, so dass sie sagen konnte, was sie wollte. Keiner würde ihr mehr zuhören. Die Frau konnte ihr nicht mehr gefährlich werden, sie war erledigt. Es war nur eine Frage der Zeit. Allerdings entfernte Isard auch gerne alle noch offenen Fäden.
„Was ist mit der Jedi?“, fragte Traggis schließlich, der sich nach ihrem Aufsetzen doch zumindest ein paar Schritte entfernt hatte. Besser. Isard winkte lediglich kurz ab. Natürlich hätte sie die Jedi an Vesperum ausliefern können, aber das Einzige, wozu das geführt hätte, wäre bestenfalls, dass er sie in ein weiteres dieser Machtbiester unter seiner zweifelhaften Kontrolle umwandelte. Das war nicht in Isards Interesse. Eine andere Verwendung erschien sinnvoller.
„Die wird keinen Ärger machen. Geben Sie sie Nigidus als Anreiz mit, damit sie ihren Auftrag ausführt. Danach...“, begann sie, stoppte aber dann kurz. „Vielleicht können wir sie in Zukunft noch als Druckmittel gegen Skywalker brauchen. Sollte es sich einrichten lassen, bringen Sie sie zu mir nach Lusankya. Andernfalls beseitigen Sie auch sie. Die Priorität ist aber Nigidus. Sie haben alle Freiheiten dafür.“
Ihr Aufenthalt lief nicht so wie geplant – anstelle zu kooperieren, hatte sich ihr Ziel für den harten Weg entschieden. Sie hatte schlichtweg nicht erwartet, dass eine armselige, noch dazu weitgehend frische Inquisitorin ihr wirklich die Stirn bieten würde. Nun, sie hatte sich getäuscht. Ein gefährlicher Irrtum. Und es hätte ihr letzter Fehler sein können. Das würde nicht noch einmal geschehen. Schweigend bestätigte sie diesen Schwur mit einem Nicken.
„Sie können gehen. Ich werde wieder ins Zentrum zurückkehren. Es gibt einige Dinge, die ich klären muss.“
--> Nach Korriban (Einöde von Korriban, S. 5)
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