„Wurde ja auch Zeit“, grummelte der alte Schmuggler vor sich hin, während er so tat, als würde er auf den Konsolen etwas wichtiges ablesen müssen, wobei das überhaupt gar nicht stimmte. Alles war genau so, wie es sein sollte. „Das nächste Mal, wenn du dich auf einem fremden Schiff versteckst, dann tue es so, dass man dich nicht gleich findet.“ Ein kehliges Knurren ertönte neben ihm und Han nickte zustimmend mit dem Kopf. „Und achte darauf, dass sich kein Wookie an Bord befindet, denn nicht jeder Wookie hat sich so gut unter Kontrolle wie Chewie hier“, sprach er weiter und warf Koryn nun doch einen kurzen Blick über die Schulter zu. „Und ganz wichtig – Habe immer eine gute Geschichte auf Lager, um dir Zeit zu verschaffen, weil das von dir vorher, das – Du hast die Sache ganz schön in den Sand gesetzt. Eine gute Geschichte ist das A und O wenn man erwischt wird. Schreib dir das hinter die Ohren.“ Han drehte den Kopf wieder nach vorne und bekam nicht mit wie Luke, welcher direkt im Eingang zum Cockpit stand, die Hände gegen die Wand gestützt, große Augen bekommen hatte, als er die Worte seines Freundes vernahm.
„Han!“, rief er mit einer Mischung aus Lachen und Vorwurf aus, denn wie konnte Han dem jungen Mann nur solche Sachen vorschlagen? „Du kannst ihm doch nicht jetzt mit deinen alten Schmugglerweisheiten ankommen.“
„Natürlich jetzt Kleiner“, meinte Han und drehte sich mit samt dem Sitz ein Stück nach hinten. „Oder soll ich damit warten, bis wir in der Patsche sitzen? So wie damals?“ Dann wandte er seinen Blick zu Koryn. „Wir können froh sein, dass dem Imperium die Todessterne ausgegangen sind. Das war eine Aktion gewesen, das sag ich dir.“ Ein breites Grinsen lag auf den Lippen von Han Solo, der sich, wie auch Luke und Chewie, noch sehr gut an diese Aktion erinnern konnten. An diesem Tag hatten sie eindeutig mehr Glück gehabt, als Verstand und einen Plan hatten sie schon dreimal nicht gehabt. Dabei waren Pläne, gerade in solchen Fällen, dann schon von sehr großem Vorteil.
Luke sah Han an und legte sich dann die rechte Hand über das Gesicht. Einerseits weil er nicht fassen konnte, dass Han ausgerechnet jetzt auf diese Sache damals anspielte und zum zweiten, um auf eine gewisse Art und Weise sein eigenes Grinsen und den doch etwas peinlichen Moment zu übertünchen. Immerhin war er damals nicht anders gewesen als Koryn es heute gewesen war. Hatte nur den Moment gesehen und gehandelt, ohne groß über seine Tat nachzudenken. Ja, der Tag hätte auch wahrlich anders ausgehen können.
„Koryn?“, sprach Luke mit ruhiger Stimme und legte dem Kel Dor die Hand auf die Schulter. „Ich glaube du wolltest mir noch etwas erklären.“ Ja, es gab in der Tat noch so einige Dinge, die zwischen ihnen geklärt werden musste, so hat er doch nicht vergessen, was der junge Mann ihm als Begründung geliefert hatte, dafür, dass er sich einfach auf den Falken begeben hatte. Er hatte nicht vergessen, was er ihm von seinen Gefühlen, wenn auch nur in wenigen Worten, erzählt hatte. Mit einem leichten Neigen seines Kopfes gab er Koryn das Zeichen ihm zu folgen. Er schritt den Gang entlang, der vom Cockpit wegführte und deutete mit der Hand auf die gebogene Sitzgelegenheit, als Zeichen das Koryn sich setzen sollte. Er wartete bis Koryn seiner Aufforderung nachgekommen war und ließ sich dann ebenfalls an den Tisch sinken, an welchem schon viele Runden gespielt worden waren.
„Du hast das Gefühl ich würde euch im Stich lassen nicht wahr?“, fragte er mit gesenkter Stimme und leicht geschlossenen Augen. Eigentlich hatte er den Meister auf Naboo zurücklassen wollen und wenigstens für eine kurze Zeit wieder einfach nur ein junger Mann sein. Einfach eine Zeit lang vor der Verantwortung und der Verpflichtung flüchten, die so schwer auf seinen Schultern lastete und ihn an manchen Tagen beinahe zu erdrücken schien.
Tal’ana war überrascht, dass Tasha mit einer Fremden derart offen über ihren Captain sprach. Auch wenn sie sich gerade rechtzeitig zu fangen schien, nicht alles über ihre Meinung zu Gavin preiszugeben. Offenbar besaß die Selonianerin auch eine weiche Seite und war – bildlich gesprochen – nicht ganz so dickfellig, wie es zunächst den Eindruck hatte. Ihre Worte klangen fast entschuldigend, als müsse sie sich für das Verhalten des Menschen erklären. Tal reagierte darauf zunächst nicht mit mehr als einem Stirnrunzeln und hielt der wieselartigen Frau ihren Arm hin. Als Tasha mit der Wundreinigung begann, gab die Twi’lek ein gepresstes Stöhnen von sich. Das Desinfektionsmittel brannte und trieb ihr erneut die Tränen in die Augen, aber die entnervte Schmugglerin blinzelte sie energisch weg. Der anschließende Verband – ein richtiger diesmal – wirkte dagegen kühlend und die aufgeschürfte Hautpartie kam zur Ruhe.
Das Flimmern vor ihren Augen verschwand endlich. Dafür spürte Tal nun umso deutlicher ihren Herzschlag durch ihren gesamten Körper pulsieren. Auch wenn sie den Anschein erweckte, der Selonianerin noch immer nicht mehr als die nötige Aufmerksamkeit zur Wundversorgung zu geben, hörte sie doch genau zu. Tasha hatte Recht, sie hielt Gavin für einen karking stoopa und hatte mit der Legacy längst abgeschlossen. Aber das Verständnis der Selonianerin war besänftigend, auch wenn Tasha ihr natürlich keine wirkliche Alternative zu einem Waffenstillstand mit Gavin anbieten konnte. Ihre Worte malten ein ganz anderes Bild des Mannes, den sie während der letzten Stunde kennengelernt hatte. Und doch schien es zu passen, auch wenn der Captain ihr vorrangig seine schlechten Eigenschaften gezeigt hatte. „Corellia?“, merkte Tal auf und sah die andere Frau zum ersten Mal an, seit sie den Raum erneut betreten hatte. Als sich die Twi’lek ihrer ungewollten Reaktion bewusst wurde, senkte sie wieder den Blick und zog die Stirn in Falten. „Sein Vater… Ausgerechnet Corellia… Und trotzdem ist er…“
Etwas in ihr sträubte sich, sich plötzlich wieder für den Schmuggler zu erwärmen. Für ihn Mitgefühl zu empfinden, nachdem er sie für ihr Verhalten derart zusammengepfiffen hatte. Doch Familie war schon immer eine Möglichkeit gewesen, wiederum an Tals sanftere Seite zu appellieren und sie dazu zu bringen, Dinge zu tun, die für die Lebenserwartung eines Schmugglers nicht unbedingt förderlich waren. „Familie“, klang Gavins Echo ihrer eigenen Worte in ihren Ohren und Tal wollte den Captain dafür erwürgen, dass er ihr mit einem Mal leid tat. Es entschuldigte nicht seinen Umgangston – aber das konnte er bei Gelegenheit ja noch selbst korrigieren. Gedankenverloren merkte sie kaum, wie Tasha auch ihr Bein behandelte und mit einem straffen Verband versah. Der Schmerz saß tiefer, kam von einer anderen Stelle und hatte seine Wurzeln weit in der Vergangenheit. „Also haben wir beide unsere Väter auf Corellia verloren“, murmelte die Twi’lek und schämte sich diesmal nicht, dass ihre Augen wieder glasig wurden.
„Wahrscheinlich sind dir die Sachen noch zu groß, aber du wirst schon reinwachsen. Ah, no waga! Du musst jetzt keine Angst mehr haben, Squid.“
Mit abwesendem Lächeln strich Tal über den Overall und zog ihn näher an sich heran, um ihn überzustreifen. „Er wird seinen Zweck erfüllen. Danke.“ Sie entfaltete das übergroße Kleidungsstück, von dem ein etwas abgestandener Geruch ausging, und schlüpfte mit einigen Schwierigkeiten hinein. Der Stoff war steif und würde sich erst noch ihrer Körperform anpassen müssen. Ärmel und Beine waren zu lang, sodass Tal sie mehrfach umschlagen musste. Am Ende sah die erwachsene Twi’lek darin noch immer etwas versunken aus, doch mit einem ihrer Lederriemen als Gürtel konnte sie sich zumindest vernünftig darin bewegen. Tal fischte ihren Kopfschmuck aus dem erbärmlichen Haufen Kleidung, der ihren Besitz darstellte, und legte ihn sich ebenfalls wieder an, nachdem sie ihn mit ihrer zerschlissenen Hose abgewischt hatte. Langsam schwand die Kälte wieder aus ihren Gliedern. „Wie geht es jetzt weiter? Euer Captain war nicht besonders eindeutig, ob ich mich nützlich machen oder besser in Luft auflösen sollte. Ich kann nur eines von beidem.“ Saubere Kleidung wollte schmutzig gemacht werden und so wenig sie Gavin im Moment ausstehen konnte, wollte Tal auch nicht mitten im freien Raum verhungern. Da biss sie lieber in die saure Shuura und half dabei, die Legacy wieder flott zu machen. Rumsitzen und Nichtstun würde sie nur in den Wahnsinn treiben.
„Nun“, seufzte Tasha und sah Tal'ana an. „Dass es sich bei unserem Ziel um Corellia handelt hat man ihm vorenthalten. Aus dem Hyperraum zu fallen und direkt vor sich den Planeten zu sehen, um dessen System man jetzt seit gut 5 Jahren einen großen Bogen macht, war keine besonders angenehme Überraschung.“ Tasha räumte die Flasche und die leere Becher vom Tisch und stellte sie am anderen Ende des Raumes wieder ab. Alkohol war vielleicht nicht gerade das, was Tal'ana jetzt weiter trinken sollte. „Aber ja, er hat den Auftrag trotzdem durchgezogen und sogar einen, für den er gar nicht bezahlt worden ist“, meinte Tasha, während sie mit etwas herumhantierte. „Wir sollten rein, jemanden einladen und wieder weg. Es war nie die Rede davon gewesen mit der Legacy in Ground Zero zu landen, sich von TIE-Fighter verfolgen und unter Beschuss nehmen zu lassen und schon gar nicht davon die Blockade eines Sternzerstörer zu durchbrechen. Es sollte nicht mehr als ein – Wie hatte es derjenige bezeichnet – einfaches Standardvorgehen sein.“ Man konnte Tasha anhören, dass sie über den Verlauf der Ereignisse nicht besonders erfreut war, wenn auch sie ihre Wut eindeutig besser im Griff hatte, als ihr Captain. Andererseits befand sie sich auch nicht in seiner Position und trug demnach auch nicht so viel Verantwortung wie er. Verantwortung, die er bisher nie groß hatte teilen wollen. Er sagte immer, es sei sein Schiff und somit würde auch alles was damit zusammenhängt einzig und alleine seine Verantwortung sein und davon ließ er sich einfach nicht abbekommen. Egal was Jace und sie in den letzten Jahren schon alles versucht hatten.
Tasha kehrte an den Tisch zurück und stellte eine Schüssel vor Tal'ana, in der sich eine dampfende Flüssigkeit befand. Sie hatte eine etwas eigentümliche Farbe und wirkte auf den ersten Blick auch nicht besonders appetitlich, aber zumindest der Geruch sprach da eine andere Sprache. „Wie es jetzt weiter geht?“, wiederholte Tasha und lachte trocken und ein wenig resigniert auf, ehe sie sich zu Tal'ana an den Tisch setzte. „Wenn wir Glück haben, dann wird das Imperium erst in ein paar Tagen dahinter kommen, welcher Captain ihrem Sternzerstörer eines ausgewischt hat und uns alles auf den Hals hetzen das sie zur Verfügung haben. Und wenn wir richtig viel Glück haben, dann vergehen ein paar weitere Tage, ehe das auf uns ausgesetzte Kopfgeld jeden Kopfgeldjäger der Galaxis an unsere Fersen heftet.“ Ein ziemlich düstere Zukunft, welche Tasha da gerade beschrieb, aber eine, die wohl leider den Tatsachen entsprach. Es war niemandem geholfen, wenn man versuchte schön zu reden, dass man bis zum Hals in der Banthascheiße steckte. „Die Galaxis ist kleiner als man denkt.“ Ein dichtes Netzwerk war in vielen Dingen zum Vorteil, konnte sich aber in einem solchen Fall auch schnell zum Nachteil entwickeln. Sie glaubte zwar nicht, dass die Personen, für die sie mehr oder weniger arbeiteten und mit denen sie sehr guten Kontakt hatten, ihnen in den Rücken fallen würden, aber auch sie würden ihnen nicht alles und jeden vom Hals halten können. Es wäre leichtsinnig zu glauben, dass sie aus dieser Situation so einfach wieder herauskommen würden. Dies war kein Auftrag, wo man einfach nur seine Ware ablieferte und das Thema war erledigt. Diese Fracht war, egal wohin auch immer sie sie ablieferten, in der Lage ihrer aller Genick zu brechen.
„Wenn er gewollt hätte, dass du dich in Luft auflöst, dann hätte er dich in die Fluchtkapsel gesteckt und höchstpersönlich den Knopf gedrückt“, meinte Tasha mit ernster Stimme, so kannte sie doch Gavin mit am besten und wusste, dass er seine Prioritäten hatte und davon auch nicht abwich. „Und das meine ich genau so, wie ich es gesagt habe.“ Sie lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich bin noch nicht dazu gekommen mir ein Bild über den Zustand der Legacy zu machen und daher würde ich vorschlagen, du suchst ihn auf und bietest ihm deine Hilfe an. Sag, dass du dich gerne nützlich machen würdest und er dir sagen soll wo.“ Auf diese Weise würde wohl am wenigsten Chaos auf dem Schiff entstehen. Immerhin sollte sich mittlerweile sein Gemüt etwas beruhigt haben und er wieder Herr seines Verstandes sein. Tasha konnte sich zwar schon denken, wie die Antwort aussehen würde und sie müsste sich schwer irren, wenn es anders sein sollte, aber es war einfach der beste Weg für alle auf dem Schiff.
Koryn war zunächst nicht sicher, ob dem berühmten Schmuggler seine Entschuldigung genügte. Immerhin war es mit diesen Worten nicht getan. Er befand sich immer noch an Bord des Schiffes und würde für weiteren Ärger sorgen – egal, ob man ihn auf die unbekannte Mission mitnahm oder nach Naboo zurückbrachte. Zumindest konnte er in jedem Fall eine gute Geschichte erzählen. Doch als Han Solo sich zu ihm umwandte, um ihm eine Lektion in Sachen Ausreden zu erteilen, schien die Welt zumindest für den Schmuggler wieder in Ordnung. Koryn dagegen stand vollkommen perplex da und wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. Verschlagenheit schien nicht gerade zu einem Jedi zu passen. Doch bevor er ein höfliches ‚danke‘ herauspressen konnte, fiel Meister Skywalker ein und lieferte sich mit Solo ein kurzes Wortgefecht.
Der Jedi-Schüler versuchte so unauffällig und aufmerksam wie möglich zu sein. So hatte er seinen Meister noch nie erlebt und langsam wurde Koryn bewusst, was es bedeutete, an Bord des Millennium Falcon zu sein. Hinter der Maske begann sein Blick zu wandern und das Innere des Cockpits genauer zu betrachten. Doch gerade als Han Solo auf alte Kriegsgeschichten während der Rebellion anspielte, ebbte das Gespräch ab. Stattdessen legte sich eine Hand auf die Schulter des jungen Kel Dor. Bei der Berührung fuhr Koryn fast zusammen und wandte den Blick in Richtung seines Meisters. Luke Skywalker war nun wieder ganz der Jedi, den er kannte. Mit ruhiger Stimme und Miene fuhr er fort und bedeutete seinem Schüler mit einer Geste, ihm zu folgen. Koryn wandte sich noch einmal zu dem Captain und seinem Co-Piloten um, dann schritt er dem Menschen hinterher und gelangte in eine Art Aufenthaltsraum mit einer ausgesessenen Bank und einem runden Holotisch, auf dem gewiss schon unzählige Partien Dejarik gespielt worden waren. Der Kel Dor hatte wenig Ahnung von diesem Spiel, auch wenn er gerne bei Partien zusah.
Neugierde zupfte an ihm und bewundernd sah er sich im Raum um, ehe er betreten dem Blick seines Meisters begegnete und neben ihm, fast ehrfürchtig, auf der Bank Platz nahm. Nun waren sie unter sich und er erwartete, eine Lektion in Sachen Geduld zu erhalten. Zu hören, dass Skywalker von ihm enttäuscht war, nachdem er ihm erst gestern von den Gefahren des schnellen Weges erzählt hatte. Stattdessen sah sein Meister beinahe traurig aus. „Nein!“, protestierte Koryn alarmiert und war halb aufgesprungen. Doch dann sickerten Skywalkers Worte in sein Bewusstsein und wuschen den Staub von seinen wahren Empfindungen. Erst sanken die Schultern des jungen Kel Dor, dann sein Blick. Der Jedi-Schüler setzte sich wieder und schüttelte den Kopf. „Nein, so ist es nicht“, versuchte er sich zu erklären. „Ich weiß, dass Eure Mission wichtig ist und wahrscheinlich konnte sie nicht warten.“ In Koryns Worten lag ein fragender Unterton. Er hatte noch immer keine Ahnung, wohin der Millennium Falcon eigentlich unterwegs war und erst jetzt dämmerte ihm, dass er einen Blick auf den Navigationscomputer hätte werfen können.
„Lee Valens Verrat ist gerade erst geschehen. Er war doch auch einer Eurer Schüler?“, fragte Koryn vorsichtig. Noch immer fiel es ihm schwer, vollkommen ehrlich zu sein. Er wollte seinen Meister mit seinen Worten nicht verletzen oder enttäuschen. Dass er einmal von Luke Skywalker enttäuscht sein würde, schien unvorstellbar. Und doch… Je mehr der Jedi-Schüler in sich hineinhorchte, desto mehr hörte er eine leise Stimme, die sein großes Vorbild in Frage stellte. Eine verängstigte Stimme, die sich nach Halt und Zuversicht sehnte – doch allein zurückgelassen worden war. „ Ich habe noch nicht damit abgeschlossen, dass ich einige Gesichter nie wiedersehen werde. Ich weiß nicht, ob das Praxeum noch sicher ist oder was als nächstes geschehen wird. Alles ist noch so frisch, so konfus. Und Ihr geht schon wieder fort. Wir sind keine kleinen Kinder, auf die man aufpassen muss. Aber… Ich verstehe nicht, warum Ihr geht. Ist diese Mission für die Republik wirklich so wichtig, dass Ihr nicht bei Eurem Orden sein könnt? Nicht einmal jetzt?“
Luke lehnte sich mit dem Rücken zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Noch immer waren seine Augen leicht geschlossen und er wirkte beinahe so, als wäre er gerade an einem vollkommen anderen Ort, doch täuschte dieser Eindruck. Er hatte Koryn aufmerksam zugehört und seine Worte hallten noch immer in seinem Kopf nach. „Also habe ich mit meiner Aussage recht gehabt“, erklang seine Stimme ruhig. „Auch wenn du andere Worte dafür gewählt hast.“ Es war Luke nicht schwer gefallen, die Emotionen seines Schülers zu ergründen, so waren sie für ihn durch die Macht einfach zu lesen. Koryn war ungeübt und hatte noch nicht gelernt seine wahren Gefühle zu verbergen, doch würde dieser Tag gewiss noch kommen. Er nahm Koryn seine Worte nicht übel, auch wenn er sich mehr Ehrlichkeit von ihm gewünscht hätte. „Glaubst du wirklich, dass ich dir eine Hilfe sein kann, diese Erlebnisse zu verarbeiten? Denkst du wirklich, dass ich dir einen Weg aufzeigen kann, wie es dir leichter fällt?“, fragte Luke und öffnete seine Augen um Koryn direkt anzusehen. „Dass nur ich Licht in dein Dunkel bringen kann?“ Ja, vermutlich könnte er Koryn zeigen, wie er Ordnung in das Chaos in sich selbst bringen könnte, doch wäre Koryn damit geholfen? Wäre ihm wirklich geholfen, wenn man ihm immer sagte und zeigte was er zu tun hatte, er aber nie für sich selbst eine Entscheidung treffen musste? Es war einfach nur das zu tun, was andere einem sagten, doch irgendwann würde einmal der Tag kommen, an dem niemand mehr da war, der ihm sagte, was er zu tun hatte. Der Tag, an dem er seine eigene Entscheidung treffen musste. Wie aber sollte er es schaffen, wenn er es nie gelernt hatte? Er war sein Meister, sein Lehrer, aber er war nicht derjenige, der ihn an die Hand nehmen würde. Er zeigte ihm Wege und Möglichkeiten, doch gehen musste Koryn diese Wege alleine. Er selbst musste entscheiden, welchen der Wege er gehen wollte und er konnte sich nicht immer darauf verlassen, dass er ihm sagen würde, welcher der Richtige war.
Ein leises Seufzen trat über die Lippen des jungen Mann, der nicht mehr zu wissen schien, wie er all den Anforderungen je gerecht werden könnte. Wie er sich verhalten sollte, um nicht das Vertrauen zu verlieren, welches jeder in ihn zu haben schien, wenn schon so etwas ausreichte, um das Vertrauen eines Schülers in ihn zu erschüttern. Dass der Wunsch zu wissen wohin er ging und was er tat, größer war, als das Vertrauen in sein Handeln. „Du sagst, du bist kein kleines Kind mehr und doch verhältst du dich gerade wie eines, indem du dein Urteil von einem Gefühl, einem Gedanken abhängig machst“, wählte Luke nun direktere Worte. Vielleicht war es wirklich an der Zeit, den Meister zurück nach Naboo zu schicken. „Du gehst davon aus, dass ich auf einer Mission für die Republik bin und diese Mission als wichtiger erachte, als die Gemeinschaft. Weil du dies glaubtest und meinen Entscheidungen nicht mehr vertraust, hast du dich zu einer großen Dummheit hinreißen lassen. Voreilige Schlüsse können dich in große Gefahr bringen und ich glaube, dass dir dieser Umstand nicht bewusst ist Koryn.“ Es war nur der Falken, auf den er sich geschlichen hatte, doch welches Schiff würde es das nächste Mal sein? Wohin würde er ihm bei der nächsten Gelegenheit nachschleichen, wenn er wieder einmal nicht verstand, warum er so handelte, wie er eben handelte. Wenn er wieder einmal die Entscheidung seines Meisters in Frage stellte.
„Der Schutz der Gemeinschaft ist der Grund, warum ich mich auf diese Mission begeben habe“, sprach Luke weiter und nun wurde sein Blick ernst und eindringlich. „Lee's Verrat hat mir gezeigt wie verletzbar die Gemeinschaft ist, wie einfach es ist die Mitglieder auf die Dunkle Seite zu ziehen und ich habe nichts, was ich ihnen entgegen setzen kann. Die Macht hat mir einen Weg gezeigt, wie ich es ändern kann, doch um dieses Wissen zu schützen, die Gemeinschaft zu schützen, konnte ich nicht darüber sprechen, wohin mein Weg mich führt. Was denkst du Koryn, wie würde derjenige, der Lee auf die Dunkle Seite gezogen hat, reagieren, wenn er wüsste, dass es in der Galaxis einen Ort des Wissens gibt und dieses Wissen ihm gefährlich werden kann? Was denkst du würde er tun?“ Es waren klare, wenn auch harte Worte, die er in diesem Moment Koryn gegenüber verwendete, aber manchmal gab es einfach Dinge, die ließen sich nicht in beruhigende Worte fassen. Manchmal musste man Dinge, egal wie grausam sie auch waren, beim Namen nennen. Ja, die Wahrheit konnte Angst einflößend sein, doch eine Angst, die man konnte, konnte man auch besiegen. Sie war nicht mehr länger der dunkle, unbekannte Schatten, der um einen herum lauerte.
„Ein Jedi ist für das Wohl Vieler verantwortlich, nicht für das Wohl Weniger“, sprach Luke weiter und fuhr sich mit der Hand müde über das Gesicht. „Und manchmal muss man Personen, die einem wichtig sind, im Unklaren lassen, um sie schützen zu können.“ Er hatte seine eigene Schwester im Unklaren über sein Ziel gelassen, so war dies die einzige Möglichkeit um sie vor etwaigen Folgen seines Handelns bewahren zu können. Sollte bei dieser Mission irgendetwas schief gehen, konnte sie mit reinem Gewissen sagen, nichts von seinem Vorhaben gewusst zu haben. Er hatte die Leute im Praxeum im Unklaren gelassen, denn jemand, der nichts wusste, konnte auch nichts verraten. Er hatte die Verantwortung für diese Mission ganz alleine tragen wollen, jedoch die Rechnung ohne Han gemacht. Dieser hatte sich nicht abhalten lassen, ihn bei seinem Handeln zu unterstützen. Aber Han und Chewie waren erfahren in der Schlacht und konnten sehr gut auf sich selbst aufpassen, was man von Koryn allerdings nicht gerade behaupten konnte. Seine Anwesenheit hatte die Mission um einiges riskanter werden lassen, doch sie war zu wichtig, als dass er umkehren und nach Naboo zurückfliegen könnte. Luke blieb nichts anderes übrig, als auf die Macht zu vertrauen, dass sie ihm den richtigen Weg weisen würde.
„Ihr wart nur ein Backup“, sagte Tal und zupfte an den umgekrempelten Ärmeln. „Der eigentliche Pilot wurde vorher…“ Mit einem entnervten Stöhnen schüttelte sie den Kopf. „Nichts, was da unten passiert ist, war einfaches Standardvorgehen.“ So konnte man Corellia vermutlich am besten zusammenfassen. Warum sich ihre Alarmsirenen nicht schon früher gemeldet hatten, konnte die Twi’lek sich in diesem Moment der Ruhe auch nicht mehr erklären. Vermutlich hatte die Dynamik sie mitgerissen – mitgefangen, mitgehangen. Sie und Quen hätten sich nur schwerlich auf dem imperialen Planeten verstecken können. Und dann wäre da noch das Problem gewesen, Corellia wieder zu verlassen. Auch wenn sich für die richtigen Credits in jedem Raumhafen eine Passage kaufen lässt. Und wenn sie in einer Kiste ist… Aber so war es nicht geschehen – und es gab keinen Weg zurück.
Mit Bedauern sah Tal, wie der Alkohol wieder an seinen gewohnten Platz verschwand. Stattdessen stellte Tasha ihr eine dampfende Schüssel hin, deren Inhalt im ersten Moment wie etwas wirkte, das man aus einer Dreckpfütze gefischt hatte. Der Geruch hatte dagegen wenig mit diesem Eindruck gemeinsam und entlockte der Twi’lek sogar ein leises Magenknurren. Wie lange war ihre letzte Mahlzeit her? Das muss noch vor unserer Landung auf Corellia gewesen sein. Quen hat uns ein paar Nudeln aufgewärmt und wir haben den ‚Schlachtplan‘ noch einmal durchgesprochen. Sie nahm die Schüssel in beide Hände und trank langsam den Inhalt, der ein wenig zu heiß war, um ihn auf einmal hinunterzuschlingen. Die Suppe wärmte ihr Inneres und füllte längst verbrauchte Energiereserven auf. „Ich hoffe, die Republik hat euch im Voraus bezahlt. Dann könnt ihr es euch bis zum unausweichlichen Ende immerhin gut gehen lassen.“ In Tal’anas Stimme war deutlich zu hören, wie wenig sie von dieser Aussicht hielt. Wir sind entbehrlich, wiederholte sie grimmig ihre eigenen Worte. Wäre alles wie geplant verlaufen, würden sie die Schlinge um ihren Hals nicht so deutlich spüren. Aber jetzt musste sich die Schmugglerin die Frage stellen, wie patriotisch sie wirklich war. „Wenn das Imperium wirklich an einer neuen Superwaffe baut, dann darf sie auf keinen Fall fertiggestellt werden. Ein zweites Alderaan möchte ich nicht erleben. Andererseits ist meine Überzeugung, für die Republik zu sterben, gerade nicht auf ihrem Höhepunkt.“
Und was, meldete sich eine ernüchternde innere Stimme, wenn Operation Starfall bestenfalls Zeit geschunden hat? Wer sagt, dass sie das Bauteil nicht in ein paar Monaten duplizieren können? Wenn die Republik bis dahin nicht mit wehenden Bannern in Coruscant einmarschiert ist, war das alles hier… „Mit dem Mittelfinger?“, unterbrach sie ihren inneren Monolog, bevor ihr von den fehlenden Worten übel werden konnte. Allerdings wurde ihr das auch bei der Aussicht, nun wieder bei Gavin vorstellig werden zu müssen. Wenn man etwas zu tun hatte, ging die Zeit bis zur Exekution immerhin schneller vorbei – und sie hatte gerade das Ende ihrer Suppenration erreicht. Der volle Magen machte sie zumindest weniger reizbar. Sie würde jeden Funken Selbstbeherrschung bei dem brauchen, was ihr bevorstand. „Oh, ich ahne, was er dazu sagen wird“, knurrte sie und erhob sich, um ihr verletztes Bein zu testen. Tal würde noch immer humpeln müssen, aber Dank der fürsorglichen Versorgung der Selonianerin konnte sie es zumindest wieder belasten. Mit einem Nicken bedankte sie sich bei Tasha und hinkte der Tür entgegen. Auf dem Gang war leiser metallischer Lärm zu hören. Er kam aus dem hinteren Teil des Schiffes. Langsam ging die Twi’lek ihm entgegen und versuchte dabei, ein Gefühl für den Aufbau des Schiffes zu bekommen. Er war dem der Hazard nicht ganz unähnlich, soweit sie es beurteilen konnte. Nicht weiter verwunderlich – beide Schiffe kamen aus der gleichen Werft.
Schließlich tauchte Captain Gavin Benett wieder in ihrem Sichtfeld auf. Tal verschränkte die Arme vor der Brust und verlagerte ihr Gewicht auf ihr unverletztes Bein. Sei artig. „Hey“, meldete sich die Twi’lek zu Wort – mit aller Freundlichkeit, die sie aufbringen konnte. Es reichte für einen neutralen Tonfall. „Tasha hat mich verarztet und frische Kleidung besorgt. Ich würde mich gern nützlich machen. Hast du was, bei dem ich dir zur Hand gehen kann?“ Oh, sie hatte eine deutliche Vorstellung davon, wie sie ihm jetzt gerne ‚zur Hand gehen‘ würde. Aber so reizvoll der Anblick eines Menschen mit Kühlbeutel am Kinn auch war – es war nicht das letzte, das sie vor ihrer Reise durch die Luftschleuse sehen wollte. Jetzt kommt’s, wappnete sich die Schmugglerin für seine Antwort.
Es war ein leises Seufzen und ein dezentes Kopfschütteln, welches von der Selonierin kam. „Ich würde es nicht einmal Backup nennen“, sprach sie und sah zu Tal'ana. „Wir waren eben gerade einfach nur vor Ort und sollte es schief gehen, kein nennenswerter Verlust.“ Manchmal musste man die Dinge einfach so nüchtern und pragmatisch sehen, wie sie wohl eben waren. Sie waren zur falschen Zeit, am falschen Ort gewesen und jetzt mussten sie schauen, wie sie die Suppe auslöffelten, die ihnen andere eingebrockt hatten. Vollkommen egal wie ungenießbar sie auch sein mochte. Entweder sie erstickten daran oder aber sie überlebten es irgendwie. „Vorausbezahlt? Die Republik?“, kam es mit einem bitteren Lachen von Tasha. „Du bekommst eine Anzahlung, die nicht einmal deine Kosten deckt und am Ende dann den Rest. Sofern du das Ende überhaupt überlebst.“ Eigentlich ein geschicktes Vorgehen, weil bei solchen Missionen konnte man davon ausgehen, dass derjenige das Ende niemals erlebte und somit ließ sich eine Menge Credit sparen. Tja und sollte man wider Erwarten das Ende doch erleben, so konnte man einen noch immer ins Gefängnis werfen, weil man ja ein so böser Mensch war und so viele böse Dinge getan hat. Die Republik und auch das Imperium drehten die Dinge doch meist eh immer so hin wie es ihnen am dienlichsten war. Eine große Gemeinsamkeit der Beiden, auch wenn natürlich jeder vom anderen behauptete, der schlimmere zu sein. In Wirklichkeit arbeiteten sie beide mehr oder weniger mit den selben Methoden, man verpackte sie nur in andere Worte.
„Mit dem was?“, kam es von Tasha mit einem fragenden Blick, weil sie Tal'ana gerade nicht ganz folgen konnte. Irgendwie waren ihre Worte ein wenig aus dem Kontext gerissen, sofern es einen gegeben haben sollte, aber Gedanken lesen zählte nicht gerade zu ihrer Stärke. Sie war ja kein Jedi und wenn sie richtig informiert war, dann konnten selbst die das nicht einmal. Aber über Jedi erzählte man sich in der Galaxis viel wenn der Abend lang und die Becher stets voll waren. Da kamen einem die absurdesten Geschichten zu Ohren. Dann aber winkte Tasha mit der Hand ab, als Zeichen, dass Tal'ana ihr darauf nicht zu antworten brauchte und verschwand kurz darauf in Richtung Cockpit. Es war ja nicht so, dass es dort nicht etwas zu tun gab.
„Hydroschraubenschlüssel“, kam es aus der geöffneten Luke im Boden, aus welcher nur ein Arm und eine Hand herausragte, deren Finger sich in auffordernder Geste hin und her bewegten. Die Hand wartete, bis sie den Hydroschraubenschlüssel zwischen den Fingern spürte und verschwand dann wieder im Inneren des Schiffes. „Freut mich, dass es dir so weit gut geht, dass du wieder auf den Beinen bist und nicht mehr wie ein Häufchen Elend in der Messe sitzt“, kam es zwischen metallischem Kreischen aus der geöffneten Luke. Es folgte ein lautes und schrilles Quietschen, gefolgt von nicht minder lauten Fluchwörter, ehe Gavin sich in dem Loch aufrichtete, den Schraubenschlüssel gegen die Wand warf und mit dem Fuß gegen irgendetwas im Inneren des Schiffes trat. Ein Seufzen kam über seine Lippen, ehe er sich zu Tal'ana umdrehte und sie ganz offensichtlich musterte. „Und ich habe mich schon gefragt wo er hin verschwunden ist“, meinte er mit einem Grinsen auf den Lippen. „Hätte mir ja eigentlich denken können, dass sie sich an meinem Spind vergreifen wird.“ Er kletterte aus der Luke und setzte sich auf die Kante, so dass seine Beine in dem Loch hingen und wischte sich mit dem Unterarm über das verdreckte und verschwitzte Gesicht. Besonders weit war er noch nicht gekommen und das bisschen hatte schon mehr Arbeit gemacht, als er befürchtet hatte. Man konnte, wenn man bösartig sein wollte, auch behaupten, dass er noch immer am Anfang der Arbeit stand. Das Einzige, was er aktuell machen konnte war, alles so weit zu flicken, dass sie nicht in den nächsten Stunden befürchten mussten, hilflos in der Gegend herum zu treiben.
„Es gibt aktuell mehr Baustellen als mir lieb ist und ich weiß deine Hilfsbereitschaft zu schätzen, aber du weißt ja wie das mit Captains und ihren Schiffen ist“, meinte Gavin und sah dabei beinahe entschuldigend drein. „Jedes davon hat seine Geheimnisse. Seine ganz speziellen Modifikationen und niemand verrät gerne sein Geschäftsgeheimnis.“ Und nun zwinkerte er Tal'ana auch noch allen ernstes zu, ehe er sich wieder in die geöffnete Luke fallen ließ und im Inneren des Schiffes verschwand. „Ich würde mir zwar gerade mindestens zwei Hände mehr wünschen“, kam es nun wieder gedämpft aus der geöffneten Luke. „Aber wenn mich meine eigenen Änderungen schon wahnsinnig machen, dann will ich dir das lieber nicht antun. Und außerdem“, aus der Luke kam ein Stück Rohr geflogen, landete krachend auf dem Boden und schlitterte noch ein paar handbreit weiter. „Gibt es jemand an Bord, der es mir sehr übel nehmen wird, sollte er dich noch einmal verarzten müssen.“ Er wusste ja, wie ungern Tasha so etwas machte, auch wenn sie es immer war, die es machen musste. Sie hatte eben ein Händchen dafür, was man von Jace und ihm diesbezüglich nicht gerade sagen konnte. Ihre Talente lagen eindeutig woanders und außerdem waren sie Männer und Männern sagte man doch immer nach nicht sanft genug zu sein. Von nichts kamen doch solche Unterstellungen ja nicht gerade.
Aus der geöffneten Luke drang heller Rauch empor, durchsetzt von kleinen, blauen Funken und der langsam entstehende Brandgeruch biss unangenehm in der Nase. Die Funken hörten auf und Gavins Kopf tauchte wieder aus der Luke auf und man konnte sehen, wie er erst einmal ordentlich durchatmete. Immerhin war die Luft hier draußen dann doch etwas angenehmer, als in den Eingeweiden des Schiffes. Er lehnte seine Unterarme am Rand ab und richtete seinen Blick nach oben zu Tal'ana. „Was mein Verhalten vorher angeht“, begann er und fuhr sich mit der rechten Hand über den Hinterkopf, ehe er den Arm wieder ablegte. „Ich hab Sachen von dir erwartet, die du gar nicht erfüllen konntest. Ich bin übers Ziel hinausgeschossen. Tut mir leid. Hätte nicht passieren dürfen.“ Es war einfach zu viel in zu kurzer Zeit passiert, zu viele Dinge die ihm auf einmal durch den Kopf gegangen sind und er hatte einfach den Überblick verloren und in vielerlei Hinsicht auch die Kontrolle.
Im ersten Moment wollte Koryn abermals protestieren. Doch als er sich seine eigenen Worte noch einmal vor Augen führte wurde ihm klar, dass der Jedi-Meister Recht hatte. Wie so oft. Betreten senkte der Kel Dor den Kopf und schien bei den Worten von Luke Skywalker mehr und mehr im Polster der Sitzbank zu verschwinden, obwohl er sich in Wahrheit nicht rührte. Freude und Tatendrang waren ganz aus seinem Gemüt verschwunden – genau wie das Bedürfnis, nach seiner Rückkehr ins Praxeum eine gute Geschichte zu erzählen. Sein Meister hatte die Stimme nicht erhoben, dennoch fühlte sich Koryn wie nach einer Strafpredigt. Kleines Kind. Große Dummheit, echote es in seinem Kopf und er hörte auch Mytrias Stimme. Einige der ersten Worte, die sie zu ihm gesagt hatte. „Du musst nicht so tun als ob du bereits ein vollwertiger Jedi wärest.“ Koryns Maske knackte und er blickte auf seine Hände, die auf seinen Knien ruhten. Eine ganze Weile schwieg er, auch wenn seine Gefühle wie ein flackerndes Feuer in der Macht zu sehen waren, das beständig seine Farbe änderte. Als er sicher war, seine widerstrebenden Emotionen in Worte fassen zu können, blickte der Kel Dor wieder auf und suchte den Blick des Jedi-Meisters, der ihm in diesem Moment gleichermaßen jung und erschöpft erschien.
„Ich wusste es nicht“, begann er. Wie hätte er es auch wissen sollen? Er hatte nicht gefragt – und Luke Skywalker hatte eben noch einmal klar gemacht, dass er diese Informationen für sich hatte behalten wollen. „Ich ging davon aus, dass es etwas mit Eurer Audienz beim Rat zu tun hatte und man Euch wieder ausgeschickt hat, so wie vorher.“ Eigentlich hätte der Jedi-Meister zum Zeitpunkt der Morde an einem ganz anderen Ort in der Galaxis sein sollen. Insofern war es bereits eine glückliche – auch wenn das Wort nicht wirklich passte – Fügung gewesen, dass sich Skywalker überhaupt im Praxeum aufgehalten hatte. Und dennoch stach es, ihn direkt am nächsten Tag wieder abreisen zu sehen. Nun kannte Koryn immerhin den Grund dafür und kam sich schäbig vor. „Es ging mir nicht nur um mich, Meister“, erklärte der Kel Dor ohne jeden Trotz in seiner Stimme. „Und es ging mir nicht darum, dass Ihr bei uns bleibt, um uns Trost zu spenden.“ Auch wenn einige ihn sicher noch nötig hatten. Wieder tauchte die Wroonian vor seinem geistigen Auge auf, die so zerbrechlich und verwundet gewirkt hatte. Obwohl sie sich beinahe im Streit getrennt hatten, war Mytria einer der Auslöser für seine waghalsige Tat gewesen. Er sorgte sich um sie.
„Eure Schüler sind verunsichert, einige sogar verängstigt. Ihr habt gesehen, wie Mytria reagiert hat. Ich wollte den anderen – und mir selbst – helfen und zumindest einen Teil der Ungewissheit nehmen. Lee hat Euch und seinen Orden verraten. Was, wenn ein weiterer Dunkler Jedi kommt, um seine Taten zu vollenden? Oder die Republik in Eurer Abwesenheit beschließen würde, ins Praxeum einzumarschieren? Es gibt nicht mehr viele Ritter oder gar Meister, die sich dem entgegenstellen könnten. Wir Schüler… können es jedenfalls nicht.“ Und es schmerzte ihn mehr als er zugeben wollte, sich dies einzugestehen. Koryn wäre der erste gewesen, der seine Mitschüler verteidigt hätte. Aber er hatte an den Toten gesehen, wie wenig er hätte ausrichten können. Es wäre eine noble Geste gewesen, nicht mehr. „Ich verstehe jetzt, warum Ihr so gehandelt habt und es tut mir leid.“ In das Leuchtfeuer aus den Emotionen des Kel Dor mischte sich wieder ein wenig Neugier angesichts der Andeutungen, die Skywalker gemacht hatte, und eine unerwartete Erkenntnis. „Für mein Fehlverhalten, mit dem ich Euch enttäuscht habe – und um Euren Freund.“
„Koryn“, kam es mit leiser Stimme, in welcher dennoch eine nicht zu verachtende Wärme lag. „Es gibt vieles das du nicht weißt und es wird immer etwas geben, das du nicht weißt, doch darf diese Unwissenheit nicht dein Handeln lenken. Du musst entscheiden welche Unwissenheit mit Wissen gefüllt werden muss und welche nicht. Wenn du diese Entscheidung nicht triffst, so wirst du dein ganzes Leben damit verbringen irgendwelchen Dingen hinterher zu laufen, die du nicht kennst, aber wissen willst und beginnst darüber hinaus die wesentlichen Dingen aus den Augen zu verlieren. Du musst lernen auf die Entscheidungen anderer zu vertrauen, auch wenn dir ihr Handeln im ersten Moment unklar erscheint und du nicht weißt, warum sie so handeln.“ Luke lehnte sich weiter auf seinem Platz zurück und ein schwaches Lächeln begann sich auf seinen Lippen abzuzeichnen, als Bilder aus vergangenen Tagen vor seinem geistigen Auge auftraten. Bilder aus Zeiten, die ein gefühltes Leben zurücklagen und doch waren es nur Jahre gewesen. Ereignisreiche Jahre in der Tat. Viel war in den wenigen Jahren passiert. In seinem Leben, in der Galaxis und manchmal, wenn er auf diese Zeiten zurückblickte war es ihm, als würde er das Leben eines ihm fremden Mannes betrachten. Es war schwer in dem jungen Mann von Tatooine sich selbst zu sehen und doch war er es.
„Damals, als es in den Kampf gegen den Todesstern über Yavin 4 ging, war ich wohl der jüngste Pilot und gewiss einer der unerfahrensten“, begann Luke mit ruhiger Stimme zu erzählen. „Und wahrscheinlich auch der risikofreudigste. Ich wusste nichts über strategische Vorgehensweisen oder wie es ist in einer Staffel zu fliegen. Als Team zu arbeiten. Ich wusste lediglich, was das Ziel dieser Mission war. Es gab so vieles an diesem Tag, was ich nicht wusste. Aber ich musste nicht wissen, warum sie einen Angriff so flogen wie sie ihn flogen. Ich musste nicht wissen, warum sie genau dieses Manöver zu genau diesem Zeitpunkt anwendeten. Ich musste lediglich auf ihre Erfahrung und ihr Wissen vertrauen. Darauf vertrauen, dass sie das Richtige tun würden. Nur mit diesem Vertrauen war es mir möglich, mich auf das zu konzentrieren, was vor mir lag.“ Er erinnerte sich noch sehr gut an diesen Tag und an diesen Kampf. Im ersten Moment war ihm alles wie ein ganz böser Traum vorgekommen und an der Unsicherheit im erste Moment, hatten auch die ganzen Stunden im Simulator nicht geholfen. Ein Fehler in einem simulierten Kampf würde zu einer Niederlage führen, nicht aber zum Tod. Egal wie gut eine Simulation auch war, sie würde niemals die praktische Erfahrung ersetzen können. Erfahrung, die er im Vergleich zu all den anderen Piloten nicht gehabt hatte. Erfahrene Piloten hatten in diesem Kampf ihr Leben verloren, während er überlebt hatte. In der Zeit direkt danach hatte sich Luke oft die Frage gestellt, wie er diesen Kampf überhaupt hatte überleben können. Ob es einfach nur Glück war, ob es die Macht verhindert hatte oder ob es die Erfahrung der anderen Piloten gewesen war, die ihm den Rücken freigehalten hatten. Vermutlich war die Wahrheit von allem ein bisschen etwas, aber sicher war, dass es ihm nie gelungen wäre, hätte er nicht auf die Erfahrung der anderen Piloten vertraut und auch auf die Macht.
„Imperator Palpatine mag tot sein, doch Frieden hat die Galaxis noch nicht erreicht“, sprach Luke weiter und sah Koryn an. „Noch immer werden Völker vom Imperium unterdrückt und versklavt. Es sind zu viele, als dass sich die Neue Republik alleine um alle kümmern kann. Dafür brauchen sie Hilfe und Unterstützung von anderen Regierungen. Doch das Imperium ist mächtig und viele Regierungen zögern sich öffentlich gegen sie auszusprechen. Niemand möchte seine zurückgewonnene Freiheit für Andere riskieren.“ Es fühlte sich ein wenig komisch an über derartige Dinge zu sprechen, so waren es doch Bereiche, um welche sich seine Schwester stets gekümmert hatte. Verhandlungen, um die sich bemüht hatte und Gespräche, für die sie sich eingesetzt hatte. Er war bei vielen dieser Verhandlungen anwesend gewesen und hatte manche davon zu Gunsten für die Neue Republik entscheiden können, doch der eigentliche Verdienst dieser Entscheidungen waren die Bemühungen seiner Schwester gewesen. „Das Wort eines Jedi war in der Vergangenheit von großer Gewichtung und für Viele ist es das heute noch“, erklärte Luke geduldig, denn vielleicht würde es Koryn einfacher fallen die vielen Zusammenhänge zu erkennen, wenn er die Hintergründe kannte. Auch wenn es zugegeben etwas seltsam anmuten mochte, dass sich ein Meister seinem Schüler gegenüber erklärte. Aber war nicht auch lernen und begreifen, das Gefühl für das Große Ganze zu erhalten, nicht auch Teil dessen, was ein Jedi lernen musste? Viel zu lange hatte Luke die Anwärter in seiner Gemeinschaft vor diesen Dingen ferngehalten. Gedacht, dass noch nicht der richtige Zeitpunkt dafür gekommen sei, doch wie so viele Male schien die Galaxis ihren eigenen Sinn für Zeit entwickelt zu haben.
„Das Wort eines Jedi kann über den Beitritt zum Bündnis entscheiden. Über Hilfslieferungen und Unterstützung von Bevölkerungen die unter der Unterdrückung des Imperiums leiden. Es ist die Aufgabe und die Pflicht eines Jedi zum Wohl der Galaxis zu entscheiden und derartige Chancen zu nutzen.“ Luke machte eine kleine Pause um Koryn genau anzusehen. „Genau so wie es seine Pflicht ist, sich um das Wohl seiner Schüler zu kümmern und deren Ausbildung zu überwachen. Es sind Entscheidungen die ein jeder Jedi jeden Tag zu treffen hat. Entscheidungen zu Gunsten des Friedens und zum Wohle Aller. Niemals dürfen seine Entscheidungen durch persönliche Präferenzen beeinflusst werden, aber er muss auch aufpassen, nicht zum Werkzeug Anderer zu werden.“ Es war die einzige Anmerkung die Luke zu diesem Punkt machte, so hielt er den Augenblick für nicht besonders günstig Koryn darüber aufzuklären, dass die Jedi Gemeinschaft durch seine Amtsniederlegung nicht mehr länger als offizieller Teil der Neuen Republik galt. Dass er bereit war, notfalls auch weitere Brücken niederzureißen, um zu verhindern, dass die Jedi zum Machtwerkzeug für die Belange der Neuen Republik gemacht werden konnten. Jedi waren Hüter des Friedens und keine Soldaten. Jedi kämpften aus der Notwendigkeit heraus größeres Übel zu verhindern, nicht um die Galaxis mit weiteren Schatten zu überziehen. Ja, auch sie waren gezwungen zu töten und Schmerz zu hinterlassen, doch niemals sollte ein Jedi den aktiven Part in einer solchen Konfrontation darstellen.
„Angst ist etwas, das man selbst überwinden muss. Niemand anderes kann dies für einen übernehmen. Nur wem es selbst gelingt, wird stärker werden. Wer die Hilfe anderer dafür benötigt wird immer von Ängsten geplagt werden und nie Sicherheit erlangen“, sprach Luke und erinnerte sich schmerzhaft an seinen alten Meister Yoda. An seine Zeit auf Dagobah, die viel zu kurz gewesen war und doch so deutlich in seinen Erinnerungen verblieben war. Die Gespräche mit ihm über die Dunkle Seite der Macht und wie er ihm so naiv, wie er damals gewesen war, geantwortet hatte, dass sie ihm keine Angst machen würde. Erinnerte sich, wie Yoda ihm gesagt hatte, dass er Angst haben solle und dass er noch Angst haben würde. Damals hatte er nicht verstanden, warum Yoda das gesagt hatte oder wie ihm das auch nur in irgendeiner Art und Weise weiterhelfen würde. Es hatte lange Zeit gebraucht, ehe Luke verstanden hatte, was ihm Yoda ihm hatte vermitteln wollen. Auf Dagobah war Luke an Yodas Methoden ihn zu unterrichten oftmals beinahe verzweifelt. Nie hatte er das Gefühl gehabt eine konkrete Antwort auf seine Fragen zu erhalten, sondern immer nur Geschichten. Andeutungen. Nun, Jahre später jedoch war er froh nie konkrete Antworten erhalten zu haben, so hatte er doch dadurch gelernt seinen eigenen Kopf zu benutzen. Für sich selbst zu denken und nicht einfach nur die Anweisungen seines damaligen Meisters umzusetzen ohne zu verstehen, warum er tat, was er tat. Die Zeit mit Yoda hatte ihn gelernt, dass es wichtig war zu wissen, aber noch wichtiger war zu verstehen.
Während sich Luke an seinen alten Meister erinnerte, hatte er wieder leicht seine Augen geschlossen und wirkte nun beinahe, als würde er meditieren, doch wie so viele Male täuschte das. „Sie werden kommen“, sprach Luke mit beinahe düsterer Stimme und öffnete seine Augen. „Und wenn sie kommen, wird es nicht nur ein einzelner Anhänger der Dunklen Seite sein.“ Die Frage war nicht ob sie kommen würden, sondern wann sie kommen würden. Luke wusste, dass solange sich das Praxeum auf Naboo befand, dem Regierungssitz der Neuen Republik, solange würden sie zögern das Praxeum anzugreifen. Doch wenn sie sich zu einem Angriff entschieden, so würde nicht nur das Praxeum ihr Ziel sein. Es war eine unabdingbare Notwendigkeit das Praxeum auf einem anderen Planeten neu zu errichten. Nicht nur zum Schutze von Naboo, sondern auch zum Schutze der Gemeinschaft. Ein neuer unbekannter Ort würde ihnen Zeit verschaffen, ehe sie entdeckt werden würden und hoffentlich würde diese Zeit ausreichen, um die Schüler auf diesen unweigerlich kommenden Tag vorzubereiten. „Doch ich alleine wäre für sie kein Hindernis“, sprach Luke mit ernster Stimme weiter. „Mein Wissen alleine reicht nicht aus, um euch entsprechend auszubilden und noch weniger habt ihr dieselbe Zeit zur Verfügung, die ich zur Verfügung hatte. Deswegen hat mir die Macht einen Ort gezeigt, an dem ich das Wissen finden kann, um euch auf diesen Tag vorzubereiten. Ohne dieses Wissen liegt die Zukunft der Gemeinschaft im Ungewissen.“ Es war ihm wichtig, dass Koryn wirklich verstand wie viel bei dieser Mission auf dem Spiel stand. Es ging nicht einfach nur um Wissen, welches bei ihrer Ausbildung helfen sollte, sondern es ging um Wissen, welches über die Zukunft der Gemeinschaft entscheiden würde. Koryn hatte recht, als er sagte, dass es nur noch wenige von ihnen gab und daher war es entscheidend, dass diese Wenigen nicht von der dunklen Flut hinweggefegt wurden, sondern wie Felsen in der Brandung waren. Nicht nur in der Lage der Dunkelheit Einhalt zu gebieten, sondern auch in der Lage das Licht in die finstersten Ecken der Galaxis zurück zu bringen. Die Hoffnung in den Herzen der Völker zu entflammen und die einzelnen Stimmen nach Freiheit und Frieden zu einem einzelnen mächtigen Ruf zu vereinen.
Der Anblick war eigentlich gar nicht so übel – Gavin war größtenteils in einer Luke im Boden verschwunden, sodass Tal’ana geradezu auf ihn herabsehen musste. Die Schmugglerin stellte sich für ein paar Momente vor, wie schön es wäre, die Luke einfach zu schließen, sich draufzustellen und den Menschen für eine Weile schmoren zu lassen. Nicht wirklich zielführend, aber unheimlich befriedigend. Statt einer Begrüßung oder gar ordentlichen Antwort schnellte aber nur ein Arm nach oben und verlangte nach einem Hydroschraubenschlüssel. Die Lekku der Twi’lek kräuselten sich und schwangen leicht hin und her, während sie mit ihren braunen Augen nach der Werkzeugkiste suchte. Ein beherzter Tritt und er hätte gleich alles, was er brauchte, ganz in seiner Nähe. Glaubt er wirklich, er kann das jetzt einfach so überspielen? Doch sie hatte das Gefühl, dass nicht wirklich etwas kommen würde, bevor Gavin nicht sein Spielzeug hatte. Also ging Tal mit etwas Mühe kurz in die Hocke, fischte nach dem richtigen Werkzeug und legte es dem Schmuggler in die Hand. Freut mich? Willst du mich ver—
Lautes Kreischen und Quietschen brachte sogar ihre Gedanken zum Schweigen. Die Twi’lek machte einen Schritt zurück und war zu ihrer eigenen Verwunderung erleichtert, als sie das Fluchen des Menschen hörte. Wenn er nicht schreit, wird’s schon nicht so schlimm sein. Einen Moment lang war Tal unsicher, ob sie Gavin wirklich das richtige Werkzeug gegeben hatte – dann flog der Hydroschraubenschlüssel an ihr vorbei gegen eine Wand und der verdreckte und verschwitzte Captain kam in der Luke zum Vorschein. Tals Miene war wie eingefroren, auch wenn sich ihre Augen verengten und die Spitzen ihrer Lekku nach wie vor zuckten. Sie trug also seine Kleidung. Großartig. Gab Schlimmeres. Sein Grinsen zum Beispiel. Und dann auch noch kurz darauf sein Zwinkern.
Was tickt bei dir eigentlich nicht richtig?! Eben noch hatte er sie als nutzlos, dumm und egoistisch bezeichnet und nun machte er einen auf freundliches Geplänkel? Sollte das seine Entschuldigung sein oder ging er nach einem solchen Ausbruch immer zur Tagesordnung über – in der Hoffnung, dass ihn niemand darauf ansprach? Bei dir sind doch wirklich ein paar Schaltkreise durchgebrannt, Benett. Zumindest konnte ihr nun niemand mehr vorwerfen, keine Hilfe angeboten zu haben. Die Twi’lek verschränkte wieder die Arme vor der Brust und quittierte den Plauderton des Captains, der wieder in die Untiefen seines Schiffes zurückkehrte, mit eisigem Schweigen und einem frostigen Blick die Luke hinab. Sie hatte damit gerechnet, dass er ihr Angebot ablehnte. Immerhin hatte er dieses Mal nicht mit Beleidigungen um sich geworfen, auch wenn sein lockerer Tonfall beinahe noch schlimmer war.
Wieder ging irgendetwas schief und nun stiegen Rauch und Funken aus der Luke empor. Tal’ana erlaubte sich ein grimmiges Lächeln. Vielleicht waren ihre eigenen Machtfähigkeiten doch noch erwacht, so wie bei ihrer Schwester, und es hatte nur einen stoopa wie Gavin benötigt, um sie endlich zu wecken! Aber ihre Hoffnung auf ein Leben als mächtige Jedi wurde zunichte gemacht, da sich der Effekt nicht wiederholen ließ und der Captain noch immer recht unverletzt schien. Aller guten Dinge sind drei. Beim nächsten Mal schaffst du es garantiert, dass etwas in die Luft fliegt. Zu diesem Zeitpunkt war Tal am besten schon auf dem Rückweg zum Nichtstun.
Als Gavin ein weiteres Mal ansetzte, hob die Twi’lek erwartungsvoll ihre Augenbrauen und musterte den Schmuggler ganz genau. Im Gegensatz zu seinem selbstsicheren – und selbstüberschätzenden – Gehabe von vorhin wirkte er nun beinahe betreten. „Sieh an, du kannst dich also doch wie ein zivilisiertes Wesen verhalten. ‚Übers Ziel hinausgeschossen‘ ist leicht untertrieben. Ich weiß, dass…“ Nein, sie würde Tasha jetzt nicht in die Pfanne hauen. „…wir gerade keine Vergnügungsreise hinter uns haben und alle unter Strom stehen. Aber spar dir deine Ladung künftig für das Imperium auf.“ Ihre Lekku hingen nun wieder schlaff herab und Tal sah in Richtung des Hydroschraubenschlüssels, der in einiger Entfernung auf dem Boden lag. Sie humpelte zu dem Werkzeug, hob es auf und kehrte wieder zurück. „Da mein Frachter noch auf Corellia steht, müssen wir wohl deinen wieder flott machen und wenn ich schon nicht meine eigene Baustelle kriege, kann ich wenigstens deine sterblichen Überreste aus diesem Loch ziehen, falls du doch noch die Hauptleitung triffst.“ Tal setzte sich auf den Boden – das verletzte Bein ausgestreckt, das andere angewinkelt – zog die Werkzeugkiste näher an sich ran und reichte Gavin als Friedensgeste den Schraubenschlüssel.
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