Geheimes Sith Refugium
In der Nähe eines mysteriösen Schwarzen Loches befindet sich im sicheren Orbit eine Forschungsstation des Imperiums. Sie war einst zur Erforschung der Gravitations- und Zeitdehnungseffekte des galaktischen Phänomens bestimmt aber dient nun den dunklen Jedi und Anhängern des dunklen Lords als Refugium, außerhalb der imperialen Einflussbereiche. Die Station wird offiziell noch als imperiale Station geführt aber weitreichende Informationen wurden aus den Datenbanken gelöscht. Die Station trägt die schlichte Bezeichnung "Station 17" und verheimlicht somit ihre neue Bestimmung als Meditationsort für Anhänger der dunklen Seite, die jenes Schwarzes Loch als Sinnbild der dunklen Mächte selbst verstehen. Eine große Tempel-Kammer mit Blick auf den Nexus wurde eingerichtet, neben weiteren Einrichtungen, wie Schlafkammern und diversen Ritualräumlichkeiten.
Rotes Licht wurde von den Wänden zurückgeworfen und pulsierte wie ein Herzschlag. Schreie echoten durch die metallischen Gänge und übertönten dadurch sogar das Geräusch der Alarmsirene, die mit schrillem Klang den Untergang verkündete. Ald’ana kannte diesen Ort. Sie war schon oft hier gewesen. Hatte dieses Szenario schon oft gesehen. Und hatte doch nie etwas an seinem Ausgang ändern können.
Die Todesangst der Sklaven war so allgegenwärtig, dass sie einen bitteren Geschmack im Mund der Twi’lek hinterließ. Immer wieder wurde das Schiff von heftigen Stößen erschüttert, während es wie ein abgeschossener Vogel der eisigen Oberfläche von Mygeeto entgegenstürzte. Zerfetzte Leitungen sprühten Funken. Feuer und austretende Gase machten das Atmen schwer. Die Notbeleuchtung flackerte und erlosch schließlich ganz, sodass nur noch die Spuren der Zerstörung die Dunkelheit erhellten. Vereinzelt lagen Leichen am Boden. Keine von ihnen trug eine Uniform. Blasterfeuer hatte manche niedergesteckt, doch andere waren in der aufkommenden Panik einfach überrannt worden.
Unbeirrt und fiebrig kämpfte sich Ald’ana Meter um Meter voran. Selbst in dem Wissen, dass dies ein Traum war, fiel es ihr schwer, das Gleichgewicht zu halten und nicht durch das Brennen in ihrer Lunge die Besinnung zu verlieren. Am Ende des Ganges konnte sie eine Gestalt ausmachen. Eine junge Twi’lek mit blauer Haut, die wie leblos an der Wand lehnte. Im Widerschein der Flammen konnte Ald’ana ihre weit aufgerissenen Augen erkennen – und Blut, das ihr Gesicht hinabrann.
„Numa!“
Keine Reaktion. Ihr Herz begann zu rasen. Sie musste es noch einmal versuchen.
Wenn Sie Tal’ana nur erreichen konnte…
Wenn sie zu ihr durchdringen konnte…
Vielleicht…
„Numa!“
Von ihrer eigenen Stimme aufgeschreckt, öffnete Ald’ana die Augen und sah sich desorientiert um. Es dauerte einige Momente, bis sie sich wieder bewusst wurde, wo sie sich befand, und legte mit einem Seufzen eine Hand an ihre Schläfe. Nur ein weiterer Albtraum. Hier war kein Feuer. Keine Leichen. Keine Zerstörung. Nur der einfache Passagierraum einer Fähre, der keinen Blick nach außen zuließ und auch sonst keinen Hinweis darauf bot, wo sie sich befand. Die gepolsterten Sitze wirkten wenig genutzt, dem ganzen Raum haftete ein schwacher Geruch von Chemikalien an. Ein Blick auf das Chronometer verriet ihr, dass sie nicht allzu lange eingenickt sein konnte. Dennoch schalt sich die dunkle Jedi für ihre Nachlässigkeit.
Ihre Reise dauerte nun schon viele Stunden an und bisher wusste Ald’ana nicht mehr, als dass man sie eingeladen hatte. Ein ihr unbekannter Mann war nach einer langen Studiensitzung an sie herangetreten und hatte ein Angebot ausgesprochen, in dem ein unmissverständlicher Befehl mitgeklungen hatte. Die Twi’lek war dem Mann in dunkler Robe bereitwillig gefolgt und hatte in ihrer Neugier vorsichtig ihre Machtsinne ausgestreckt. Doch ihre geistigen Fühler waren an einer Mauer aus Kälte abgeprallt und nach einem warnenden Schulterblick hatte die dunkle Jedi weitere Nachforschungen unterlassen.
Bedauerlicherweise schien sich ihr „Gastgeber“ auf Geheimniskrämerei zu verstehen. Trotz aufmerksamer Beobachtung hatte sie nicht mehr über ihn erfahren können, als dass er offensichtlich Einfluss besaß und sehr großen Wert darauf legte, sie darüber in Unkenntnis zu lassen, wer er war, wo man sie hinbrachte und welche Intentionen er hegte. Doch auch diese wenigen Informationen waren wertvoll.
Ihre erste Aufregung hatte sich schnell gelegt, als Ald’ana bewusst wurde, dass ihr eine längere Reise bevorstand. Zwischen ihr und dem Piloten der Fähre gab es keine Kommunikation und außer ihr war keine weitere Person anwesend. Es gab ihr die Freiheit, den Passagierraum ungeniert in Augenschein zu nehmen. Doch auch dies hatte schnell seinen Reiz verloren und so hatte sich die dunkle Jedi die meiste Zeit über in eine meditative Trance versetzt. Offensichtlich war die Erschöpfung der letzten Tage doch irgendwann über sie hereingebrochen. Und doch fühlte sie sich keinen Deut erholter.
Ihre Machtsinne zupften an ihr, bevor auch ihr Körper eine Veränderung bemerkte. Die Bewegung der Fähre hatte sich verändert. Ein metallisches Echo ging durch das Schiff. Es klang, als würden sie gerade andocken. Ald’anas Haltung straffte sich, doch noch blieb sie an ihrem Platz. Nach einigen Momenten und einen schwachen Ruck, der sie schmerzlich an ihren Traum erinnerte, öffnete sich die Eingangstür der Fähre mit einem Zischen und gab den Blick auf einen spärlich beleuchteten Gang frei, der tief ins Innere einer ihr unbekannten Anlage führte. Die Twi’lek erhob sich und warf einen vorsichtigen Blick hinein, darauf wartend, ob sich der Pilot nun ebenfalls zeigen würde. Stattdessen hörte sie eine leicht verzerrte Stimme über das Intercom.
„Geht den Gang einfach bis zum Ende.“
Diese einfache Aufforderung entlockte der dunklen Jedi ein amüsiertes Schmunzeln. Fein, sie würde das Spiel noch eine Weile mitspielen. Immerhin hatte sich ihr Gastgeber sehr viel Mühe gegeben. Bevor sie die Fähre verließ, korrigierte Ald’ana den Sitz ihrer Kleidung und prüfte noch einmal, ob sie all ihre Habseligkeiten bei sich trug. Ihre Schritte hallten von den Wänden wider und erst nach einigen Metern wurde sich die Twi’lek bewusst, dass das leise Summen, das sie vernehmen konnte, nicht von der Beleuchtung oder anderen Maschinen stammte. Es waren ihr Machtsinne, die sie instinktiv ausgestreckt hatte und die ihr ein erstes Bild des Ortes boten, an dem sie sich befand. Je weiter sie ging, desto eindringlicher schien es zu werden und hinterließ ein Prickeln in ihrem Nacken.
Vereinzelte Türen zweigten von dem Gang ab, doch Ald’ana hielt sich an die Botschaft und ging einfach an ihnen vorüber – wenn auch nicht, ohne einen Blick auf mögliche Aufschriften zu werfen. Doch auch hier wurde sie enttäuscht. Schließlich hatte sie das Ende des Ganges erreicht. Hier gab es nur eine einzelne Tür, die von zwei Sovereign Protectors bewacht wurde. Das Prickeln in ihrem Nacken hatte sich mittlerweile zu einem eisigen Griff ausgeweitet. Es gab nicht viele Personen, die diese Eliteeinheit in Anspruch nehmen konnten.
Ald’ana warf den Wachen einen Blick aus dem Augenwinkel zu, doch die beiden Gestalten zeigten keine Regung und durch ihre Visiere war es unmöglich, ihre Gesichter oder Mimik auszumachen. Die dunkle Jedi hätte ihre Sinne ausstrecken können, um durch die Gedanken der Imperialen vielleicht mehr zu erfahren. Doch so kurz vor dem Ziel würde diese Methode wahrscheinlich als unhöflich aufgefasst. Die Twi’lek akzeptierte die Warnung, die sie in jeder Faser ihres Körpers spürte, tat einen tiefen Atemzug und betätigte die Türkontrolle.
Wenn die Welten gegangen waren, blieb nichts als eine Leere, eine Leere dem Ursprung gleich. Das Schwarze Loch in der kreisrunden Scheibe des Raumes wandte sich bedrohlich an die Existenz der Station. An deren Metall zogen die Kräfte des galaktischen Monstrums, welches im Zentrum vieler der zahlreichen Schwarzen Löcher des Tiefkerns lag. Mutig trotzend lag die Station genau an jenem Grenzpunkt, der sie nicht in den Strudel des Vergessens hinabriss aber auch nicht davon entfernte. Der Ereignishorizont war zu spüren aber noch keine Gefahr, trotz der subtilen Auswirkungen auf die Raumzeit des Ortes, welcher durch den Wissenshunger einiger Imperialer entstanden war. Es war dennoch nur eine Frage der Zeit bis die Station unter dem Einwirken der kosmischen Kräfte zerbrach, hinabstürzte in den Strudel dunkler Energien, der sich einem hungrigen Mund öffnete. Das Schwarze Loch wuchs, was den einstigen Wissenschaftlern ein Mysterium war und auch dazu geführt hatte, dass sie jene Station aufgegeben hatten. Immer noch stürzten Partikel des kosmischen Staubs hinab, Licht brach sich am Nullpunkt und Kometen fielen ins Dunkel, hinterließen jene Nebel um das Schwarze Loch, welche in sterbenden Farben noch etwas Leben verhießen. Der Nebel in seinem goldenen aber rauschenden Ton war auf seine Art wunderschön, doch umschloss schützend den galaktischen Hunger in seinem Kern. Die tiefste Unterwerfung unter die Macht eines Universums war sichtbar im Angesicht des Objektes, welches nah an der Station lag.
Für Vesperum und seinen Orden war dieses Wunder der Kräfte ein Symbol für das Wirken der dunklen Seite in der Macht selbst. Es war die Chance etwas fühlbar, als auch sichtbar, zu machen, was sonst nur durch Worte vermittelt wurde. Es war Verkörperung einer Idee, einer echten Philosophie, die keinen wahren Retter kannte. Jenes Heilsversprechen lag im Dunkeln, unterlag Geheimnissen, so fremd und gefährlich, dass eine Rettung nicht versprochen werden konnte und so strebte der Orden nach Erlösung von seinen irdischen Ketten, ganz dem kosmischen Wunder gleich, welches ohne Zeit existierte. Diese Galaxis brauchte nicht gerettet werden, sondern allein der Wille konnte befreien, erlösen von dieser Existenz, welche geschunden war durch ständige Wiederholung. Einige mochten Erlösung für eine Rettung halten, doch die Sith wollten nichts retten, nichts erhalten, was ihnen unwert erschien. Es wurde erschaffen, genutzt und verbraucht; aber niemand gerettet. Rettung verdienten nur Schwache aber Sith wollten wahre Erlösung, rein aus der Essenz jener Urkräfte, die sich abbildeten, wie einem Gott gleich, in diesem Objekt, das gierig ins Fenster strahlte. Rituale, alt, wie die dunkle Seite selbst, waren gesprochen, abgehalten worden, um diese Macht zu finden. Es war diese letzte dunkle Hoffnung auf Erlösung, die verschollen schien. Der Orden klammerte sich an albtraumhafte Kulte, an wahnhafte Hilfe durch einen nahtoten Dämon, der sich selbst an jene Urkräfte verkauft hatte, um einmal mehr zu sein, als ein sterbliches Schicksalsgeschöpf. Ein Geschöpf getrieben durch seinen Willen, beeinflusst von alten Ideen, die einst vor Jahrtausenden bereits Milliarden verdammt hatten. Es war der Fluch eines magischen Traums, der in sich wahr sein wollte. Darth Vesperum wusste, dass dort etwas war; etwas sein musste, was ihn erlösen konnte. Die dunkle Seite war nur das Gift, welches Opfer war, um die Wahrheit zu finden. Der Sith wollte mehr als das, mehr als dies hier, was nur begrenzt war. Alles musste enden, selbst eine Ewigkeit im Jetzt wollte nicht verhindern, dass etwas verloren ging. Das gefrorene Herz des dunklen Lords schlug langsam, während seine verknöcherten Hände das kleine Glasfläschchen vom Altar hoben, der unweit einer Luftschleuse stand. Das Fläschchen war von einer kleinen Statue gehalten worden, die einem Sith in Robe nachempfunden worden war. Zwei Kultisten, in ebenso schwarzen Roben, verneigten ihr Haupt vor ihrem Meister, welcher einem der beiden jenes Fläschchen reichte. "Im Leben, wie im Tod, ist Dunkelheit. Die Macht wird uns befreien," sagte der unholde Mann in der Positions des finsteren Zeremonienmeisters. Der eine Kultist, welcher seine Kapuze tief ins Gesicht gezogen hatte, griff vorsichtig aber bestimmt nach dem Fläschchen, welches mit der mysteriösen schwarzen Flüssigkeit gefüllt war, die fernab von hier in den Händen des Imperators geboren worden war. Grausame Alchemie alter Zeit war in ihrer bösen Klarheit wieder zugänglich geworden. Der Kultist antwortete Vesperum mit erhabener Stimme des Opfers: "Es gibt eine Ewigkeit. Es endet, um zu beginnen. Die Macht wird mich befreien."
Darth Vesperum nickte verständnisvoll, entließ das Fläschchen aus seinen Händen, so dass einer ritualisierten Bewegung an den Kultisten überging. Der andere Kultist trat einen großen Schritt zurück, um sich verloren platziert auf seine Knie abzusenken. Er blickte zu Boden und sang in einem religiösen Gesang nur ein Wort in ständiger Wiederholung: Qyâsik. Es war alte Sith Sprache, die Vesperum erneut zur Ritualsprache des Ordens erhoben hatte und dem Moment eine alte Kälte verlieh, die aus der Gruft der Vergangenheit emporstieg. Ein Ritual war belebt worden, welches verzerrt durch den Wahn eines dunklen Lords, den Tod als sein Zentrum hatte. Darth Vesperum antwortete mit dem auf Sith Sprache vorgetragenen Sith Kodex, während der Kultist, welcher das Fläschchen hielt, in Richtung Luftschleuse ging, welche weit ab vom Fenster des Raumes lag. Der Raum war groß und war von allen weltlichen Forschungseinrichtungen befreit worden. Er ähnelte einem Tempel, einem Raum wahren Inhalt, nur dem Wesen der Sith verpflichtet. Die Schleuse öffnete sich. Es zischte, als alte Luft aus der Kammer strömte. Der Kultist schloss die Augen. Mit beiden Händen hob er das Fläschchen an, öffnete es und trank die schwarze Flüssigkeit, welche ihm starke Schmerzen bereitete. Er stöhnte, während sich seine Augen aufrissen und ein schwarzer Nebel das einstige Leben verdrängte. Das Portal der Schleuse schloss sich hinter dem Diener, welcher bereit für sein Schicksal, einen letzten Gedanken schenkte. Mit einer sanften Handbewegung aktivierte der Imperator die Luftschleuse, ohne den Schalter selbst zu berühren. MIt einem Stoß wurde der Kultist herausgerissen, starb jedoch nicht sofort, und trudelte am Fenster vorbei hinab in Richtung des rituellen Wunders. Die Gravitation packte den Körper fest. Der Sith trat mit bewussten Schritten zum kreisrunden Fenster und legte die Hand auf jenes. Er spürte die Kälte des Raumes aber auch die Verbindung zu seinem Diener, welcher in den Ereignishorizont eintauchte. Vesperum schloss seine Augen, fühlte etwas; eine frostige Kälte drang durch den Raum, bis dieses Gefühl verschwunden war. "Du gehst dorthin, in die Dunkelheit. Erlösung." Der Sith Lord nahm die Hand von der Scheibe, als der Kultist endgültig aus dieser Galaxis entschwunden war. Der andere Kultist erhob sich aus seinem gesungenen Stillstand, verneigte sich vor dem dunklen Lord und entfernte sich durch einen Nebentür. Kurz hielt Vesperum inne, wartete, bevor er sich ein Atemzug erlauben konnte. Die Haupttür zum Tempel öffnete sich und eine Twi'lek trat ein. Er hatte sie gespürt, doch verdrängt, um seinem Diener im Opfer die wahre Ehre zu gewähren, mit ihm verbunden zu sein. Ohne Angst war er gegangen, mit einem Teil von Vesperum.
Der dunkle Lord stand mit seinem Rücken zu ihr vor dem Fenster, wie eine regungslose Puppe in schwarzer Robe, welche mit der großen Kapuze das Haupt verhüllte. "Ald'ana," sagte die gebrochen-dunkle Stimme. Ja, er hatte sich informiert und sie geladen. Einen neuen Gast für seinen Albtraum, den er beenden musste. Er spürte sie, ihre Aura in der Macht, wie ein glimmendes Feuer von Leben, welches so fremd gegenüber dem Schwarzen Loch wirkte. Dies überstrahlte mit seiner Präsenz nicht die böse Darstellung des dunklen Lords aber kämpfte mit ihm um Gleichwertigkeit. Die makaberen Zeiteffekte ließen seine Stimme noch eine Millisekunde nachhallen, so dass eine eigenständige Atmosphäre entstand, die nur dieser Ort wirklich schaffen konnte. "Du bist hier," presste der Lord über seine rissigen Lippen. "Komm' näher," befahl er kalt und deutete mit der Linken neben sich. Sie sollte ihren Platz einnehmen, um ihren Wert zu beweisen. Der Albtraum kannte nur Träumer, doch was Vesperum suchte waren Wesen, die aufwachen konnten. Das Schlafende sollte erwachen. Es war nur die Frage, ob Ald'ana erwachen konnte. "Was siehst du?" - eine einfache aber klar formulierte Frage, ohne den Blick vom Schwarzen Loch selbst abzuwenden. Der kalte Mantel seiner Nähe gierte um das Leben der jungen Twi'lek, welche sich nun in der Nähe zweier Chaosmünder befand. Kalte unsichtbare Finger, ungelenkt aus der dunklen Seite, kratzten am Verstand der jungen Frau, wie eisige Schneeflocken aus der Macht selbst.
Hinter der Tür offenbarte sich ein großer Raum, der bis auf einen Altar keine besondere Einrichtung aufzuweisen schien. Und doch hatte er etwas an sich, das der Dunklen Jedi ein Gefühl von Ehrfurcht einflößte. Fast so, als wohnte diesem Ort ein Hauch von Heiligkeit inne. Unheiligkeit, je genauer sie ihr unbestimmtes Gefühl ergründete. Ald’ana machte einen Schritt nach vorne und die Tür schnappte hinter ihr zu. Aufgrund ihrer Anspannung fuhr die Twi’lek kurz zusammen, als sie das zischende Geräusch hörte. Doch ihre Aufmerksamkeit war weiter nach vorne gerichtet. Auf ein großes Sichtfenster, das den Blick auf etwas preisgab, das sie noch nie zuvor gesehen hatte. Zumindest nicht mit eigenen Augen – und erstrecht nicht aus solcher Nähe. Vor dem Fenster stand eine Gestalt in schwarzer Robe. Bewegungslos. Mächtig. Sie machte einen weiteren Schritt und fühlte, wie ihr Herz in ihrer Brust zu hämmern begann. Dann sagte er ihren Namen und sie erkannte mit untrüglicher Gewissheit, wer vor ihr stand.
Schon einmal hatte sie seine Stimme gehört – einmal vernehmen dürfen war eine treffendere Beschreibung. Damals hatte er mit lauter Stimme vom Schicksal der Sith gesprochen. Ihnen allen einen Platz angeboten, wenn sie ihm nur dienten. Eine Zukunft versprochen. Macht. Freiheit.
„Mein Lord!
Fast reflexartig fiel Ald’ana auf die Knie. Von der kalten Hand gepackt, die sie schon auf dem Gang gespürt hatte. Wie ein Tier, das man in den Staub drückte. Die Twi’lek hatte diesen Griff in ihrer Jugend oft zu spüren bekommen. Demütig verharrte sie in dieser Position, bis sie ein weiteres Wort vernehmen, eine Geste spüren konnte. Ihre Sinne waren ausgestreckt und ertasteten die Ausläufe seiner Dunkelheit. Vielleicht war sie es auch, die diesen Raum erfüllte und damit zu einem Refugium der dunklen Seite machte.
Es dauerte einige Momente, ehe der dunkle Lord fortfuhr. Seine Stimme übte noch immer den gleichen Einfluss aus. Sie war voller Macht, voller Verheißung – und doch schwächer als Ald’ana sie in Erinnerung hatte. Doch sie hätte es nie gewagt, ihn darauf anzusprechen. Als er das Wort wieder an sie richtete, wagte sie es, aufzusehen und folgte ohne zu zögern seinem Befehl. Noch nie war sie diesem Mann so nahe gewesen und es kostete all ihre Selbstbeherrschung, ein Zittern zu unterdrücken. Er war ihr Imperator. Er hatte die Macht, nach seinem Willen über sie zu verfügen und doch folgte sie ihm aus freien Stücken. Zumindest redete sie sich dies ein. Es hatte nicht wirklich eine Wahl gegeben, ihm die Treue zu schwören…
Mit jedem Schritt sank die Erkenntnis tiefer in ihren Verstand und wandelte ihre Aufregung fast in einen Zustand der Entrückung. Er hatte sie zu sich gerufen. Er wusste, wer sie war und hatte mit ihr sprechen wollen. Doch aus welchem Grund? Ald’ana schluckte schwer und spürte, wie ihr Mund trocken wurde, als sie in die Aura seiner finsteren Herrlichkeit eintauchte. Sie brauchte ihre Emotionen nicht zu verschleiern. Für jemanden wie Vesperum musste sie ein offenes Buch sein und es wäre geradezu blasphemisch, ihre Gedanken vor ihm zu verschließen. Nun war sie nahe genug, um das feine Muster seiner Roben zu erkennen. Seinen Geruch wahrzunehmen. Sein Antlitz zu erblicken. Da er sich ihr nicht zugewandt hatte, wagte sie nur, einen Seitenblick auf ihn zu erhaschen – und was sie sah, ließ sie kurz vor Entsetzen erschauern. Die eisige Hand hatte ihre Krallen ausgefahren und strich damit ihren Rücken hinab.
Seine Haut wirkte wie altes Papier, das man zu straff über sein Fleisch gespannt hatte und dadurch rissig geworden war. Es ließ ihn älter erscheinen als er eigentlich sein konnte. Dunkle Schatten waren unter den eingefallenen Augen zu sehen, die in kräftigstem Bernstein leuchteten. Eindringlich. Sehend. Wissend. Ald’ana spürte, wie die eisige Hand mit ihren Klauen ihren Rücken wieder empor strich, so als würde man einen Tooka gegen seine Fellrichtung streicheln. Höher wanderten und mit perfider Neugier ihren Geist prüften. Wie ein Raubtier, das mit etwas spielte, das er noch nicht zur Beute erkoren hatte.
Die Augen der Twi’lek waren auf das Schwarze Loch geheftet. Das einzige, das außer ihm an diesem Ort noch von Belang war. Es war, als würde sie mitten ins Nichts starren. Es hatte eine gewisse Majestät – und war doch nichts anderes als kosmische Zerstörung. Hin und wieder gerieten Partikel in seine Fänge und verschwanden in seinem Inneren, ohne eine Spur zu hinterlassen, dass sie jemals existiert hatten. Noch nie war sie etwas so nahe gewesen, das eine derart gewaltige Macht besessen hatte – und wusste nicht, ob sie damit Vesperum oder das Schwarze Loch meinte.
„Finsternis“, brachte sie nach einigen Momenten des Überlegens hervor und war selbst überrascht über den sicheren Klang ihrer Stimme. „Eine alles verschlingende Finsternis, der nichts widerstehen kann. Alt. Ewig. Unnachgiebig.“ Und etwas, zu dem jeder Stern – jeder Quell des Lichts – einmal werden konnte.
Ein altgedientes Versprechen, so falsch aber so beständig war das Wesen der Sith. Eine Wunderheilung vom Leben selbst, die niemals eintreten konnte und allein im Tod Erlösung vermutete; und selbst dort nicht eintrat. Darth Vesperum war die Gegen-Nachricht gegen alle Verheißungen der Jedi, die Botschaft einer vergangenen Epoche der Finsternis, wo Eintracht endlos zerschlagen war und ein Sturm über die Galaxis gefegt war. So schnell war die alte Idee zurückgekehrt, wie eine uralte Schöpfung, die das beenden musste, was einst von verfluchten Seelen begonnen worden war. Stampfend waren die Wogen der Melodie seiner Aura, vertrieben alle Wärme aus dem Raum und erinnerten daran, dass er ein Abgrund war. Mühsam hatte die dunkle Macht Ketten in sein Fleisch geschlagen, nur um sein Wesen binden, welches mit einem Ruck jene Ketten aus dem Anker riss. Er spürte Ald'anas Seele, wie einen Hauch, wie ein Schatten, welcher im Raum flackerte und sich schließlich in Farben überschlug. Ihre Gedanken waren klar getragen von der dunklen Seite, lesbar, durch einen Atemzug. Die Macht sprach durch sie, wie durch alle Leiber der Galaxis und doch schien Vesperum erstaunt darüber, dass sie trotz ihrer geißelnden Ehrfurcht den Mut einer klaren Antwort fand. Ihre symbolische Untwerfung, der Kniefall vor seiner Unheiligkeit, war nur noch falsche Kette. Einer Antwort, die gestärkt aus dem Blut ihrer Venen drang, und den elendigen Dämon zufrieden stellte. Sie hatte erfasst, was das Schwarze Loch kosmisch war und doch begrenzte sie sich selbst. Mit einem Ruck wandte er sich um, um auch diese Trennung aufzuheben; fast so als ob er an der unsichtbaren Eisenkette riss, die um den Hals von Ald'ana gelegt war. Mit einem Handzeig seiner gierig-faulenden Hand, machte er klar, dass sie sich erheben konnte. Ein Atemzug strich durch seine Nasenflügel, fiel hinab, wie kaltes Quecksilber. Es war eine schwere Tiefe in seinem Blick, der Ald'ana folgte; durchdrang, was sie war und das untote Glimmen seiner Augen, in den Kräften aus dem Abgrund, fern und doch so nah. "Gut," sagte die Stimme aus der Gruft seines Fleisches, welches den Geist gefangen hielt, der ein grausamer Sturm war und Verheißung im satten Bariton versprach. Es war eine Stimme verzerrt, entrückt von der Zeit sowie nicht mehr greifbar, während sie durch die Gedanken hallte, wie etwas Heiliges. Doch diese Heiligkeit war Lüge, eine Illusion starker Mächte, die nichts Gutes wollten. - Und so schwang auch etwas Horror darin, der einer unverständigen Person Angst schenken würde. Doch Ald'ana kannte die dunklen Mächte, wollte ihnen dienen und hatte sich selbst zum Sklaven dieses Versprechens gemacht, welches ihre Seele als Wirt benutzte. So benutze sie nun auch Vesperum als Werkzeug, als Anhänger für seine unsichtbare Kette, die er der Galaxis anlegte. Darth Vesperum war der Schmied des Eisens, welches bereits unzählige Welten versklavt hatte. Ein Schmied, der inzwischen gut darin war, Seelen in der giftigen Glut der dunklen Seite zu schmieden. Wenn er der Schmied war, war das Schwarze Loch der Schmelztiegel seiner Fantasie; der alten Idee in neuem Gewand.
Das leise Keuchen seiner Präsenz umschlung den Moment, ließ ihn endlos werden, auch im Angesicht der Effekte des kosmischen Objektes, unweit des Fensters. Die Robe lag, wie gegossen über seinem aschweißen Körper, der sich im toten Gesicht abschloss, welches Fratze war. Die Fratze war leblos, kalt und nur die Augen schienen etwas zu zeigen, was einst Leben war. Er betrachtete die Twilek nüchtern, wie ein Objekt, welches sein Interesse geweckt hatte. Es war keine Achtung darin, noch wirkliche Abneigung, denn die Augen lagen in kaltem Feuer auf der Frau. Dieser Blick, der schwache Geister gebrochen hatte, Welten unter sich zerbersten sah und unheilige Taten beobachtet hatte. All jene Grausamkeit hatte die einstige Person verändert und nur die Sünde lag darin. Nein, es gab kein Zurück in diesen Augen. Sie banden alles an sich, wie gierige Zähne rissen sie an der Seele von Ald'ana. Es brauchte keine Worte, keinen Sinn, um zu erfassen, dass die dunkle Seite hier anwesend war. "Es zerreißt die Ketten der Zeit. Es verschlingt Licht und verändert alles," begann der böse Meister zustimmend. Seine rissigen Lippen im grauen Schwarz bewegten sich kaum, während er sprach. Die Stimme schien von einem anderen Ort zu kommen. "Wir Sith sind lange diesen Pfad gegangen. Wir haben uns gegen die Naturgewalt des Schicksals gestellt. Wir haben uns gewehrt, einfach zu vergehen, ohne Bedeutung zu schwinden. Wir haben Welten zerstört, die Republik zu Fall gebracht, und die Jedi bekämpft, mit ihrer trügerischen Idee von Harmonie. Doch stehen wir hier und dieses Objekt dort Draußen straft uns alle mit einer schlichten Weisheit," formulierte der dunkle Philosoph in seinem Wahn, der von seiner eigenen Vergangenheit heimgesucht wurde. Albtraumhafte Stimmen rauschten in seinen Ohren, wie in einem einzigen Schrei. All jene, die er verdammt hatte, wollten ihn brennen sehen, nicht durch fremde Hand, sondern allein durch kalte Reue auf seinem eigenen Scheiterhaufen der ignoranten Eitelkeit seiner Person. Er wagte es, sich gegen die Macht selbst zu erheben, gegen den Willen der kosmischen EInheit. Das Rauschen zertrümmerte für einen Atemzug die Illusion der Selbstsicherheit.
Dennoch sprach er weiter. "Alles ist bedeutungslos. Es gibt kein Konzept, nur ständige Wiederholung. Doch wir Sith sind Splitter einer anderen Welt, einer Galaxis, die uns willkommen heißt. All das, was wir sind, sind wir nur durch unseren Willen, durch unseren Wunsch. Wir sind frei und doch gestraft mit dieser Galaxis, welche in falschen Idealen verrannt, nicht begreifen will, dass die Dunkelheit die Antwort ist," suchte er die Worte, verband sie vorsichtig und drückte sich dabei seltsam kryptisch aus. Es schien fast so, als ob der dunkle Lord nicht ganz erklären konnte, was er erblickt hatte. Seine Weisheit schien nicht mehr verständlich und doch lag eine dunkle Zuversicht in ihnen. Der Sith Lord glaubte daran, sogar so fest, dass sich seine Augen für einen winzigen Moment schlossen und ihn verwundbar machten. Doch dann rissen sie wieder auf und der Schmerz seiner sterbenden Seele mit ihnen. "Dort ist das Sinnbild einer Galaxis und der Macht, welche erschafft und wieder nimmt. Leben ist nicht der Zustand, der für diese Galaxis vorgesehen war, sondern nur ein Zwischenschritt. Zwischen den Sternen ist Dunkelheit, Ald'ana. Die dunkle Seite ist das Vermächtnis der ersten Zeit, bevor Moral und Bewertung von erbärmlichen Gehirnen existierten. Sie ist hart und wahr. Sie ist die unsägliche Kraft, die so klar aus der Ewigkeit ein Echo von sich gibt," klammerte sich seine Stimme an diesen Worten fest, drückte sie durch den Raum in dezent erhöhten Lautstärke, fast so als ob er sie in die Macht selbst schlagen wollte. "Ich war an jenem Ort. Ich habe das Ende gesehen. Dieses Ende ist wunderschön," sagte die Stimme dann wieder leiser. Sie senkte sich soweit herab, dass sie fast, trotz tiefer Intonation, lieblich und fürsorglich klang. "Sterne können ausbrennen, zerfallen und werden zu einem solchen Wunder. Dunkle Sterne brennen noch, deutlich stärker als zuvor. Wer sein Schicksal nicht bricht, wird ein Sklave dessen sein. Sith sein, bedeutet gebieten. Ein Sith gebietet über sich selbst, wie er über andere gebietet." Darth Vesperum holte tief Luft, bevor sich ein zynisch-böses Grinsen auf seine Lippen legte, diese weit ab nach oben zog. Die Augen weiteten sich und unterstrichen die untote Maske seines Gesichtes. Eine böse Überzeugung durchdrang sein Angesicht. "Warum willst du eine Sith sein? Warum willst du mir dienen? Was versprichst du dir, Ald'ana?" Eine Frage, die ihre Zeit gebraucht hatte. "Du bist, was du bist, weil ich es erlaube. Doch warum erlaube ich es?" - war die nachgesetzte gesprochene Geißel seiner dunklen Macht. All seine gierige Ausstrahlung, umschloss mit schwarzen Schwingen die junge Twi'lek. Der Klimafilter des Raumes brummte leise, drückte einen Luftzog über den Boden und korrigierte die abfallende Temperatur mechanisch getreu. Das Schwarze Loch riss in dieser Sekunde einen weiteren Asterioden herab, welcher bemerkenswert zerbrach und in einer langen Bewegung hinabfiel, fast eine eleganten Wellenbewegung gleich, die man in einem Wasserbecken finden konnte.
Ihre Antwort schien den Dunklen Lord zunächst zufrieden zu stellen, was Ald’ana mit Erleichterung erfüllte. Seine Augen ruhten wie zwei glühende Kohlen auf ihr und brannten sich durch jede Maske, die sie hätte tragen können. Dennoch vermied es die Twi’lek seinem Blick zu begegnen. Wenn man zu lang in den Abgrund starrte, blickte der Abgrund zurück. Vesperum schien von der dunklen Seite vollkommen eingenommen zu sein und sie konnte nicht leugnen, dass sie diese Allmacht auch ein wenig fürchtete. Noch immer wusste sie nicht genau, warum er sie zu sich gerufen hatte – und bis sie den Grund dafür erfahren hatte, war es besser, demütig zu sein. Dies war eine Prüfung, der sie sich stellen musste. Doch wenn Ald’ana sie bestand, würde der Lohn umso größer sein. Dessen war sie sich sicher.
Das Mienenspiel des Imperators verriet nichts darüber, was er von ihr dachte. Eine Kenntnisnahme lag darin – aber nicht abschätzig, wie sie es von anderen Mitgliedern des Imperiums gewöhnt war. Vesperum – das Raubtier aus purer Kälte und Finsternis – wartete noch. Wartete, ob sie sich als Beute oder als Begleiter entpuppen würde, so schien es. Ihr gleichmäßiger Herzschlag wurde der Twi’lek allzu bewusst. Auch ohne ihre Machtsinne konnte sie spüren, wie ihr Blut mit jedem neuen Pulsen durch ihren Körper strömte. In der Gegenwart zweier Naturgewalten wurde sie sich ihrer eigenen Sterblichkeit deutlich bewusst. Und doch war sie anders als andere Sterbliche. Bei Weitem nicht so mächtig wie der Mann an ihrer Seite. Aber man hatte sie mit einer Kraft gesegnet, die sie über viele andere erhob. Die sie zumindest zum Teil begreifen ließ, wovon der redete.
Aufmerksam lauschte Ald’ana seinen Worten und erkannte, dass seine Gedanken deutlich weiter trugen als sie ihm folgen konnte. Er erzählte von Dunkelheit und Sternenleere, von Anfängen und Enden. Doch immer wieder gab es etwas, das mit ihrem Herzen resonierte und sie mit inbrünstiger Zustimmung erfüllte. Dann hatte er seinen Monolog beendet und erlaubte ihr wieder, zu sprechen.
„Du bist, was du bist, weil ich es erlaube. Doch warum erlaube ich es?“
Eine Warnung lag in diesen Worten. Sie musste vorsichtig sein mit dem, was ihr auf den Lippen brannte. Nun suchte Ald’ana seinen Blick. Wenn der Imperator mit ihren Worten nicht zufrieden war, wenn dies ihre letzten Stunden waren, wollte sie zumindest den Stolz und die Willensstärke bewiesen haben, ihm dabei in die Augen zu sehen.
„Freiheit“, erwiderte sie voller Überzeugung.
„Seit ich ein Kind war, haben andere über mich gerichtet und für mich entschieden. Sie haben leere Worte gepredigt und versucht, ihre eigenen Unzulänglichkeiten mit ihrer Arroganz zu verschleiern. Ich habe die Republik fallen und das Imperium aufsteigen sehen und dadurch eine einfache Wahrheit erkannt: Frieden ist eine Lüge.“
Mit einer Geste wischte sie dieses lächerliche Ideal beiseite – und damit auch die Erinnerung an ihre erste Begegnung mit einem Jedi.
„Die Jedi nannten sich Friedenswächter und waren doch diejenigen, die die Soldaten anführten. Die Republik brauchte eine ganze Armee, um ihren Frieden zu verteidigen, um darum zu kämpfen. Das Konzept selbst ist ein einziger Widerspruch. Frieden ist etwas, das nur die Mächtigen sich leisten können – indem sie anderen demonstrieren, dass es eine Torheit wäre, sich ihrer Macht zu widersetzen. Wer vom Frieden spricht und glaubt, ihn bloß durch noble Worte erhalten zu können, dem rinnt er wie Sand durch die Finger und wird ihn schließlich ersticken. Darum gibt es keinen Frieden. Nur Leidenschaft. Nur Stärke. Nur Macht.“
Als sie das erste Mal den Sith-Codex gelesen hatte, hatten die einfachen Worte ihr die Augen geöffnet. Ihr den Weg aufgezeigt, den sie zu beschreiten hatte, um am Ende endlich frei zu sein.
„Das ist es, was ich ersehne. Macht und Weisheit zu erlangen, damit mich nie mehr jemand an eine Kette legen kann. Die Sith haben die Galaxis einst gelehrt, wie töricht ihre Idee von Frieden ist. Wir können es wieder tun.“
Freiheit - das ultimative Versprechen der Sith, welches sich selbst ein Heiligtum war. Es war der Marschgesang der Verdammten, die in der Hölle nur das eine Wort suchten, was ihnen zur Erlösung fehlte. Freiheit, ein Gedanke, so alt und immer neu, dass die Galaxis unter diesem Drang erzitterte. Die Sith hatten sich selbst und andere in diesem Namen verführt, nur um eine Tyrannei zu errichten, die alle anderen ihrer Freiheit beraubte. Wie einem Schatz gleich, hüten die Sith ihre Freiheit, die am Ende nur eine leere Kiste ist. Eine Kiste deren Geheimnis viele in den Wahnsinn getrieben hatte. Es lag Komfort in diesem Gedanken, Grausamkeit zu rechtfertigen. Doch Vesperum war längst über diesen Punkt hinaus. Freiheit in einer Galaxis voller Leid und Endlichkeit war zwar wertvoll aber nicht übermäßig erfüllend für einen Geist, der den Abgrund selbst gesehen hatte; jene dunkle Seite von der Ald'ana noch weit entfernt war. Der dunkle Lord lauschte aufrichtig, verstand, was sie für eine Person war. Er sah ihre Aura, ihre brennende Seele, wie sie Funken in die Macht schlug, bereit war auf dem kalten Feuer der dunklen Seite geschmiedet zu werden. Wie einst Ilara wählte diese Person ihre Verdammnis und ihren dergleichen Teufel selber. Der Vertrag war noch nicht besiegelt aber bereits geschrieben, so dass nur das Blut fehlte, was noch in den Adern der Twi'lek quoll. Der Sith spürte es, sah es, wie das Leben noch brannte; es wogte um sie und war ein Anblick, der noch Licht kannte. Vesperum sah das kümmerliche Licht in Ald'ana, eine falsche Hoffnung, doch der Wert ihrer Person lag in ihrem Willen. Sie hatte Willenskraft und Mut; beides brauchte man für den Weg der Sith. Vesperum blickte fordernd in ihre Augen, während sie nicht zurückwich. SIe hielt Stand, was er honorierte mit einem kalten Lächeln, kaum sichtbar aber beständig. "Macht und Weisheit sind in der Sterblichkeit begrenzt, junge Schülerin," fiel wie ein in Stein geschlagener Satz aus seinem Mund, nachdem Ald'ana ihre Antwort gegeben hatte.
Eine Antwort, die Vesperum um seinen Aspekt ergänzen musste, immerhin sah er sich selbst als von dunkler Göttlichkeit geküsst an. Selbst Sorzus Syn schätzte die Gespräche mit ihm, wenn auch von einer bösen Übereinkunft zwischen beiden getragen. "Die Macht ist Ewigkeit und die dunkle Seite der Pfad zu diesen Fähigkeiten, die uns diese Ewigkeit erschließen," setzte er fort, ohne Bewegung seiner Arme und ohne jegliche Regung seiner Augen, die immer noch wie dämonischer Kristall in den Augenhöhlen lagen. "Du begreifst das Wesen im Herzen der Sith aber nicht der Lehre. Du musst dich in der dunklen Seite selbst verankern, um zu sehen, was in Wahrheit geschieht. Du sprichst von den Jedi, du sprichst von uns, und du sprichst von der Galaxis aber hast keines wirklich in seiner Reinheit gesehen. Die Jedi sind nicht unsere Feinde, weil sie Frieden suchen, sondern weil sie gegen das stehen, was wir sind," erklärte der Meister mit einer kalten Tonlage, die einem dunklen Gesang gleich durch die Ohren drang, dort wurzelte, wo das Herz einsam war. "Einst waren Sith und Jedi ein Orden, gespalten durch Ignoranz, Verrat und Mord. Frieden ist eine Lüge und bedarf keiner Betrachtung und doch sprechen wir darüber? Nicht wahr, Ald'ana? Wir sprechen über diese Idee, die intelligente Lebewesen grausam kämpfen lässt." Darth Vesperum wandte sich wieder zum Fenster, um hinaus zu blicken. Das galaktische Wunder vor sich hatte es ihm erneut angetan. Kurz schwieg er, bevor er weiter seine Stimme in klarer Lehre erhob, welche gespeist aus dem Frost seiner Person, wie Eisregen den Raum erkalten ließ. "Konflikt ist das Wesen des Lebens, ja. Doch auch das Streben gegen eben diesen Konflikt erschafft erneut einen Konflikt. Eine Paradoxon. Die Galaxis ist ein ständiger Prozess von Leben und Tod; von Beginn und Ende. Die Kräfte zerren an uns allen, bevor wir alle schließlich blass vergehen und verschwinden. Leben ist fragil, wie Glas, Schülerin. So zerbrechlich, dass am Ende ein winziger Hauch einer starken Stimme ausreicht, um es zu zerschmettern. Unweigerlich stehen auch wir Sith in diesem Konflikt und wollen uns befreien davon." Er strich mit einer streichelnden Bewegung über das kalte Glas, bevor sein Arm wieder hinabfiel. "Die Macht wird mich befreien, so lautet der letzte Satz des Kodex. Merke ihn dir gut, Ald'ana. Nicht weltliche Macht, nicht Waffen werden dich befreien, sondern allein du dich selbst. Die Galaxis ist ein kein Ort für uns, wenn unser Wille bricht. Denn der Wille ist das, was ich dich lehren möchte. Ein Wille zu gebieten, ein Geist ungebrochen von der Galaxis, frei in seinen Handlungen und stets gegen das Schicksal. Niemand wird dich in Ketten legen können, wenn dein Wille mächtiger als jeder Durastahl ist, Schülerin," schloss er ab und wandte sich ihr dann wieder mit geisterhafter Drehung zu. Wie ein Toter war kein Leben in seinem Gesicht.
"An der stillen Küste sprechen wir zur Macht und sie war nicht dort," sagte er noch, bevor er schwer atmend Luft durch seine Nüstern zog, einer Bestie gleich. "Willst du dich ein letztes Mal unterwerfen und noch einmal etwas dienen, bevor ich dich erlösen werde? Diene mir und du wirst Freiheit haben." Die entscheidende Frage, der Vertrag des Teufels, der aus der Hölle selbst entkommen war und das Fleisch dieses Mannes gemacht hatte, welches untot strahlte. Es waren diese Worte, die Ald'ana forderte und auch ihr Verständnis verlangten. Vesperum bot ihr eine Pein zur Erlösung an. Ein Tauschgeschäft gegen die Möglichkeit, die reine Möglichkeit auf Erlösung und Freiheit, nicht mehr. Es war nur eine Chance, keine Gewissheit, die aber alles von ihr verlangte. Der Dämon streckte seine Hand mit den krallenartigen Fingern zu ihr aus und zeigte dann mit dem Zeigefinger auf sie; genau auf sie, so als ob er sie einfordern wollte, für ein unheiliges Ritual.
Ald’ana hatte sich dem Blick in den Abgrund gestellt – und er hatte sie nicht verschlungen. Noch nicht. Sie glühenden Augen des Imperators ruhten auf ihr, doch er hatte sich ihre Worte bis zum Ende angehört. Ohne eine Regung zu zeigen, was er über diese Worte dachte. Es fühlte sich in der Tat an wie eine Feuerprobe. Wie lange konnte sie ihre Hand über die Flammen halten, ohne sich zu verbrennen?
Dann kam wieder Leben – oder zumindest etwas Vergleichbares – in die steinerne Miene von Vesperum. Mit jeder Bewegung seines Kiefers straffte sich die gespannte Haut und Ald’ana befürchtete, dass jede Sekunde ein weiterer Riss entstehen konnte. Er war so anders als der Imperator, dem sie vor ihm gedient hatte. Und doch hatten die beiden einige Parallelen. Ebenso wie Palpatine schien auch sein Äußeres unter der Position, die er innehatte, gelitten zu haben. Im Gegensatz zu Vesperum hatte sie Palpatine nie mit seiner früheren Gestalt zu Gesicht bekommen. Doch durch einige Holoaufnahmen wusste sie, dass er nicht immer so gezeichnet ausgesehen hatte. Vielleicht war dies die Bürde, die jener Posten mit sich brachte. Vielleicht war dies ein Opfer, das Vesperum hatte bringen müssen. Ein Anflug von Mitleid regte sich in ihr, während sie ihn weiterhin betrachtete und lauschte. Er hatte die Macht der Sith an sich gerissen, um das Erbe jenes Ordens zu retten – und dafür einen hohen Preis gezahlt.
Einen Preis, für den sie nicht bereit war, wie sie sich eingestehen musste. Die Frage war, wie weit sie dies auf ihrem Weg einschränken würde. Und es schien, als würde ihr Imperator auf diese Gedanken eingehen. Er offenbarte ihr, dass Jedi und Sith dereinst derselben Quelle entstammten. Eine Wahrheit, die sie schon immer in sich gespürt, aber nie bewusst formuliert hatte. Beide Seiten bedienten sich der gleichen Macht, auch wenn sie es in helle und dunkle Seite unterteilten. Doch es wäre nur natürlich, dass beide Orden die gleichen Wurzeln hatten. Oh, wie tief sie beide gefallen waren… Die Jedi in ihren Moralkodex, der Gräueltaten mit Gerechtigkeit zu rechtfertigen versuchte – und die Sith für lange Zeit in eine bedeutungslose Starre, aus der erst ein Imperator sie wieder wachgerüttelt hatte.
Seine ungeschönten Worte machten der dunklen Jedi bewusst, wie wenig sie tatsächlich erst über die Geschicke der Galaxis wusste – obwohl sie in der Vergangenheit bereits oft bewiesen hatte, dass ein intelligenter Verstand längst kein Geheimnis für sie war. Der Imperator wandte sich wieder von ihr ab und sie fühlte einen Teil der Anspannung von sich abfallen. Nicht all seine Worte konnten sie erreichen, doch Ald’ana wusste, dass eine wichtige Wahrheit darin lag. Vesperum sah die Dinge mit anderen Augen, die viel mehr gesehen und begriffen hatten als sie in ihrem kurzen Leben, das nicht von den Befehlen anderer geprägt war. Lange Zeit war ihr Blick immer nur auf eines gerichtet gewesen. Ihre Schwester. Ihr Überleben. Ihre Rache. Ald’ana hatte ihren eigenen Horizont beschränkt, nur um heute hier zu stehen und mit dem Imperator persönlich über die Weisheiten der Sith zu sprechen.
Ein starker Wille. Ald’ana zweifelte nicht daran, dass sie ihn besaß. Auch er hatte sie bis hierher gebracht. Doch um sich gänzlich zu befreien, würde man ihr eventuell eine neue Form geben. Sie neu schmieden müssen. Und davor? Bisher hatte man versucht, sie zu brechen. Sie zu unterwerfen. Zumindest letzteres war oft genug gelungen, da sie keine andere Wahl gehabt hatte, um zu überleben. Die Twi’lek war stolz – aber nicht stolz genug, um ihr Leben zu lassen, wenn sie sich ihrem Kerkermeister auch weiterhin widersetzen und ihn eines Tages mit seiner eigenen Kette erdrosseln konnte. Doch dieses Mal war es anders. Dieses Mal wurde ihr eine Wahl gelassen. Sie hatte sich schon einmal für ihn entschieden, doch auch damals hatte eine Notwendigkeit dahintergestanden. Ald’anas Herz pochte in ihrer Brust. Vor Erwartung, vor Ehrfurcht, vor… Angst? Doch die schwache Stimme der – vielleicht – Vernunft wurde erstickt, als sie ein weiteres Mal vor ihm auf die Knie sank und das Haupt neigte. Mit einer sanften Bewegung rief sie ihre Waffe in ihre Hand, ohne die Klinge zu aktivieren, und hielt ihm den metallisch schimmernden Griff, der mit schwarzem Leder umwickelt war, entgegen.
„Ich bin bereit und willens, Euch zu dienen, mein Lord“, begann die dunkle Jedi ihren Schwur mit vor Inbrunst klingender Stimme. „So wie ich es damals gelobt habe, gelobe ich es heute. Mein Leben und meine Fähigkeiten gehören Euch.“
Wenn niemand mehr sagen konnte, was für eine Regung sich im Gesicht des Tyrannen abspielte, war der Punkt der Verzweifelung perfekt, der sich selbst ein Waffenspiel der Niedertracht war. Er stand allein in seinem Krieg gegen die Mächte des Schicksals, gegen jene Seelen, die seine Bösartigkeit für unmöglich wahrhaftig hielten. Allein stand die dunkle Flamme gehüllt in schwarzes Leinen. Nicht einmal seine neue Dienerin konnte diese Einsamkeit zerschlagen, die ihn dem Frost gleich umschlang. Die kalten Schwingen der untröstlichen dunklen Kraft, die alles zerstörte, was einst ein Mensch gewesen war. Die Sinne verirrten sich im Angesicht dessen, was ein Abgrund war. Das Gefühl der Allmacht verschwand und nur eine taube Erinnerung verweilte, um daran zu erinnern, was einst gewesen war. Verspürte der mächtige Herrscher Reue? Ein Gefühl der beständigen Untreue gegen seine einstigen Ziele? Süchtig war er nach diesem Gefühl, nach dieser Idee gewesen, alles zu verändern. Alles zu brechen, was ihm Leid gegeben hatte. Wenn die Liebe versank, blieb nur Hass. Man nannte ihn Lord des Verlustes, ein Gott in seiner Welt, der hinabgefallen war, um in seiner sterblichen Hülle sein Herz zu suchen. Doch ein Sith besaß kein Herz mehr, sondern nur noch Willen. Ein toter Wille, der ungleich dem Leben, gegen alle Mächte kämpfte. Und so kämpfte auch Vesperum. Ald'ana war dem gleichen Wahn verfallen. Sie betrat das gebrochene Feld der Stärke, wollte sich selbst erhoben sehen. Der dunkle Lord sah sie an, fest und doch so leblos, wie eine rituelle Figur, die in großer Zahl die dunklen Stätten zierte. Es war nicht mehr zu erkennen, wer Bestie und Mensch war. Denn der Dämon wund sich unter den terror-behafteten Augen, die an der Lebenskraft der Twi'lek rissen. Ihre Aura brannte noch so voller Leben, weckte einen fernen Hunger, der nicht mehr als reine Vergangenheit war. Sie hatte noch Leben, was er nicht mehr hatte. Sie brannte noch für etwas, während er dem Abgrund folgte, sich hinabgestürzt hatte, um diesen Sturz für seinen letzten Akt der Grausamkeit zu nutzen; war sie ungebrochen in ihrem Zorn und ihrer Leidenschaft. Ihr Stolz wurde die geschmiedete Kette, die der dunkle Lord ohne Mühe um den Hals der Frau legte; ohne jegliche Berührung, ohne Handlung, war ihre Verdammnis beschlossen. Ald'ana trat in den Krieg ein. Nicht in seinen, sondern in ihren persönlichen Kampf, gegen ihre eigene Seele. Die Macht war allgegenwärtig, hatte ein Wesen, welches unendlich war und doch wollte sie Ald'ana einen Moment der Gnade schenken, denn Vesperum hob die Hand, gab ihr ein seltsames Gefühl von Zuversicht, gar Hoffnung, dass alle Bemühungen ihrer Vergangenheit sinnbehaftet waren. DIe Ehrfurcht war gewachsen. Sie sank auf die Knie, unterwarf sich dem Monster, welches die Galaxis heimsuchte, um sich den Hass zu ernten.
"Gut," wiederholte er eine bekannte Formulierung, lächelte okkult, während die Kriegerin ihre Waffe präsentierte. Süchtig nach diesem Gefühl von Allmacht, welches die Reue verdrängte, zeigte er seine verfärbten Zähne, von denen in kleinen Rinnen schwarzes Blut in den Mundraum tropfte. Der zerfallende Körper band einem Fluch ähnlich die finsteren Mächte, die Syn und sein Wille beschworen hatten. Mächte, die verboten waren und doch sich gegen jedes Leben richteten. Das Rauschen aus dem Echo seiner Taten dröhnte im Hintergrund seines Verstandes, wollte Stimme sein, doch es waren zu viele Stimmen, die durch seine Taten gefallen waren. Es war ein Gefühl der getriebenen Jagd. Er musste nach dem Punkt der Erlösung jagen, um nicht selbst zur Beute seiner Taten zu werden. Es gab nur ein Vorwärts im eiligen Schritt, da ansonsten die kümmerliche Gestalt, die er noch war, zerfallen würde, wie ein von Säure zerfressendes Etwas; zerfetzt von Mächten, die niemals einem Sterblichen angedacht waren. Die ausgestreckte Hand, zerfasert von den Fähigkeiten der dunklen Seite; vernarbt in rituellen Formen und mit eitrig-schwarzen Pusteln auf dem Handrücken, welche im satten Schwarz pulsierten, wollte das Lichtschwert nicht greifen, doch berührte es mit der Handfläche. Eine Energie entlud sich über die Waffe, spürbar, sichtbar in nebeligem Schimmer, welcher Ald'anas Hand, welche an der Waffe lag, entgegen floss. Sie war bereit. Das wusste er. Ihre Aura verriet es ihm, die Bilder ihrer Vergangenheit zeigten es ihm und seine Erinnerung täuschte sich nicht. Diese Twi'lek war bereit für die neue Welt. Eine Welt der dunklen Seite, wo sie selbst von ihren Schatten gejagt werden würde. Dieser Antrieb war größer als schlichte Hoffnung. Sünde schaffte Freiheit. Es war nicht der irre Wahnsinn, den er anbot, sondern ein falsches Versprechen. Eine widernatürliche Liebe zur dunklen Seite, welche sich in bösen Kräften manifestierte. Der Frost kroch über die Hand der Frau, wurde fester, riss an der Haut und das Blut schien zu gefrieren. "Eine Ewigkeit," stammelte der Lord, während sich sein gieriger Rachen wieder schloss. Der Nebel kroch weiter, begann über den Arm zu wandern, hinauf zum Hals, wo er sich über die wichtigen Adern legte. "Ein Leben und ein Tod für die Ewigkeit," erweiterte er seine Aussage, welche nicht mehr gesprochen war, sondern allein durch die dunklen Rankentriebe der Macht zu Ald'ana gelangte. Die Energie entfaltete sich, wurde im Licht immer klarer, bis ihr Schimmern in kräftiges Schwarz umschlung, welches einer Wolke gleich, nun den gesamten Oberkörper umschloss und durch die Nase eingeatmet wurde. Würde sie den Schmerz spüren? Die wahre Kälte? Würde sie all das sehen, was Vesperum versprach? Die dunklen Mächte wirkten im Bewusstsein ihres Meisters. Ja, die Vernunft war begraben worden, wie nun auch Ald'anas Vergangenheit. Sie wurde in diesem Ritual geboren als neue Dienerin eines dunklen Lords. Ihre Adern würden sich erweitern, sofern ihr Geist es zuließ, doch der Schmerz erbat es sich, um fließen zu können. Es war ein elektrisierendes Gefühl von Macht, welches die alten Gedanken verbrannte. Blutkörperchen würden sich an beiden Unterarmen sammeln, verfärben und jeweils zwei Sith-Symbole bilden, welche unverrückbar mit der Haut verwachsen waren und ständig im leichten Feuer pulsieren würden. Ein Symbol geschaffen aus der bösen Alchemie des Darth Vesperum, erlangt durch Sorzus Syns Wissen. Sobald das Ritual abgeschlossen war und er ihren Herzschlag wirklich spüren konnte, ihre Lebensessenz wirklich erkennen konnte, würde er die Energien abebben lassen, indem er die Hand zurückzog und langsam schloss. Der dunkle Nebel würden sich rauschend auflösen und Ald'ana mit neuen Symbolen ihrer neuen Stärke freigeben.
Es war das erste Mal, dass Ald’ana sich jemandem freiwillig beugte. Das erste Mal, dass jemand sich ihren Respekt und ihre Loyalität verdient hatte. Damals, als Vesperum vor den versammelten Adepten der Dunklen Seite gesprochen hatte, hatte er die Twi’lek inspiriert. Auch wenn die Alternative der Tod gewesen wäre, hatte sie sich ihm aus Überzeugung angeschlossen – weil er etwas versprach, dass Ald’ana ihr Leben lang verwehrt gewesen war. Heute erneuerte er dieses Versprechen und heute erneuerte sie ihren Schwur. Um das Opfer zu würdigen, dass er gebracht hatte. Um den Weg zu gehen, den er ihr eröffnet hatte. Um sich ein weiteres Mal in Ketten legen zu lassen und blind dafür zu sein, dass die dunkle Seite ihr niemals Frieden, niemals Freiheit bringen konnte.
Dafür war sie nicht geschaffen. Nur für ein Sehnen, ein Streben nach etwas, das unerreichbar war. Ein Pfad, auf dem man mit jedem Schritt ein Stück mehr von sich selbst verlor, um sich Trittsteine zu bauen, die am Ende doch nur ins Nichts führten. Nur das Licht konnte einen heil und ganz machen. Nur die helle Seite konnte Glück und Erfüllung schenken. Doch Glück war ein Gefühl, das in Ald’anas Leben schon lange keinen Platz mehr hatte. Zu viele Jahre war es her, seit sie es zuletzt empfunden hatte. Damals, als ihre Familie noch am Leben gewesen war. Damals auf Ryloth. Vor den Klonkriegen. Vor dem Imperium. Heute war die Erinnerung an diese Zeit so schemenhaft, dass sie kaum mehr real wirkte. Doch auch das war nicht mehr wichtig…
Ald’ana spürte, wie eine eisige Macht sich an ihren Armen manifestierte und langsam hinauf zu ihrem Hals wanderte. Ihre natürlichen Sinne schlugen Alarm, auch ohne ihre Machtfähigkeiten. Doch die dunkle Jedi zwang sich, ihre demütige Position nicht aufzugeben und ihren Blick weiterhin gesenkt zu halten. Wie ein unsichtbarer Schwarm legte sich die Kälte um ihren ganzen Körper, ertastete ihn, nahm ihn in Besitz und ließ ihren Atem schwer werden. Vesperums Hand ruhte kaum merklich auf dem Griff ihrer Waffe und fühlte sich doch wie eine Last an. Die Last der Jahrhunderte.
Dann kam der Schmerz. Er begann in ihrer Kehle, pulsierte durch ihren Torso durch ihre Arme und sammelte sich schließlich weißglühend an ihren Handgelenken, als würde man ihr dort eine heißgeschmiedete Kette anlegen. Körperlicher Schmerz war der Twi’lek ein alter Gefährte, doch ihre Selbstbeherrschung geriet ins Wanken, als er auch nach einigen Sekunden nicht abebbte, sondern eher noch weiter anschwoll. Ihre Muskeln verspannten sich, ihr Atem wurde verkrampft und stoßweise. Ald’ana riss entsetzt ihre bernsteinfarbenen Augen auf, die sich gegen ihren Willen mit Tränen füllten. Presste sie wieder zusammen und begann, in ihren Gedanken den Sith-Kodex zu rezitieren, um sich von der Pein abzulenken. Aber es gelang ihr nicht. Ihre würdevoll kniende Gestalt kauerte sich zusammen. Aus ihrer Kehle kam erst ein gepresstes Knurren, das sich auf dem Höhepunkt von Vesperums Zeichnung in einen ausgewachsenen Schmerzensschrei verwandelte.
Dann, so plötzlich wie es begonnen hatte, war es vorbei. Ald’ana sackte nach vorne und ihre gepeinigten Unterarme berührten den kalten Boden. Das Lichtschwert glitt aus ihren verkrampften Fingern und schlitterte noch ein kurzes Stück über die Bodenplatten. Nebel… Rauch... stieg von ihrer Haut auf und löste sich in einem Rauschen auf. Darunter kamen zwei Symbole zum Vorschein, die sich fast schwarz von ihrer rötlichen Haut absetzten. Ähnlich wie die Muster auf ihren Lekku - doch Ald’ana wusste, dass sie nicht natürlich waren. Ohne Scham ließ sie die Tränen fließen, die sich ihren Weg bahnten. Versuchte, ihren rasselnden Atem wieder unter Kontrolle zu bringen und sah, womit Vesperum sie gebrandmarkt hatte. Das Emblem der Sith prangte auf ihren Handgelenken, umgeben von fremdartigen Klauen, die sich Teile ihrer Unterarme entlangzogen. Zögerlich bewegte die dunkle Jedi einzelne Finger, doch es flammte kein erneuter Schmerz auf. Ihre Machtsinne verrieten ihr, dass die Zeichen auf ihren Armen von der dunklen Seite durchdrungen waren – aber auch nicht mehr.
„Ich danke Euch, mein Lord“, sagte sie mit heiserer Stimme. Doch in diesem Fall waren es nur leere, rituelle Worte. Hätte ein anderer als ihr Imperator ihr solches Leiden zugefügt, hätte sie ihm mit einem Machtgriff im nächsten Moment den Schädel zertrümmert.
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