#8
„Nein das-“, begann Gavin seinen Satz ohne in ihre Richtung zu schauen, denn manche Worte kamen einem dann doch einer über die Lippen, wenn man seinen Gesprächspartner nicht direkt ansah. Allerdings kam er nicht dazu seinen Satz zu beenden, denn Rias Faust sorgte dafür, dass ihm der Rest schlichtweg im Mund stecken blieb. Der Schlag hatte sogar dafür gesorgt, dass aus dem Gleichgewicht geriet und seine verschränkten Arme lösen musste, um sich mit der Hand an der Wand abzustützen, um nicht Opfer seiner übereinandergestellten Beine zu werden. Der Umstand war nicht gerade dem Schlag zu verdanken der, wenn auch nicht gerade angenehm, dennoch nicht die Wucht hatte, um ihn normalerweise aus dem Gleichgewicht zu bringen, aber in Kombination mit dem Überraschungseffekt, denn Ria gerade eindeutig auf ihrer Seite gehabt hatte, war er nicht folgenlos geblieben.

„In Ordnung“, murmelte er und rieb sich mit der flachen Hand über die Stelle, wo ihn ihre Faust getroffen hatte. „Das hab ich mir wohl zurecht verdient.“ Er nahm es ihr in keinster Weise übel, dass sie ihm gerade ihren Unmut auf diese Art und Weise gezeigt hatte. Immerhin wusste er genau, wie sie drauf war und dass sie nicht die Sorte Frau war, die zimperlich war und zugegeben, genau diese Art war es ja auch gewesen, die ihm imponiert hatte. Es mochte ja Männer geben, die sich in ihrem Stolz zutiefst verletzt fühlten, wenn sie von einer Frau eine gedonnert bekamen, aber zu dieser Sorte gehörte Gavin nicht. Jedenfalls nicht, wenn es verdient war und hier war es wohl mehr als nur verdient.

„Korrekt. Ich stecke in der Scheiße und das so richtig, aber mir kannst du nicht helfen“, sprach Gavin und sein Gesichtsausdruck hatte etwas ernstes bekommen. „Ich habe dich kontaktiert, weil ich das Bedürfnis hatte mich noch einmal zu melden, anstatt wortlos zu verschwinden und das für sehr, sehr lange Zeit.“ Er vermied an dieser Stelle die Bezeichnung 'für immer', denn diese Verwendung würde die Sache nicht einfacher, nicht besser und erst recht nicht angenehmer werden lassen. Also wozu zu Ausdrücken greifen, die der Sache absolut nicht dienlich waren. „Und ja, ich habe gefragt, ob du helfen kannst. Aber ich habe nicht für mich gefragt, sondern für Tasha und Jace, denn die werden die Legacy noch eine ganze Weile brauchen“, sprach er weiter und drehte Ria nun den Oberkörper zu. „Und du irrst dich, wenn du denkst, dass ich Wert drauf lege, dass sich unsere Wege trennen, denn – Brennende Sterne!“ Gavin atmete schwer aus und es klang fast schon ein wenig verzweifelt. Er hob beide Hände in die Luft, wie als wollte er etwas sagen, ließ sie dann resigniert wieder sinken, nur um sich dann mit beiden Händen über den Kopf zu streichen. Er war nicht Schmuggler geworden, weil er ein dringendes Bedürfnis hatte die Wahrheit zu sagen. Vielleicht war es ein Fehler gewesen hier her zu kommen. Vielleicht hätte er einfach an Bord der Legacy bleiben und die Sache so schweigsam wie auch sonst immer aussitzen sollen. Ja, vielleicht wäre es besser gewesen einfach Jace das Reden zu überlassen, besonders wenn es sich bei seinem Gesprächspartner um Ria handelte. Aber jetzt war es für eine Umentscheidung wohl zu spät. Er hatte damit angefangen, also musste er es auch – so irgendwie jedenfalls – zu Ende bringen.

„Du wirst nicht erst nach dieser Sache gehen, sondern du wirst jetzt gehen“, kamen dann die Worte aus seinem Mund, die ihm nicht leicht fielen, die er aber sagen musste. Um die er nicht herum kam, wenn er nicht noch jemanden in diese Sache hinziehen wollte. „Mit jeder Minute, die du länger hier bleibst, verringert sich deine Chance auf eine Zukunft um Nullkommanullnullzweieinsachtsieben Prozent. Niemand weiß, dass du uns die Teile geliefert hast. Niemand weiß, dass du hier bist oder dass wir hier sind, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis es jemanden auffällt und bis dahin müssen wir längst verschwunden sein.“ Gavin legte Ria die Hand auf die Schulter und sah ihr in die Augen. „Ich will einfach die Gewissheit haben, dass du dann in Sicherheit bist. Ist das denn wirklich zu viel verlangt?“, fragte er mit ruhiger Stimme, ohne den Blick von ihr zu nehmen. Es war ihm klar, dass es für sie schwer sein würde zu verstehen, warum alles so passieren musste, warum er so handelte oder warum er das so haben wollte, wenn sie keinerlei Ahnung hatte, wie die Umstände waren, in denen er steckte. Die Umstände, die ihm schneller das Genick brechen konnten, als ihm lieb war.
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