#7
Ria sah ihn nicht an. Einen ganzen langen Moment nicht, denn sie wusste, wenn sie ihn jetzt ansehen würde, würde sie ihn tatsächlich umbringen. Oder ihm zumindest sehr... sehr weh tun. Stattdessen sah sie - wie Gavin nur kurz zuvor - aus dem Fenster, da die Wände der Landebucht plötzlich furchtbar interessant schienen. Wie lange man wohl benötigte so einen Raumhafen zu bauen? Und wie viele Arbeiter dafür wohl benötigt wurden? Oder wurde alles lediglich mit Droiden erledigt? Vielleicht sollte sie sich irgendwann einmal um die Beantwortung dieser Frage kümmern. Faszinierend welche Gedanken einem durch den Kopf schossen, wenn man krampfhaft versuchte diese in eine andere Richtung zu lenken, doch letztendlich war es doch wieder Gavin, zu dem ihre Aufmerksamkeit glitt und wenn auch nur deswegen, weil er sich bewegt hatte. Nein, nicht bewegt, er hatte geatmet. Lediglich eine Winzigkeit lauter ausgeatmet, doch allein das war schon ausreichend.
Ria lachte. Sie lachte, weil sie nicht wusste, wie sie sonst auf die Worte reagieren sollte, die er ihr gerade offenbart hatte. Es war ein freudloses, beinahe zynisches Lachen, das lediglich davon zeugte, wie zerrissen sie in ihrem Inneren war. "Das kannst du gar nicht ernst meinen. Selbst jemand wie DU kann das nicht ernst meinen." War schließlich die erste verbale Antwort, die sie zustande brachte, während sie ihn mit ihrem Blick fixierte. Wenn sie etwas konnte, dann war es mit ihren Blicken zu töten - im übertragenden Sinne.

"Erst verschwindest du ohne ein Wort - mal wieder - und deswegen sollte es mich ja gar nicht mehr überraschen, wenn du plötzlich verschwunden bist. Dann kontaktierst du mich eine Ewigkeit später und bittest um Hilfe, weil du verdammt nochmal bis zum Hals in der Scheiße steckst und ich bin also lediglich so blöd gewesen, um nicht nur darauf zu antworten, sondern auch noch zu helfen? Ist es das, was du mir gerade sagen willst?" Beinahe herausfordernd funkelte sie ihm entgegen und presste dabei so fest die Kiefer aufeinander, dass sie tatsächlich für einen Moment zu schmerzen begannen. Und ehe sie es sich selbst versah, stand sie auch schon vor ihm und schlug ihm ins Gesicht. Nicht mit der flachen Hand, wie man es vielleicht von einer zierlichen Person erwarten würde, sondern mit der geballten Faust, wie man es nunmal lernt, wenn man als jüngste und einzige Tochter mit drei älteren Brüdern aufwuchs. "So - und zwar genau SO - fühlt es sich gerade an, was du gesagt hast und du stehst hier und denkst wohl noch, dass du dir und mir damit einen Gefallen tust? Du bist ein widerlicher, egoistischer Banthatreiber, Gavin Benett." Ihre Knöchel schmerzten, aber sie würde ihm ganz sicher nicht den Gefallen tun, sich das anmerken zu lassen. Sie hoffte nur, dass ihm der Schlag mindestens genauso Schmerzen bereitet hatte.
"Und wie glaubst du wohl, hätte ich mich gefühlt, wenn ich nicht geantwortet hätte und die nächste Neuigkeit, die ich deine Person betreffend erfahre, ist dass du dem Imperium in die Hände gefallen bist, weil dein bescheuertes Schiff manövrierunfähig im Raum herumtreibt? Glaubst du, DANN wäre es mir besser gegangen, ja? Es tut mir sehr leid, deine von Balo-Pilzen erzeugte Halluzinationen zerstören zu müssen, aber so einfach ist es nicht - schon lange nicht mehr und allein die Tatsache, dass du tatsächlich geglaubt hast, ich würde auf einen verdammten Hilferuf von dir nicht reagieren, beweist was für ein egoistischer Vollidiot zu eigentlich bist. Hast du auch nur den Bruchteil einer Sekunde darüber nachgedacht, dass ich vielleicht auch so etwas wie Gef..." Sie war so wütend, dass sie tatsächlich laut geworden war, bevor sie sich auf die Zunge biss und sich abwendete. "dass es für mich auch nicht besonders leicht ist?"

Sie wollte ihn zum Teufel schicken. Dieses Mal vielleicht einmal endgültig, doch das konnte sie genauso wenig, wie sie den Hilferuf hatte ignorieren können. "Ich werde dir jetzt das sagen, was ich nicht jedem sagen würde und genau aus diesem Grund will ich, dass du mir ganz genau zuhörst, denn ich werde mich nicht wiederholen." Ria drehte sich wieder zu ihm herum und sah ihn an. "Ich habe nie - und werde auch nie - einen Freund hängen lassen, egal wie schwer es fällt und den Status der 'lockeren Bekanntschaft' hast du vor langer Zeit bereits überschritten. Du steckst in der Scheiße, okay. Und ich bin hier, um dir zu helfen. Wenn du so viel Wert legst, dass sich unsere Wege trennen, fein. Aber dann erst nach dieser Sache, denn so leid es mir tut, aber jetzt hänge ich nunmal mit drin, ob du es willst oder nicht. Und wenn ich es nicht für dich tun würde, dann für Jace. Fühlst du dich mit dieser Aussage besser, ja? Fein." In ihrem Hals hatte sich ein mächtiger Kloß gebildet, auch wenn sie dessen Ursprung nicht wirklich benennen konnte - oder wollte. Er machte sich diese ganze Sache eindeutig zu leicht, wenn er glaubte auf diese Art und Weise aus der Situation herauszukommen und damit nicht nur seine Probleme mit seinem Gewissen, sondern auch die Situation mit ihr gelöst zu haben. Und wieder einmal musste Ria sich eingestehen, dass Areyn - mal wieder - Recht gehabt hatte... und sie hasste ihn dafür.
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