#6
Gavin stand da und beobachtete die junge Frau vor sich. Er kannte sie schon eine ganze Weile und das auf eine Art, wie sie sonst wohl kaum einer kannte. Es war keine Lüge zu behaupten, dass sie eine ganz besondere Rolle in seinem Leben spielte und ihm aber genau dieser Umstand auch Probleme bereitete. Es war nicht so, dass sie der Grund für seine Probleme war, nicht direkt jedenfalls, sondern der Grund war eher bei ihm selbst zu suchen. „Wenn du willst“, meinte er mit einem müden Lächeln. „Kann ich noch einmal raus gehen, kurz warten und dann wieder reinkommen.“ Er hatte mit dem Daumen über seine Schulter in Richtung Ausgang gedeutet und auch kurz den Kopf in diese Richtung gedreht, ehe er ihn wieder zu ihr drehte. „Lieber von jemanden, der mir nahe steht, erschossen zu werden, als von irgendeinem Kopfgeldjäger, den das Imperium auf mich angesetzt hat“, sprach er dann weiter und auch wenn seine Worte durchaus etwas zynisches an sich hatten, so war es doch leider die bittere Wahrheit. Eine Wahrheit von der er wusste, dass sie unter Umständen in gar nicht allzu ferner Zukunft bittere Realität werden könnte. Nicht, dass er vorhatte es ihnen so leicht zu machen, aber auch er konnte seine Augen und Ohren nicht die ganze Zeit überall haben. Auch in seinem Leben gab es die berühmten dunklen Flecken über die ein Angriff möglich war. Bis zu dem Vorfall auf Corellia hatte er sich zugegeben nie groß Gedanken über sein Ende gemacht. Wozu auch? Wenn es kam, dann kam es halt. Doch jetzt – Jetzt sah er so manche Dinge in einem ganz anderen Licht. Ob es zu seinem Vorteil sein würde oder zu seinem Nachteil würde die Zeit ganz gewiss noch herausstellen.

„Ja, nach meiner letzten Aktion hätte ich erwartet, dass du nicht reagierst“, antwortete Gavin auf ihre Frage hin mit ruhiger Stimme, denn genau das war es ja, was er von ihr erwartet hatte und wenn er ehrlich war, wäre es ihm auch lieber gewesen, sie hätte so reagiert. In der Tat hatte er fest damit gerechnet, dass sie nicht helfen würde und wenn sie es nicht getan hätte, hätte er jetzt mit Sicherheit ein wesentlich besseres Gewissen. So aber hatte er sie in eine Situation hineingezogen, aus der er noch nicht einmal wusste, wie er selbst wieder herauskommen sollte. Ihr Glück war nur, dass sie noch nicht so tief drin steckte, wie er selbst und daher war es wohl das Beste, sie auch gar nicht weiter hinein zu ziehen, sondern so schnell wie möglich dafür zu sorgen, dass sie aus der Angelegenheit wieder herauskam. „Und – Um ehrlich zu sein habe ich mich genau deswegen bei dir gemeldet. Nicht weil ich wusste, dass du es tun würdest, sondern weil ich damit gerechnet habe, dass du es nicht tust“, fing Gavin an zu erklären und fuhr sich müde mit der rechten Hand über das Gesicht. „Ich – Die Scheiße in der ich stecke … Also ich wollte einfach nur, dass du weißt, dass es mir leid tut und das war der Grund, warum ich mich gemeldet habe. Alles andere – Nun es war... Es war... Es war Tarnung gewesen. Nicht mehr.“ Ja, die Frage nach Hilfe war in der Tat nur ein vorgeschobener Grund gewesen, denn er hatte etwas gebraucht, um sich bei ihr zu melden, auch wenn es natürlich genug anderer Gründe gegeben hätte, um sich bei ihr zu melden. Ein ganzen Berg davon, wenn er ehrlich war. Aber die zu nutzen, hingen alle mit dem Problem zusammen, welches er mit seiner Verbindung zu Ria hatte. Ein komplexes Netzwerk, das er einfach selbst nicht verstand.

Langsam verschränkte Gavin seine Arme vor der Brust und ließ seinen Blick aus dem Fenster schweifen und die Wände der Landebucht betrachten, ehe er für einen kurzen Moment Rias Gestalt streifte und dann die Muster auf dem Boden verfolgte. „Sagen wir mal so – Ich bin noch am Leben“, lachte Gavin tonlos auf und richtete seinen Blick wieder auf Ria. Beobachtete, wie sie sich ihre Haare zusammenband. Bewegungen, die ihm doch so vertraut an ihr waren. Bewegungen, die ihn gerade an so manchen Morgen in seiner Vergangenheit erinnerte. „Weißt du, dass letzte Mal bin ich ohne ein Wort verschwunden“, seufzte er und drehte sich so, dass er sich nun mit dem Rücken gegen die Wand lehnen konnte. „Den Fehler wollte ich nicht noch einmal begehen, sondern mich dieses Mal wenigstens ordentlich verabschieden.“ Auch wenn er noch immer keine Ahnung hatte, wie er das anstellen sollte.
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