#4
Mytria wollte Saanza trösten, wirklich aufrichtig trösten und echtes Mitgefühl zeigen, doch fiel es sichtbar schwer, die richtigen Worte oder Gesten zu finden. Noch immer wirkte sie mechanisch und unangepasst an solche Lebenslagen. Sie hatte stets nach Glück und Anerkennung gestrebt aber vergessen, wie man wirklich mitfühlend agierte. In ihrer Welt war bisher nur viel Platz für ihre eigenen Wünsche geblieben. Stets daran orientiert, was sie sich erwartete und erdachte, war ihr Maßstab gewesen und nun funktionierte der ich-getriebene Maßstab nicht mehr. Früher war das Leben für sie ein stetes Minenfeld; eine schwierige Aufgabe, um möglichst angepasst und unauffällig zu sein, damit man sie nicht mehr verstieß. Hübsch zu sein, über materialle Werte gemocht zu werden und als akzeptiert zu gelten, war ihr wichtig und doch war dies hier nicht mehr wichtig. Mytria wollte so sehr anders, besser sein als das, was sie bisher war und doch war sie nicht in der Lage ganz zu zeigen, was sie zeigen wollte. Insofern wandelten sich ihre Augen in glänzende Fürsorge, welche offenbarte, das auch dieses Mädchen über ein Herz verfügte. Auch wenn sie keine Worte fand, um Saanza zu trösten. Doch die erhoffte Fürsorge zerfiel im Angesicht der vergangenen Erfahrungen an diesem Ort. Diese junge Jedianwärterin kannte die Dunkelheit und ihr stolzer Verstand, wollte seinen Neid und die Missgunst nicht aufgeben. Andere schienen so viel bessere Leben zu haben. Andere schienen so viel glücklicher, als sie selbst. Mytria holte tief Luft, ließ den Kopf hängen und spürte wieder diese Angst, die rauschend und laut in versteckten Wegen ohne Wiederkehr ging.

"Ich bin wirklich froh, dass du wieder da bist," wiederholte sie mit gesenktem Haupt, mit sich ringend, diese dunkle Sorge nicht zu zulassen. Herz und Verstand rangen um die Herrschaft über jene Macht, die Mytria gebot. Die Macht war mit ihr und doch tranken dunkle Schatten jenes Licht aus, welches behutsam wachsen wollte. Diese Schatten lagen fern von hier, in einer Ewigkeit, die schon viele verdorben hatte. Es war eine Möglichkeit, eine Wahl, die oft so einfach war. Ihr sanftes Herz wurde weich gegenüber jenen Schatten. Sie ließ diese Gedanken zu, die nicht viel verlangten, außer sorgenvolle Hingabe. Mytria kannte Saanzas Leidensgeschichte nicht vollständig, wie auch? Nicht jedes Geheimnis des Praxeums lag offen ausgebreitet in den Texten oder Büchern. Diese junge Jedi musste noch viel lernen aber war verschlossen, so dass sie Saanzas Aura nicht deuten konnte. Ihre Wahrnehmung war getrübt, so dass nur diese Kälte blieb. "Ich spüre dieses ...", formulierte Mytria gebrochen, so dass sie um die Worte rang. Sie wollte sich Saanza anvertrauen, da sie glaubte, dass die Jedi-Ritterin ihr helfen konnte. Jemand musste ihr doch helfen können. Irgendetwas stimmte nicht mehr. Die Worte, die Saanza gesprochen hatte, verhallten nicht ungehört aber unverstanden. Mytria tat sich schwer, wirklich unfassbar schwer mit einem Verständnis der Macht als heilige Entität, die weitaus mehr als Leben und Sterben. Für sie zählte leider immer noch ihre eigene Wahrnehmung und die war geprägt durch ihre Jugend als gepeinigte Cheerleaderin. "... Eis," war das Wort, welches sie betont aussprach und in ihrer Weltsicht genau jenes Gefühl beschrieb, welches sie hatte. Eis war hier, umschloss sie, wie ein Käfig und ließ sie frösteln. "Ich weiß nicht, was ich dagegen tun kann," jappste sie und blickte wieder auf und direkt zu Saanza. Sie wollte es nicht; dieses Eis spüren. Und doch war es für sie da. Es umgab sie und folgte ihr. Es beschützte und nahm. Mytria nahm die Warnung von Saanza ernst. Sie wollte anderen nicht schaden. Nicht mehr.
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