#1

Orbit von Korriban



Schlachtkreuzer der Allegiance-Klasse Abaddon

Schiffsdienst war lästig. Insbesondere in Situationen wie diesen. Man wartete. Und wartete. Und wartete. Darauf, dass etwas passierte, sich etwas regte. Anstelle selbst agieren und die Umstände diktieren zu können, war man zur Passivität verdammt. Es war ekelhaft. Agent Traggis saß auf einem Stuhl an einem der seitlichen Fenster, zurückgelehnt, ein Bein auf dem Fensterrahmen abgestützt und betrachtete die braungraue Kugel, die sich über seinem Kopf drehte. Ekelhaft, aber in der Theorie sehr einfach. Er brauchte nur mit dem Finger schnippen und die Welt unter ihm würde brennen. Niemand würde es hinterfragen. Niemand würde dafür Rechenschaft ablegen müssen. Zumindest solange nicht, wie es das Imperium gab. Aber für eine Zeit danach konnte man nicht planen. Und selbst wenn es so kam, würde ein Großteil derer, die man später als Verbrecher ansehen würde, davonkommen, sich auf Befehl und Gehorsam berufen und seine eigenen Missetaten somit verblassen lassen. Während andere untertauchen würden und mit dem, was sie vorher noch einsammeln konnten, ein abgeschiedenes, aber einfaches Leben führen würden. Traggis vermutete, aktuell an der Schwelle von der ersten zur zweiten Gruppe zu stehen – noch nicht entscheidend wichtig genug, um als Haupttäter einsortiert zu werden, aber doch eigentlich mit genug Freiheiten versehen, um nicht als bloßes Objekt im Sinne eines Befehlsempfängers zu gelten. Traggis spreizte die Finger beider Hände und lehnte die Fingerspitzen einer Hand auf ihre jeweiligen Gegenstücke der anderen, während er seine Reflexion im Spiegel betrachtete, sowie eine weitere, die näherkam.

Ziffer 9 trat mit gepresster Miene an ihn heran. Traggis ließ ihn einen Moment warten, während er so tat, als würde er den Planeten weiter beobachten.
„Ist sie dran?“, fragte er dann.
„Ja, Sir.“
„Wurde Zeit.“

Traggis nickte langsam. Bereits einen Moment später war der Agent bereits aufgestanden und ließ die Brücke mit großen Schritten hinter sich, ehe er in das Quartier trat, das vormals von der Inquisitorin bewohnt worden war – nur dass es zwischenzeitlich klinisch gesäubert wurde und sämtliche Überbleibsel der Frau entfernt wurden. Fast. Sein Finger rotierte kurz über den Holo-Empfänger, dann sah er noch einmal zur Seite auf ein helles Regal, auf dem nur drei zylinderförmige Objekte standen. Seine Mundwinkel hoben sich leicht. Er hatte sie alle kurz getestet – neben der ihm bereits bekannten roten Klinge war auch noch eine blaue im Besitz der Inquisitorin gewesen. Das letzte Objekt war im Zimmer der dubiosen Begleiterin von Nigidus gewesen, seinerseits eine gelbe Klinge. Nun, das war insgesamt eine ordentliche Beute. Zweifelsohne etwas, für das Sammler einen hohen Preis entrichteten, sofern er sich in einer ungewissen Zukunft wirklich dazu bemüßigt sehen musste, sich von den Schwertern zu trennen. Nur wenn es unbedingt sein musste. Eins nach dem anderen. Und das Rote zuletzt. Traggis konnte nicht genau sagen, warum ausgerechnet dieses ihn am meisten faszinierte, doch manchmal schien von ihm eine ungeheure Energie auszugehen, beinahe als wollte es sich in Form einer Stimme manifestieren und einen Lockruf für ihn singen. Dann wiederum war es bloß diese feine Verarbeitung und diese Ausstrahlung wie auch das Wissen, dass es schlicht dem Wahnsinn seiner Schöpferin entsprungen sein musste. Vielleicht aber auch mehr. So als ginge aus den Teilen eine Weisheit aus, die weit tiefer steckte, ihm offenbart werden sollte.

Traggis zuckte kurz, als der Holo-Empfänger vor ihm piepte. Er rollte kurz mit den Augen, dann betätigte er den Knopf, über den noch immer sein Finger kreiste. Nach kurzen Interferenzen, bis sich das bläulich gefärbte Abbild aufgebaut hatte, erschien erwartungsgemäß Ysanne Isard.
„Direktorin“, grüßte er die Frau mit einem leicht schrägen Nicken des Kopfes. Ihrerseits erfolgte keine sichtbare Reaktion.
„Lage.“
„Alles planmäßig. Wir haben noch keine Meldung vom Planeten erhalten.“

Ein kurzes Zögern ihrerseits. Nur kurz, sehr kurz, nur merklich für solche, die kleinste Körperregungen, -sprache und -haltung zu lesen vermochten. Sie war gut darin, das meiste davon zu verschleiern, doch der menschliche Körper war nur zu so viel in der Lage. Einem Brecher entging nichts.
„Bedauerlich. Ich gehe davon aus, dass ComScan sie noch erfasst hat?“, fragte sie.
„Natürlich. Auf einen Radius von wenigen hundert Metern. Es sollte maximal eine halbe Stunde dauern, bis ich sie auf dem Planeten habe.“
„Gut. Ich denke, es ist an der Zeit, dass sich des Problems entledigt wird.“

Die Augenbrauen des Agenten regten sich kurz. Im Gegensatz zu Isard gab er sich allerdings keine Mühe zu versuchen, seine Irritiertheit zu verbergen. Natürlich hatte er mit neuen Befehlen gerechnet – nicht jedoch unbedingt mit einer endgültigen Lösung dieses Auftrags. Er wartete einige Sekunden, bevor er antwortete.
„Hatten sie nicht eine Aufgabe, die sie vorher noch verrichten sollten?“
„Sie hatten lange genug Zeit. Wenn sie bis jetzt nichts herausgefunden haben, haben sie es gar nicht vor oder finden es nie heraus.“

Traggis Lippen verformten sich zu einem leichten Schmunzeln. Irgendetwas war vermutlich geschehen seit der Rückkehr von Isard. Der Agent wusste, dass sie zum Imperator aufgebrochen war und die delikate Lage vermutlich mit schönen Worten zu ihren persönlichen Gunsten verdreht hatte, aber womöglich war nicht alles so perfekt und wasserdicht gelaufen und nun sah sie sich dazu genötigt zu handeln.
„Wir haben hier alles im Griff, das versichere ich Ihnen.“
„Ohne Zweifel.“
„Werden Sie etwa ungeduldig, Direktorin?“

Die Details des Gesichtes der roten Frau blieben aufgrund des Hologramms verborgen, doch da das gespielte entgegnete Lächeln der Frau ein paar Sekunden versetzt kam, wusste Traggis, dass er Recht hatte.
„Sollte es so sein, würde ich mich an Ihrer Stelle nicht enttäuschen, Agent.“
Das Bild verschwand. Enttäuschen? Dazu neigte er nicht. Natürlich erwartete sie Erfolge. Und er würde sie ihr bringen – auf die eine oder andere Art und Weise. Er wusste, wie er mit Tieren umzugehen hatte.
„Ziffer 9, machen Sie mein Schiff fertig“, sprach er in den Empfänger seines Earsets. „Und geben Sie TX-17 und seinen Leuten Nachricht. Wir gehen.“
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