#30
Der Anblick war eigentlich gar nicht so übel – Gavin war größtenteils in einer Luke im Boden verschwunden, sodass Tal’ana geradezu auf ihn herabsehen musste. Die Schmugglerin stellte sich für ein paar Momente vor, wie schön es wäre, die Luke einfach zu schließen, sich draufzustellen und den Menschen für eine Weile schmoren zu lassen. Nicht wirklich zielführend, aber unheimlich befriedigend. Statt einer Begrüßung oder gar ordentlichen Antwort schnellte aber nur ein Arm nach oben und verlangte nach einem Hydroschraubenschlüssel. Die Lekku der Twi’lek kräuselten sich und schwangen leicht hin und her, während sie mit ihren braunen Augen nach der Werkzeugkiste suchte. Ein beherzter Tritt und er hätte gleich alles, was er brauchte, ganz in seiner Nähe. Glaubt er wirklich, er kann das jetzt einfach so überspielen? Doch sie hatte das Gefühl, dass nicht wirklich etwas kommen würde, bevor Gavin nicht sein Spielzeug hatte. Also ging Tal mit etwas Mühe kurz in die Hocke, fischte nach dem richtigen Werkzeug und legte es dem Schmuggler in die Hand. Freut mich? Willst du mich ver—
Lautes Kreischen und Quietschen brachte sogar ihre Gedanken zum Schweigen. Die Twi’lek machte einen Schritt zurück und war zu ihrer eigenen Verwunderung erleichtert, als sie das Fluchen des Menschen hörte. Wenn er nicht schreit, wird’s schon nicht so schlimm sein. Einen Moment lang war Tal unsicher, ob sie Gavin wirklich das richtige Werkzeug gegeben hatte – dann flog der Hydroschraubenschlüssel an ihr vorbei gegen eine Wand und der verdreckte und verschwitzte Captain kam in der Luke zum Vorschein. Tals Miene war wie eingefroren, auch wenn sich ihre Augen verengten und die Spitzen ihrer Lekku nach wie vor zuckten. Sie trug also seine Kleidung. Großartig. Gab Schlimmeres. Sein Grinsen zum Beispiel. Und dann auch noch kurz darauf sein Zwinkern.

Was tickt bei dir eigentlich nicht richtig?! Eben noch hatte er sie als nutzlos, dumm und egoistisch bezeichnet und nun machte er einen auf freundliches Geplänkel? Sollte das seine Entschuldigung sein oder ging er nach einem solchen Ausbruch immer zur Tagesordnung über – in der Hoffnung, dass ihn niemand darauf ansprach? Bei dir sind doch wirklich ein paar Schaltkreise durchgebrannt, Benett. Zumindest konnte ihr nun niemand mehr vorwerfen, keine Hilfe angeboten zu haben. Die Twi’lek verschränkte wieder die Arme vor der Brust und quittierte den Plauderton des Captains, der wieder in die Untiefen seines Schiffes zurückkehrte, mit eisigem Schweigen und einem frostigen Blick die Luke hinab. Sie hatte damit gerechnet, dass er ihr Angebot ablehnte. Immerhin hatte er dieses Mal nicht mit Beleidigungen um sich geworfen, auch wenn sein lockerer Tonfall beinahe noch schlimmer war.
Wieder ging irgendetwas schief und nun stiegen Rauch und Funken aus der Luke empor. Tal’ana erlaubte sich ein grimmiges Lächeln. Vielleicht waren ihre eigenen Machtfähigkeiten doch noch erwacht, so wie bei ihrer Schwester, und es hatte nur einen stoopa wie Gavin benötigt, um sie endlich zu wecken! Aber ihre Hoffnung auf ein Leben als mächtige Jedi wurde zunichte gemacht, da sich der Effekt nicht wiederholen ließ und der Captain noch immer recht unverletzt schien. Aller guten Dinge sind drei. Beim nächsten Mal schaffst du es garantiert, dass etwas in die Luft fliegt. Zu diesem Zeitpunkt war Tal am besten schon auf dem Rückweg zum Nichtstun.

Als Gavin ein weiteres Mal ansetzte, hob die Twi’lek erwartungsvoll ihre Augenbrauen und musterte den Schmuggler ganz genau. Im Gegensatz zu seinem selbstsicheren – und selbstüberschätzenden – Gehabe von vorhin wirkte er nun beinahe betreten. „Sieh an, du kannst dich also doch wie ein zivilisiertes Wesen verhalten. ‚Übers Ziel hinausgeschossen‘ ist leicht untertrieben. Ich weiß, dass…“ Nein, sie würde Tasha jetzt nicht in die Pfanne hauen. „…wir gerade keine Vergnügungsreise hinter uns haben und alle unter Strom stehen. Aber spar dir deine Ladung künftig für das Imperium auf.“ Ihre Lekku hingen nun wieder schlaff herab und Tal sah in Richtung des Hydroschraubenschlüssels, der in einiger Entfernung auf dem Boden lag. Sie humpelte zu dem Werkzeug, hob es auf und kehrte wieder zurück. „Da mein Frachter noch auf Corellia steht, müssen wir wohl deinen wieder flott machen und wenn ich schon nicht meine eigene Baustelle kriege, kann ich wenigstens deine sterblichen Überreste aus diesem Loch ziehen, falls du doch noch die Hauptleitung triffst.“ Tal setzte sich auf den Boden – das verletzte Bein ausgestreckt, das andere angewinkelt – zog die Werkzeugkiste näher an sich ran und reichte Gavin als Friedensgeste den Schraubenschlüssel.
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