#12
„Familie“, wiederholte Gavin Tal'anas Worte und nickte leicht mit dem Kopf. Er wusste genau was es bedeutete Familie zu verlieren und er erinnerte sich noch sehr gut an den Tag, an welchem ihn die Botschaft erreicht hatte, dass sein Vater auf Kessel gestorben war. Er hatte die Nachricht ruhig aufgenommen und hatte damit die anderen in Erstaunen versetzt, doch die Ruhe hatte nicht lange angehalten. Aber er war danach nicht etwa in Tränen ausgebrochen oder hatte sich in der nächsten Cantina betrunken und schon gar nicht hatte er sich in Selbstmitleid gesuhlt. Oh nein. In seinem Kopf hatte sich der aberwitzige Plan gebildet nach Corelia zu fliegen und es den Leuten CorSec mal richtig zu zeigen. Zu seinem Glück hatten Jace und Tasha ein wachsames Auge auf ihn gehabt und hatten ihn vor dieser Dummheit bewahrt. Jace hatte ihn zwar mit einem kräftigen Faustschlag in den Schlaf geschickt und am nächsten Tag war er ziemlich wütend auf ihn gewesen, doch im Nachhinein hatte er ihm damit wohl das Leben gerettet. Er hätte es gewiss nach Corellia geschafft und vielleicht hätte er es auch zu CorSec reingeschafft, aber mit einer hundertprozentigen Sicherheit nicht mehr lebend wieder heraus.

„Sie lautet?“, erklang Gavins Stimme fragend und der Tonfall hatte etwas eisiges bekommen. Langsam drehte sich Gavin herum und fixierte Tal'ana mit seinem Blick und es war ihm vollkommen egal, ob ihr das unangenehm sein könnte oder nicht. „Das einzige was du hier gerade machst ist jammern. Ich habe dies nicht, ich habe das nicht, mir wurde jenes genommen und blablabla.“ In die dunkelbraunen Augen war ein finsteres Funkeln getreten und langsamen Schrittes ging Gavin auf den Tisch zu. „Hast du es noch immer nicht begriffen, dass es hier nicht um dich geht?“, fragte er und stützte sich mit beiden Händen auf dem Tisch ab. „Im Frachtraum dieses Schiffes ist etwas, das uns auf der imperialen Abschussliste ganz nach oben katapultiert hat. Mit viel Glück kommen sie erst in ein paar Tagen hinter die Identität des Frachters, der einem Sternzerstörer gezeigt hat wo es lang geht, aber wenn sie es wissen, dann gibt es in dieser Galaxis keinen einzigen Platz mehr an dem wir sicher wären. Nicht du, nicht Jace, nicht Tasha, nicht ich. Keiner! Nie mehr! Und du sitzt hier, jammerst, heulst und hast nur deine Probleme vor Augen.“ Normalerweise benötigte es etwas mehr um Gavin wütend werden zu lassen, aber in Anbetracht dessen, was sie alle hinter sich hatten und in Anbetracht dessen, wie beschissen ihre Zukunft aussah, waren Tal'anas Worte einfach ein paar Worte zu viel gewesen.

„Ich habe meine Crew in diese beschissene Lage gebracht und es ist mein Job sie da wieder rauszubringen, weil als Captain dieses Schiffes habe ich die Verantwortung für sie“, sprach er weiter und beugte sich ein wenig weiter über den Tisch, so dass er Tal'ana direkt in die Augen schauen konnte. „Es ist meine Verpflichtung als Captain mir etwas einfallen zu lassen. Du warst an Bord, als wir durch die Blockade sind und du fragst mich allen ernstes was du tun sollst?“ Gavin fixierte Tal'ana mit seinem Blick und haute unerwartet mit der flachen Hand auf den Tisch. „Brennende Sterne! Du sitzt hier, behauptest Captain eines Schiffes gewesen zu sein und weißt nicht was du tun sollst? Hat dir deine Crew, wie einem kleinen Kind, auch sagen müssen was du tun sollst oder was du zu tun hast, weil du es nicht von ganz alleine gesehen hast?“ Es mochten vielleicht nicht gerade faire Worte sein, aber Gavin hatte eben ganz feste Vorstellungen davon, was die Aufgaben eines Captains waren und welche die der Crew. Gerade von einem ehemaligen Captain sollte man eigentlich erwarten können, dass er die Probleme von selbst sah und von ganz alleine seine Hilfe anbot. Aber offenbar war dies für die Twilek zu viel verlangt. Wer wusste schon, ob sie jemals für sich selbst hatte denken müssen oder ob sie immer nur das getan hatte, was andere ihr gesagt hatten. Ob sie jemals eine eigene Entscheidung getroffen und mit den Konsequenzen gelebt hatte.

„Wenn du nicht weißt, wie du dich hier nützlich machen kannst, dann bleibe am besten hier sitzen und vergeh weiter in Selbstmitleid“, sprach er dann weiter und auf seinen Lippen bildete sich ein abschätziges Lächeln. „Ich bin nämlich nicht dein Daddy und sage dir was du tun sollst.“ Es war ihm vollkommen egal, ob sie ihn jetzt leiden konnte oder inbrünstig zu hassen begann. Es war eben seine Denkweise und entweder man akzeptierte sie oder nicht. Er zwang niemanden dazu sie zu akzeptieren, aber wer sie nicht akzeptierte hatte auf diesem Schiff nichts zu suchen. Sie konnte ja das Schiff verlassen und ihren eigenen Weg gehen, sobald sie auf dem nächstbesten Planeten gelandet waren. Er würde ihr sogar viel Glück wünschen, denn das brauchte man und zwar jede Menge davon, wenn man ein imperiales Fadenkreuz auf dem Rücken hatte.
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