#9
Tals verzog bei Gavins Erwiderung keine Miene. Sie hatte mit einer ähnlichen Antwort gerechnet. Kein Vertrauen unter Halunken. Aber auch sie blieb standhaft in ihrer Ansicht. „Mich fragen, ob ich nochmal meinen Hals für die Republik riskiere“, meinte sie unterkühlt. „Viel anderes habe ich ja nicht mehr.“ Vielleicht hätte er seinen letzten Gedanken nicht laut aussprechen sollen, auch wenn die Twi’lek diese Vorgehensweise durchaus nachvollziehen konnte. Wer zwischen den Fronten saß, musste sehen, wo er bleiben konnte. Oder sich endgültig einer der beiden Seiten anschließen. Tasha schickte dem Captain noch eine Drohung hinterher, als dieser endgültig den Raum verließ. Für den Moment konnte Tal die wieselartige Frau sehr gut leiden – aber das mochte sich ändern, wenn sie die ruppige Art der Selonianerin selbst zu spüren bekam.

„Keine Sorge, ich bin mit Leuten wie ihm bestens vertraut“, sagte die Schmugglerin und blickte für einen Moment zum leeren Eingang der Messe, ehe sie sich mit einem schiefen Grinsen Tasha zuwandte. „Außerhalb von Cantinas habe ich an so etwas auch keinerlei Interesse.“ Und obwohl er gewissermaßen ihr Lebensretter war, hatte Tal‘ana nicht vor, sich auf diese Weise bei dem Captain zu bedanken. Ihre Augenbrauen hoben sich, als die nächste Anweisung der Selonianerin lautete, sich zu entkleiden. Aus der kurzen Überraschung wurde ein Nicken. „Ich lasse es dich wissen, wenn ich in deiner Abwesenheit verblute.“ Um die beiden Männer machte Tal sich in der Tat keine Gedanken, selbst wenn ihre Arbeit sie nicht lange genug in Beschlag nahm. Ansonsten hatte sie noch mindestens einen Becher, den sie nach dem Captain oder Jace werfen konnte. Auch Tasha gegenüber hatte die Rutian keine Bedenken, noch mehr Haut zu zeigen. Es war bei Risa – der blauhäutigen Risa – auch nicht anders gewesen und dabei war die Ärztin um einiges sittsamer gewesen als Tasha.

Tal’ana wartete einige Momente, nachdem die Selonianerin ebenfalls die Messe verlassen hatte. Dann begann sie damit, den ledernen Kopfschmuck und die verbliebenen Lederbänder von ihren Lekku zu lösen und legte diese neben sich auf den Tisch. Als nächstes folgten Stiefel und Hose, was sich mit ihrem verletzten Bein nicht gerade einfach gestaltete. Doch Tal biss die Zähne zusammen und schaffte es mit einigem Knurren, das verwundete Körperteil aus dem Hosenbein zu bekommen. Ihr durchgeschwitztes und verdrecktes Top behielt die Twi’lek vorerst an. Es hatte weniger mit Scham als dem Wunsch zu tun, bis zu Tashas Rückkehr nicht zu frieren. Sie konnte sich noch immer vor der Selonianerin entblößen, wenn diese wieder vor ihr stand. Blieb nur noch der halbgare Lederverband an ihrem Arm. Tal rechnete bereits damit, dass es wehtun würde, das Lederband wieder zu entfernen. Doch diese Intensität hatte sie nicht erwartet.

Ein unangenehm reißender Schmerz ließ die Twi’lek aufkeuchen. „Verdammt!“ Das getrocknete Blut musste das Band an ihrer Haut festgeklebt haben und nun, da wieder Luft an die Wunde kam, begann sie erneut zu bluten und zu brennen. Aber das war nicht, was der Schmugglerin die Tränen in die Augen trieb. „Verdammt...“ Mit der Hand fuhr Tal sich grob über die Augen. Schluckte schwer … und schluchzte. Endlich. „Quen. Bitte verzeih mir“, brachte sie halb wimmernd mit der Stimme eines Kindes hervor und vergrub das Gesicht in den Händen. Tal schämte sich nicht, halbnackt vor offener Tür zu sitzen. Aber sie schämte sich für den Moment der Schwäche. Hasste sich dafür. Für ihren Leichtsinn, für ihre Sturheit, die ihren besten Freund das Leben gekostet hatte. Mehr als nur ein Freund. Ihr Ziehvater. Quen hatte sie damals als verängstigtes Mädchen an Bord der Hazard in der Transportkiste gefunden. Er hatte ihr den Spitznamen ‚Squid‘ gegeben und war immer für sie da gewesen. Bis zuletzt. Und ich habe dich sterben lassen. Es war ihre Aufgabe als Captain gewesen, auf ihre Crew aufzupassen – so wie Deeroku, ehe das Imperium ihn erschossen hatte. Aber nun war sie kein Captain mehr. Hatte keine Crew. Sie war allein. Wie sollte sie es Risa und Liam, wie Shiv erklären? Dass ihr geliebter Rodianer tot war und dass sie daran Schuld hatte? „Fierfek.“ Die erste Welle der Trauer war gebrochen, aber noch immer zitterte ihre Stimme und Tränen rannen aus ihren Augen. Tal fuhr sich mit dem Handrücken grob über die Wangen und lehnte sich auf den Tisch, den Kopf auf die Fingerspitzen gestützt. Er fehlte ihr. Er fehlte ihr so sehr. Nichts würde Quen Tyn je ersetzen können.
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