#5
Tal’ana spannte sich an, als sich der Captain mit einem Seufzer wieder in Bewegung setzte. Sie rechnete fest damit, dass er sie am Arm packen und unsanft in Richtung der Luftschleuse bugsieren würde. Es hätte diesen Tag perfekt gemacht. Stattdessen ging er an ihr vorbei und zielstrebig auf das Regal zu, in dem sich der Alkohol befand. Die Überraschung stand der Schmugglerin für ein paar Momente deutlich ins Gesicht geschrieben, ehe sie ihre Mimik wieder unter Kontrolle hatte. Ihre braunen Augen ruhten jedoch weiterhin aufmerksam auf dem Menschen, der mit der Flasche in der Hand wieder an den Tisch zurückkehrte. Seine Worte enthielten eine nicht zu überhörende Bitterkeit, die mit der Twi’lek resonierte. Zum ersten Mal seit einer gewühlten Ewigkeit wagte sie, sich zu entspannen, auch wenn Tal sich noch nicht in völliger Sicherheit wiegen wollte. Sie hatte ihr Vertrauenskontingent für heute aufgebraucht, auch wenn der unbekannte Captain ihr vermutlich um einiges ähnlicher war als die republikanischen Agenten. Noch dazu war es seit jeher klüger, unter ihresgleichen vorsichtig zu sein. Den nachgeschenkten Alkohol nahm Tal‘ana trotzdem gerne an und hielt den Becher in beiden Händen, während sie dem Menschen weiter zuhörte.

Ein leichtes Nicken stahl sich durch ihre Selbstbeherrschung, auch wenn sie die Spezialeinheit der Republik nur kurz gesehen hatte und nicht wusste, wie viele von ihnen auf dem Weg zum Schiff ebenfalls gestorben waren. Jetzt, wo sie das Imperium nicht mehr direkt im Nacken hatten, zeigte der Captain eine ganz andere Seite. Die gemeinsame Fassungslosigkeit baute eine Brücke, auch wenn diese nicht von Bestand sein musste. Er hatte anscheinend ebenfalls kaum etwas über die Mission gewusst, als man ihn angeheuert hatte. Warum auch? Er war der Backup-Pilot gewesen und hätte man nicht gerade jemanden wie Leto in den Brennpunkt geworfen, wäre sein Einsatz vielleicht auch gar nicht notwendig geworden. „Man hätte Leuten wie uns die Sache von Anfang an überlassen sollen“, sagte Tal halblaut und mehr zu sich selbst. Doch der Versuch, ihre gesplitterte Selbstsicherheit durch Sarkasmus zu flicken, scheiterte kläglich. Schuld daran waren die nächsten Worte des Captains. „Heute habe ich aber wirklich Pech“, sagte sie mit einem Lachen, das schon fast in ein trockenes Schluchzen abzugleiten drohte, und leerte ein weiteres Mal den Becher, bis ihre Kehle vorrangig vor Alkohol brannte. Sie wollte sich lieber nicht vorstellen, was in diesen Momenten mit Risa Alberras geschah – und konnte es doch zu gut. Hatten die Commandos die Flucht von Corellia ebenfalls überlebt? Wenn ja, hatten sie ebenfalls eine weitere Etappe vor sich oder konnten sie auf einer Welt der Republik ihre Wunden lecken? ‚Mission erfüllt‘ und sich auf die Schulter klopfen?

Tals steinerne Miene sprach Bände für einen aufmerksamen Beobachter. Doch noch hatte sich die Twi’lek nicht so weit abgeschottet, dass sie nicht selbst auf ihre Umgebung achtete. Jace und Tasha. Nun kannte sie zumindest die Namen der beiden Crewmitglieder und die Aussicht auf eine Versorgung ihr Wunden sowie – den Umständen entsprechend – frische Kleidung ließ weitere Anspannung von ihr abfallen. Auch wenn Tal’ana noch skeptisch war, wie ‚zart‘ die Hände der Wieselartigen wirklich sein würden. Solange sie nicht noch einmal durch das halbe Schiff humpeln musste… Tal war normalerweise ziemlich trinkfest, doch durch den Blutverlust merkte sie den Alkohol. Die Rutian fischte den Datenstick aus ihrer Tasche und hielt ihn dem Mann, den sie nun als Jace identifizieren konnte, entgegen. Dann wanderte ihr Blick wieder zu dem noch namenlosen Menschen. „Danke, Captain.“ Wieder legte sie Gewicht in ihre Worte. Er hatte ihren Respekt gewonnen. Dazu war ihr Urteil mild ausgefallen – zumindest bis jetzt. „Oder hast du auch einen Namen, mit dem ich dich ansprechen kann?“
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