#8
Saanza spürte die blanke Abneigung ihres Gegenübers, noch bevor die Dunkle Jedi überhaupt eine Reaktion zeigte. Wie ein anschwellender Ton, dem ein unangenehmes Fiepen beigemengt war, schlugen ihr der Hass und das unbekannte Leid der Frau entgegen. Eine Dissonanz, die unüberhörbar in der Macht erklang und die zerrütteten Barrieren der im Augenblick überempfindsamen Jedi traktierten. Wie eine Stimmgabel, die an gesprungenes Glas gehalten wurde. Die Dunkle Jedi stellte sich als Jessra vor und machte in Worten und Taten deutlich, was sie von Saanza hielt. Die Miene der blonden Frau änderte sich kaum, doch in ihren violetten Augen formte sich Bedauern. Sie hatte nicht erwarten können, dass eine Dienerin der Dunklen Seite sich ihr gegenüber anders verhielt als Jessra es getan hatte. Noch dazu war Saanza jenen Umgangston noch allzu gut von Byss gewohnt. Hatte ihn eine Weile sogar selbst gepflegt, wenn auch nur als notwendige Maskerade. Und doch hoffte sie jedes Mal auf ein besseres Ende, auf eine Abkehr von der Dunkelheit. So vieles konnte sich ändern, wenn man einer anderen Person nur ein wenig Aufmerksamkeit und Zeit schenkte. Versuchte, sie zu verstehen und ihr Leiden zu mindern. War das nicht Aufgabe der Jedi?

Doch im Augenblick war nicht die Zeit, um über derlei Dinge nachzudenken. Saanza konnte sich nur mit Mühe gegen den Einfluss der Dunklen Seite zur Wehr setzen, der sie wie der Regen nach und nach durchtränkte und so ihre geistigen Barrieren schwächte. Jessras Aura stellte eine zusätzliche Belastung dar und sie musste gewappnet sein, falls die Dunkle Jedi doch noch zu einem Angriff überging. Saanza spürte eindeutig die Mordlust, welche Jessra in ihren Worten noch unterstrich. Doch anscheinend folgte sie dem Befehl des Imperators und musste die Jedi daher ungehindert passieren lassen. Saanza empfand darüber Erleichterung – aber auch Bestürzung, da es sie wieder an das Flimsi erinnerte, das sie unter ihrer Kleidung verborgen hatte. Die Jedi fühlte sich nicht für einen Kampf gewappnet, auch wenn ihr Körper äußerst erholt wirkte und ihr der Zugang zur Macht auch auf dieser dunklen Welt überraschend leicht viel. Wundert es dich wirklich? Du hast eine kleine Ewigkeit in ihr verbracht. Die Dunkle Jedi griff an ihren Gürtel, doch zog ihre Waffe nicht. Es waren Drohgebärden, welche den Riss und das Gefüge zwischen den beiden Frauen deutlich machen sollten. Anscheinend wollte Jessra nicht riskieren, auch nur in Teilen den Befehl ihres Imperators zu missachten – auch wenn es ihr offensichtlich schwer viel, nicht sogleich auf die wehrlose Jedi loszugehen.

Saanza stimmte sich auf die Macht ein, um sich falls nötig vor der Dunklen Jedi oder einer anderen Bedrohung zu schützen. Doch sie stutzte, als sie die Beschreibung des Shuttles hörte und folgte der Geste ihres Gegenübers. Jessra verriet ihr nicht, welcher Planet dies war. Aber der Navigationscomputer würde ihr zwangsläufig Auskunft geben, in welchem Teil der Galaxis sie sich befand. Es war eine allzu bequeme, arrangierte Möglichkeit, diesen Ort zu verlassen und nach Naboo zurückzukehren. Doch Lee hatte Aidan bereits verraten, wo das Praxeum sich befand. Welche neuen Informationen konnte der Imperator dadurch gewinnen, dass er sie derart ausgestattet gehen ließ? Routen, Koordinaten, Kommunikationsprotokolle, ging ihr durch den Kopf. Saanza konnte nicht glauben – oder durfte zumindest nicht naiv davon ausgehen – dass ihr früherer Ziehbruder keine Hintergedanken bei ihrer Flucht hatte. Und wenn es nur darum ging, sicherzustellen, dass sie ihren Zielort auch erreicht hatte. Die Jedi atmete hörbar aus und brachte ihre heraufkriechende Furcht wieder unter Kontrolle. Um diese Sorgen konnte sie sich kümmern, wenn sie den Orbit des Planeten verlassen hatte. Sie musste nicht sofort in den Hyperraum springen, sondern konnte das Shuttle und seine Computer einer gründlichen Untersuchung unterziehen, soweit die Jedi etwas davon verstand.

„Ich danke dir, Jessra. Vielleicht werden sich unsere Wege eines Tages wieder kreuzen.“ Saanza nickte ihr zu, blieb dieses Mal reservierter, um sie durch eine freundliche Geste nicht weiter zu reizen. Es waren neutral formulierte Worte. So das Schicksal es wollte, würden sie einander eines Tages wieder begegnen. Vermutlich noch immer auf verschiedenen Seiten und beim nächsten Mal würden sie vielleicht beide ihre Waffen ziehen. Doch die Macht war immer in Bewegung und ihr Wille nicht immer einfach zu verstehen. Noch einen Moment lang ließ die Jedi den Blick auf der Frau verweilen, die einen so gänzlich anderen Weg eingeschlagen hatte als sie selbst. Dann wandte sie fast ruckartig ihre Augen ab und eilte, Fußspuren im weichen Boden hinterlassend, zu dem imperialen Shuttle, auf das mit blechernem Singsang unablässig der Regen prasselte.
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