#27
Gavin hätte beinahe herzlich aufgelacht, als der Kerl geglaubt hatte, ihn über die Wichtigkeit von Parolen belehren zu müssen und konnte das Lachen gerade noch so in einem Husten verstecken. Eine derartige Aufklärung war – und da musste man ehrlich sein – vollkommen witzlos. Er war ein Schmugger und Codewörter und Parolen gehörten zum alltäglichen Sprachgebrauch eines Schmugglers. Beinahe jedes Gespräch in einer Cantina bestand zu gut einem Drittel aus Codewörter, die man nur verstand, wenn man selbst in den Kreisen tätig war. Man konnte nie wissen, was sich so alles in einer Cantina herumtrieb, welche Ohren zuhörten, die nicht zuhören sollten und da konnte sich keiner erlauben in Klartext zu sprechen. Und jetzt stand vor ihm ein republikanischer Wichtigtuer, der meinte etwas besseres zu sein und glaubte, ihn bezüglich derartiger Dinge belehren zu können. Ja, Parolen waren wichtig um einander zu erkennen oder um Informationen sicher weiter zu geben, aber ein solcher Satz schrie schon jedem 'Parole' ins Gesicht. Man musste schon geistig beschränkt sein, um nicht zu kapieren, dass es sich hier um eine Parole handelte, aber das zeigte nur mal wieder auf eine perfekte Art, wie realitätsfremd die Republik doch geworden war. Wenn sie so weiter machten, war es nur noch eine Frage der Zeit ehe sie an ihrer Arroganz erstickten. Irgendwann würde ihre eigene Überheblichkeit ihnen noch das Genick brechen.

Gavin antwortete dem Mann nicht, der ihm ohne zu wissen, mehr gesagt hatte, als er wohl wollte. So wie er sich um eine Antwort gedrückt hatte, so wie er nur angedeutet hatte, hatte man genau gewusst, was hier auf Corellia lief und man hatte ihn ganz bewusst im Unklaren gelassen. Etwas, das Gavin äußert sauer aufstieß und wofür sie zahlen lassen würde. Wie wusste er noch nicht, aber es stand fest, dass sie es tun würden müssen. Schweigend nahm er den Datenstick entgegen und gleichfalls schweigend nahm er den Abschied des Kerls zur Kenntnis. Kaum hatte er sein Schiff verlassen, betätigte Gavin mit der flachen Hand den Schalter am Einstieg und die Rampe bewegte sich nach oben und schloss sich mit einem leisen Zischen. Mit dem Datenstick in der Hand suchte er Jace auf, der wie vorher befohlen seine Lauscher ausgerichtet hatte.
„Datenextration in Isolationsumgebung“, meinte er zu ihm und hielt ihm den Datenstick entgegen. „Zeige mir eine Karte von diesem Sektor und trage den neuen Zielort ein.“
Jace nahm den Datenstick entgegen und sah Gavin an.
„Isolationsumgebung? Meinst du da könnte was versteckt sein?“
„Traue keinem Auftragsgeber weiter als du spucken kannst“, antwortete Gavin nur und verschränkte die Arme vor dem Oberkörper. Es war so eine alte Schmugglerweisheit die er zum ersten Mal von seinem Vater gehört hatte und an die er sich bisher auch stets gehalten hatte. Je misstrauischer man war, desto länger blieb man am Leben. Es war einfach ein Fakt. „Oh und führe einen Vollscan durch. Ich stehe nicht so auf Parasiten an oder in meinem Schiff.“ Er hatte den Kerl zwar fast die ganze Zeit im Auge gehabt, aber er war auch nur ein Mensch und auch ihm konnte etwas entgehen. Er hatte ja auch nicht den Anspruch fehlerfrei zu sein, auch wenn er das natürlich war. Fehler unterliefen andere, aber nicht ihm. Sich ein Parasit einzufangen war ungeschickt, aber noch kein Fehler. Zu einem Fehler wurde es erst, wenn man ihn nicht bemerkte, weil man erst gar nicht auf die Idee kam, danach zu suchen. Überheblichkeit war nie eine gute Herangehensweise an Dinge.
„Karte kommt und Daten – Moment – Sind da“, murmelte Jace konzentriert, wie eben immer, wenn er hinter seinen Konsolen und Computer saß. Dort fühlte er sich einfach wohl, wenn auch er im Geschützturm erst so richtig in Fahrt kam.

Gavin wandte sich von Jace ab und hin zu dem Holoprojektor der hinter ihm stand und über welchem nun eine maßstabsgetreue und dreidimensionale Karte des angrenzenden Sektors in bläulichem Licht schwebte. In einem der Gebäude blinkte ein roter Punkt rhythmisch auf und symbolisierte damit den neuen Zielort. „Was zum Hutte...“, fluchte Gavin, als er sah wo genau sich der Punkt befand und fuhr sich mit der rechten Hand erst über das Gesicht und dann über den Kopf. Wenn dieser Landeplatz jetzt den Hinterhof darstellte, dann war der neue Landeplatz eindeutig der Vorgarten. Ein Eck, an das Gavin überhaupt keine guten Erinnerungen hatte und wo er sich eigentlich auch geschworen hatte, kein zweites Mal einen Fuß hinzusetzen. Von seinem Schiff einmal ganz zu schweigen. „Das nächste Mal Tasha höre ich besser auf dich, wenn du sagst, dass wir verschwinden sollten.“
„Das hast du das letzte Mal und das Mal davor auch schon gesagt und du wirst es beim nächsten Mal doch auch eh wieder nicht tun“, entgegnete Tasha, die herangetreten war und ebenfalls die Karte betrachtete. Eigentlich sagte er das wirklich jedes Mal und jedes Mal hielt er sich aufs Neue nicht an das, was er gesagt hatte. Nicht einmal dann, wenn es gerade einmal 3 Tage her war. Aber sie kannte ihn nicht anders und hatte sich mittlerweile auch daran gewöhnt. Sollte irgendwann einmal der Tag kommen, wo sie überzeugt davon war, dass eine Flucht wirklich das Beste für alle war, würde sie so oder so eigenmächtig das Schiff aus der Gefahrenzone steuern, egal wie er neben ihr auch toben würde. Abgesehen davon kannte sie so die eine oder andere Möglichkeit um ihn kurzzeitig zum Schweigen zu bringen. Aber bisher war es zu ihrer allem Glück noch nie notwendig gewesen derartige Methoden anzuwenden.
„Direkter Weg halte ich für weniger praktikabel“, sprach Tasha, die Karte musternd. „Ginge am schnellsten, wäre aber auch am auffälligsten. Andererseits wäre es so auffällig, dass man unter Umständen keinen Verdacht schöpfen könnte. Wenn man es aber tut, dann wäre es vorbei mit uns.“
„Was schlägst du vor?“
„Ich würde sagen wir fliegen einen Bogen und nähern uns dem Lagerhaus zuerst von der Seite“, erklärte Tasha und deutete mit ihrer Hand die angedachte Fluglinie an. „Sichtgeschützter und somit weniger auffällig. Erst hier ziehen wir den nächsten Bogen, bringen uns in Position und dann in das Gebäude hinein.“
Mit seinem Blick verfolgte er Tashas Handbewegung auf der Karte, ehe er langsam anfing mit dem Kopf zu nicken. Ihr Plan machte Sinn. Auf diese Weise konnten sie so lange wir möglich einem Interesse aus dem Weg gehen und dennoch in dem wohl gewohnten Vektor in die Lagerhalle fliegen. Man musste an dieser Stelle wohl nicht extra erwähnen dass Gavin eine Abneigung gegen Lagerhallen hatte. Sie waren oftmals eng, boten nicht genug Spielraum und all das erschwerte eine überraschende Flucht nur unnötig. Aber in diesem Falle hatte er nicht groß eine andere Wahl als in eine Lagerhalle zu fliegen, die sich in einem Gebiet befand, in der gerade mächtig was los war und ganz nebenbei den Vorgarten von CorSec symbolisierte. Er würde diesen Tag noch bereuen, das sagte ihm sein Bauchgefühl jetzt schon. Aber für einen Rückzieher steckte er schon zu tief drin. Jetzt gab es nur noch den Weg nach vorne.
„In Ordnung. So machen wirs's“, stimmte Gavin dem Plan zu und folgte Tasha in das Cockpit für die Startvorbereitungen, ehe sich die Legacy wieder in die Luft erhob und sich auf den Weg zu ihren neuen Zielkoordinaten machte.

Schon auf dem Weg konnten sie sehen, was unter ihnen so alles in Alarmbereitschaft versetzt worden war und die Stimmung an Bord näherte sich allmählich einem Zustand, den man wohl in der Nacht auf Hoth vorfinden würde. Wenn dieser Auftrag erledigt war, dann hatten sie sich alle ein paar Tage Urlaub mehr als redlich verdient. Irgendwo untertauchen, sämtliche Komgeräte abschalten und einfach eine Weile von der Bildfläche verschwinden. Das war eindeutig ein guter Plan. Der beste, den er wohl seit langem hatte und das wusste er auch ohne dass die anderen Beiden ihm da zustimmten. Doch vorerst hieß es wachsam und konzentriert bleiben, nicht dass ihnen eine böse Überraschung drohte, noch ehe die Ware und die Person auftauchte, die er von hier wegbringen sollte.
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