#4
Von: Äußerer Rand | Hyperraum im Äußeren Rand

Commenor erinnerte sie in gewisser Weise an Ryloth. Genau wie ihre Geburtswelt war der Planet in weiten Teilen von Brachland überzogen, doch um einiges industrialisierter – und fast ausschließlich von Menschen bewohnt. Auch die terrassenartigen Bauten von Munto ähnelten den Behausungen der Twi’lek, die sich an die Landschaft anschmiegten und oft weit ins Innere des Berges oder in die Tiefe reichten. Der Weg ins Zentrum führte immer weiter ins Tal hinab, vorbei an unzähligen Geschäften und Straßenhändlern, die Commenor als Handels- und Umschlagplatz auszeichneten. In den Raumhäfen des Planeten herrschte ein ständiges Kommen und Gehen, sodass es zu einigen Zeiten sogar schwierig sein konnte, einen Landeplatz zu erhalten. Da Ald‘ana im Auftrag des Imperators unterwegs war, erwies sich dies jedoch nicht als Problem. Die Twi’lek überließ Yuan Faun die Formalitäten, während sie sich auf ihre Mission vorbereitete.
Die geräumige Ravener bot ihr eine großzügige Unterkunft mit separatem Schlafraum und hatte die Reise nach Commenor umso angenehmer gemacht. Auch wenn die Sith und der Pilot nach wie vor ein unterkühltes Verhältnis hatten, war es zu keinen weiteren Feindseligkeiten gekommen und beide hatten wohl akzeptiert, dass das Schicksal sie wieder zusammengeführt hatte. Rifta wählte eine Garderobe in dunklen Tönen, die sie nebst ihrem schwarzen Kapuzenumhang eindeutig als Mitglied des Dunklen Ordens auszeichnete. Auf dieser imperialen Welt brauchte sie sich nicht zu verstecken, obgleich sie als Alien einige Anfeindungen zu erwarten hatte. Sollten sie sich nur über die Lethan das Maul zerreißen. Sie hatte wichtigeres zu tun. Die Sith hatte Yuan angewiesen, vorerst am Stadtrand zu bleiben und ihr die Suche nach den abtrünnigen Kultisten zu überlassen. Es war durchaus möglich, dass man ihre Anwesenheit spürte. Umgekehrt vertraute Rifta darauf, dass ihre Machtsinne ihr den Weg zu den Häretikern zeigen würden. Die Dunklen Jedi würden sich wohl kaum am helllichten Tag versammeln, doch vielleicht gab es Hinweise in der Bevölkerung über ein seltsames Treiben. Derlei Informationen konnte auch Yuan in Erfahrung bringen, aber sie zog es vor, nicht sofort gemeinsam mit dem imperialen Offizier gesehen zu werden. Über einen Comlink standen die beiden jedoch in Verbindung, um sich jederzeit austauschen zu können.

Die Twi’lek spazierte durch die staubigen Straßen und ließ die Atmosphäre der Stadt auf sich wirken. Sie spürte eindeutig die Präsenz der Dunklen Seite, doch wie auf Ryloth musste sie erst die Fährte aufnehmen, um ihr Ziel zu finden. Doch die Dissonanz in den Strömen der Macht ging nicht nur von den Häretikern aus, die sie bereits bis nach Munto zurückverfolgt hatten. Allgemein war die Stimmung angespannt, wenn auch nur unterschwellig. Wie ein leichtes Flimmern in der Luft, das sengende Hitze ankündigte. Erst vor kurzem war die Nachricht der Erweiterung des Imperialen Freiwilligengesetzes auf Denon durchs HoloNet gegangen – und Commenor lag nicht allzu weit von der Festungswelt entfernt. Wohlmöglich befürchtete man, dass bald auch der wichtige Handelsplanet vom Krieg erfasst wurde und durch Losverfahren neue Rekruten stellen musste. Noch jedoch konnte das tägliche Treiben weitergehen, auch wenn es nur eine Frage der Zeit war, bis die Emotionen hochkochten.
Die Lethan hatte ihre Kapuze aufgesetzt, doch wer ihr entgegenkam, konnte genau erkennen, welche Kreatur sich unter ihrem Umhang verbarg. Sie erntete so manchen feindseligen Blick, doch zumindest war keiner der Passanten dumm genug, sie anrempeln zu wollen. Die meisten gingen ihr sogar eher aus dem Weg und einige Händler schienen plötzlich sehr interessiert an der eigenen Ware zu sein, wenn sie in Richtung ihrer Stände blickte. Hier unten im Tal war die Luft bisweilen stickig und überall prangten Holobilder, um für Produkte oder Veranstaltungen zu werben – darunter die diesjährige Mid-Rim-Show nicht-vernunftbegabter, domestizierter Kreaturen. Die Sith warf der Reklame einen abschätzigen Blick zu, als sie plötzlich einen Aufruhr in der Macht spürte. Das Flirren, das sie in der ganzen Stadt wahrgenommen hatte, wurde an einem Punkt ganz in ihrer Nähe stärker. Wut. Angst. Unverständnis. Rohe Emotionen gingen in Wellen von einem Platz aus, in den die Straße mündete, auf der sie sich gerade befand. Doch es waren nicht nur Gefühle, die ihr Interesse weckten. Sie spürte… Die Macht.

Mit raschelnden Gewändern bewegte sich die Twi’lek durch die Menge und gelangte immer näher an das Zentrum der Wellen, die immer stärker gegen sie brandeten. Dort, an einem Stand, hatte sich eine kleine Menschenmenge gebildet, die in einer Mischung aus Arroganz und Abscheu auf eine Togruta blickten. Das farbenfrohe Alien stach auf einem Planeten wie Commenor aus der Menge hervor und wirkte umringt von all den Menschen völlig fehl am Platze. Ihren Gesichtszügen und Montrals nach zu urteilen war sie noch recht jung, kaum der Schwelle zum Erwachsenenalter entstiegen. Und sie war machtbegabt – ein Umstand, den Rifta mit vor Überraschung geweiteten Augen quittierte. Hastig suchte sie das Mädchen nach offensichtlichen Zeichen einer Ordenszugehörigkeit oder einer entsprechenden Waffe ab, doch fand nichts dergleichen. Auf den ersten Blick wirkte die Togruta mehr wie eine einfache Raumhafenarbeiterin, die nun einem feindseligen Mob gegenüberstand. Staub und feine Kiesel schwebten dicht über dem Boden und bildeten einen Ring um das Mädchen und vibrierten leicht in einer unhörbaren Frequenz. Der Ring folgte ihr sogar, als die Togruta verängstigt einen Schritt zurücktrat. Ihre Resonanz in der Macht war noch so… wild und ungestüm. Kann es sein? Hatte sie tatsächlich jemanden gefunden, der im Umgang mit der Macht noch untrainiert war? Sie musste mehr über dieses Mädchen herausfinden. Die Twi’lek hörte die erbosten Rufe einzelner Passanten, welche die Togruta sogar mit einem Tier gleichsetzten. Ihre Faszination über den unerwarteten Fund wandelte sich in Wut, genährt durch ihre eigene Vergangenheit. Jenes machtbegabte Wesen dort war es nicht wert, vom Pöbel beschimpft zu werden. Sie gehörte ihr.

Rifta beschloss, einzuschreiten. Ihre eigene Dunkelheit schwappte über die Wellen, die von der Togruta ausgingen, als sie mit gesenktem Kopf aus der Menge hervortrat und sich seitlich hinter das Mädchen stellte. Noch immer war ein Großteil ihrer Gestalt unter dem schwarzen Kapuzenmantel verborgen, doch ihre bernsteinfarbenen, raubtierhaften Augen waren ebenso wie ihre rote Haut deutlich unter dem Stoff zu erkennen. Euch wird das Lachen noch vergehen. Sie hob ihre linke Hand und ballte sie betont langsam zur Faust. Der Händler, der eben noch selbst über den Scherz gelacht hatte, riss plötzlich die Augen auf und fasste sich nach Luft ringend an den Hals. Auch in der Menge begann das Lachen zu ersterben.
„Ihr wollt dieses Mädchen in einen Käfig sperren?“, fragte die Sith mit einem dunklen Raunen und legte ihre andere Hand auf die Schulter der Togruta. „Versucht es nur. Es gibt nichts, was sie halten könnte.“ Sie streckte den Arm aus und riss den noch immer röchelnden Händler in die Luft. Hinaus aus seinem Stand, wobei einige der kostbaren Früchte zu Boden fielen, um ihn vor der Menge in den schwebenden Staub zu werfen. In einem gnadenvollen Moment löste sie den Machtgriff, gerade als der Händler das Bewusstsein verlor. In ihrem Publikum hatte sich entsetztes Schweigen ausgebreitet und die Passanten wichen einen Schritt zurück.
„Ich denke, es gibt hier nichts mehr für euch zu sehen“, fuhr Rifta fort und befahl mit kalter Stimme: „Verschwindet.“
Es dauerte einige Herzschläge, ehe das Eis in den Gliedern der Menge schmolz und sich die Passanten mit bleichen Gesichtern eilig auf dem Marktplatz verteilten, sodass sich ein Ring um den Stand bildete, der dem ‚Schutzschild‘ der Togruta nicht ganz unähnlich war. Die Twi’lek ließ den bewusstlosen Händler unbeachtet und widmete sich nun ganz ihrer unerwarteten Begegnung.
„Du kannst aufhören. Beruhige dich“, sagte Rifta mit plötzlich seidenweicher Stimme und meinte damit die chaotische Machtanwendung des Mädchens, auch wenn sie darüber vielleicht gar keine Kontrolle hatte. „Du bist nun in Sicherheit.“
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