#4
Es war nicht leicht zu gehen. Jeder Schritt fühlte sich schwer an, als ob es nicht mehr seine Beine waren, die er bewegte. Die Gedanken rannen wirr, wie Sand durch ein Stundenglas. Partikel an Erinnerung, Fetzen aus den Eindrücken der Leben, die er genommen hatte. Seelen waren vergangen, entrissen durch die unheilige Macht, die er sich zu Eigen gemacht hatte. Doch diese Macht hatte einen Preis; einen Preis, der nicht nur Verdammnis war, sondern auch ein kalter Schmerz, welcher seine eigene Ewigkeit besaß. Darth Vesperum blickte die Stufen hinauf, allein stand er vor diesen und schloss seine Augen, die im Schatten der Kapuze seiner Robe lagen. Die kalte Hand in seinem Nacken, das unnatürliche Streicheln eines untoten Albtraumes, ließ den Sith frösteln. Die Kälte kroch in alle Knochen, ließ das Blut, wie Blei klumpen und die Äderchen an seinen Schläfen schwarz pulsieren. Die einzige Wahrheit, die Vesperum noch erahnte, war jene, dass Leben jede Bedeutung verloren hatte. Es hatte abermals nicht gereicht und jeder Atemzug seiner Person war Hohn und Spott für sein Unterfangen. Sorzus gieriger Einfluss, entfacht von Rachsucht am Leben selbst, wirkte, wie Feuer aus Eis. Die Eiszeit hatte begonnen, machte die Glieder immer schwerer, während die Hände bereits eitrig-taub waren. Die bösen Kräfte, welche durch seine Aura drangen, ihn Allmacht kosten ließen, nur um dann erneut im Staub seiner eigenen Hoffnung zu zerfallen. Das Opfer, jenes Ritual, welches hinter ihm lag, verschaffte nur Zeit und eine Stärke, um überhaupt die große Idee wagen zu können. Mitunter hatte es Leben geschaffen, wo keines mehr sein dürfte.

"Es reicht nicht,"
stammelte der Lord mit salziger Stimme, geschunden durch die dunkle Intention. Verschenkte das Monster überhaupt noch einen Gedanken an seine Vergangenheit? An seine Amaranthine oder an Saanza? Hatte er noch den Mut, sich selbst gegenüber zu treten und standhaft ein Bekenntnis zu äußern? Nein, dieses Bekenntnis blieb er sich selbst bis heute schuldig. Dennoch gedachte er seiner Taten, seiner Vergangenheit und wollte Rechtfertigung für seinen Zustand, seine Pläne und diese unbefriedigende Rache. Ja, er rächte sich am Schicksal selbst für die grausame Bedeutungslosigkeit des Lebens. Wie ein trotziger Narr sammelte er Kräfte, nur um erneut den schlechten Witz zu spielen, dem er versuchte zu entkommen. Nur lachen konnte er nicht mehr. Es war genug mit diesem Licht, niemand würde ihm mehr Zeit geben. Die dunkle Flamme, auch wenn sie lebendig erschien, hatte kein lebendiges Herz. Es war zu spät. Leise aber schreiend drang der Wahnsinn zurück, zerstörte das fleischige Angesicht des göttlichen Narren und machte erneut eine Maske daraus; eine Fratze des Chaos, welches längst in ihm gewachsen war. Mühsam hielt sein Wille die Kräfte zusammen. Sie waren dort, wieder entschwunden und wüteten mit aller Macht erneut. Niemand betete für seinen Weg, außer der Teufel Syn, welcher mit einem unsichtbaren Lächeln das Schicksal in Ketten legte, damit Vesperum keines mehr hatte. Darth Vesperum war frei vom Schicksal und frei vom Licht, auch wenn es nach ihm rief; verlangte, nicht mit Absicht in die Hölle zu springen. Eine weitere Seele wollte den Ruf nicht hören, folgte dem schwarzen Pfad und leckte sich dabei die Wunden, die die Dornen am Wegesrand in die Haut schlugen. Jemand hatte ihn ausgesucht oder hatte er sich selbst dazu bestimmt? Leise rief die Hölle seinen Namen. Der Schaden am Fleisch war nur Symbol einer bösartigen Macht, die ihm folgen würde; die ihm dienen würde. Syn antwortete nicht, trieb nur ihre unselige sowie unsichtbare Hand über seine aschgrauen Wangen. Die Kälte zog Vesperum an, wie Vesperum von der Kälte angezogen wurde. Beide Wesen waren sich selbst ihre Ordnung; ihre gegenseitig erschaffenden Albträume. Das Ende war die Verheißung der beiden; auch wenn Sorzus Syn ihres eigenes Spiel mit der Galaxis spielte. Und ein Narr war ein guter Spieler am Tisch. Der Einsatz war bestimmt und Vesperum hatte ihn bereits entrichtet. Seine Seele lag längst im schwarzen Meer, ertrank und gab das frei, was kein Leben verdient hatte. Ein Dämon war auf Korriban geboren, der hungrig, wie er war, Seelen verspeisen musste. Ohne würde er verhungern, da er selbst keine Seele mehr besaß und die Schwärze in sich füllen müsste oder es wünschte. Der Abgrund, die die dunkle Seite hinterließ, war so leer, dass er alles verschlang und nicht mehr zu füllen war. Nicht mit Macht, nicht mit Reichtümern und auch nicht mit Leben. Es blieb nur Gier.

Gierig war Vesperum, gegen die Macht selbst; gegen das Leben und auch gegen seinen letzten Rest Menschlichkeit. Es gab kein wirkliches Ende in der Verdammnis. Syn wusste dies- und der dunkle Lord würde es auch bald wissen. Der Sith Lord senkte sein Haupt, setzte behaglich, fast gezielt, einen Fuß vor den anderen. Der Moment löste sich, und die verlangsamte Wahrnehmung zerbrach, wie ein Spiegel; gab die Realität wieder frei. Nur das Rauschen blieb, dieses verdammte Rauschen, welches durch seinen Geist zog und nur mit Willenskraft umgangen werden konnte. Ein schwarzer Blutstropfen fiel aus seiner Nase, rollte über seine Robe und versickerte dann im schwarzen Leinen. Kurz bevor er die Hallen der Zitadelle betrat, ein Windhauch die Kapuze bewegte, bemerkte er das Blut. Er fasste sich an die Nase mit einer seiner krallenhafte Hände. Die dunkle Seite war nun stark in ihm, verbrauchte noch mehr Fleisch aber schenkte ihm einen wertvollen Gedanken: Es war möglich. Es war die ständige Verheißung, die Verführung der dunklen Seite. Darth Vesperum lächelte böse, als er durch das geöffnete Portal die Zitadelle betrat.
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