#10
Terminus - Hauptstadtraumhafen - äußerer Handelsbezirk

Die Lage nahe des Raumhafens verbesserte sich auch in den folgenden Minuten nicht. Statt in Keller oder Unterstände zu flüchten, drängten nun nicht nur die offensichtlichen Angehörigen irgendwelcher Raumschiffbesatzungen in Richtung des Hafens. Auch viele der Bürger machten sich dorthin auf den Weg. Die Menge wurde rasch dichter, was das Vorankommen von Ren und dessen erstem Maat bereits merklich einschränkte.
Hoffentlich haben Katta und Vari es schon zurück geschafft. Aber warum meldet sich Tub Waa dann nicht?, schoss es dem Lurmen durch den Kopf, während er sich an einem viel zu dicken Rodianer vorbeidrängelte und dann einer Menschenfrau auswich, die ihm geradewegs vor die Füße gerannt war.

"Achtung! Achtung! ... An alle verfügbaren Schiffe der Republik...", dröhnte es urplötzlich und sehr gedämpft aus Rens Comlink. Überrascht stellte sich dessen Haarkranz auf, was ihn einen Moment lang recht seltsam aussehen ließ, während er das kleine Ding nebenbei aus der Tasche fingerte. Die eingehenden Worte wurden schnell von statischen Rauschen überlagert, ehe einige Worte wieder verständlich das Gerät verließen: "Müssen evakuieren...", war aber auch alles, was folge. Der Mygeetaner tippte unruhig mit einer Kralle auf den Comlink und befürchtete schon, daß das Gerät wegen seines Alters nicht mehr richtig funktionierte. Doch ihm fiel ein, daß auch ein Störsender für die Probleme verantwortlich sein könnte. Mit Tub Waa hatte er sich schließlich keine zehn Minuten zuvor noch problemlos unterhalten können.
"Sofort Zivilisten geordnet aufnehmen und Terminus verlassen... Anweisung durch....", meldete sich die unbekannte Stimme wieder, ehe sich alles erneut in statischem Rauschen verlor. Der Kanal war ein Offener, keine Ren bekannte Militärfrequenz. Allerdings musste das nichts heißen. Er kannte in erster Linie nur jene, die von Ateiths Marodeuren verwendet worden waren und jene, die die Raumstreitkräfte im Sluis-Sektor und entlang der Rimma-Handelsroute verwendeten.

"Klingt nicht so, als ob der TSD und unsere Jungs alles im Griff hätten.", gab Reya Tunith unnötiger Weise von sich und zuckte mit den Schultern. Trotz des Aufruhrs um sie herum war sie nahe genug neben dem Mygeetaner gelaufen, um die Nachricht mithören zu können.
"Sieht böse aus, ja...", lautete die Antwort. Es klang allerdings nicht so, alsob der Kapitän völlig bei der Sache war. Tunith vermutete, daß er sich Sorgen um seine Familie machte. Sowohl seine Gefährtin als auch die gemeinsame Tochter, das wusste sie, waren zeitgleich mit ihnen aufgebrochen um einige Vorräte zu besorgen. Dünger für die an Bord der Rache für Jygat befindlichen Gewächsanlagen in erster Linie.
In all dem Gewirr bog schließlich ein Mannschaftstransporter des Sicherheitsdienstes um die Ecke, kam mitten auf der Hauptstraße zum Stehen und entließ seine Fracht aus zahlreichen Beamten in die aktuell eher zweifelhafte Freiheit der offenen Straße. Diese versuchten augenblicklich der Lage Herr zu werden. Das war bei der vorherrschenden Panik jedoch keine sonderlich leichte Aufgabe.
Erneut musste das Duo langsamer werden, um nicht mit einigen anderen Flüchtenden zusammenzustoßen. Ren war gerade dabei einen alten Menschen laut anzufauchen, wobei er seine Zähne zeigte, als ihn eine Hand mit langen, feingliedrigen Fingern herumriss.
"Ich nehm' Dich huckepack, das hat sonst keinen Zweck mehr.", rief Reya. Ren verstand, sprang an der Muun hoch und hielt sich an ihren Schultern fest...


Terminus - Hauptstadtraumhafen - Landebucht der Rache für Jygat

Leyil Bal-Il befand sich auf der Brücke und kontrollierte zum bestimmt vierten Mal den Waffenleitstand des alten Transporters. Die Konsole war erst vor einigen Monaten in den Werftanlagen bei Sluis Van eingebaut worden. Zeitgleich waren auch einige andere Systeme verbessert worden. Beispielsweise waren die Zielerfassungssensoren auf neueren Stand gebracht und die Energieübertragungsleistung zu den Deflektorschilden verbessert worden. Die Selonianerin hatte alles doppelt und dreifach kontrolliert und fast jeden Handgriff der Techniker zusammen mit Chefingenieur Aka-Dir überwacht. Sie war dabei fast noch pedantischer als der Sluissi gewesen, was schon etwas heißen wollte. Normalerweise war er derjenige, der ständig dazwischenfunkte, wenn etwas Technisches nicht genau so gemacht wurde, wie es seiner Meinung nach gemacht werden sollte.
Dieses Verhalten, welches für sie sonst eher untypisch war, hatte einige Erheiterung an Bord ausgelöst, während die Techniker der Werft sie vermutlich am liebsten gehäutet hätten.
Nun jedoch sah sich die Selonianerin in ihrem Verhalten bestätigt. Terminus wurde angegriffen, aber die Systeme waren so bereit, wie sie unter diesen Umständen auf einem Schiff wie diesem nur sein konnte. Nervös starrte sie immer wieder zum Brückenchronometer. Seit der Kommandant sich das letzte Mal gemeldet hatte, waren bereits mehr als zehn Minuten vergangen.
"Hat der Käpt'n sich nochmal gemeldet?", fragte sie überflüssigerweise und löste bei Tub Waa, der unruhig an den Rohrleitungen der Decke entlanghangelte nur ein verständnissvolles Kopfschütteln aus. Währendessen rückte er mit einer Hand sein Stirnband zurecht. Bervor der Lurmen etwas erwidern konnte, wurde das gesamte Schiff jedoch von einigen Erschütterungen erfasst. Irgendetwas war gegen die Hülle geprallt. Mehrmals.
Das Geräusch hatte sich ohrenbetäubend laut ausgebreitet und vermutlich jeden an Bord vor Schreck zusammenzucken lassen.
"Was war das?", schrie Leyil lauter als notwendig, während Tub Waa, der von der Decke gefallen war, sich seinen schmerzenden Hintern rieb.

Der alte Tee Ra Lok, der gerade die Sensoren im Auge behielt fluchte leise in seiner Muttersprache, was eher nach einem tierischen Fauchen mit anschließendem, abgehackten Miauen klang.
"Ein Imp-Jäger ist etwas neben uns abgestürzt. Wir haben die Trümmer abbekommen. Keine Schäden so weit ich das sehe, aber Aka-Dir muss das noch bestätigen.", meldete er und schüttelte dann verärgert den Kopf. "Was machen Deine Geschützmannschaften eigentlich? Hätten die das nicht verhindern sollen?"
Erneut fluchte er. Die Selonianerin verstand jeden Laut des Fluches, wusste nur nicht, was er auf Basic bedeutete. Sie schnaubte aggressiv und blieb dem Alten die Antwort auf seine Frage schuldig. Immerhin, gerade in diesem Moment ging die Meldung ein. Die Geschütze waren bemannt und feuerbereit. Sollte sich also nochmals irgendetwas in Jägergröße dem Schiff nähern, würde die Rache für Jygat sich nicht mehr nur auf die Raumhafenverteidigung verlassen müssen. Die bewaffneten Besatzungsmitglieder hatten ihre Zielorte schon längst erreicht und so etwas Ähnliches wie eine Verteidigungslinie um den alten Transporter errichtet. Zwar waren ein Haufen Selonianer und Lurmen mit alten E-5ern nicht sehr beeindruckend, doch würden sie das Schiff wenigstens eine Zeit lang verteidigen können, sollte Chaos ausbrechen.
"Schiff gefechtsklar.", meldete sie kurz angebunden und konzentrierte sich wieder auf ihre eigenen Anzeigen. Das alles hatte viel zu lange gedauert. Der Wach-, und Konvoidienst hatte die Besatzung langsam und träge gemacht. Sollten sie hier nicht alle draufgehen, so würde sich das ändern müssen...


Terminus - Hauptstadtraumhafen - Not-Kontrollpunkt 3

Reya Tunith atmete tief durch, ehe sie zu einer weiteren Schimpftirade ansetzen wollte. Doch Ren kam ihr zuvor: "Hören Sie, Sie haben die Dokumente. Wir gehören zur Besatzung der Rache für Jygat. Lassen Sie uns endlich durch!", fauchte er.
Der Beamte der Raumhafensicherheit schüttelte nur den Kopf. Er müsse erst die Bestätigung abwarten, andernfalls dürfe er niemanden passieren lassen. Hinter den dreien staute sich bereits eine größere Menge, die aus Raumhafenpersonal, Schiffsbesatzungen und panischen Bürgern bestand. Eine Flasche sauste durch die Luft und zersplitterte an der Wand neben dem Sicherheitsbeamten. Der zog den Kopf ein und seinen Blaster aus dem Halfter, während sein Vorgesetzter einige Meter entfernt auf einer Kiste stehend, versuchte den Mob zu beruhigen. Diesen Moment der Unaufmerksamkeit nutzte Reya, um sich an dem Sturkopf vorbeizudrängeln und druch den Korridor dahinter zu hasten. Rasch wurden sie von zwei anderen Sicherheitsleuten verfolgt, die sie immer wieder zum Stehenbleiben aufforderten.

Als sie mit ihrem Kommandanten auf dem Rücken um eine Ecke bog, atmete sie erleichtert auf und kam zum Stehen. Ren Naa Lok nickte zufrieden und ließ sich langsam zu Boden gleiten. Auf seine Besatzung war Verlass, so viel stand fest.
Die beiden Sicherheitsbeamten hingegen, die nur einen Moment später die gleiche Ecke hinter sich gelassen hatten, blickten nun in die Mündungen von fünfzehn E-5 Blastern, welche sich alle auf sie richteten, noch während sie in Sicht kamen. Gehalten wurden die Waffen von einem seltsam wirkenden Trupp aus Lurmen und einigen Selonianern. Vor allen Dingen letztere sahen nicht aus, als ob sie die Blaster nur zur Zierde mit sich herumtrugen.
"Darf ich vorstellen? Raumhafensicherheit, Jygats.", begann Reya in dem liebenswürdigsten Tonfall zu dem sie fähig war. Und deutete erst auf die beiden verunsicherten Neuankömmlinge, dann auf die Gruppe Bewaffneter hinter provisorischen Barrikaden aus Frachtkisten. "Jygats, Raumhafensicherheit."
Die Muun stand außerhalb des Schussfeldes mit verschränkten Armen und breitem Grinsen, ihren Freund und Kommandanten neben sich. Wäre die Situation nicht so extrem ernst gewesen, so hätte auch er die Komik des Ereignisses zu würdigen gewusst. Doch stattdessen machte er Kehrt und trottete auf die Rampe zu, in der nun auch Tub Waa auftauchte.

, plapperte der Mygeetaner drauflos, besann sich dann jedoch eines Besseren und atmete einen Moment lang tief ein, dann wieder aus. Nachdem seine Gedanken sich einigermaßen hatten beruhigen können, fuhr er auf Basic fort: "Wir sollen bei der Evakuierung von Zivilisten helfen. Von wem oder wo das kam, weiß ich aber nicht.", meldete er. , fügte er leise hinzu, als er mit seinem alten Freund auf gleicher Höhe war. Er unterschlug allerdings, daß die beiden eine recht turbulente Flucht hinter sich hatten und erst über alle möglichen Dächer hatten klettern müssen, um den Raumhafen und schließlich den alten Hardcell-Transporter zu erreichen.
Ren nickte. Ein Teil von ihm jubelte innerlich vor Erleichterung, doch er durfte sich jetzt nicht ablenken lassen. Er unterdrückte den Impuls sofort nach seiner Familie zu sehen und warf einen Blick zurück auf den Landeplatz. Reya kam ebenfalls auf das Schiff zu, das Grinsen nachwievor auf ihren Lippen. Die beiden Sicherheitsleute hatten sich zurückgezogen.
"Nimm zwei Selonianer mit und frag persönlich vorne bei der Sicherheit nach, vielleicht können die das bestätigen.", wendete sich Ren wieder an seinen Artgenossen, der daraufhin nickte und mit einem kurzen Gruß an der Muun vorbei auf den Landeplatz eilte...
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