#14
Es funktionierte nicht, sie konnte ihn nicht an irgendetwas binden, irgendwie durchbrechen und hinter die Fassade linsen. Für jeden Schritt, den Amber nach vorn ging, bewegte sich Alron Berrik drei zurück und versank immer mehr in sich selbst und dem Grund, aus dem er hier war. Der ihn Auffraß. Die Pflicht verschlang den Verpflichteten, wie sie, nicht ganz ohne traurige Ironie, erkennen musste. An diesem Tag gab es keine Sieger, keine Helden, kein Jubeln - außer vielleicht auf Naboo, irgendwann später. Wenn dieses Pack von Aasgeiern sich über ihre teuer bezahlte Information hermachte, ohne auch nur zu ahnen welche Mühe dahinter steckte, welche Demütigung und welcher Verlust. Macht bekam man nicht geschenkt - doch hatte sie am Ende zu viel geopfert? Mehr als sie tatsächlich besaß. Terminus gehörte ihr nicht, er gehörte jedem der auf dem Planeten lebte und trotzdem hatte sie einfach entschieden, für Millionen von Lebewesen binnen weniger Minuten ihr weiteres Schicksal besiegelt - einfach so. Aber letztendlich war es tatsächlich so, wie es sich in Berriks Gedankenspiel zusammenfügte. Es gab keine echte Wahl, in einem Krieg bestanden Alternativen nur darin, was geopfert wurde und an wen. Die Frage des wofür hingegen was nichtexistent, obsolet. Ein System war nur so lange unabhängig, bis sich eine Seite dazu entschied, es zu annektieren. Das war etwas, an dem Amber festhalten konnte, denn gemäß dieser Wahrheit, war ihr Handeln nicht falsch, es war kein Fehler. Sie hatte vielleicht verkauft, aber zu einem Preis und war nicht einfach gefallen. Doch in welcher Option lag mehr Anstand? Es spielte jetzt keine Rolle. Irgendwann einmal würde sie sich dafür rechtfertigen müssen, vor sich. Und fortan würde sie jeden Tag das Gesicht im Spiegel sehen, dass den Untergang besiegelt hatte. Aber vielleicht war selbst das unwichtig, vielleicht wäre gar keine Amber Ghazalah vonnöten gewesen. Irgendwo war sie für ihr Tun an diesem Ort austauschbar. Es hätte jeder Abgesandte von Terminus sein und am Ende hätte sich das Ergebnis doch nur marginal unterschieden. Die Bedeutung lag doch lediglich darin, dass es ihr Name war, den die Historie fortan dafür verantwortlich machte.

Am Ende verlor sie den Kampf gegen Berrik, weil es niemanden gab, gegen den sie kämpfen konnte, weil er sich nicht als Feind, als Gegner präsentierte. Nur eine Puppe, an der Schläge dumpf abprallten, eine Puppe der es nicht einmal interessieren würde, in Scheiben geschnitten zu werden. Amber hätte sich wie eine billige Twi'Lek an eine Stange werfen können und es wäre unwichtig, es wäre an ihm vorbeigegangen. Alron Berrik war weniger der geifernde HoloNet-Beobachter, der sich lüsternden Erotikfilmen hingab und sich in künstlichen Emotionen versenkte, nein, vielmehr war er das gerät, dass diese ausstrahlte. Er wusste was kam, wann es kam, er wusste es immer und würde es immer wissen. Aber es bedeutete nichts, es gehörte zu seinen Funktionen dazu und so führte er es aus. Mehr spielte keine Rolle, denn mehr war da nicht. In mancherlei Hinsicht war der Mann asozialer als der Abschaum der unteren Ebenen Coruscants. Nein, nicht nur in mancherlei, generell. Seine kultivierte Maskerade konnte nicht über den Charakter hinwegtäuschen.
Dann stellte Berrik die Dinge noch einmal klar und dennoch klang der trockene Fakt wie eine kaum verhüllte Drohung. Nutzen, natürlich. Am Ende reduzierte er sie auf Nutzen und nichts anderes, sowie die Getränke einen Nutzen hatten, ihr Raumschiff, gar die Prostituierten mit denen er sich gedachte zu Vergnügen. Nutzen ergab die Funktion, die man im Apparat einnehmen würde: der Schritt in die Welt des Alron Berrik. Aber sie würde ihn nicht gehen. Sie war ein Individuum. Etwas Unnützes.

Seine endgültige Flucht war abzusehen gewesen und trotzdem überraschte sie Amber für einen Moment. Es kam plötzlich, im abgehakten Stakkato, wie üblich mit fester Endgültigkeit. Er hatte keine Lust mehr, kein Interesse an ihr, zumindest nicht in der gegenwärtigen Funktion, die sie einnahm. Ihre Möglichkeiten waren am Ende, sie könnte ihm nachrennen, um den Hals fallen wie eine frisch verliebte, ihn mit jeder Faser ihres Körpers betören, aber das würde Amber nicht tun. Sie hasste den Mann. Sie verabscheute das, was aus ihm gemacht wurde aus tiefstem Herzen. Und selbst wenn sie das überwinden könnte, es würde nichts bringen. Er könnte nicht zuhören, er würde ihre Worte nicht hören, das hatte sie begriffen. "Gehen Sie.", fröstelte es aus ihren Lippen. Keinen guten Tag, denn er war es nicht. Kein auf Wiedersehen, denn es würde keines geben. Berrik sollte verschwinden, am besten aus ihrer Erinnerung, aus diesem Leben. Und mit ihm alles, was sie hier gesagt und getan hatte. Und doch würde es nie geschehen. Amber konnte es verdrängen, aber nie vergessen. Schlussendlich winkte sie Dash Narson zu sich heran, der seit dem Verschwinden des Mannes bereits lauerte.
Unter anderen Umständen hätte Dash nun vielleicht gescherzt, mit welch freizügiger Laune, Amber in diesem Etablissement verkehrte, doch der glasige, beinahe leere Blick zwang ihn dazu jeglichen scherzhaften Kommentar herunterzuschlucken. Es war nicht die Zeit, nicht der passende Moment. Die Augen des Sluissi wanderten von Berriks leeren Platz zum Datapad hin zu Amber. "Und?", fragte er schließlich, brachte alles auf einen Punkt und zerrüttete damit die Grundpfeiler ihrer heilen Welt. Und?, hallte es noch einige Sekunden durch ihren Schädel, der sich so leer, so hohl anfühlte wie das All. Er erwartete eine Antwort, bald würden alle eine erwarten. Sie kannte den Hintergrund der einfachen Frage, man erwartete eine Heilsbotschaft, einen großartigen Sieg, doch gewiss nicht das Eingeständnis der Niederlage. Amber suchte nach Worten. Sie fand keine. "Ich... wir... ich...", quetschte sie es sich brüchig heraus. Inhaltsloses Gestammel, dass den Blick noch glasiger werden ließ. Vor Berrik konnte sie sich etwas vormachen, vor Dash jedoch nicht."Es war ein Fehler." Das fasste es zusammen und sie versuchte es mit noch einer kleinen Wahrheit. "Es war falsch. Das hier. Alles." Aber es half Dash ebenso wenig, wie es sich für Amber leichter machte, denn schlussendlich konnte er nicht begreifen, was geschehen war, was sie plötzlich in einen eingesacktes Häufchen Elend verwandelt hatte. "Ich... kann nicht darüber reden. Nicht jetzt, es tut mir Leid, Dash.", wich sie ihm aus, denn sie wollte keinen Freund anlügen. Es gab nun nur noch eine Hoffnung: einen langen Krieg für Republik und Imperium. Solange Krieg war, hatte sie Frieden und verabscheute sich selbst für den Gedanken. Doch nach dem krieg kam Zsinj - wenn er noch lebte. Oder ein anderer Berrik. Ein anderer Kriegsherr. Die Überreste von Kriegen konnten manchmal schlimmer sein, als der eigentliche Konflikt. Sie griff nach dem Datapad, trotz seiner Wichtigkeit, als wäre es eine billige Trophäe aus einem Automaten und nach metaphorischer Betrachtung mochte das sogar stimmen. "Aber ich habe etwas sehr wichtiges bekommen, etwas, dass der Republik einen entscheidenden Vorteil verschaffen könnte." Der Republik nicht uns. Dash hörte aufmerksam zu, er wusste, dass sie mit Absicht so formulierte, diese geistige Grenze zog und sich selbst in einen Käfig sperrte. Und er wusste auch, dass sie auf Erlösung wartete. Dash war nicht unfair, er wusste, eines Tages würde sie reden, aber nicht jetzt. Es hatte keinen Zweck sie unter Druck zu setzen, er wusste, es würde sie schlussendlich nur in die unangenehme Lage manövrieren ihn doch anlügen zu müssen. Wenn Amber Ghazalah nicht reden wollte, tat sie es auch nicht. "Dann gehen wir besser sofort. Wenn es wichtig ist, sollten wir die Republik nicht warten lassen.", kamen die erlösenden Worte aus ihm heraus.

Es dauerte nicht lange, bis die Sweet Sugar die Station am Rand der Galaxis wieder verließ und zurück in die Hoheitsgebiete der Republik sprang. Dash entging nicht, dass Amber sich kein Stück über den Mangel an Komfort beklagte, sondern sich verschwiegen und grüblerisch gab, während sie die erhaltenen Informationen an die Republik übermittelte. An das Oberkommando, sie umging den Rat und wandte sich direkt an die Leute, welche die schlussendliche Planung durchführten. "Der Rat wird Sie wegen der Sache auf Kamino bestimmt noch einmal mdurch den Fleischwolf drehen wollen.", versuchte Dash das Eis zu brechen, starrte aber weiterhin stur aus dem Sichtfenster und tat so, als wäre in der Navigation des Schiffes vertieft. Amber hob, vertieft in ihren Datapads, ein wenig den Kopf und starrte finster in den Rücken des Sluissi. "Idioten.", kam die flapsige Antwort, obgleich etwas tonlos und ohne Nachdruck, als ob es sie kaum interessierte. "Sie könnten das nächste Mal trotzdem in Erwägung ziehen eine kleine Eskorte beizusteuern. Es sei denn, Sie möchten mich tatsächlich sterben sehen.", stocherte der Sluissi weiter. Die erste Reaktion bestand lediglich in einem missbilligenden Schnauben. "Haben Sie je einen imperialen Schlachtkreuzer mit Eskorte fliegen sehen?" Dash grinste, natürlich, jetzt kam das kleine Kind in ihr, dass seine Ruhe haben wollte vor dem neugierigen bösen Onkel. "Nun Miss... es gibt Geschöpfe, wie mich, die über einen gesunden Selbsterhaltungstrieb verfügen. Ich vermeide daher Sichtkontakt mit imperialen Schlachtkreuzern. Sie etwa nicht?" Ihr Blick fiel noch einmal kopfschüttelnd auf die Informationen, ehe sie die Übertragung bestätigte und nun, zumindest mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen zum Sluissi hinüberblickte. "Danke, Dash." - "Stets zu Diensten, Miss!", meinte er ebenso grinsend, ehe der Hyperantrieb zündete und das Schiff verschwand. Amber wusste, dass es von nun an kleine Lichter wie jene, die Dash entsandte waren, an den sie sich aufwärmen musste, die ihr die Kraft gaben, weiterzumachen. Denn ihre eigene Flamme war ihr von Alron Berrik gestohlen worden. Für Zsinj.
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