#10
Aber nur vielleicht. Er hatte keine Beweise, er kannte sie nicht, alles was ihm blieb waren nebulöse Spekulationen. Er mochte ihre Ziele kennen, die Motivation, die Gründe für ihr Handeln aber, blieben für ihn im Schatten verborgen. Doch Selbstbetrug? Das war... absurd. Es war keine rationale Aussage, keine vernünftige Beobachtung sondern ein Schuss ins Blaue, der sie aus der Deckung treiben sollte und noch wichtiger: er hatte unrecht, lag falsch. Sie diente nicht, beugte sich keiner gewaltigen Institution, nein, sie vertrat diese Idee, Amber war ihr öffentliches Gesicht, ihr Avatar, wenn man so wollte. Zusammen mit den Bewohnern von Terminus traten sie für ihre Überzeugungen ein, aber machten sich nicht zu Sklaven ihrer selbst, es gab keinen Personenkult wie im imperialen Raum, wo die Mentalität und Stabilität gerade einmal einen Herrscher überlebte. Oder hatte er recht? Konnte sie es sich eingestehen? Obgleich Amber ihn nicht kannte, nie gesehen hatte, neigte sie stets dazu in den höchsten Tönen vom ehemaligen Jedi und Grafen Dooku zu sprechen. Sie verteidigte verbissen etwas Totes, etwas Gescheitertes, ohne dabei einsehen zu wollen, dass ihr Krieg lange schon verloren war, dass sie etwas nachhing, für das es keinen Platz mehr gab und vielleicht waren das ihre letzten Atemzüge in Unabhängigkeit. Sie fühlte sich schwach, brüchig, als hätte Berrik Amber nicht härter treffen können. Aber es widersprach auch ihrer Natur, jetzt aufzugeben, einzuknicken und den leichten Weg zu gehen, auf den er sie zerren wollte. Beinahe konnte die Ratsherrin spüren wie kalte Hände sie ergriffen, grob packten und in das imperiale Lager schliffen, hin zu einem Pranger, dass alle Welt sah, wie sich die stolze und unbeugsame, die hochmütige Amber Ghazalah selbst verlor. Wie sie binnen Minuten in etwas verwandelt wurde, das ihrem Spiegelbild nicht unähnlicher hätte sein können. Aber sie würde ihm nicht recht geben sondern widersprechen und bedeutete nichts, wenn es Berrik nur als Bestätigung ansah, denn sie war es, die nicht vergessen durfte, wofür sie diesen Verrat beging und im Namen welcher Person. Früher vielleicht wäre sie an dieser Stelle niedergeschlagen Wesen, hätte nach den harten Worten, Worten die Idealisten stets wie Pfeilspitzen trafen, mit den Tränen zu kämpfen gehabt. Doch nun herrschte dort nur noch ausdruckslose Leere, bis die Feuer erneut entflammten, ihr Willen und Stärke zurückgaben, neues Leben in die grünen Augen sprudelte. "Für die eigenen Werte einzustehen, für jene Dinge die einem jeden Wesen am Herzen liegen zu kämpfen ist kein Selbstbetrug. Es ist ehrbar. Hoffnung mag verwelken und doch erhebt sie sich stets wieder wie ein Phönix. Auch ein System kann einzeln bestehen, in einer Galaxis, in der Frieden das Ziel ist. Nicht Übernahme oder Kontrolle, nicht Einverleibung, wie er es wünscht." Denn genau das war es, sie hatte es durchschaut. Schlussendlich würde sie sich Zsinj opfern und mit ihr Terminus und was blieb dann noch übrig, von den Versprechungen, die ihr hier unterbreitet wurden? Oder war es ihre eigene Dummheit, ihre eigene Naivität, mit der sie sich in diese Lage manövriert hatte? Mit welcher Erwartung war sie hergekommen? Fragen, auf die Amber keine Antwort fand, denn sie fühlte sich wie eine Verliererin, eine Zockerin, die alles gesetzt und alles verloren hatte. "Dann verkennen Sie die Realität Mister Berrik. Ihr Angebot unterscheidet sich wohl nur unwesentlich von dem der Republik - mit der Ausnahme, dass ich mich von jener umzingelt sehe. Sie könnten mir nicht helfen, dazu wären sie nicht fähig. Nicht einmal wenn sie wollten. Ich, Terminus, würde am Ende ausbluten, sollte die Republik je von dieser Überlegung erfahren. Ein Beitritt in sein Reich ist keine Option. Ich verkaufe meine Leute nicht." Nicht noch einmal. Wie sie bitter zugeben musste, denn nur zu sehr wartete sie darauf, dass Berrik sie an die Republik erinnerte, dass sie es schon einmal tat und wieder tun könnte. Aber das war etwas anderes. Sie musste daran glauben, dass es etwas anderes war.

Ihr Gesprächspartner indes erwies sich als resistent, gefangen in seinem Muster, dass ihn nicht mehr los ließ sondern irgendwann zur Gänze verzehren würde. Seine Ausrede machte das deutlich, eine Ausrede, die nur zu oft genutzt wurde und so verachtungswürdig war wie der Staat, auf dem sie fußte. Er rechtfertigte es mit Krieg. Sie rechtfertigten es alle mit Krieg und verkannten die Inhaltslosigkeit ihrer Worte. Ursache und Wirkung aber, lagen woanders. Krieg konnte erst durch Grausamkeit entstehen, durch den Willen der Zerstörung - so wie die Republik einst Geonosis zerstörte, Muunilinst und Mygeeto, Cato Neimodia. Aber diese Perversionen waren nicht der Ausfluss, nein, sie waren der Grund. Nur zu deutlich sah sie das Bild des zerstörten Alderaans vor sich, nur zu sehr konnte sie begreifen, dass seine Ausrede Worte waren, an die kein mitfühlendes Wesen glauben konnte und die Tatsache wie beiläufig es Berrik aussprach, erfüllte ihr Herz mit Furcht. "Das können Sie nicht glauben!", entfuhr es ihr plötzlich. "Sie können Gewalt unmöglich mit Gewalt rechtfertigen, Sie können keinem Ideal folgen, das mehr darum bestrebt ist Leben zu nehmen, als zu bewahren." Oder? Natürlich konnte er, denn er tat es bereits. Es war eine Frage der Gewohnheit, der eigenen Bequemlichkeit sich zu beugen, all die Gräuel zu ignorieren, so man selbst nicht betroffen war. Entscheidender war jedoch, was sie hie gerade gedachte zu tun. Amber war nicht in der Position, schon gar nicht in der Verfassung jemanden zu belehren, ihm vorzuschreiben was richtig und was falsch war und trotzdem verboten es ihr ihre Überzeugungen derlei unkommentiert zu lassen. Denn es würde bedeuten zu akzeptieren, es stillschweigend zu schlucken und die verkommene Wahrheit so in sich aufzunehmen, das Gift, das den Körper zersetzte. Fast wie das Getränk, das der Gesandte sich zu Gemüte führte. Trotzdem würde sie am Ende verlieren, Amber wusste es. Der Mann würde ihr keine Wahl lassen und er gewann nicht etwa weil er ihr tatsächlich überlegen war, nein. Er gewann weil er abgestumpft war, weil er Unannehmlichkeiten an sich abprallen ließ, sich nicht dazu herabließ darauf einzusteigen. Weil er ihre Worte nicht richtig hörte, sondern sie nur ganz wie ein Droide, nach Informationen sondierte, das entbehrliche, für ihn, für seinen Auftrag belanglose beiseiteschob und mit Nichtbeachtung strafte. Und es schmerzte. Denn ob er es wusste oder nicht, Berrik degradierte sie damit zu einem einfachen Mittel, einem Püppchen das ebenso willenlos Befehlen folgte wie er. Ohne Eigenantrieb, nur mit einer Aufziehfeder. Amber weigerte sich dies zu akzeptieren, sie war eine Person, ein Mensch, atmete, fühlte, lebte und traf ihre eigenen Entscheidungen. Für sich.

Am Ende wurde sie still, Amber spürte, wie ihr mehr und mehr die Worte ausgingen, die Möglichkeiten ihn beschäftigt zu halten, zu binden und selbst ihre einladende Gestik vermochte daran nichts zu ändern. Berrik war in seiner Rolle wie gebannt und selbst jene Reize, die sie versuchte auszusenden konnten daran nichts ändern, ließen ihn kalt und unbeeindruckt und widersprachen damit komplett seinem anfänglichen Benehmen. Auffällig hingegen war seine Selbstsicherheit, diese Bastion aus Arroganz und Hochmut, die er um sich herum schuf. Er wähnte sich als Sieger und vielleicht war das auch so, aber sie würde ihre Niederlage nicht mit einem einfachen Zugeständnis besiegeln, etwas, dass er nun direkt von ihr verlangte. "Es gibt kein A, B oder C, Mister Berrik. Die Lage ist komplizierter als das ein paar Buchstaben reichen würden, sie zu beschreiben.", belehrte sie ihn, in ebenso beiläufigen, beinahe gelangweilten Ton, der er an den Tag legte. Amber beugte sich vor und lehnte sich weit über den Tisch, wohl bewusst noch einen letzten Reiz zu entsenden, einen letzten Versuch der Ablenkung zu unternehmen und griff sich dabei dreister weise das Getränk des Imperialen. "Sehen Sie, Mister Berrik, vor einigen Minuten gab es gewiss auch keine 'Ich nehmen Ihnen Ihr Getränk weg'-Option und nun hat sich meine Laune plötzlich geändert und ich tat es doch. Was ich von Ihnen brauche sind keine Vorschläge, denn Sie wissen so gut wie ich, inwiefern ich Ihnen schlussendlich helfen kann. Was ich von Ihnen brauche sind Sicherheiten, Gewährleistungen. Wie würden sie mich überzeugen, dass ich an einen Frieden glaube? Einen Frieden für mich, für die Menschen von Terminus?" Und sie meinte gewiss nicht die Imperiale Art des Friedens, die Zwangseingliederung, die letztlich in neuen Unruhen resultieren würde, etwas, dass selbst Berrik erkennen sollte.
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