#2
Die Geschäfte liefen gut. Das war natürlich keine Überraschung. Es war die Zeit für clevere, gewiefte Geschäftsmänner, die aus dem Unorthodoxen heraus in dieser komplexen galaktischen Situation noch das Gespür besaßen, um solide und seriös wirtschaften zu können, seine Streitkräfte zu versorgen und sogar auszubauen. Zsinj war zweifellos einer dieser Männer. Auch wenn das nur wenige in der Galaxis so bestätigen würden. Das aufgedunsene Gesicht des Kriegsherrn verzog sich zu einem Lächeln und der extravagante Bart Zsinjs streichelte seine Wangen. Er zog an einer absurden Cigarra-Konstruktion, die es ihm gestattete, mehrere Stängel gleichzeitig zu rauchen. Dekadent? Zweifellos. Beabsichtigte er, diesen Eindruck nach außen hin zu erwecken? Natürlich. Es war nicht immer leicht, beständig die Tarnung aufrecht zu erhalten, ein kleiner, ignorierenswerter Fisch im großen Strom der Galaxis zu sein. Er hatte Schwäche vorgetäuscht, indem er nach der Schlacht von Endor diplomatische Fühler zur neu gegründeten Republik sowie allen anderen danach entstehenden Parteien ausgestreckt hatte. Unschwer war zu erkennen, für wie bedeutungslos man ihn hielt und ihm nichts zutraute. Wohl auch deshalb ignorierte die Republik ihn bislang vollständig, so dass man von einer Art Tolerierung, ja vielleicht einem Waffenstillstand sprechen mochte. Nicht dass es einen Vertrag gab oder jemals geben würde. Und selbst wenn, würde dieser sich in dem Moment überholen, in dem Zsinj im Nichteinhalten einen Zugewinn sah.

Im Gegensatz zu seinen Konkurrenten war er nicht darauf angewiesen, andere Parteien oder Planeten zu überfallen, um seine Finanzen zu sanieren. Die Einnahmen sprudelten. Die zahlreichen Netzwerke überall in der Galaxis, die Geschäftskontakte, Scheinfirmen, Tarnnamen. All das zahlte sich jetzt aus. Vielleicht war es ein wenig ein Jammer, dass erst das Imperium untergehen musste, ehe er die vollen Vorzüge seiner Geschäfte im Vergleich zu anderen ernten konnte. Aber das Bedauern seitens Zsinjs dauerte lediglich einen Wimpernschlag an. Im Grunde hatte er ja mit seinen Vorkehrungen gerade darauf spekuliert. Bald schon würden seine Kassen noch weiter sprudeln. Das Schicksal hatte Zsinj begünstigt – nicht nur im Hinblick auf seinen vibromesserscharfen Verstand. In seiner Nähe lag einer der lukrativsten Gebiete der Galaxis, der Korporationssektor. Zufälligerweise führten die größten Transitrouten in den Sektor mitten durch Zsinjs Herrschaftsgebiet und somit war der Korporationssektor darauf angewiesen, dass er seine Grenzen offen hielt. Wo einige darin ein Problem sehen mochten, wenn sie Skrupel besaßen, sahen andere darin einen unschätzbaren Vorteil, bot es doch ein hervorragendes Argument für… nun… Zusammenarbeit. Hunderte Firmen mit weiteren Verbindungen in die gesamte Galaxis. Das Spinnennetz würde noch breiter werden und die Einnahmen durch den Handel mochten Zsinj vielleicht bald zum reichsten Mann der Galaxis machen. Das war zwar nicht das Wichtigste – auch wenn es ein durchaus angenehmer Nebeneffekt war -, aber ein praktischer Schritt für die Verwirklichung seiner Ziele. Welche auch immer er sich setzen würde. Man würde es sehen. Vorher stand noch jemand im Weg. Ein Widersacher, den es auszuschalten galt. Auf die eine oder andere Art.

Zsinj wandte sich dem großen Panoramafenster vor ihm zu, das ihm einen Blick auf Dathomir bot. Serenno mochte die Hauptwelt seines Reiches sein, doch der militärische Kopf saß in seiner Rancor-Basis hier im Orbit Dathomirs. Wunderschön strahlte die Sonne die Seite des Planeten an, beleuchtete die Werft in seinem Blickbereich und ließ die weit entfernten Panzerplatten der Iron Fist herrlich glänzen. Ein Bild, das ein Holobuch nicht schöner hätte zeigen können. Zsinjs scheinbare Schwäche war nur positiv. Jedenfalls im Moment. Im Vergleich zu den meisten anderen Parteien wurde er mit jedem Tag mächtiger – wie auch die Republik. Durch die Zerschlagung des Imperiums profitierten jedoch auch Zsinjs Untergrundorganisationen auf imperialen, aber auch auf republikanischen Welten, die weniger stark bewacht werden konnten, da die Republik immer mehr Material an die Front verlegen musste. Der Kriegsherr hatte keinen Zweifel daran, dass die Republik bald eine Großoffensive starten würde. Sie musste die Schwäche des Imperiums ausnutzen, solange es am Abgrund taumelte, um nicht nach einigen Monaten der Konsolidierung schließlich wie die Made, die sie tatsächlich war, zerschmettert zu werden. So musste die Republik sich zwangsläufig allein dem Imperium widmen und die imperialen Abspalter ignorieren, um nicht in einen Mehrfrontenkrieg zu geraten. Und das Imperium selbst? Zsinj gluckste. Geführt von einem Pestage, der vielleicht ein Organisator war – ein hervorragender sogar -, niemals aber ein Macher. Ein Imperium konnte man aber nicht konservieren, man musste schaffen. Ideen kreieren und fortentwickeln. Wie er, Zsinj. Auch wenn er realistisch genug war zu wissen, dass ihm das Privileg, über das Imperium zu herrschen niemals zuteilwerden würde. Trotzdem, Pestage war ein Mann der Gegenwart, doch ein Imperium benötigte einen Mann der Zukunft. Vesperum war wohl ein solcher gewesen, jedenfalls schien es so. Kein Wunder also, dass manche ihn zurücksehnten, auch wenn das in Anbetracht seiner Identität als Machtbegabter nicht einer gewissen Ironie entbehrte. Wahrscheinlich zeigte das aber ganz gut, in welch desolatem Zustand das sogenannte „Galaktische“ Imperium derzeit war. Nur noch ein Abziehbild alter Stärke. Auf lange Sicht würde es gegen die sogenannte Republik nicht bestehen können, nicht ohne Hilfe von außen. Dafür war es im Inneren zu schwach, zu zerstritten. Doch Zsinj konnte warten.

Irgendwann würde die Zeit kommen. Irgendwann würde die Galaxis ihn herausfordern – oder nein: Er würde sie herausfordern. Solange musste er nun einmal die Rolle spielen, die er inzwischen perfektioniert hatte. Und dann erst mochten die, die ihn jetzt noch belächelten, erkennen, wie sehr sie sich in ihm getäuscht hatten. Aber erst, wenn es zu spät war. Zsinjs Bart sträubte sich erneut, als seine Lippen sich zu einem Lächeln verformten. Und irgendwie hatte das Theaterspiel auch seinen ganz eigenen Reiz.
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