#16
Eine stille Wehklage, wortlos von lebendigen Lippen geworfen, fiel in das Dunkel der Nacht. Lumi'ell fand in ihren Traumwelten nicht jene Reise, jene Wunder, sondern nur diesen einen Abgrund, welcher nicht einmal ein Ende war. Wenn doch nur jemand wirklich an sie glauben konnte, denn sie war so furchtbar erschöpft, so dass sie an nichts mehr glauben wollte. Gethzerion wollte sie schlicht für ihre Rache, ließ sie nicht los und gebar sogar in der Ferne Kontrolle über jeden Wunsch durch Abkehr. Zerstörung des Selbst mochte Erlösung sein und doch war diese Erlösung ebenso eine Lüge, denn Lumi'ell hatte nicht einmal begonnen, zu verstehen. Dathomir wollte sie nicht, doch ließ sie auch nicht los. Die Nachtschwestern brauchten sie nicht und doch war sie eine Nachtschwester. Lumi'ell suchte Antworten, immer wieder nur Antworten, auf ungestellte Fragen, getrieben von einem Wunsch nach Sinn und Bedeutung. Sie wollte loslassen, doch gelang es nie. Die junge Schwester reduzierte sich, begrenzte sich, in der klaren Absicht, Mauern zu errichten, um sich vor dem wahren Dunkel zu schützen. Ihr Körper zuckte im Schlaf, verkrümmte sich und zeigte deutlich ein schauerliches Ungemach an diesem Ort. Das wärmende Feuer begann dezent zu erlöschen. Es war kein Schlaf, sondern viel mehr ein Sturz in den Abgrund, der niemals endete. Es war niemals vorbei. Nicht nach all den Riten und Ritualen, die Gethzerion verlangt hatte.

Calin'thir und Lumi'ell machte die Zeit gleich. Dieser Augenblick machte sie einander ähnlich. Mochten noch so grausame Mächte auf sie herablicken, sie hatten sich gefunden und konnten für diesen einen Moment eine Zuflucht erbauen; auch wenn es nur ein Feuer bei Nacht war. Calin'thir war deutlich mehr für Lumi'ell, als sie jetzt eingestehen wollte sowie konnte. Lumi'ell brauchte eine Schwester, eine Mentorin und eine echte Wegweiserin in diesen verwirrenden Zeiten. Wieder schüttelte sich ihr Körper. Eine unheilige Kälte wuchs.

Die Nacht überkam diesen Ort, das Feuer erlosch und die beiden verbrachten eine der typischen Dathomir-Nächte im diesigen Nebel. Die Sonne fand sich wieder, zögerlich hinter einem nebligen Morgentau rang sie mit der Dämmerung und würde letztlich wohl obsiegen. Der Tag begann für Lumi'ell wenig erholsam, fast erschöpft war sie aus dem Schlaf gerissen, als sie feststellte, dass Calin'thir nicht mehr in der Nähe war. Wieder allein. Doch dieses eine mal war es anders. Etwas sagte ihr, dass Calin'thir zurückkehren würde. Lumi'ell erhob sich mit unbeholfenen Bewegungen vom Boden, richtete ihre Haare mit einer hektischen Bewegung, da sie sich an ihren Arbeitsauftrag erinnerte. Sie gedachte diesen auszuführen, nicht nur, weil es von einer Schwester erbeten worden war, sondern weil sie sie selbst darauf baute, dass sie ihr wenigstens etwas zurückgeben musste. Wie gewünscht, begann sie früh die Sachen zu packen und auf dem Tier zu verstauen. Dies war eine bekannte Übung. Eine Nachtschwester konnte Dinge packen, eine Lagerstelle verladen und entsprechend vergurten. Lumi'ell war nicht einmal ungeschickt darin, so dass alsbald der Lagerplatz vollständig verladen war. Mit ein paar großen Tritten beseitigte sie noch die Feuerstelle, so dass diese kaum noch zu sehen war. Danach bedankte sie sich beim Bolmas mit ein paar freundlichen Kopfstreichlern. Sie spürte, dass er eine gute und ausdauernde Seele besaß. Jetzt hieß es nur warten und nach all der Zeit, in der sie allein für sich gekämpft hatte, war diese Wartezeit im Angesicht dessen, recht überschaubar.
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