#41
Nun erhob er sich also vor ihr, dem Mund der schwarzen Schlucht entstiegen. Alt wirkte er, verblichen wie ein archaisches Schreckgespenst, ebenso unwirklich und doch angsterfüllend. Es war schwer das blaue Phantom zu ignorieren, das die Brücke des Kreuzers in ein unheimliches Licht tauchte und sowohl Stillschweigen als auch Ehrfurcht einforderte. Doch Ehrfurcht und Respekt wurden nur zu oft verwechselt, denn was trieb sie denn an, die Männer, die hier standen? Die Männer, die dafür Sorge trugen, das von diesem kranken Planeten unter ihnen nur noch gereinigte Leere übrig blieb? Sie hatten Angst und würden stets Angst haben, denn selbst hier, in unermesslicher Entfernung zur physischen Gestalt des Imperators, war seine Macht zu spüren. Das Antlitz genügte um einen jeden an die Kräfte des Mannes zu erinnern und sicherlich: als Herrscher, als Souverän, war Vesperum das Beste, das dem Imperium nach Palpatine passieren konnte. Aber die Inquisitorin war kein Mensch, kein Wesen mehr, das an derart kleinlichen Begriffen der Weltlichkeit festhielt. Sie besaß nicht die Muße Angst vor dem Sith zu haben, es kostete Kraft, die sie für andere Aufgaben benötigte. Und schlussendlich war ihr Interesse an staatlichen Strukturen mittlerweile gering. Es kümmerte sie nicht mehr, ob das Imperium, die Republik, oder sonst jemand die Galaxis eroberten, solche Belanglosigkeiten mochten für geringere Personen von Bedeutung sein, doch jene, die vollständig von der Macht erfüllt waren und ihr lebten, für diese Geschöpfe machte es keinen Unterschied. Es war nicht das erste und auch nicht das letzte Imperium, genau so, wie es sich mit der Republik verhielt. Der Kreislauf würde anhalten, unabhängig vom Sieger. Ihr Krieg hatte sich allein auf das Spektrum der Macht verlagert, er überstieg die Handlungen der Galaxis. Ihr Kampf bestand darin, den Göttern selbst die Stirn zu bieten, die zu gierig wurden, die Sterne und das Leben aussaugten und nichts zurückließen. Denn durch die Macht betrachtet, war Vesperum auch gleichzeitig das schlimmste für das Imperium: der Sith würde das Reich restlos verbrennen, nur um seiner selbst Willen, nur, um noch einen Tag länger leben zu können. Vernunft und Logik spielten in dem mystischen Gefilde keine Rolle, die Dinge waren, wie sie waren. Instinkte, plötzliche Eindrücke. Ein Kampf der Natur, zwischen Sonne und Mond, das alles verschlingende Dickicht des Dschungels gegen die schillernde Pracht blühender Wiesen, Eis und Feuer: zwei Drachen die wussten, dass sie nie zusammen existieren konnten, dass am Ende einer von ihnen weichen musste.

Doch einer von ihnen unsichtbar, versteckte sich hinter einer Lüge, die doch grausam genug war, erbarmungslose Realität zu sein. Die Zeit sich zu zeigen war noch nicht da. Oder etwa doch? Das entschied nicht sie, die Macht musste festlegen, musste sie in den Augen des toten Gottes klar benennen. Und die Zeit bis zu ihrer Entscheidung lief ab, bis zur gewichtigen Frage ob sie denn nur Fraß, oder Fresser war. Die Frage kam, einfach, wortknapp und doch schwer. Sie war vorhersehbar und traf doch mit voller Härte, doch kniend musste sie es ertragen. Den Schlag hinnehmen ohne zu zucken. Sie konnte nur Lächeln, weiterlächeln. Eklig und verzogen, eine Spur weit bitter sogar. Sie konnte sich am Leid erfreuen, ihre eigenen Perversionen an sich selbst ertragen. Irrational. Verwirrt. Krank. Aber nie geschockt, nie von Hoffnung erfüllt, von strahlender Zuversicht. Immer blieb sie im Schatten, immer.
Ihr Blick verharrte noch immer auf dem kahlen Boden, die sie angrinsen konnte, immer und immer wieder, als würde er ihre Surrealität, die finstere Energie die sie überkam einfach akzeptieren. Und doch: jenseits davon hauste Gott, denn das blaue Licht flutete ebenso den blitzblanken Boden, bis es auf die Transparisstahlfenster traf und sich im weiten All verlor. Es herrschte noch immer Stille, nur gelegentliche Vibrationen, Rückstöße der schweren Schiffskanonen, ließen das Deck erzittern. Jede Salve hochenergetischer Zerstörung ließ das Holobild einen Moment lang flackern. Würde es einfach zusammenbrechen? Würde er einfach verschwinden? Nein, das würde er nie mehr. Nicht, solange nicht tot wahr. Begraben. Endlich zur Ruhe gebettet - denn wofür mochte der Mann noch leben? Letzten Endes hatte er alles, war Imperator... was lag Jenseits vom Thron? Es mochte an dieser Stelle keine Rolle spielen. Er wartete. Sie würde antworten müssen.

"Nein." Das kleine Wort verließ nüchtern ihren Mund. Fest und stabil, wie in eine Steintafel eingemeißelt stand es als endgültiger Fakt im Raum. Nein, sie hatte keine Jedi gefunden. Eine dreiste Lüge an das höchste Geschöpf des Universums selbst? Vielleicht. Denn wie bei so vielen Geschehnissen in der Macht, kam es auf die Wahrnehmung an. War die Sephi nun wirklich eine Jedi? Nicht jedes Wesen der hellen Seite bezeichnete sich als solche, obgleich Reah es selbst getan hatte. Aber dies war lediglich ihre Wahrheit, ihre eigene persönliche. Noch immer standen die Worte im Raum, sie ließ sie wirken. Absichtlich. Es gab keine überhetzte Erklärung, sie wartete ab. In aller Ruhe, als müsse der böse Geist das schlichte Wort erst zur Gänze begreifen. "Obgleich diese Welt zweifellos von ihnen berührt wurde.", fuhr sie ebenso sachlich fort. Das war die Bestätigung an ihn, ja, sie hatten sich nicht geirrt, sie waren lediglich zu langsam gewesen. Der letzte Schlag galt dem Wesen der Sith, ihr Hang zu Gewalt, ihre Anbetung des Todes und der grausamen Schrecken. Ein sanfter Augenaufschlag begleitet von einem gewinnenden Grinsen blickte dem Hologramm entgegen. Nein, durch das Hologramm hindurch, durch die großen Fenster, dorthin, wo eine weitere Welle läuternder Energie die Erde verbrannte. "Doch sollte es ihnen wider erwarten gelungen sein sich zu verstecken, zu verkriechen... wird ihnen all das nun nichts mehr nützen." Ihr Blick verschob sich, hinauf ins schreckliche Gesicht. "Meine Schläge sind stets von Endgültigkeit erfüllt, Majestät." Eigenlob und Dreistigkeit, bewusst gewählt, ihn vom Gedanken der Jedi Weg zu bringen, sondern wieder hinein in seine Dunkelheit, in seine Welt, dort wo er langsam vermoderte.
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