#36
Firrerre - Alte Stadtmauer

Wind wehte sanft, ließ das Haar flattern, eine Brise, ein Hauch, das letzte Flüstern des sterbenden Planeten, bevor der todbringende Sturm aufzog. Dann würde er in der Macht aufgehen, bis er, in zahlreichen Äonen, anderen Bewohnern ein neues Zuhause bot. Im Tod lag keine Unendlichkeit. Viele Dinge starben erst, wenn sich niemand mehr an sie erinnerte. Vergessen war die Nemesis der Lebenden und Verursacher der Apokalypse. Denn wenn Lebewesen etwas fürchteten, dann, dass sich niemand mehr ihrer Taten und Worte erinnerte, dass sie für die Galaxis nie existierten. Daraus entstanden Schrecken und Edelmut. Würde man Firrerre vergessen? Mit Sicherheit nicht sofort, nicht solange die Jedi lebte, die dies als ihre Heimat im Herzen behielt. Obgleich sie sich sträubte dieses Schicksal zu akzeptieren. Und sie hatte ihr die Chance eingeräumt sich zu erwehren, hatte sich in diesem Moment verwundbar gegeben, einen Angriff nahezu provozierend. Vielleicht hätte es sogar gereicht, vielleicht hätte man sie hier töten können. Dann wäre die Inquisitorin gescheitert und mit ihr die Jedi. Letzten Endes war es wichtig, dass die Sephi sich in schwachen Momenten nicht an die Dunkelheit verlor, ihren Instinkten und Impulsen nicht plötzlich nachgab. Nur dann war sie von Wert. Reah hatte keinen Bedarf an einer leeren Hülle, etwas, dass schon verzehrt worden war - derlei gab es zur Genüge auf Onderon, Byss. Hoffnungslos gescheiterte Existenzen, denen die Gnade des Todes verwehrt blieb. Und der Imperator förderte sie bewusst, sie waren die willenlosen Fußsoldaten, stark und grausam, aber auf seltsame Weise auch Unbeholfen, von ihm abhängig, als wäre er ihre Ziehmutter, als müsste er sie erst mit Nahrung versorgen, damit sie funktionierten. Das war die Wahrheit hinter den Sith. Sie hörten nicht auf, denn sie brauchten immer mehr um ihre korrumpierten Leiber am Leben zu halten und selbst Reah unterschied sich in diesem Punkt kaum von ihnen. Doch irgendwann gab es in der Galaxis nichts mehr, irgendwann mussten die Dinge enden, musste das Licht das Dunkel wieder zurücktreiben. Und wenn die Schatten dieses Licht erst erschaffen mussten, dann sollte es eben so sein.

Doch war es der Plan der Macht? Oder war es ihr persönlicher? Eine Frage, die sie nicht beantworten konnte, sie folgte dieser Idee stur und unbeugsam, wie eine Schachfigur in einem Spiel der Götter. Vielleicht ein wenig von beiden, denn letzten Endes musste die Macht mir ihr sein, musste die Macht zu ihr deuten, wenn selbst ein Jedi, ob nun ein Ehemaliger oder Gefallener spielte dabei kaum eine Rolle, bereit war ihr zu Folgen. Nun lag es an ihr diesen Jedi durch die Schatten zu führen und ihn zu schützen, ohne, dass sie hinab driftete, ohne, dass die Sephi sich auf den Pfad Elends verirrte. Selbst wenn es bedeutete sich gegen den Imperator zu stellen, gegen das Imperium, denn sie wusste, dass eine Konfrontation unvermeidlich war - sie würde kommen, mochte es eine Ewigkeit dauern, am Ende, gab es kein Entkommen und kein Verstecken. Dies war das Schicksal, dass sich hier formte, gegen das kein Aufbegehren, sondern nur Akzeptanz half.

Der Schatten gestatte sich ein Nicken. Ja. Das war es also, das letzte Wort in dieser Angelegenheit, das Eingeständnis, des Unvermeidbaren. Die Zustimmung ihrer Schülerin - denn nichts anderes war die Sephi nun. Sie gefierte nach dem Wissen und Reah würde es ihr Lehren, ihr die neuen Wege zeigen, das Wesen der Dunkelheit näher bringen. Darin würde ihr großer Verrat liegen. Nicht, weil sie den Imperator hinterrücks ermorden würde oder sie sich ein dramatisches Lichtschwertduell liefern würden - auf solchem Wege konnte die Inquisitorin nicht gewinnen. Ihr Verrat bestand darin dem Licht zu erklären, wie es die Herzen der Finsternis traf. Die dunklen Wolken würden schwinden, so, dass sich die Galaxis in Glanz und Gloria baden konnte. Doch würde es dadurch besser werden? Oder war die Tyrannei der Sonne in ihrer Essenz nicht weniger grausam als die Umarmung der Schatten? Dies blieb abzuwarten, denn so sehr und schnell, wie sich die Galaxis in den letzten Jahren wandelte, war es schier unmöglich eine genaue Abschätzung vorzunehmen. Sie wussten nicht, was der nächste Tag brachte, niemand wusste es. Und wie sollten sie auch? Der Krieg hat die Individuen geblendet. Nur wenige konnten sich noch daran erinnern, wofür sie überhaupt kämpfen. Dies war das Vermächtnis Palpatines, die war die real gewordene Hölle der Sith, ein ewiges Blutfest, das nie enden sollte.

Irgendwo war dies auch die Antwort auf die Frage der Sephi: dorthin würden sie gehen, in die Arena des Blutes. Dieser Weg war unvermeidlich, er war endgültig. Aber nicht der einzige. Vor ihnen lag ein Labyrinth, eine unbekannte Landschaft, die sie erst erkunden und entdecken mussten. Es spielte kaum eine Rolle wohin sie gingen, denn es würde die Macht sein, die ihnen den Weg vorgab. Zur richtigen Zeit, am richtigen Ort. Der Schatten ließ sich Zeit mit der Antwort, schritt voran und folgte dem Pfad zum Shuttle, dass sie zum Beginn ihrer Odyssee bringen würde. "Wohin Ihr wollt.", erbarmte sie sich halben Weges zu einer Antwort, die unpräziser nicht hätte sein können. Dennoch entsprach es der Wahrheit, denn es war an der Jedi sich zu entscheiden, sich festzulegen, wohin es sie führen sollte. "Nur Ihr kennt Euer Ziel. Ich kann Euch nur den Weg zeigen." Ein finsterer Weg, der erst mit Licht erleuchtet werden musste.
Das Shuttle kam näher, der Raumhafen, indem noch immer der ermordete Firrerreo lag. Ermordet von ihr. Mit Absicht. Wie ein Mahnmal hatte sich die Sonne auf den toten Leib fixiert, die kauterisierte Wunde, als Abschiedsgruß an die Sephi. Die Inquisitorin indes, schenkte ihm keinerlei Beachtung, die finstere Schwinge verwies nur Stumm auf die Transportfähre, die sie fortbringen würde. Nur sie zwei. Die Sturmtruppen, die Firrerreo, alle, würden im Fegefeuer verbrennen.


Orbit von Firrerre - Schlachtkreuzer Abaddon

Stratis Blick hing wie gebannt an den Monitoren - wie lange dauerte es noch? Was musste geschehen, damit der leblose Leib des Calamari im All trieb? Für Neretim hingegen, interessierte sich der grausame Kapitän des Schlachtkreuzers nicht. Er war praktisch aus seinen Gedanken getilgt worden. In einem einzigen Moment hatte er entschieden, dass der Mann entbehrlich war, dass sein Leben weitaus weniger wert war, als sein eigenes und dass er nun, im Namen des glorreichen Imperiums sein Leben gab. Er und sie gesamte Mannschaft seines Schiffes. Diese unpopuläre Entscheidung zu treffen, überhaupt in Erwägung zu ziehen, fiel dem Mann im imperialen Staatsapparat mehr als leicht. Sie alle waren austauschbar, keine Individuen mit echten Werten oder echter Moral, nein, da alles war nicht von Belang. Gefragt waren Ergebnisse und Stratis lieferte - koste es, was es wolle. Sein Blick verengte sich, als die Earthen Peak beschleunigte und ihr waghalsiges Manöver unumkehrbar durchführte. Würde es reichen? Sein Blick verlagerte sich auf die Markierung der republikanischen Fregatte, die zu seinem entsetzen plötzlich ebenfalls an Fahrt aufnahm. Konnte es sein? Im Moment des Triumphs geschlagen? Nein, das durfte nicht sein! Es konnte nicht sein! Wut verzerrte sein Gesicht, eine zornige Faust schlug hart auf den Monitor.
"Sir!" Stratis hörte nicht. Jähzorn hatte die Kontrolle übernommen, Jähzorn und Angst - wäre er nun das nächste Teil, das ausgewechselt wurde? Er hatte getan was möglich war.
"Sir!" Die Stimme kam näher und wurde lauter, unangenehm und penetrant, als wolle jemand den wütenden Rancor noch weiter anstacheln. "Was?", blaffte der Kapitän den Mann unwirsch an, während sein Gesicht so aussah, als würde er ihn gleich niederschlagen. "Die Fregatte...", stammelte der Offizier unsicher, fasste sich dann aber, "Peak hat getroffen!" Stratis runzelte die Stirn. "Aber sie konnten springen?", hakte er nicht weniger bissig nach. "Nun... ja. Aber die Fregatte wurde von ihrem Kurs abgebracht. Bei der Aufschlagskraft hat ein Treffer verheerende Folgen. Vermutlich wurde das Schiff inzwischen zerrissen.", sprach der Mann und nickte bestätigend. Tatsächlich war es unwahrscheinlich, dass die Fregatte die kinetische Krafteinwirkung überstand. Falls doch, wäre sie wohl in einem Zustand, der sich in etwa als funktionsuntüchtig beschreiben ließe. "Vermutlich... Prüfen Sie das nach! Bringen Sie mir Beweise!", bellte der Kapitän und musste sich zusammenreißen den Mann nicht am Schlaffittchen zu packen. "Aber Sir, wie soll ich...?" - "Prüfen Sie!"


Unbekanntes System - Modular-Kreuzer Earthen Peak

Neretims Kopf fühlte sich an, als wäre er betäubt. Sein Blick war unklar und die zahlreichen, bunt aufleuchtenden Kontrolllämpchen machten es nicht besser. Sie hatten getroffen und lebten noch. Die unangenehme Stimme des Bordcomputers bohrte sich in sein Gehirn und ließ ihn wieder in sich zusammensacken. Wo war er? Eine alte, faltige Hand glitt hilflos über die Kontrollen - seine Hand. Vor seinem Auge sah er das Lichtspiel von Farben, wie in einer Röhre. War das der Hyperraum? Der Kommandant versuchte aufzustehen und sackte wieder in seinen Stuhl. Vor ihm bewegten sich Menschen. Der Mann stöhnte leidvoll auf und spürte etwas warmes sein Gesicht herunterlaufen - war das Blut? "Der Kommandant ist verletzt!", schrie jemand. Seine Hände wehrten sich, als ihn jemand aus seinem Stuhl holen wollte nicht. "Nicht jetzt...", murmelte er und blickte benommen durch das Sichtfenster der Brücke. Etwas stimmte mit dem Schiff nicht. Es dauerte eine Zeit lang, mehrere Minuten, bis er bemerkte, dass die Spitze des Kreuzers nicht mehr vorhanden war. Er musste sich erinnern - was war nach dem Aufprall passiert? "Sanitäter!", rief noch jemand, ehe Neretim in eine bequemere Position rutschte, immer noch halb bewusstlos, aber doch wach genug um einschätzen zu können, was um ihn herum geschah. Es war der Sprung, sie hatten die republikanische Fregatte getroffen und offenbar die Folgen des Aufpralls unterschätzt. Etwas kühles bedeckte seine Stirn und der Mann sah unbeholfen auf und blickte in das Gesicht des Navigationsoffiziers. "Was...?" mühte er sich heraus und sah den Mann müde an. "Der Zusammenstoß hat die Fregatte aus ihrem Sprungvektor katapultiert - uns aber auch.", erklärte er kurz und ohne ausschmückende Details. "Unsere Systeme konnten die freigesetzte Energie nicht zur Gänze ableiten. Es kam zur Rückkopplung und einige unserer Systeme arbeiten Fehlerhaft.", setzte der Mann fort und war sich bewusst, dass dies eine sehr schöne Darstellung der Situation war. "Der Antrieb...", murmelte Neretim und raffte sich wieder ein Stück weit hoch. Die Kühlung tat ihren Zweck, die Sinne des Kommandanten wurden schärfer, als er sich interessierter auf der Brücke umsah. "Überlastet. Wir können ihn vielleicht abschalten, aber vermutlich wird er danach nicht mehr anspringen." Er nickte langsam und holte tief Luft. "Ich verstehe." Zumindest für den Moment. Sie waren gefangen im Hyperraum, so lange, bis ein Stern dazu entschied sie wieder hinauszuziehen.

Wie lange er weggetreten war, konnte Neretim später nicht mehr sagen. Stunden? Tage? Es spielte keine Rolle, denn als ihre endlose Reise durch den Tiefenraum endete, war er wieder Herr seiner Sinne. "Gravitationsanomalie vor uns! Bereitmachen für Rückkehr in Realraum!", rief ein Offizier. Ruckelnd und unkontrolliert fiel die Earthen Peak aus dem Hyperraum und befand sich auf erneutem Kollisionskurs mit einen Objekt. "Ausweichmanöver!", brüllte Neretim als das große Stück Durastahl immer näher kam. Der beschädigte Kreuzer neigte sich zur Seite um dem Aufprall zu entgehen. Kreischend schabte Durastahl an Durastahl, als das Schiff erneut durchgerüttelt wurde. "Noch mehr Hindernisse vor uns!" - "Bringen sie uns hier raus verdammt!" Am Ende war es Glück und das Geschick des Navigators, dass die Peak die Begegnung überlebte. Weiterer Schrott driftete ins All, als sie ein weiteres Hindernis streiften und das Schiff mit jeder weiteren Minute die verging mehr bockte und sich aufbäumte -bis der Höllentrip sich dem Ende näherte. "Was war das?", fragte schließlich einder der Offiziere. "Schiffe, Wracks vermutlich. Ein Raumschifffriedhof - draußen im Rand gibt es so etwas oft.", mutmaßte ein anderer. Nur Neretim schwieg und rief sich das Szenario noch einmal vor Augen, wie er entsetzt das Schiff in der Größe eines Kreuzers auf sich zu kommen sah und die unzähligen anderen die ihm folgten. "Wenden.", befahl er ruhig. "Das ist kein Friedhof, das ist eine Flotte." - "Sir?" Der Kommandant blickte starr aus dem Fenster und nickte langsam sich selbst zu. "Wir fliegen noch einmal langsam daran vorbei." - "Der Antrieb..." - "Sei's drum." Zitternd berührte seine faltige Hand den Schirm seiner Offiziersmütze und nahm sie unsicher in die Hände, als würde er, zum verwundern seiner Offiziere, vor etwas Ehrfurcht demonstrieren. "Was Sie hier sehen, ist eine Legende.", sprach er bedacht. Die Lippen zeigten das glückliche Lächeln eines alternden Mannes, vielleicht das erste, dass ihm gelang seit er im Imperium diente und nun würde es vermutlich auch das Letzte sein. Sorgsam legte er die Mütze vor sich ab und setzte zum Salut an, als die Peak an den unzähligen Schiffen, die wie Tod zwischen den Sternen lagen, vorbeiflog. , echote die Stimme des Bordcomputers ein letztes Mal.
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