#31
Firrerre - Alte Stadtmauer

Tausende Nadeln durchbohrten den Wurm, der sich aufbäumte, schrie, wie von Sinnen durch die schattigen Katakomben ihrer Seele irrte, als unbarmherzige Lichtpfeiler diesen Ort durchstießen, die Gänge hell erleuchteten, durch die sie sonst, so einsam, so allein schritt, ohne den Weg vor ihr zu erkennen. Doch war es dumm anzunehmen, das gleißende Geschenk des Himmels, das sie erhielt, als Licht und Dunkelheit sich berührten, bestünde nur aus Gnade. Der Aspekt der Verderbnis, der bereits so viel ihrer Person dahingerafft hatte, kannte andere Wege. Er konnte sich dort verstecken, wo der lichte Augenblick nicht hinfiel und die Schatten noch düsterer wurden. Und vielleicht war dieses Wesen nicht annähernd so heilig wie sie glaubte, doch vom Ursprung des Abgrunds aus, dem finsteren Schlund alter Tage, konnte selbst ein schwaches Glimmen wie eine Sonne wirken und sie blenden, sie wenige Momente vor dem Dunkeln schützen und eine kleine Kerze entzünden. Allzu lang könnte das Lichtlein nicht glimmen, die Schatten würden es liebevoll umarmen, sanft ersticken und für sich beanspruchen und dann würde es die Inquisitorin vergessen. Dies war das großzügige Geschenk der Dunkelheit: das Delirium, das nicht verhindert werden konnte. All der verbreitete Schrecken, all das Leid - sie würde es vergessen. Es käme irgendwann einmal einer Geschichte gleich, von der sie zwar gehört hatte, aber keineswegs direkt involviert war. Die dunkle Seite schaffte eine Parallelwelt zur Flucht, denn sie wollte nicht, dass ihre Gefäße an sich selbst zerbrachen und vergiftete deren Geist mit Surrealität. Sie schaffte die Illusionen von Frieden, von Erlösung, aber keine echten. Dunkelheit umarmte das Licht und brachte es aus ihrem eigenen Zentrum hervor. Sie war ein grausamer Drache, von Wahnsinn und Verzweiflung gequält, der sich selbst in den Schwanz biss, sich selbst verschlang, bis nichts mehr blieb außer der großen Leere.

Die schöne Berührung endete viel zu plötzlich. Der Frieden fiel in sich zusammen wie ein Kartenhaus, die Kerze im Herzen flackerte nervös, als der finstere Sturm wieder aufkam. Ungläubige Augen blickten auf ihre Hand. Warum? Sie kannte die Antwort, sie war offensichtlich. Denn so wie das Licht in sie hereinfiel, überkamen die Schatten die Sephi und es bedurfte nicht erst den Wechsel ihrer Hautfarbe um dies zu verdeutlichen. Aber Reah war egoistisch, sie wollte nicht, dass es aufhörte, versperrte sich vor der Einsicht, dass es nur zu ihrer beiden Untergang führen würde. Vielleicht. Der Schatten hatte die Hand weit vor sich ausgestreckt, als wolle er sie noch einmal ergreifen, noch einmal in der Glorie baden, wohl wissend, darin zu ertrinken, sich wieder zu verlieren, nur auf eine andere Art und Weise. Die Inquisitorin stolperte einen Schritt vorwärts, sie konnte das Geschöpf nicht erreichen, es hatte sich ihrer verschlossen. Kälte und Einsamkeit überkamen sie erneut, das dichte Dornengestrüpp der Verzweiflung wucherte erneut um ihr Herz herum, trieb die Spitzen wie Widerhaken hinein.

"Hilfe...", mit scheinbar letzter Kraft fiel das kleine, das so vage und unbedeutend erscheinende Wort aus ihrem Mund. Das war ihre Antwort, das war der Grund ihres Hierseins, zumindest jener, an den sie tatsächlich glauben konnte. Sie brauchte Hilfe - es klang banal und war doch weit zu komplex, als es in Worte fassen zu können. Sie konnte ihn aufhalten, den Sith, sie hatte die Macht es zu beenden. Alles zu beenden... Aber die Worte kamen nicht heraus. Waren sie Lügen? Vielleicht. Versprechen, die sie mitunter nicht würde einhalten können. Denn was geschah, wenn ihn niemand aufhalten würde? Würden die Dinge aufhören zu existieren? Würde der Fluss der zeit einfrieren? Die Galaxis? Sie konnten im Dunkeln nicht überleben. Sie brauchten das Licht, die Flammen, die erst die Kontraste schufen, Gut und Böse, Recht und Unrecht. Es wäre eine finstere Zeit, eine Galaxis der Toten. Wollte Reah das? Sie lauschte vergebens in ihr Herz, es kannte die Antwort nicht. Das Gift der Unsicherheit floss dieser Minuten durch ihr Blut, sie realisierte wieder den Druck unter ihrem Stiefel, das Lichtschwert der Sephi.

Langsam rollte sie den Griff nach vorn - sollte sie es noch einmal berühren? Tatsächlich berühren? Sie entschied sich dafür, las es vorsichtig auf, als wäre es ein besonders kostbarer und zerbrechlicher Schatz. Sie wog es in ihrer Hand und befand die Waffe gleichsam als vertraut und fremd. Es war nicht ihres, ihr Schwert wurde geschaffen um Leben zu nehmen, um die Auslöschung voranzutreiben. Doch dieses hier gehörte einer anderen Person. Spitze Fingernägel fuhren die Rillen entlang, als begutachtete sie sorgsam wie eine Meisterin, das Werk eines Schülers. In der Tat, die Sephi war anders. Sie strebte einen Frieden durch Heilung an... aber war das möglich? Der Wurm biss ins Herz, drängte sie dazu sich umzusehen, das tote Firrerre zu begutachten. Nein. Man konnte nichts heilen, das nicht geheilt werden wollte. Am Ende brachte nur der Tod eine Erlösung, einen Neuanfang. Die Entbindung aller Pflicht und aller Schrecken. Ihr Blick hob sich, es wurde Zeit, eine Entscheidung zu fällen.

"Wenn Ihr den Schatten im Imperium aufhalten wollt, müsst Ihr mit mir kommen." Das war es, die endgültige Antwort, die endgültige Wahrheit, die unumstößlich war. Und doch beinhaltete es so viel mehr - denn es bedeutete den Verlust und das Versagen zu akzeptieren, sich einzugestehen, dass Firrerre an diesem Tage aufhören würde zu existieren, zu erkennen, dass mehr sterben mussten, um das wahre Übel aufzuhalten. Und all das zu ertragen. Es war ein größeres Schicksal, eine größere Bürde, als dass sie ein Jedi, ein gewöhnlicher Jedi tragen könnte. "Und wenn Ihr das tut, dürft Ihr Euch nicht verändern.", das war ihre Bürde, ihre Last: Licht und Schatten vereint, sie mussten sich aushalten, ohne sich zu verlieren. Es war ein seltenes Geschenk, vielleicht ein Wunsch, der direkt dem Willen der Macht entsprang: die Koexistenz von Leid und Hoffnung, Zuversicht und Niedertracht. Schwarz und weiß vereint, doch es war nicht grau. Es war pures Chaos, vielleicht stark genug eine falsche Illusion der Ordnung hinfort zu fegen. Licht war stets eine Waffe der Dunkelheit gewesen, doch nur wenige Anhänger hatten es geschafft diese sinnvoll einzusetzen. Ihre Hand streckte sich vor und löste die Umklammerung des Lichtschwertes. Sie würde sich entscheiden müssen, hier und jetzt. Wenn Jedi eine Sache wussten, dann, dass die richtige Entscheidung nur selten die leichte war. Doch nur wenige waren bereit sie zu fällen.


Orbit von Firrerre - Schlachtkreuzer Abaddon

Roman Stratis blickte finster drein. Die republikanische Fregatte ließ sich mit ihrer Antwort Zeit, natürlich, denn sie hatten die Zeit, die ihm fehlte. Aber ein Mann wie er war kein Idiot. Man konnte ihn überrumpeln, kurzfristig aus der Bahn werfen, wie es diesem Abschaum mit ihrem plötzlichen Eintreffen gelungen ist. Aber Stratis kannte die Konsequenzen seines Versagens, er wusste, was ihm blühen würde und deshalb würde er nicht versagen. Sein unbeugsamer Wille zu leben, gepaart mit der Gewissenlosigkeit andere dafür leichtfertig zu opfern, machte den Kapitän zu einer gefährlichen und unberechenbaren Person. Er hatte Pläne, oder besser den Plan. Eine letzte Idee, gerade waghalsig genug, dass es funktionieren konnte. "Sir? Kommandant Neretim meldet, dass er den Schwerkraftkegel Firrerres soeben hinter sich gelassen hat." Ja. Das war es, sein großartiger Plan, es diesen republikanischen Anfängern zu zeigen. Er würde die Fregatte mit normalen Mitteln nie schnell genug erreichen, vielleicht die TIE-Jäger. Dennoch, Laserkanonenfeuer würde das Schiff nur wenig beeindrucken, es benötigte einen Treffer - nur einen - von enormer Durchschlagskraft und die Hoffnungen des Kapitäns würden sich in Luft auflösen. und Neretim dieser Wurm hatte es soeben möglich gemacht - das einzige, was er benötigte, waren präzise Koordinaten, Daten, die die Jäger in diesem Moment sendeten.

Muutal meldete sich. Aber nun war es sein Gegenüber, der sich zeit erkaufte, bis der Sprung berechnet war. Stratis würde die Sache schnell beenden. "Ich verstehe.", antwortete der Kapitän grimmig. Er konnte Lügen, sich verstellen, Stratis war vortrefflich darin anderen etwas vorzumachen, wenn er nur wollte. "Wir werden Ihren Wunsch respektieren, Lazarettfregatte Descryer. Stratis Ende." Leichter Groll lag in der Stimme. Er wollte als Kämpfer wahrgenommen werden, als Mann, der gerne Schlachten austrug und es nicht gern sah, wenn seine Feinde sich zurückzogen. Aber auch als Mann der Ehre, der begriff, dass ein Sieg über eine wehrlose Fregatte alles andere als ein Kunststück darstellte. "Koordinaten der Desrcyer an Kommandant Neretim übermittelt, Sir." Er nickte. Nur noch Augenblicke und der Moment der Wahrheit würde sich offenbaren. "Sehr gut, alle anderen Schiffe abdrehen." Es würde Muutal zeigen, dass er beinahe aufrichtig war oder noch gerissener als angenommen. Die TIE's drehten ab, bevor sie auch nur eine Lasersalve auf die Fregatte abgeben konnten.


Orbit von Firrerre - Modular-Kreuzer Earthen Peak

Der Plan war wahnsinnig, Neretim wusste es, aber er hielt dennoch daran fest und nicht etwa, weil er Mitgefühl mit Stratis hatte. Er war kein dummer Mann, ihm war vollkommen klar, was mit Stratis geschah, wenn er versagte und noch weit klarer war ihm, dass er das Ende des Kapitäns nicht mehr miterleben würde, wenn er sich sträubte. Gemessen an diesen Faktoren war es zwar immer noch ein Akt der Verzweiflung, aber nicht völlig bescheuert und mit etwas Glück, würden sie mit einem blauen Auge davonkommen. Sein strenger Blick behielt die Kontrollanzeigen genau im Auge. Die Earthen Peak hatte sämtliche Energie in Antrieb und Bugschilde geleitet, während sich die Spitze des Schiffes präzise wie eine Kompassnadel, auf die medizinische Fregatte ausrichtete.

Die Sekunden bis zum Sprung zählten herunter, sie waren Stratis Geschoss, der Pfeil, der den Panzer des Gegners durchschlug. Die Peak würde ihrem Namen an diesem Tag alle Ehre machen - ihr Sprung war direkt, kein Umweg, keine Hindernisse, er würde sie direkt durch die Fregatte führen, sie würden das Schiff mit vollem Hyperraumpotenzial rammen und es bersten lassen. Obgleich Neretim zugeben musste, dass er mit derartigen Kamikaze-Taktiken nicht vertraut war und nur Mutmaßen konnte, ob ihre Schilde dem Aufprall standhalten würden. Er würde es in wenigen Sekunden wissen, für einen Abbruch der Aktion war es nun zu spät. Er bemerkte, wie sich seine Hände verkrampften und sich festklammerten. Mehrere Schweißperlen liefen die Stirn des Kommandanten herunter, als die Peak in den Hyperraum beschleunigte.
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