#18
Scheinbar regungslos horchte die Sephi der Stimme des Unbekannten zu, einzig leichte Wechsel am Schattenwurf der Falten ihrer Robe deuteten auf ein sanftes Heben und Senken ihres Brustkorbs hin. Nur ein echter Meister der Macht mochte dazu in der Lage sein, solche Techniken anzuwenden. Davon war sie zweifellos weit entfernt. Doch dass es grundsätzlich möglich war, war wohl richtig. Es war schon eine Zeit lang her, dass sie während ihres Jedi-Studiums Schriften gelesen hatte, in denen erzählt wurde, dass die alten Jedi dazu in der Lage waren, eine Person mithilfe der Macht komplett und dauerhaft zu manipulieren, so dass von der Ursprungsperson nicht mehr viel übrig blieb. Selten wurde solches oder ähnliches Wissen eingesetzt, um etwa Anwender der Dunklen Seite Einhalt zu gebieten. Jedoch war es schwer zu beurteilen, was davon im Bereich der Legende und was tatsächlich tradierte Wahrheit lag. Und nicht immer war ein solches Vorgehen auch wirklich von Erfolg gekrönt. Manchmal zeigten sich Folgeerscheinungen, die das Wesen nahe an den Wahnsinn bringen konnten und so war fraglich, ob es ein kluger Eingriff war, sollte er nicht einem äußerst edlen Motiv dienen.
„Die Natur einer Person durch Unterdrückung zu verändern ist ein gefährlicher Weg, der bei allen viel Unheil anrichten kann. Und niemand vermag mit Gewissheit zu sagen, ob das, was dabei herauskommt, auch tatsächlich dem entspricht, was Ihr Euch derzeit darunter vorstellt. Vielleicht seid Ihr anschließend weniger mit Euch zufrieden als Ihr es vorher wart, wohlwissend, dass Ihr Eure Natur und somit Euch selbst zu leugnen versuchtet.“
Sedrael schien schließlich einen Moment zu überlegen. Es war schwer vorstellbar, welcher natürliche Charakterzug seinerseits wohl so negativ sein konnte, dass derjenige eine solche Tortur auf sich nahm, um etwas dagegen zu ändern. Dabei wirkte die Erscheinung des Mannes vor ihr durchaus imposant – nicht zuletzt, weil er sie um mehrere Köpfe zu überragen schien –, allerdings strahlte er dabei dennoch keine weitere Aggression aus, die man vielleicht hätte annehmen sollen, wenn er ein gefährliches Wesen besaß. Der geflochtene Bart, die dunklen Haare, beide gleichsam zum Teil geflochten – alles in allem wirkte er auf sie nicht unkontrolliert oder extrem gewalttätig. Einzig eine gut sichtbare Narbe in seinem Gesicht mochte sie auf solche Gedanken bringen lassen. So unheimlich sie das Erscheinen zunächst gefunden hatte, so unberechtigt schien das jetzt in diesem Moment in seiner Präsenz zu sein. Doch letztlich konnte das nur zu leicht täuschen und einen eigene Fehlannahmen als die Wahrheit annehmen lassen. Die Sephi setzte also innerlich an, sich zu vergewissern, welcher Wesenszug ihm solche Sorge bereitete, dass er ihn letztlich gewaltsam von sich entfernt sehen wollte, entschied sich dann jedoch kurzfristig um, als er begann, sich ihr vorzustellen. Das empfand sie als eine durchaus freundliche Geste, die sie ihrerseits ebenfalls mit einem knappen Lächeln erwiderte. Offensichtlich fiel ein Stück weit Anspannung in diesem Moment ab. Dabei hatte sie viele Fragen an, wie sie nun gelernt hatte, Quel-Tuus.

Gerade wollte sie ihrerseits die Höflichkeit mit gleicher Münze vergelten, indem sie sich ihm auch vorstellte, als es plötzlich geschah. Für einen Moment wurde Sedraels Blick unscharf und verlor sofort jeglichen Fokus. Ihre Mimik fror vollkommen ein. Kaum identifizierbare Bilder schossen ihr visionsartig durch den Kopf, nur wenige kleine Details des großen Ganzen vermochte sie dabei zu erkennen, als dunkle Schatten nach ihr griffen. Bald schon brannte es in ihrem Schädel vor willkürlicher Grausamkeit ohne jeden Anlass. Überfordert rieb Sedrael sich mit einer Hand die Stirn, die ihrer Wahrnehmung nach zu glühen schien.
„Entsetzliches Leiden“, hauchte sie schwer verständlich. „Ja, es kann sich nur um die Dunkle Seite handeln.“
Konnte das ein Zufall sein? Ein fremder Machtbegabter erreichte Firrerre und kurz darauf erreichte die Dunkle Seite den Planeten? Das war schwer vorstellbar. Vielleicht wollte Quel-Tuus ihr lediglich eine Falle stellen? Auf den Gedanken, dass sie selbst Schuld daran sein konnte, kam sie in diesem Moment überhaupt nicht und vertauschte somit leicht Ursache und Wirkung. Die Sephi senkte hastig den Blick und blinzelte mehrfach rasch nacheinander. Deutlich rascher als zuvor hob sich die Robe unter Eindruck ihres Atems jetzt.
„Sie kommen meinetwegen.“
Ihre Stimme war frustriert, mangelte aber gleichzeitig nicht der Erkenntnis, dass sie wusste, was zu tun war. Dabei ließ sie offen, ob ihr Gast Teil des Ganzen war oder nicht. Unabhängig davon, was Quel nun damit zu tun hatte oder auch nicht – wenn sie der Grund für dieses Leid war, dann oblag es auch ihr, das Möglichste zu tun, um ihnen diesen Anlass wieder zu nehmen. Dafür gab es nur eine Möglichkeit.
„Dann bleibt mir keine Wahl“, sagte sie mit eindringlicher Endgültigkeit. Die Macht würde ihr den Weg weisen. Eine Schneise des Todes war bereits in sie geschlagen worden und so musste Sedrael ihr lediglich folgen, so dass sie zwangsläufig an die Quelle gelangen würde. Es war vielleicht das Einzige, was sie noch für ihr Volk tun konnte, wenn sie schon nicht dazu in der Lage war, es zu heilen. Zumindest konnte sie noch die retten, die bis jetzt überlebt hatten. Wortlos trat sie an Quel vorbei aus dem Zelt heraus und blickte in den sich verdunkelnden Himmel Firrerres. Ja, die Aura der Grausamkeit ging eindeutig von dort oben aus, doch kam sie rasch näher. So wie Sedrael die Macht verstand, musste sie ihren Weg folgen. Und das bedeutete, dass sie der Person gegenübertreten musste, die ihretwegen kam.
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