#51
Korriban rief seine Kinder zu sich, ganz so, wie es Ysanne gesagt hatte. Es war nie eine Frage des wie, des ob oder des wann - Korriban rief sie früher oder später alle. Sei es, um sie zu begraben oder zu beschenken oder auch nur, die allzu Neugierigen zu brechen - wieder und wieder. Und die Nekropole antwortete auf Schreie, die aus ausgebrannten Kehlen in die Weite ausbrachen. Nein, nicht Korriban, selbst wenn es Reah nicht klar war, sie derzeit gar nicht dazu in der Lage war, derartige Gedanken zu fassen, besaßen diese Manifestationen ihren Ursprung nicht etwa im Kern des Planeten. Dies hier war eine Gruftwelt, so hatte sie es gesagt und so entsprach es der Wahrheit. Doch war nicht zu leugnen, dass es sich ebenso um einen Katalysator der Macht handelte, dunkler Mächte zwar, doch nicht weniger Eindrucksvoll als der ehemalige Jeditempel auf Coruscant. Wie ein Aasgeier gleich, dass sich an einem sterbenden Tier labte, tat es der Abgrund Korribans mit menschlichen Emotionen - Hass, Agonie, Wut, sogar Liebe - am Ende waren sie das Mischwerk für eine finstere Seele. Vielleicht dachte diese Manifestation der Macht, dass die klägliche Kreatur um Sand vor ihr, die ihre nicht länger benötigte und es nun Zeit wurde, dass Pfand der Stärke zurückzugeben und die verstandlose Hülle liegen zu lassen oder aber, es war nur der Spiegel der Furcht, einem Lehrstück gleich, der dem Wesen aufzeigen sollte, woher es seine Stärke bezog und ob es bereit wäre, diesen Weg weiter zu beschreiten. Gedanken, die sicherlich unterbewusst ihren Platz fanden, aber im Hier und Jetzt nicht greifbar waren, als die Frau in scharlachroter Uniform vor ihr stand.
Reahs Kopf reckte sich nach oben und wurde sogleich von Korribans peitschenden Sandwinden für diese Aufmüpfigkeit bestraft, so, dass ihr kaum mehr anderen übrig blieb, als diesen wieder in ihrem Arm zu vergraben, dazu gezwungen die Aura dieses abscheulichen Nemesis so dicht neben sich zu spüren und doch war sie so machtlos, schwach und geschlagen, dass ihr kaum mehr anderes übrig blieb als die Worte zu ertragen, Worte, die mit Wut herausgerufene Drohungen so hohl klingen ließen, unwirklich, fraglich wie Seifenblasen - die Träume eines Kindes, dass den lieben Tag verrückte Sachen spann, die es aber nie schafften, sich in der Wirklichkeit zu manifestieren. Ihr Mund öffnete sich und sie wollte widersprechen und doch quoll kein Laut aus der Kehle. Vaash hatte sich nicht gefürchtet, nein, sie wollte, dass er Angst vor ihr hatte, sie wolle, dass er sich vor dem fürchtete, was sie ihn hätte antun können doch er war weggegangen, hatte sich entschieden sie allein zu lassen und war entschlossen fortgegangen und sie hatte getan, was eine Drohung hätte bleiben sollen. Hatte Traggis sie gefürchtet? Vielleicht, doch wenn, dann gut verborgen unter der schützenden Hand, die sie davon abgehalten hatte, ihm die Kehle zu zerfetzen. Und Ysanne selbst war ebenso furchtlos, wie jenes Ebenbild, dass hier vor ihr stand. Man konnte sie stocken lassen und doch folgte das Uhrwerk ununterbrochen seinem Kurs. Selbst den Firrerreo hatte sie kaum genügend Zeit gelassen, tatsächliche Furcht zu entwickeln, ehe eine finstere Laune das Volk aus der Galaxis tilgte. Aber jemand hatte Angst gehabt, eine Person, die stets mit ansehen musste, was die Sith tat, es selbst aber nie spürte, als bestünde das perfide Spiel darin, sie am Leid anderer brechen zu lassen. Vielleicht hatte Reah selbst es nie gespürt, doch nach Vaashs tot, hatte sie das Gesicht gesehen, in dem offenes Entsetzen stand. "Sedrael. Sie hatte Angst vor mir.", würgte der Schatten die Worte undeutlich in den Sand, kaum in der Lage sich zu artikulieren. - Oder um mich?

Trotz machte sich breit, als die Dunkelheit vor ihr, sie zu Triezen versuchte, noch das letzte bisschen Widerstand zu zerdrücken, dass sich bot, bis von der ausgebrannten Glut nur noch Asche übrig war, doch Reah kannte das Dunkel nur zu gut. Es war kalt, verlogen, bog sich und krümmte sich so, wie es passte, nur von der Gier angetrieben sich zu laben und zu nähren, bis es fett und träge wurde, bis der Schlund sich weitete und versuchte die Galaxis am Stück zu verschlingen und dies hier war ein Aspekt davon, doch keiner, den sie nun einfach beiseiteschieben konnte, nicht, dass sie mit der Macht wegfegen könnte, selbst, wenn ihre Kräfte dafür ausreichen würden. Die Manifestation log. Sie stand dreist vor ihr und log der Hexe ins Gesicht. Wie ein ungeschicktes Kind, schien das dunkle Konstrukt, sein Kartenhaus selbst zum Einsturz zu bringen. Natürlich kümmerte es jemanden - darauf fußte die Dunkelheit, es war der Nährboden aller Albträume und Ängste. Leid entstand nur aus Kummer, ebenso wie Angst, Hass und Zorn - all jene Eigenschaften, aus denen die Sith Stärke zogen, waren auf diesen Zentralpunkt ausgerichtet. In diesem abstrakten Gebilde, dass sich Imperium nannte, mochte es zutreffen, das Imperium als solches interessierte sich nicht für sie, aber Individuen darin oder aber, von draußen.
Närrisch war alleine jene vor ihr, die nicht zu sehen vermochte, wie sich die Bestie Stück für Stück aus dem Abgrund emporzog, der geiferte und gierte hier, in ihrer Einsamkeit aber ein so abschreckendes Aussehen annahm, dass praktisch gar keine andere Wahl bestand, als die Flucht nach vorn anzutreten. Leuchtfeuer für Leuchtfeuer und Stufe für Stufe hinaus aus dem schwarzen Morast, in dem sie einst zu versinken drohte. Erst als dunkle Jedi, die als gepeinigte Tiefenseele vor dem Loch saß und ständig hinunter spähte und nicht bemerkt hatte, wie das finstere Miasma sich um sie legte und nun, dann als Sith, die begierig immer tiefer hineinschritt, fanatisch dem Glauben hingegeben, dass Monster, dass darin verweilte zu finden und zu erschlagen. Aber es hatte sich nie gezeigt, vielleicht war es nicht einmal dort, nie dort gewesen, sondern nur als makabre Wunschprojektion in ihren Geist gebrannt. Der Finstergeist vor ihr entschwand in den Winden Korribans, die erzürnt aufheulten und ihr feine, scharfe Steinkörner entgegenschleuderten.

Mehr als das. Ein lautes Knallen ließ ihren Körper furchterfüllt zusammenzucken, als ihr Gefängnis von den wütenden Böen gesprengt wurde - aber waren sie echt? Das dumpfe Stampfen des mächtigen Fußes eines imperialen Läufers, ließ Panik aufsteigen - wollte Isard vielleicht doch auf Nummer sicher gehen, dass sie auch ja hier starb? Absurd, doch nicht absurd genug um ihre Angst zu nehmen. Aufgeregt blitzten ihre Augen auf, in die sogleich Sand und Staub bliesen, so, wie über den Rest des Körpers, der sich anfühlte, als zöge ihr jemand die Haut ab - Stück für Stück, gerade so, dass genug schmerzte um sie auch ja bei Bewusstsein zu halten, um genug Angst vor jenem Fuß zu haben, der bedrohlich über ihr Hing und sie drohte zu zermalmen. Noch nicht. Sie erinnerte sich, vor Isard, vor dem Sand - ein Vogel krächzte unweit von ihr. Gesehen hatte sie ihn nicht und doch... Sie schloss die Augen für diesen letzten Moment, mobilisierte winzige Energiereserven und tastete nach dem Leben, wie es ihr der Abgrund gelehrt hatte und... es kam Resonanz zurück, Resonanz von Niedertracht und Gier, die darauf wartete, dass das Leben aus ihr entwich und nur das wohlschmeckende Aas zurückblieb, ganz dort, wo der Container stehen sollte.
Sie schlug die Augen auf und wie der Sturm die mächtige Maschine wanken ließ, sprach Reah bestimmt: "Du bist nur eine Lüge."
Das Kriegsgerät aus massivem Durastahl kippte und zerschellte auf dem harten Sandboden, so, als hätte die Manifestation der Macht nur auf diese Worte, dieses Eingeständnis gewartet, bevor es den Pfad offenbarte. Denn kaum verschwand das Konstrukt im Sand, ebbte auch der Sturm ab und zeigte das alte Bild: Reah, die noch immer vor dem Container lag, den gierigen Raubvogel im Nacken, der begierig darauf lauerte, dass sie endlich aufgab.

Der Schatten streckte seine Hand aus und tastete zittrig nach dem Stab. Die Finger krümmten sich um den kalten Durastahl, als sie das Hilfsmittel erneut aufstellte und ihren Leib daran hochzog. Tock. Ein Schritt. Gekrümmt schlurfte die elendige Kreatur voran, deren zerfetzte Kleidung sich an Stoffenden durch den Sand zog, ganz wie die Spuren giftiger Schlangen, die nach einem neuen Heim suchten. Noch einmal zögerte sie, als der Abgrund ihr einen letzten Lockruf entgegenbrachte, der sein Kind wieder so gern im schwarzen Morast sehen würde. Sie schüttelte den Kopf und wandte sich endgültig von diesem Ort an und vielleicht auch von dem, was sie hier zurückgelassen hatte. "Dann bleibt er ein herrschender Narr.", gab Reah der Stimme als entschlossenen Rückschluss zu verstehen, auf eine Weise, die zeigte, dass dieses Wesen hier nicht Vesperum war, auch nicht wie er, sondern etwas, dass eigenen Willen besaß.
Sie ging weiter, der Sonne entgegen, eben jenen Pfad des Vesperum entlang, dessen korrumpierte Finsternis sie dabei zertrat. "Ich finde dich. Immer."
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