#49
--> Von Atrisia (S. 7)

Gebt mir einen Traum, für den es sich lohnt, die Flügel zu spannen und der Kälte zu entgehen... herausgebrochen aus dieser ewigen Nacht...
Die Bestie erwachte in der Dunkelheit, umschlossen von einem kalten Metallkäfig, in den sie so vortrefflich zu passen schien, dass ihr weder klar war, wo sie sich befand, noch, wie sie an diesen Ort gelang. Die Augen blickten ins Leere, ins schwarz, jenseits von schwarz. Wie ein Kristall schimmerte es, schien sie wie magisch anzuziehen, wollte berührt werden, so, als ob ein Handgriff danach zarte Erlösung mit sich brachte. Der Kristall begann zu verschwimmen, ohne, dass der Schatten sich regte. Sie lag, atmete Flach, war sich kaum sicher, ob sie tatsächlich lebte oder ob der Tod ihr nur einen kurzen letzten Moment des Bewusstseins schenkte, ehe sich die ewige Nacht zur Gänze über sie legen würde. Geschlagen, wieder einmal. Wie viel konnte sie verlieren, bis nichts mehr da war? Gebrochen wurden im Laufe eines Krieges viele, auf unterschiedlichste Arten und Weisen und doch fielen ihr nur wenige ein, die eine so fragmentierte Seele besaßen, wie sie selbst. Vermutlich würde sie die einzelnen Stücken nie wieder zusammensetzen können, sondern schlitterte, auf einem Dunkeldrift gleich, von einer Zelle in eine Neue, zerbrach in immer kleinere Teile, die sich wie Saatkörner über die Galaxis verteilten. Aber sie konnte nie sagen, was daraus wachsen würde. Hoffnung? Verzweiflung? Oder gar Zorn? Sie hatte viele Echos hinterlassen, an ebenso vielen Orten, doch keines davon schien zurück in ihre Ohren zu dringen - oder war sie nur taub? Hörte möglicherweise nur noch die Stimme des menschlichen Abgrunds, die sie antrieb, immer wieder aufzog wie eine Spielzeugpuppe, die ein paar Schritte ging, nur um danach wieder zu fallen, erneut aufgezogen werden musste, bis eines Tages die Feder überspannt sein würde und brach.

Leid machte sich in ihrem Körper breit, als einzelne Glieder versuchten zu zucken, selbst, wenn ihr Kopf nichts von all dem realisierte, sondern still und starr in die Schwärze blickte. Aber nicht alles regte sich, ein paar Finger fehlten, eine Hand. Sie versuchte es wieder - nichts. Der Blick der Hexe senkte sich, suchte nach dem Kettenglied, dass sich weigerte zu gehorchen nur... das Glied fehlte. Dort wo eine Hand sein sollte befand sich nichts, nur noch Dunkelheit. Ihre Augen weiteten sich panisch, als die Gewissheit die Strickleiter ins Bewusstsein emporkroch, als ein kleiner Teil der Erinnerung mitschlurfte und zeigte, was geschehen war. Ein sauberer Hieb, Blut und danach wurde es Dunkel. Die Sith keuchte, doch bekam die Luft kaum aus der Lunge gepresst, als der Körper den Schmerz bemerkte, den er ihr vor Stunden, vielleicht Tagen nicht anzeigen konnte. Dennoch, das Monster verblieb in der Starre, winselte wie ein geprügeltes Tier und schien nicht in der Lage, die Agonie zu überwinden. Erst nach und nach spürte sie den kalten Stahl um sich herum, Schrott, der sich durch ihre Kleidung geschnitten hatte und dem Fleisch darunter Schürfwunden beigebracht hatte. Mehr Nerven begannen das körperliche Feedback zu ihrem Gehirn zurückzusenden, so, dass sich in kürzester Zeit ihr gesamter Körper anfühlte, wie ein einziger Pool des Leids. Der Schatten kroch zittrig in sich zusammen und zog die Beine an, der zerschundene Oberkörper richtete sich wacklig und gebeugt auf, kraftlos gestützt von einer verbliebenen Hand, wo auf der anderen Seite nur ein Stumpf nutzlos herunterhing. Wimmern, als ihr Kopf sich hob, hineinschaute in die Dunkelheit, die spärliche Blicke auf Schrott preisgaben, mit dem sie verladen wurde. Keine Zelle, nur ein Container. Vielleicht versiegelt, ganz wie die Gräber der alten Lords. "Sedrael?", die Stimme zitterte, als die Kreatur meinte in der Finsternis einen Schädel auszumachen. Ihre Hand streckte sich nach vorn, zog den Körper über den Schrott, der ihr weitere Kratzer einbrachte, empor. Enttäuschung machte sich breit, als der abgetrennte Kopf eines ausgesonderten Protokolldroiden ihr stumm entgegen blickte.

Wut kochte hoch und schenkte dem Leib einen Moment lang Kraft, als sie den Schädel mit der Hand beiseite fegte und er an der Containerwand zerschellte und doch verflog diese Moment der Kraft nur zu schnell, als der Körper wieder zusammensackte. Ihr Kopf drehte sich zur Seite, blickte ausdruckslos hinüber zur nackten Metallwand - würde sie sterben, wenn sie sich fallen ließ? Konnte sie das überhaupt? Aufgeben, sich die Niederlage eingestehen? Nein, nicht so, noch nicht. Ihr Herz schlug nach wie vor und selbst hier, jetzt, war nicht Schluss. Reah bemerkte, wie ein fahles Licht aufleuchtete, nur kurz, doch immer wieder, so, als wollte es berührt werden, schien sie gar stumm darum anzuflehen. Der Körper stemmte sich erneut hoch, auf wackligen Beinen, die kaum einen Schritt vor den anderen Setzen konnten, sie nur eben weit genug zu tragen vermochten, dass sie mit der Schulter gegen die Metallwand knallte, wieder zusammensackte und sich mit ihrer Hand langsam vorantastete. Ihre Finger erreichten den Knopf und drückten ihn begierig, als kreischend und urplötzlich die schwere Durastahltür aufsprang und die finstere Seele zurücktaumeln ließ, erneut in die Droidenkadaver.
Licht brach herein, fahl und stark gedämpft, von den sandigen Winden, die draußen vorbeipeitschten. Die Sith blickte ungläubig und schien nicht ganz zu begreifen. Erst als der Blick klarer wurde, sah sie den rötlichen Boden, die kruden Felsformationen und hörte das Vertraute Echo einer düsteren und trostlosen Welt. Tatsächlich also Korriban. Ysanne Isard bestand also nach wie vor auf ihren Anteil... oder war es nur ein besonders grausamer Scherz der Direktorin, die sich die Finger danach leckte, wie dieses Mausoleum Grab einer weiteren Sith wurde? So oder so, blieb ihr kaum eine Wahl, ob sie nun der Sand unter sich begrub oder sich ein gieriges Tuk'ata-Rudel über sie hermachte änderte an der Wahrscheinlichkeit hier zu sterben, nur sehr wenig. Ihr Kopf neigte sich zur Seite und erblickte eine lange Metallstange, deren Spitze eine scharfe Durastahlverankerung aufwies. Primitiv, schwer aber doch besser als ohne jegliche Hilfsmittel. Sie griff nach der behelfsmäßigen Gleve, stellte diese fest auf die stumpfe Seite und zog sich daran hoch. Ziellos schritt der Schatten hinaus aus der Finsternis des Schrottcontainers, in Korribans Winde.

Doch kaum berührten die Füße den Boden, schnellte eine neue Welle Schmerz durch den Körper, ließen sie wanken, bis Reah ihrem Gleichgewicht beraubt wurde, und erneut zu Boden ging, wobei der Stab klappernd neben ihr landete. Wieder ein Keuchen, dass sich durch den Staub in der Lunge hin zu einem Husten entwickelte, wieder wimmerte und winselte die Kreatur, während Hass und Abscheu sich breitmachten. "Du bist tot Ysanne...", spie sie die Worte in den Sand, gebrochen und entschlossen gleichermaßen. Schmerzvoll reckte sich ihr Kopf der Sonne entgegen, während ihre Faust voller Wut in den Sand schlug. "Du weißt nicht, was du hier geschaffen hast, du nicht, Vesperum nicht..." Schluchzen. "...blinde Narren!"
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