#50
Supersternenzerstörer, Allegiance-Klasse Abaddon

Einsamkeit. Die Schmerzen, welche die dunkle Seite hervorrufen konnte, waren mannigfaltig, doch kein Peinstachel traf so tief, so schmerzerfüllt, wie das Wissen, immer allein zu sein. Die Jedi machte es deutlich, sie reichte dem Schatten nicht die Hand, sondern distanzierte sich, ließ die Hexe mit sich selbst zurück. In ihrer Euphorie, gepaart mit Naivität, hatte sie geglaubt jetzt etwas zu ändern, jetzt sofort und regelrecht verkannt, ausgeblendet, dass sie nach wie vor über das Wesen der Dunkelheit definiert war, Gefangene einer Philosophie, die Mittel und Wege kannte die Beute nicht wieder freizugeben. Sie hatte es sich noch nicht verdient, diese Erlösung, es war nicht so leicht. Der Schatten verkannte, wie sehr die Vernichtung dieser Welt, die Jedi traf, weil er es nicht verstehen konnte. Der Schatten verstand die Bindung dahinter nicht, die Emotionen, die Trauer - all dies begriff ihr Verstand nicht und irgendwo waren derartige Gefühle für eine Person wie Reah auch nicht ganz real. Sie gingen nicht von ihr aus und jemand, der so tief gefallen war wie die Inquisitorin, legte diese ich-Fixierung nicht binnen weniger Momente ab. Denn noch immer ging es weniger darum, was die Sephi sich tatsächlich wünschte, als vielmehr, wie dieses Geschöpf in den Plan der Inqusitorin passte. Auch wenn Reah es nie offen sagen, nie zugeben würde, bemaß sie die Jedi ausschließlich nach ihrem Wert, inwieweit sie etwas für oder gegen sie tun konnte. Alles andere war lediglich Theater, etwas, an dem sich ihre menschlichen Aspekte erfreuten, die mal mehr, mal weniger die Oberhand behielten. Letzten Endes drehte sich der Schatten wieder zusammen, komprimierte die Dunkelheit zu dichter Schwärze, die die Augen vor dem grellen Licht schützten. Sie verschloss die Augen vor der Zurückweisung und kehrte ihr wortlos den Rücken zu. Und doch nagte es an ihr, sie hatte sich gewünscht, sich wirklich gewünscht, man würde ihr etwas Vergebung gönnen, so wenig sie es auch verdienen mochte. Doch wieder gab es keine Gnade in der Galaxis nur den Tod, nur die Einsamkeit. Was blieb waren Worte im Geist, welche die Abgründe ihres Wesens noch nicht verschluckt hatten.

Wer war sie denn? Was glaubte diese Jedi denn, wer sie war? Sie war die Person, die einen Planeten auslöschte. Die Person, die das tat, ohne auch nur das geringste Bedauern dabei zu empfinden, überhaupt auch nur irgendetwas zu fühlen, wenn sie die sterbende Welt zu ihren Füßen betrachtete. Und alles aus einer Laune heraus, einem Impuls der Dunkelheit. Das war Reah Nigidus, ein verkommenes Etwas, dass sich ohne zu reflektieren, ohne darüber nachzudenken, zu einer Richterin über Leben und Tod erhob, die entschied, dass die Firrerreo das Leben nicht verdienten. Es gab keinen Grund, nicht auch nur das geringste nach gängiger Logik annehmbare Argument, das ihr Vorgehen rechtfertigte. Es erklärte. Das war sie, ihr Wesen. Nicht mehr das Mädchen von Thule, das den Fängen des Krieges entrann, nur um die Dunkelheit zu driften, nein, sie war irgendwann auf Byss zerbrochen, hatte ihre Seele gegen eine emotionslose Hülle eingetauscht, die sie nun vergeblich versuchte zu füllen, weil sie spürte, dass etwas fehlte. Was also, hatte die Jedi in ihr gesehen, das sie selbst nicht erkennen konnte? Das sich vor ihren Augen versteckte, obwohl es doch so klar sein müsste? Das Licht mochte in ihr Herz geleuchtet und mehr gesehen haben, als die Inquisitorin selbst verstand, denn blind war sie, dazu verdammt im Dunkeln zu tappen und sich selbst nicht mehr zu finden. Und wie das Feuer Firrerre verschlang, bemerkte sie, dass sie sich nur noch an ihren Taten maß, weil sie ihr Wesen selbst nicht mehr begriff. Für Reah blieb nach den Worten Sedraels nur zurück, was sie sehen konnte: gefallene Jedi, Inquisitorin, Mörderin und nun auch bald Verräterin.


Modular-Kreuzer Feuerschwinge

Wieder pferchte man die Sephi in ein Shuttle, wieder war sie gefangen in einem Metallsarg, der lautlos durch das All schwebte. Auch die gesichtslosen Soldaten fehlten nicht, hafteten an ihr wie triste Schatten, Kreaturen, allseits bereit sie zu triezen und zu peinigen. Doch sie schwiegen, als wären sie des Spiels überdrüssig, das kleine Alien wieder und wieder mit Ablehnung zu konfrontieren, mit Abscheu und Hass. Sie beschränkten sich auf das nötigste, schubsten sie Ungehobelt in das Shuttle und begutachteten sie mit ihren weißen, gesichtslosen Helmen. Immer dieselbe Miene, ausdruckslos und kalt. Nicht weniger ruppig trieben sie die Sephi am Ende der kurzen Reise wieder aus dem Vehikel hinaus, als wäre es ohnehin nur ein Vieh, dass zur Schlachtbank geführt wird. Geändert hatte sich jedoch nur wenig, genausogut könnte man annehmen, man wäre im Kreis geflogen: der Hangar, das innere Aussehen des Kreuzers, unterschied sich kaum mehr von dem des Sternenzerstörers, war er doch lediglich etwas kleiner. Vor ihnen baute sich die große Gestalt des Kapitäns in Form von Rupert Donnovan auf, ein Mann, der den Zenit seiner Dienstzeit schon lange überschritten hatte. Graue Haare lugten unter seiner Mütze hervor, ebenso grau wie der Bart. Eine schlecht verheilte Narbe zog sich über sein linkes Auge und tiefe Furchen zierten sein Gesicht. Und doch waren die blauen Augen voller Leben und Wachsamkeit, die deutlich signalisierten, dass man hier vor einem Veteranen stand, einem Mann, der mehr kannte als das Imperium. Vielleicht gehörte er sogar zur Garde jener alten Krieger, zu der auch der Flottenadmiral Tiberius Vaash zählte - doch man wusste es nicht. Donnovan behielt seine Gedanken für sich und starte geradeaus. Aber er sah nicht die Sephi an, vielmehr fiel sein Blick auf den brennenden Planeten unter ihnen, der durch die offenen Hangartore nur zu gut zu sehen war. Für den Bruchteil einer Sekunde schien er angewidert das Gesicht zu verziehen, dann sah er zu den Soldaten hinüber und deutete ihnen mit einem seitlichen Nicken des Kopfes, dass sie hier fertig wären. "Weggetreten Soldaten!", lautete seine zackige Bemerkung, die die Sturmsoldaten innehalten ließ, ehe sie sich auf den Rückweg machen durften - nun allerdings ohne ein Spielzeug, dass sie quälen konnten.

Donnovans kritischer Blick haftete noch einige Momente an ihrem Rücken, ehe er auf die Sephi fiel. "Rupert Donnovan.", stellte sich der Mann vor. "Das hier ist mein Schiff und solange Sie hier sind, sind Sie auch meine Gefangene.", der ernste Blick senkte sich in ihre Augen, als wollte er sichergehen, dass sie Verstand. Obgleich er die Worte eher sachlich-nüchtern und weniger arrogant an sie richtete, gelang es ihm nicht eine gewisse Schärfe herauszunehmen, vielleicht auch eine Macke, die er sich im Laufe der Jahre angewöhnt hatte. "Klar?", hakte er schließlich nach.

"Ich nehme mal an, Sie kommen von dort unten.". fuhr der Kapitän kopfschüttelnd fort. Nein, Donnovan hielt nichts von dieser Zerstörung und das würde er auch nie. Er war ein Soldat, aber kein Schlächter, niemand, der mutwillig ganze Spezies ausrottete. Er war ein unbequemes Element, jemand der gerne aneckte und dem man im Gegenzug dafür Steine in den Weg legte. Schon vor Jahren hatte er sich von der Schnapsidee verabschiedet je Admiral zu werden, dass er nun unter Stratis und einer Wahnsinnigen dienen musste, war schlussendlich nur die letzte Strafe vor dem endgültigen Tod. "Sie müssen zu einem Arzt, reine Routine. Kriegen Sie das hin?" Mochte Donnovan ruppig sein, aber er blieb fair und - nach eigener Interpretation - höflich. Er war kein Seelenklempner und alles andere als ein einfühlender Mensch - Gott bewahre! - er wollte gar nicht wissen, was das Ding vor ihm durchmachen musste, wo hinter ihr ebenjene Welt verbrannte, auf der sie wohl eben noch gestanden hatte. Donnovan besaß etwas, von dem viele Imperiale nur träumen konnten: Verständnis und Geduld. Und er war nicht so verblendet zu glauben, die Sephi würde die Schuld an dieser Aktion nicht auch bei ihm suchen. Zumindest aber würde sie den Anblick nicht mehr lange ertragen müssen, ehe das Schiff in Richtung Atrisia aufbrechen würde.


Supersternenzerstörer, Allegiance-Klasse Abaddon

Allein. Immer noch allein. Mit sich. Mit der brennenden Welt zu ihren Füßen. Die Einsamkeit festigte ihre Überzeugung, es war richtig, der feige heimtückische Angriff auf diese wertlose Welt. Sie fühlte sich gut, Entzückung schlich sich in ihr Antlitz, nun, wo sie den Feuersturm ohne Ablenkung genießen konnte, er machte sie stark. Ganz recht, sie würde bleiben wer sie war, alles andere schien in diesem Moment nur ein Hirngespinst zu sein, nicht real und weit entfernt, eine Geschichte von der sie gehört hatte, mit der sie persönlich aber kaum in Berührung kam. Die lodernden Flammen spiegelten sich in den Augen, mit denen sie das Spektakel tief unten verfolgte. Wieder einmal zeigte es sich, dass sie über die normalen Belange dieser Galaxis erhaben war, jenseits von Hass und Trauer stand. Vielleicht war Vesperum der Sensenmann, das Ungetüm, dass mit seiner Tötungsmaschine Milliarden umbringen würde. Aber Reah war die zuverlässige Klinge, die ins Fleisch schnitt. Immer und immer wieder, bis die ganze Galaxis filettiert war, zerstückelt in kleine Häppchen. Den Wölfen zum Fraß vorgeworfen. Nun wo das Licht verschwunden war, gab es wieder nur Schatten, wieder nur die Schwärze, die große Leere. Selbst die Aversion gegen die Sith schien in dem Augenblick bedeutungslos, als ihr Blick dem Fegefeuer folgte. Das Versprechen an ihre Jedi geradezu lächerlich, töricht. Sie war nicht an Zeit und Kontinuität gebunden, ihr Geist war darüber erhaben einer konsequenten Linie zu folgen. Die Stimme der Macht lenkte ihre Taten und diese Macht unterstand ihr. Ein Paradoxon? Vielleicht, aber was spielte das für eine Rolle...

Stunden noch hielt der zerstörerische Hagel an, das gnadenlose Trommelfeuer aus unzähligen Kanonen. Selbst der Supersternenzerstörer war kein Todesstern und Firrerre blieb die Gnade verwehrt als Sternenstaub zu enden. Dort unten mochte die Kruste des Planeten aufreißen, mochten sich Magmaströme über Landschaften ergießen, von hier oben sah es beinahe aus wie eine Sonne. Nichts lebte mehr, das Echo in der Macht sprach für sich, das Echo, dass ihr das süßeste Lächeln ins Gesicht trieb, bis sie in einem schauderhaften Lachen ausbrach. Das war ihr Blutfest, ihr Amüsement, ihr Wesen. An irgendeinem Punkt hatte sich die Atmosphäre des Planeten entzündet und das übrige Leid beendet, was nun übrig blieb war ein Planet in Todeszuckungen, eine verstrahlte Magmakugel, die als Mahnmal im leeren Raum umher trieb. Der Schatten fühlte sich für den Imperator bereit, sie war wieder die, die sie sein sollte, der Fokus lag wieder auf dem ich - ohne Zweifel, ohne Gedanken an jemand anderen. Im Gegensatz zum Licht war die Dunkelheit großzügig, sie spendete ihr Vergessen und Verdängung, schützte sie bewusst vor dem, was sie wanken ließ. Die Dunkelheit behielt ihre Sklaven. Dann verstummten die Kanonen und die wundervolle Hölle, ihre geliebte Alptraumlandschaft verschwand im Strudel der Sterne. Es zog sie weg, nach Fondor.


--> Fortsetzung: Fondor
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