#14
Scarian war ein ungläubiger Tölpel, wenn er dachte, dass nur Wesen aus Fleisch und Blut Stimmen in ihrer aller Köpfe projizieren konnten. Sie hatte die Dark Reaper gesehen, sie wusste es besser als dieser einfache Soldat, der sich unter Maschinen so banale Gerätschaften wie Panzer und Kampfläufer vorstellte. Doch die Sith waren sehr viel komplexer in ihrer Mechanik, in ihrer Kunst auf die mystische Macht zu zugreifen, die ihre Antriebskerne speiste, ihren ungebrochenen Willen Leid in die Galaxis hinauszutragen. Der Oberst besaß keinen Sinn dafür, keine Erinnerung an die lebendige Macht dieser Maschinen, ihr Wirken und ihre Funktion. Er konnte nicht begreifen, dass diese Wesen durchaus ein Bewusstsein hatten, einen eigenen Willen - und nicht wie die modernen Kampfautomaten per Knopfdruck kontrolliert werden konnten. Aber wie konnte er im Angesicht des Funkturms so blind sein? Wie konnte Scarian diese Macht nicht verstehen? Der finstere Sturm, der auf sie zugerast kam - er war nicht der Wille einer Mumie, eines einfachen Geistes. Diese Welle reiner Energie war eine Ausstoßung der Macht, gezielt auf sie abgefeuert wie eine Artilleriegranate und dieser Turm diente als Zielpunkt, als Koordinate.
Doch es waren nicht die Sith, die sie hier umbrachten, nein, es war ihre eigene Unwissenheit. Jämmerliche Gehversuche im Dunkeln, ziellos und hilflos wurden ihr Verderben. Sie verloren, weil sie Korriban nicht verstanden. Weil Reah und Scarian es nicht verstehen konnten - Korriban funktionierte nach einer anderen Logik, die sich ihrem Horizont entzog.

Aber ihr Trupp musste weiter. Grelle Lichter blitzten auf und irritierten die Inquisitorin in der wohligen Dunkelheit, verschreckten sie beinahe wie ein empfindliches Wesen. Es war kein Geheimnis, dass die Dunkelheit eine Schönheit war, sie verlieh jenen Dingen ein majestätisches Antlitz, die im grellen Tageslicht abstoßend wirkend, deplatziert. Und nun verstörte das Licht Reah, es entzog ihre Aufmerksamkeit, weg von den wichtigen Dingen, hin zu den Soldaten. Ihr nervöses Gemurmel unter den Helmen, die ausströmenden Flüsse ihrer Angst, die auch auf sie übergriffen. Dies war die Schwäche des Lichts: durch eine Linse gebrochen teilten sich die Strahlen und wie die Strahlen, so teilte sich auch das Leid. Das Licht schwächte sie, überschüttete sie mit den Sorgen anderer und reduzierte ihre Präsenz, ihre Stärke. Doch in der Dunkelheit konnte Reah sich auf sich selbst verlassen, sie konnte all jene störenden Individuen aus ihren Gedanken verbannen, sie in ihren Sorgen und Ängsten allein lassen, ohne sich mit ihnen beschäftigen zu müssen. Das Siechtum der dunklen Seite hätte die Soldaten vereinnahmt und ihr Klarheit gebracht.

Sie schloss ihre Augen und verbannte das störende Licht aus ihrer Wahrnehmung. Auf Korriban konnte sie sich ganz den Kanälen der dunklen Seite öffnen, sich von den Quellen anziehen lassen. Es war wie eine Flussfahrt auf einem antiken Schiff - nur, dass sie nicht von der Quelle zum Meer, sondern vom Meer zur Quelle segelte. Mit einem leisen Schaben glitten ihre Fingerspitzen an den nackten Wänden entlang, suchten darin unbewusst nach Rillen und Vertiefungen, die sie zu ihrem Ziel führten. Es waren die kleinen Kerben, die ungesehen vom nackten Auge mit der dunklen Energie erfüllt waren, ein Netz spannen und ihr die Richtung im Labyrinth zeigten. Aus ihnen schallten die Echos der Macht heraus, leise und verstückelt, andere klarer. Waren es am Ende die Soldaten, die den Weg fanden? Oder war es am Ende Reahs Wille, der sie unbewusst tiefer in einen der Gänge leitete? Die Inquisitorin dachte nicht darüber nach, zu sehr war sie damit beschäftigt, nach den mächtigeren Echos zu greifen, zu Korribans Bewusstsein vorzustoßen. Sie konnte sich nicht erklären warum, doch tief im inneren konnte sie spüren, wie eine Stimme, schriller als jede Musik nach ihr zu Rufen schien.
Doch zugleich irritierte sie die Leere im Korridor, sie hatte mehr erwartet. Sie konnte Skelettreste ertasten, ein Knochen zerbrach unter ihren Stiefel und entsandte seinen stummen Schrei in die leeren Hallen. Aber Reah hatte mehr erwartet. Das vertraute Metall der Reaper, ihre schweren Kabel, die sich zum Herzen des Planeten zogen und die Wahnsinnige Projektion ihres Hasses, des Leids und Elends in ihre Köpfe. All dies schien hier zu fehlen. Wo waren die Sith? Die Gefäße für ihre Energie?

Statt totem Metall, erwartete sie lebendiges Fleisch. Sie konnte die kreaturen fühlen, ihre innere Unruhe, ihren Hunger und ihr Verlangen, bevor sich auch nur die ersten von der Decke lösten. Korriban erbarmte sich ihr diese Eindrücke zu vermitteln, die niederen Triebe, Verlangen und Leidenschaft. Dann schlugen ledrige Flügel, erst wenige, dann mehr. Kurze Schreie ertönten und Blasterblitze zischten in die Dunkelheit. Reah betrachtete einen Augenblick verwundert ihr Lichtschwert. Sie schien es instinktiv aktiviert zu haben und nun deutete die azurblaue Klinge zur Erde. Ein seltsamer Moment. Warum hatte sie es getan? Sie hatte sich nicht bedroht gefühlt, nicht in Gefahr - und nicht etwa, weil sie diese Kreaturen unterschätzte. Oder spielte Korriban mit ihrer Wahrnehmung? Sie konnte es nicht sagen.
Der Weg nach vorn brachte sie schließlich zu den Opfern und Abscheu breitete sich in ihrem Gesicht aus, als sie die aufgebrochenen Helme betrachtete, die verzehrte Hirnmasse. Der Ekel steigerte sich, als sie durch einen Kadaver watete, dieses matschige und schleimige Etwas, auf dem sie herumtrampelte. Das Lichtschwert zog seine Spuren dazu, immer noch strich es knapp über den Boden, verbrannte das Fleisch von Soldaten und Kreaturen und schwängerte den Korridor mit ekelerregendem Geruch.
"Der Blutzoll wird entrichtet. Stück für Stück." sprach Reah mit tonloser Stimme. "Und ihre Tode sind Lektionen des Schreckens und der Angst, Scarian." Die Inquisitorin blieb stehen und gönnte sich einen erneuten Eindruck des Ekels und der Perversion. "Sie täten gut daran sich zu fürchten, Scarian. Entsenden Sie ein Echo an Korriban!", ihre Stimme entwickelte sich zu einem Flüstern: "Entfesseln Sie ihre Angst, Oberst und dann beten Sie, dass Korriban aus Angst und Verzweiflung Zorn werden lässt! Zorn, der Sie wie die alten Golems antreiben und anleiten wird und dann nähren Sie sich an Ihrem Hass auf diese Welt."
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