Ihr Gegenüber schien einen Augenblick lang ein besonderes Interesse an Sedraels Lichtschwert zu innezuhaben. Der Griff der Waffe hob sich, wankte unter der mysteriösen Kraft, die sie anhob und begann in der späten Abendsonne zu funkeln. Fast schien es so, als habe die dunkle Frau mehr Interesse an Sedraels Schwert als die Sephi selbst. Für Sedrael war das Schwert nichts. Es war die Klinge ihrer Vergangenheit, das Überbleibsel einer vorübergezogenen Zeit, die sich im Strudel der Geschichte verloren hatte und – hoffentlich – nie wieder kam. Die Waffe eines Jedi-Ritters, was sie vielleicht hätte werden können, aber nie geworden war. Weil sie sich bewusst dagegen entschieden hatte. Sie erinnerte sich an die mühsame Zeit, das Schwert zu konstruieren, ihre Ungeduld dabei. Letztlich hatte sie keinen großen Wert darauf gelegt, es war nie die Erfüllung ihres Selbst gewesen. Zwar waren die Jedi damals noch neu und aufregend gewesen, doch diese Zeit war lange vorüber, die Erinnerung war lang verblasst. Wie viele Jahre waren überhaupt vergangen? Nun war die Waffe nur noch ein Relikt, das sie – abgesehen von simplem, rituellen Training – nie zum Kampf benutzt hatte und das sollte, wenn es nach Sedrael ging, auch so bleiben. Sie war Heilerin, nachdenklich, eine Person des Kopfes, niemand, der Wunden verursachte, sondern die Schmerzen heilte, die mit eben solchen Waffen verursacht worden waren. Was sollte ihr dieses Schwert daher wert sein? Es war fast zu einer Bürde geworden, einer Verantwortung vor einem Orden, dem sie den Rücken gekehrt hatte und jederzeit wieder kehren würde, aber für Sedrael war es auch zu einem Mahnmal, zu einer Erinnerung geworden, was sie nicht werden wollte und wo die Grenze dessen war, was sie war und ist. Manche Jedi hatten behauptet, die Waffe sei das Leben eines Jedi. Für Sedrael hätte man es mit keinen Worten, die je erdacht worden waren und erdacht werden würden, falscher sagen können. Diese krude Auffassung war für sie schon ein Indiz auf die zunehmende Militarisierung der Jedi gewesen, die insbesondere in den Klonkriegen Widerhall gefunden hatte. Die meditierenden, weisen Lehrer waren zu körperlichen, geistlosen Soldaten geworden, ihr Ziel außer Acht lassend, die Galaxis in einem Zustand der Balance und des Gleichgewichts zu halten, in dem alle Seiten ihren Platz hatten, hell wie dunkel. Was war mit diesem Orden passiert? Die Waffe war ihr Symbol, und wenn es verschwunden war, war es prinzipiell der froheste Tag ihres Lebens. Doch glaubte sie nicht, dass dieser jetzige Moment der Zeitpunkt dafür war. Sie glaubte nicht daran, dass sie ihr Schwert hier verlassen würde.
Irgendwann wendete sich die finstere Gestalt Sedraels Begleiter zu. Sofern es möglich war, dass die Inquisitorin noch abfälliger wirkte als zuvor schon, so war es nun der Fall. Spätestens jetzt war der Sephi klar, dass Quel-Tuus die Wahrheit gesprochen haben musste und kein Teil dieses Komplotts war, der dazu geführt hatte, dass man sie im Exil fand. Offenbar war es wirklich ein Zufall gewesen, ein eigentümlicher Zufall. Sofern es im schleierhaften, undurchsichtigen Willen der Macht überhaupt so etwas geben konnte.
„Ich stimme zu“, sagte sie auf die Bemerkung hin, dass ihr Freund störte, und sah Quel tadelnd von der Seite an. Sie hatte auch nicht gewollt, dass er hier war, sondern sich um die kümmerte, die vielleicht noch eine Chance hatten. Oder zumindest um sich. Er hatte ein Schiff, er konnte weg von hier. Vielleicht mit dem einen oder anderen Bewohner. Hier, im Angesicht der Dunkelheit, der er zu entrinnen versuchte, gab es nichts für ihn zu gewinnen, sondern nur zu verlieren.
„Geh.“
Sedraels Stimme war finsterer geworden, geradezu ein Befehl. Diese Erschütterung in der Macht war größer gewesen, als beide vor ihrem Aufbruch zum Raumhafen wohl erwartet hatten. Das Böse, das sich hier eingefunden hatte, würde keine Kompromisse machen. Es war allgegenwärtig, instinktgesteuert, wie ein nicht zu unterdrückender Trieb, der sich seinen Weg durch die Psyche fraß und einen zum Handeln nötigte, selbst wenn man es nicht wollte. Als die Sturmtruppen Position eingenommen hatten, hatte Quel bereits die ersten Schritte zurück in den toten Wald gemacht, aus dem sie vormals gekommen waren. Er würde ihm vielleicht etwas Deckung bieten können, dachte sie. Bis zu dem Schiff und dem Medi-Lager war es nicht weit, er konnte es schaffen.
„Die Macht sei mit dir“, duzte sie ihn erneut, ohne es wirklich zu realisieren und trat einen Schritt zur Seite, um zwischen den Waffen der Sturmtruppen und dem sich zurückziehenden Quel zu stehen. Die Frau schien irgendein gesondertes Interesse an ihr zu haben, wollte sie in Haft nehmen, daher empfand die Sephi in diesem Moment für sicher genug, dass die furchterregenden, weißen Körper nicht das Feuer eröffnen würden. Es gab Quel nicht viel Zeit, aber vielleicht ein paar Sekunden, die genügen konnten. Nach und nach, wenn auch unter Vorsicht, traten die weißgepanzerten Soldaten an ihr vorbei, bereit auf jede ihrer Regungen zu reagieren, doch Sedrael blieb schlichtweg stehen. So sehr sie auch gefasst wirkte, war ihr Atemrhythmus sichtbar erhöht, so dass sich die Bewegungen ihres Brustkorb auch unter der Robe abzeichneten. Sie wusste, es bestand immer die Möglichkeit, dass sie sich irrte und die Macht falsch verstanden hatte. In so einer gefährlichen Situation wäre das ein zweifellos tödlicher Fehler gewesen. Und die Situation war lange nicht vorüber. Ihre wahre Konkurrentin stand ihr weiterhin gegenüber.
Diese trat schließlich auf Sedrael zu. Die Finsternis durchströmte die Frau, umkreiste sie, gefühlt mehr als noch zuvor. Sie manifestierte sich wie ein dunkler Nebel in Rabengestalt, krähte der Sephi höhnisch entgegen und sang dabei das Lied des Todes. War es doch ihr Abgesang? Die krächzende Melodie der Dunkelheit griff nach ihr, forderte den letzten Tanz ein, doch Sedrael schloss ihre Augen. Sie konnte, durfte der Verlockung des puren Bösen um sie herum nicht nachgeben. Sie hatte ihr nichts anzubieten außer Verderbnis. Der Gesang des Raben ließ Sedraels Herz pochen, melodisch wie ein Bass, der sich der traurigen Tonfolge allmählich anschloss. Sie spürte die Frau bereits vor sich, ehe sie die Augen öffnete, doch erst die Berührung durch das tote Gewebe elektrisierte Sedrael. Kälte schoss durch ihren Körper und ließ sie frösteln. Ihre Haut wechselte umgehend in einen leichten Blauton und ihre Lippen fühlten sich spröde. Ihr erster Kontakt mit der dunklen Seite – und keine Erzählung hätte je darauf vorbereiten können. Keine Worte, kein Chronist hätte es beschreiben können. Das Gefühl von Leere und Einsamkeit. Der kupferne Geschmack des Blutes. Quälende Sehnsucht nach irgendetwas, nach den Resten des Aas, das der Rabe fraß, kaum mehr sichtbar. Ruckartig forschten Sedraels Pupillen in dem Gesicht der Frau nach etwas Vertrautem, etwas, das die Person verbergen wollte, nach etwas menschlichem. War sie überhaupt noch Mensch? Ja. Irgendwo, weit entfernt, kaum erkennbar, hinter großen schwarzen Schwingen verborgen, die ihr die Sicht nahmen. Verstört und zerfressen.
„Schatten“, wiederholte sie nachdenklich. Die Sephi konnte nichts tun gegen die Eindrücke, die sie überwältigten, als das Böse sie berührte.
Schatten sind nur dort, wo nichts mehr sonst ist, verlassen von allem; das einzige, woran sie sich klammern, sind sie selbst. Schatten dominieren nicht. Sie sind stets zum Weichen gezwungen, vergänglich, wenn der Tag hereinbricht. Es wird selbst der finsterste Rabe vom Licht beschienen, leuchtet und sonnt sich schließlich im hellen Schein und der Wärme.
Sedrael ließ sich treiben in der Macht, saugte ihren Willen auf, um zu verstehen, was… nein, einfach nur um zu verstehen. Doch ein Rätsel führte zum nächsten, ließ sie ratloser und unwissender werden als zuvor. Musste sie es denn verstehen? Eigentlich nicht, das Handeln danach genügte. Sofern es ihr gelang, alles richtig zu verstehen, zu lesen, was die Macht von ihr wollte; ausgerechnet von ihr und nicht von einer von hunderten Billionen anderer Lebensformen. Und sie wollte es verstehen. Vielleicht würde sie es erfahren, irgendwann. Vielleicht erfuhr sie einen Teil im Hier und Jetzt. Irgendetwas musste die Person vor ihr erwarten. Erhoffen, von ihr zu erhalten, wenn sie sie nicht töten wollte, wie so viele andere zuvor.
„Was ist es, das Ihr sucht und hier zu finden erhofft?“, fragte die Sephi in merkwürdigem Tonfall, als sie einen Schritt zurückgewichen war, um sich von der Berührung der Frau zu lösen. Die Antwort konnte nicht so simpel sein, dass es nur darum ging, Jedi zu jagen und zu vernichten. Jedenfalls verstand Sedrael das aus den Eindrücken, die sie soeben gesammelt hatte. Oder jedenfalls glaubte sie es zu verstehen.
Irgendwann wendete sich die finstere Gestalt Sedraels Begleiter zu. Sofern es möglich war, dass die Inquisitorin noch abfälliger wirkte als zuvor schon, so war es nun der Fall. Spätestens jetzt war der Sephi klar, dass Quel-Tuus die Wahrheit gesprochen haben musste und kein Teil dieses Komplotts war, der dazu geführt hatte, dass man sie im Exil fand. Offenbar war es wirklich ein Zufall gewesen, ein eigentümlicher Zufall. Sofern es im schleierhaften, undurchsichtigen Willen der Macht überhaupt so etwas geben konnte.
„Ich stimme zu“, sagte sie auf die Bemerkung hin, dass ihr Freund störte, und sah Quel tadelnd von der Seite an. Sie hatte auch nicht gewollt, dass er hier war, sondern sich um die kümmerte, die vielleicht noch eine Chance hatten. Oder zumindest um sich. Er hatte ein Schiff, er konnte weg von hier. Vielleicht mit dem einen oder anderen Bewohner. Hier, im Angesicht der Dunkelheit, der er zu entrinnen versuchte, gab es nichts für ihn zu gewinnen, sondern nur zu verlieren.
„Geh.“
Sedraels Stimme war finsterer geworden, geradezu ein Befehl. Diese Erschütterung in der Macht war größer gewesen, als beide vor ihrem Aufbruch zum Raumhafen wohl erwartet hatten. Das Böse, das sich hier eingefunden hatte, würde keine Kompromisse machen. Es war allgegenwärtig, instinktgesteuert, wie ein nicht zu unterdrückender Trieb, der sich seinen Weg durch die Psyche fraß und einen zum Handeln nötigte, selbst wenn man es nicht wollte. Als die Sturmtruppen Position eingenommen hatten, hatte Quel bereits die ersten Schritte zurück in den toten Wald gemacht, aus dem sie vormals gekommen waren. Er würde ihm vielleicht etwas Deckung bieten können, dachte sie. Bis zu dem Schiff und dem Medi-Lager war es nicht weit, er konnte es schaffen.
„Die Macht sei mit dir“, duzte sie ihn erneut, ohne es wirklich zu realisieren und trat einen Schritt zur Seite, um zwischen den Waffen der Sturmtruppen und dem sich zurückziehenden Quel zu stehen. Die Frau schien irgendein gesondertes Interesse an ihr zu haben, wollte sie in Haft nehmen, daher empfand die Sephi in diesem Moment für sicher genug, dass die furchterregenden, weißen Körper nicht das Feuer eröffnen würden. Es gab Quel nicht viel Zeit, aber vielleicht ein paar Sekunden, die genügen konnten. Nach und nach, wenn auch unter Vorsicht, traten die weißgepanzerten Soldaten an ihr vorbei, bereit auf jede ihrer Regungen zu reagieren, doch Sedrael blieb schlichtweg stehen. So sehr sie auch gefasst wirkte, war ihr Atemrhythmus sichtbar erhöht, so dass sich die Bewegungen ihres Brustkorb auch unter der Robe abzeichneten. Sie wusste, es bestand immer die Möglichkeit, dass sie sich irrte und die Macht falsch verstanden hatte. In so einer gefährlichen Situation wäre das ein zweifellos tödlicher Fehler gewesen. Und die Situation war lange nicht vorüber. Ihre wahre Konkurrentin stand ihr weiterhin gegenüber.
Diese trat schließlich auf Sedrael zu. Die Finsternis durchströmte die Frau, umkreiste sie, gefühlt mehr als noch zuvor. Sie manifestierte sich wie ein dunkler Nebel in Rabengestalt, krähte der Sephi höhnisch entgegen und sang dabei das Lied des Todes. War es doch ihr Abgesang? Die krächzende Melodie der Dunkelheit griff nach ihr, forderte den letzten Tanz ein, doch Sedrael schloss ihre Augen. Sie konnte, durfte der Verlockung des puren Bösen um sie herum nicht nachgeben. Sie hatte ihr nichts anzubieten außer Verderbnis. Der Gesang des Raben ließ Sedraels Herz pochen, melodisch wie ein Bass, der sich der traurigen Tonfolge allmählich anschloss. Sie spürte die Frau bereits vor sich, ehe sie die Augen öffnete, doch erst die Berührung durch das tote Gewebe elektrisierte Sedrael. Kälte schoss durch ihren Körper und ließ sie frösteln. Ihre Haut wechselte umgehend in einen leichten Blauton und ihre Lippen fühlten sich spröde. Ihr erster Kontakt mit der dunklen Seite – und keine Erzählung hätte je darauf vorbereiten können. Keine Worte, kein Chronist hätte es beschreiben können. Das Gefühl von Leere und Einsamkeit. Der kupferne Geschmack des Blutes. Quälende Sehnsucht nach irgendetwas, nach den Resten des Aas, das der Rabe fraß, kaum mehr sichtbar. Ruckartig forschten Sedraels Pupillen in dem Gesicht der Frau nach etwas Vertrautem, etwas, das die Person verbergen wollte, nach etwas menschlichem. War sie überhaupt noch Mensch? Ja. Irgendwo, weit entfernt, kaum erkennbar, hinter großen schwarzen Schwingen verborgen, die ihr die Sicht nahmen. Verstört und zerfressen.
„Schatten“, wiederholte sie nachdenklich. Die Sephi konnte nichts tun gegen die Eindrücke, die sie überwältigten, als das Böse sie berührte.
Schatten sind nur dort, wo nichts mehr sonst ist, verlassen von allem; das einzige, woran sie sich klammern, sind sie selbst. Schatten dominieren nicht. Sie sind stets zum Weichen gezwungen, vergänglich, wenn der Tag hereinbricht. Es wird selbst der finsterste Rabe vom Licht beschienen, leuchtet und sonnt sich schließlich im hellen Schein und der Wärme.
Sedrael ließ sich treiben in der Macht, saugte ihren Willen auf, um zu verstehen, was… nein, einfach nur um zu verstehen. Doch ein Rätsel führte zum nächsten, ließ sie ratloser und unwissender werden als zuvor. Musste sie es denn verstehen? Eigentlich nicht, das Handeln danach genügte. Sofern es ihr gelang, alles richtig zu verstehen, zu lesen, was die Macht von ihr wollte; ausgerechnet von ihr und nicht von einer von hunderten Billionen anderer Lebensformen. Und sie wollte es verstehen. Vielleicht würde sie es erfahren, irgendwann. Vielleicht erfuhr sie einen Teil im Hier und Jetzt. Irgendetwas musste die Person vor ihr erwarten. Erhoffen, von ihr zu erhalten, wenn sie sie nicht töten wollte, wie so viele andere zuvor.
„Was ist es, das Ihr sucht und hier zu finden erhofft?“, fragte die Sephi in merkwürdigem Tonfall, als sie einen Schritt zurückgewichen war, um sich von der Berührung der Frau zu lösen. Die Antwort konnte nicht so simpel sein, dass es nur darum ging, Jedi zu jagen und zu vernichten. Jedenfalls verstand Sedrael das aus den Eindrücken, die sie soeben gesammelt hatte. Oder jedenfalls glaubte sie es zu verstehen.