#9
Doch, oh doch! Sie war eine Dienerin und zwar ihrer eigenen verbohrten Idee, Terminus zu schützen. Die junge Dame hatte sich verrannt und das sah der relativ nüchterne Berrik nun. Sollte er sie darauf anstoßen? Sollte er sie daran erinnern, wie falsch sie sich selbst gegenüber war? Lügen hatten immer kurze Beine. Dies war vielleicht auch der Grund, warum Politiker immer kleine Männer oder Frauen waren. Ausgenommen diesem Irren und dem Dicken. Der Diplomat schmunzelte innerlich bei diesem Gedanken aber kehrte dann wieder mental zurück an den Tisch, seinen Drink betrachtend. Sollte er nun oder sollte er nicht? Er tat es.

"Miss Ghazalah, sie dienen etwas. Jeder tut es und sie dienen explizit ihrer Idee von Terminus, die vielleicht auch nur ein Selbstbetrug ist," sagte Berrik dann, blickte von seinem Glas auf und lächelte Amber verlogen, falsch, wie die Nacht, an. Es war der Treffer, der Schuss, den er abgeben wollte, um die Verhandlungsposition um seine Person zu stärken. Jegliche Aussagen im Nachgang zu dieser, waren als Lüge entlarvt. Genügsam hob er seinen Drink, in dem sanft-giftigem Blau, an, trank und ließ das Glas fast in Zeitlupe wieder sinken, um es dann in der Hand zu behalten, direkt vor sich. "Wenn Sie Terminus dienen wollen, müssen sie einsehen, dass die Galaxis vielschichtig ist und vorallem eines nicht ist: sicher," erklärte der Gesandte fast in aller Schullehrerhaftigkeit. "Systeme können nur im Verbund existieren oder mit einem großen Bruder," spielte er auf Zsinj an und nickte dann ernstlich. Immerhin war Zsinj bekannt dafür, für eine gewisse Stabilität in seinen Regionen zu sorgen. "Miss, sie sollten gut darüber nachdenken. Ich locke sie nicht nur. Ich biete ihnen eine einfache Möglichkeit, sich von allen Probleme zu befreien." Nun war auch ihre vermeindliche Selbstsicherheit aufgebohrt, indem der gute Berrik zugab, sie zu locken. Ihre diplomatische Waffe vorerst entladen, zumindest von seiner Seite aus. Was sollte sie jetzt noch sagen? Berrik wartete eine Millisekunde und sagte dann: "Ein gutes Angebot, bleibt ein gutes Angebot." Kurz kniff er seine Augen zusammen, da er ausversehen in ein Neon-Licht geschaut hatte, welches hinter Ambers Rücken glimmte.

In der Tat war Berrik mehr Maschine als Mensch, der sich mit seiner Rolle abgefunden hatte. Es war nicht gut aber auch nicht schlecht. Man überlebte aber lebte nicht mehr. Man tat, was man konnte und war gut darin. Nur mochte man es nicht. Der Mann ging einfach weiter, immer weiter, bis seine Beine versagen würden. Er war wohl das Paradebeispiel für die imperiale Obrigkeit. Gelangweilite Technokraten, in nüchterner Kälte. Die Aussage von Amber zum Imperium und der alten Idee, der Ordnung, ließ er auf sich wirken. Suchte in sich nach einer Antwort, fand sie aber nicht wirklich, da er bereits gesagt hatte, was er dachte. Berrik war kein Mensch, den man leicht aus der Reserve brachte. Nicht einfach so. Selbst die Erschießung von mehreren Dissidenten, der er beiwohnen dürfte, hatte ihm großartige Gefühle entlockt. Schämte er sich dafür? Aber ja. Es war nicht einfach, eine Maschine zu sein. Immer nur funktionieren, ohne persönliches Interesse - und ohne emotionale Beteiligung. Es tat dem eigenen Körper weh. In dieser Hinsicht hatte er seinen Ausgleich in billigem Nutten-Sex gefunden, den er ab und zu kaufte. Es war einfach, eine Frau zu kaufen und danach weg zu werfen. Es ersetzte zu Weilen Nähe, die auch er brauchte. Vielleicht war noch irgendwo Mensch in ihm. Amber biss auf Granit, leider.

"Die Idee ist älter, ja. Diese Pervsionen sind Ausfluss eines Krieges, Miss," folgte schließlich die belanglose Sicht eines Imperialen, der damit alles rechtfertigte, was er tat. Es war Krieg, man konnte nicht anders. Es war diese Sicht, die diese Grausamkeit erst möglich machte. Man handelte einfach und führte aus. Stellte sich selbst und das, was man tat, nicht in Frage. Fragen gegen sich selbst, bedeuteten einen Krieg mit sich führen und dann war man gebunden, nicht mehr fähig, den richtigen Krieg zu führen. Maschinen arbeiteten einfach. Weiter und weiter. Auch in ihren kalten Handlungen, wie Massakern und Hinrichtungen. Selbstzweifel wurden ertränkt mit des Schlafes Bruder oder dem kalten Hauch von Drogen, wie Alkohol und Meds. Es gab hier nichts mehr zu gewinnen oder zu verlieren, sondern nur noch ein "Weitermachen". Immer wieder. Amber hatte den falschen Mann vor sich, um über die Wertigkeit dieser Ideale zu diskutieren oder den Wert von Imperatoren oder Kriegsherren. Leuchtfeuer brannten für diesen guten Berrik schon lange nicht mehr. Es war kalt um ihn und in ihm. Bis auf sein Blut, welches warm und lebendig war. - Und damit war für ihn dieser Punkt bedeutungslos, fast überflüssig. Unnötiges und unwichtiges Moral-Blabla, welches keinen Krieg gewann. Dieser man entfremdete sich in dieser Verhandlung noch mehr von Amber als sie sich ihm annähern konnte. Sie sollte Mitleid haben.

Endlich! Es ging ins tiefe Geschehen. Warum es viele immer so schwer machten, einfache Alternativen zu betrachten? Einfach, zu handeln und das zu besprechen, was wichtig war. Berrik wollte hier weg, sich eine billige Lustsklavin mieten und vielleicht ein paar schöne Stunden verbringen, bevor er in seinen langweiligen Bürodienst bei Zsinj zurückkehrte. Dies war alles, was er wollte. Diese leidige Verhandlung mit einer Idealistin beenden, obwohl ihr Antlitz sicherlich zu befürworten war. Ein paar Minuten würde er es sicherlich noch aushalten.

Dann führte sie fort, zog dabei ihre Lederjacke aus und zeigte damit mehr "Sexappeal" als Berrik erwarten konnte. Seine Augen weiteten sich intuitiv, fast kaum merklich. Es gefiel ihm. Dennoch schrie der faule Beamte in ihm auf, dass dies die Verhandlungen unnötig verlängern konnte. Kurz pochte sein Herz und ließ seine Lippen leicht erröten, durch die nun mehr Blut floss. "Natürlich wird sie das," entfiel ihm eine beiläufige Bemerkung zur Aussage, dass die Republik angreifen würde. Immerhin hat er diesem Staat gerade mit dem Geheimmaterial einen Grund geliefert. Dann stutzte der Imperiale etwas. Sie wurde prinzipiell abgelehnt? Das war lächerlich. Amber Ghazalah war eine Politikern, die sicherlich mehr Einfluss hatte als sie jetzt zugeben wollte. Immerhin hatte sie ein Unternehmen und somit Geld. Geld war immer ein geeignetes Mittel, um Stimmen zu kaufen. Man konnte alles kaufen, wenn man wollte. Nur der Preis musste stimmen. Berrik beließ es dabei, lehnte sich bequem an die Rückenlehne, mit dem Glas in der Hand, lächelte jetzt in sanfter Laune und bemerkte: "Mein Freund ist immer bereit einen Preis zu zahlen, wenn das Produkt oder Geschäft gut ist." Das war alles. Zsinj konnte mehr nicht preisgeben und auch Berrik hielt sich lieber bedeckt, um Amber nicht zu viel Munition zu geben."Nehmen Sie nun A oder C? Oder eine Mischung aus A und C?" Nun musste der Beamte wissen, was er vermelden konnte. Immerhin ging sie auf Zsinj ein und machte sich selbst fast zur Verräterin an der republikanischen Idee; dies gefiel dem Imperialen selbstverständlich sehr. Amber war an der Angel. Geschafft. Noch ein wenig mehr Arbeit und sie würde dezent Zsinj Pläne komplettieren. Berrik würde sicherlich eine Beförderung erhalten. Nun wurde das Lächeln zu einem selbstgerechen Grinsen der Zufriedenheit.

- Und sie tat diesen Verrat an der Republik freiwillig, wie sie gerade brüskierend von sich gab. Der Imperiale war erstaunt, dass ihr eigener Selbstbetrug solche Früchte trug.

"Mein Freund ist sich, wie gesagt, der Lage vollens bewusst. Er wird Terminus helfen, sofern es ihm möglich ist,"
war der abschließende Kommentar von Berrik, fast allzu belanglos gesprochen. Der Vertreter dürfte nicht auf diese Aussage von ihr eingehen, denn sonst würde er sie bestätigen und damit Zsinj Pläne öffentlich machen. Auch wenn man darüber denken konnte, es dürfte keine offizielle Bestätigung geben. Nicht hier.
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