#18
Spärlich und langsam zogen sich ihre Lippen zu einem kalten Lächeln und entblößte die vereinzelten Furchen, welche die dunkle Seite ihr bereits ins Gesicht geschlagen hatte. Hass und Rachen waren formidable Triebe für Soldaten, so man sie noch als solche bezeichnen konnte und nicht als Berserker. Vielleicht würde Korriban die Legion zu dem machen, was sich der Imperator stets erträumt hatte: willenlose, vom Drang nach Zerstörung und Auslöschung angetriebene furchtlose Krieger. Ein neuer Kult, der die alten Massassi ablöste und anders als der Oberst es möglicherweise vermutete, tat Reah ihm mit ihren Worten keinen Gefallen. Scarian war zu ihrem Spielstein geworden, ihrem Resonanzkörper von dem aus sie ausmachen konnte, in welche Richtung die Stimmgabel der Finsternis als nächstes ausschlagen könnte, wohin ihre Musik floss.
Aber er irrte sich, wenn er glaubte, seine Emotionen wären vor ihr sicher. Hass, Zorn und Verzweiflung waren ihr Nährboden und Scarian nur wenig mehr als ein Kraftspender, ein Produkt, das ausgetauscht und weggeworfen wurde, sobald es leer war. Dem Verhalten der Shyracks nicht unähnlich, agierte auch die Inquisitorin: knackte die weiche Schale der Ahnungslosen auf und aalte sich in ihren Gefühlen der Niedertracht, ließ sich von Zorn Wut und Hass inspirieren und stärken, ganz wie es ein Säugling an der Brust seiner Mutter tat. Die dunkle Seite aber, war eine grausame Frau, denn mit der unvergleichlichen Macht, fütterte sie ihre Kinder auch mit der verdorbenen Milch, die sie ausbrannte, aushöhlte, bis nichts mehr von ihnen übrig war, bis sie zur Gänze im Dunkeln verschwanden.

Doch auch Scarian gewann durch seinen Hass an Stärke und beeinflusste auch ihre Wahrnehmung. Der Wunsch ihn und seine Mannen zu töten verblasste, sie hatten sich ihre von Angst versuchten schwachen Herzen selbst herausgerissen und sie durch jene ersetzt, die im Feuer zahlreicher Kriege geschmiedet wurden. Nicht angetrieben von Blut, sondern der Gefechtshitze. Und hinter dicken Reaktormauern brannten die Hochöfen des Hasses, ihre alles verschlingenden Flammen, deren Spitzen schon gierig an Rationalität und Vernunft leckten. Vielleicht erinnerten sich diese Männer noch an ihre ersten Gefechte, in irgendwelchen Höllenlöchern aus Schlamm und Schlick, im Kampf gegen Rebellentruppen. Vielleicht dachten sie daran, wie sie zum ersten mal frisches Menschenblut gekostet hatten, wie es geschmeckt hatte. Und vielleicht wurde ihnen dann erneut bewusst, wie sich der Blutrausch anfühlte, die Obsession aus Vergeltung und Vernichtung. Der kurze und schnelle Weg in den Schlund des Elends, er würde sie an diesem Orten beschützen, sie leiten. Ihr sein musste im Einklang mit dem Planeten stehen.

Klang. Das war es. Beinahe konnte Reah fühlen, wie sich der Jahrtausende alte Staub am Boden wenige Milimeter hob, wie ihn kaum spürbare Windzüge, die ihren Ursprung in den zahlreichen kleinen Haarrissen im Gestein hatten, über die Stiefel rieb. Und wie sich der Staub wieder legte, sich erneut erhob, wurde er zu einem Rhythmus für die Musik der Nekropolis. Die Inquisitorin konnte sich nicht abwenden, immer fester, immer entschlossener wurden ihre Schritte - beinahe wie ein ungeduldiges Kind irrte sie voran in die Dunkelheit. War es der innere Wunsch, der Drang nach einem Wiedersehen mit einem alten Freund? Etwas, dass ihr vertraut war, sie allerdings nie fassen konnte? Und je näher sie kamen, desto mehr nahm der Klang reelle Formen an, war nicht nur eine Erscheinung der Macht. Vertraute Geräusche machten sich in ihrem Kopf breit, das beständige Surren uralter Servos, die schwere Glieder hoben, an den Füßen dicke Klauen, die sich auch im härtesten Gestein verankern konnten.
Plötzlich starrte die Inquisitorin in den langgezogenen roten Schlitz, den Photorezeptor vor ihr. Rot erstrahlte der Korridor, rot, als wäre er bereits mit ihrem Blut gestrichen. Hier waren die Sith, die Ableger der Dark Reaper, ihre Kinder - oder nicht? Die finstere Maschine wirkte in ihrer Vorstellung vertraut, doch ihre Präsenz entsprach nicht ihren Erwartungen. Die Reaper erzeugte mühelos Furcht, selbst, als sie noch schlief war es nur schwer ihrem Einfluss zu entgehen. Dieser Sith hingegen wirkte gänzlich anders, leblos, ausgebrannt, von der Macht verzehrt und dazu verdammt als stiller Wächter diese Hallen zu bewachen. Aber er machte ihr keine Angst, rief keine Erinnerungen zurück. Er betrachtete sie mit der Rationalität einer gewöhnlichen Maschine.

Erst seine Stimme ließ Reah wanken, die fremdartigen Worte, eine Sprache der Toten - doch konnte sie nicht Antworten. "Was denken Sie nun über die Sith? Über die Stimmen im Kopf, Scarian?", murmelte sie stattdessen dem Oberst entgegen. Das rote Licht ließ sie erkennen, wie der massive Droide seine schweren Kanonen ausrichtete, die bereit waren binnen Sekunden jegliches Leben in diesem Korridor zu tilgen, ungeschützt, nackt wie sie waren. Noch aber, konnte die Inquisitorin ihre Soldaten nicht opfern, noch brauchte sie einige dieser Hunde, die ihr so bereitwillig in die Hölle folgten. Sie packte das Lichtschwert fester und hob die Klinge zu einem typischen Makashi-Gruß - ein Zeichen der Herausforderung, dass sich selbst in den letzten Jahrtausenden nicht verändert hat und sie vertraute darauf, dass ihr Widersacher es deuten konnte. Reah ließ sich von der Macht der dunklen Seite nach vorn ziehen, rannte dem Droiden mit einer für Menschen ungeahnten Geschwindigkeit entgegen, während die azurblaue Klinge nach links und rechts blitzte. Das Schwer allein jedoch würde nicht reichen, zu massiv schien das Gehäuse, zu tief der Kern. Zerstörung aber, war keineswegs der Plan der Inquisitorin, für die Zerstörung hatte sie Soldaten. Sie würde ihnen nur die Zeit verschaffen die Maschine mit ihren schweren Waffen zu zerlegen. Makashi war für seine Eleganz bekannt, die simple Möglichkeit, seine Feinde geschickt zu entwaffnen, ohne sie sogleich zu töten. Einen ähnlichen Plan verfolgte sie bei der Maschine: die Klinge in einem weiten Bogen schwingend, wollte Reah den Visor des Droiden zerstören, ihn blenden und allein durch die Nacht irren lassen, wie es Korriban mit ihnen tat.
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