#10
Gavin zog seinen Kopf wieder aus der geöffneten Luke und wischte sich die von Leitungsflüssigkeit verschmierten Hände hinten an der Hose ab. Er hatte bisher nur einen kurzen Blick in das Innere geworfen, aber das was er da schon gesehen hatte, hatte ihm eigentlich schon wieder vollauf gereicht. Gut, es war jetzt vielleicht nicht hoffnungslos, aber das war auch das Einzige was man von den Schildgeneratoren sagen konnte. Einer war war vollkommen hinüber und einfach nur noch ein Haufen verschmorter Müll und der andere war gerade noch so einsatzfähig. Wobei einsatzfähig hier wohl übertrieben war, denn auch nachdem er Hand angelegt hatte, würde er mit viel Glück gerade einmal die Schilde auf allerhöchsten 20% bringen können und das war, mit dem Imperium im Nacken und davon war Gavin überzeugt, auch nicht besser als gar keine Schilde zu haben. Ohne Schilde wäre es wenigstens schnell vorbei. Nicht dass er es darauf anlegen würde, aber ein bisschen Realismus hatte noch nie geschadet. Die Situation in der sie gerade steckten konnte man nur realistisch sehen, denn Optimismus, wie auch Pessimismus, war vollkommen fehlplatziert. Optimismus führte nur dazu, dass sie die beschissene Lage unterschätzten in der sie alle, dank der Republik, steckten und Pessimismus führte nur dazu, dass man zu schnell aufgab. Noch waren sie ja am Leben und das war zumindest eine Basis, auf der sich aufbauen ließ. Jetzt musste man nur noch dafür sorgen, dass sie das auch lange genug blieben, um sich einen Plan einfallen zu lassen. Oder anders ausgedrückt, dass er sich einen Plan einfallen lassen konnte. Er hatte die Verantwortung für das Schiff und für seine Crew und somit war es auch seine Pflicht sich etwas einfallen zu lassen. Was wäre er sonst für ein Captain, wenn er die Verpflichtungen anderen überließe? Nein, sowas würde an Bord der Legacy niemals passieren.

Die Luke ließ Gavin einfach offen, als er sich dem nächsten Problem zuwandte, denn erstens würde er demnächst dort eh Hand anlegen müssen und zweitens wen sollte es auch stören? Musste man halt die Augen aufmachen, wenn man durch das Schiff lief. Ein paar Schritte weiter löste er eine Platte aus dem Boden des Ganges, kroch in das Loch, löste eine weitere Platte und kaum hatte er einen Blick dahinter geworfen, kamen Worte über seine Lippen, die man nicht einmal in der heruntergekommensten Cantina in dieser Galaxies zu hören bekommen würde. Er ließ die kleine Platte fallen, kletterte aus dem Loch im Boden und eilte in Richtung Cockpit. „Verdammt, verdammt, verdammt“, fluchte er dabei monoton vor sich hin und ließ sich im Cockpit nur halb auf den Sitz fallen. Kurz huschten seine Augen über die verschiedenen Anzeigen im Cockpit, ehe er ein paar Knöpfe und Schalter betätigte und das Schiff reichlich unsanft aus dem Hyperraum fiel. Er konnte Jace fluchen hören, aber jetzt war keine Zeit für Erklärungen. Die würde er später liefern oder auch besser etwas sehr viel später, immerhin musste er sich gut überlegen wie er es erklärte. Nicht weil er befürchten musste, dass man ihn sonst nicht verstand, sondern weil er befürchten musste, danach einen Kopf kürzer zu sein. Wieder huschten seine Augen über die Anzeigen, ehe er einen neuen Kurs programmierte und die Legacy nun mit Unterlichtgeschwindigkeit durch den Raum flog. Nicht unbedingt das, was man mit nicht funktionsfähigen Schilden tun sollte, aber weiter durch den Hyperraum zu fliegen, würde sie mit Sicherheit umbringen. Nach einem letzten kontrollierenden Blick, verließ Gavin das Cockpit wieder und reagierte lediglich mit ein paar Handbewegungen auf Jaces fragenden Blick. Erklärungen hatten Zeit, jetzt musste er sich erst einmal um das größte Problem auf dem Schiff kümmern und das so schnell wie möglich.

„Tasha wo sind...“, hatte Gavin angefangen, als er schwungvoll die Schiffsmesse betrat und genau so schwungvoll wie er sie betreten hatte, drehte er sich auch wieder herum. „Hör zu, ich weiß die Situation in der wir gerade sind ist beschissen. Ich weiß, dass du auf Corellia jemand verloren hast und auch wenn ich nicht weiß wie nahe ihr euch standet weiß ich, dass jetzt nicht der Zeitpunkt ist in Selbstmitleid zu verfallen. Mag gerade nicht das sein, was du jetzt hören willst, aber etwas das gesagt werden muss.“ Gavin war gewiss nicht jemand mit einem Herz aus Eis, aber es gab Situationen da musste man sich einfach am Riemen reißen und genau das war gerade so eine Situation. Zu viele derartige Emotionen führten nur dazu, dass der Verstand aussetzte und ein ausgesetzter Verstand führte nur zu Probleme und noch mehr Probleme konnte hier keiner gebrauchen. „Weder wird er von Tränen wieder lebendig, noch helfen sie dabei uns das Imperium vom Hals zu halten“, sprach Gavin weiter, den Blick auf die Wand vor ihm gerichtet. „Was jetzt benötigt wird ist ein klarer Verstand und keine Selbstzweifel, Selbstmitleid oder Schuldgefühle. Wenn du nicht willst, dass er umsonst gestorben ist, dann reiße dich am Riemen und zahle es denjenigen heim, die ihn auf dem Gewissen haben.“ Gavin war sich durchaus bewusst, wie herzlos seine Worte gerade klingen mussten und vermutlich würde sie ihm innerlich auch genau das vorwerfen, doch irgendwann würde sie es verstehen. Aber vielleicht war sie auch in der Lage es sofort zu verstehen. Fähig das Große Ganze zu sehen und nicht die vielen Kleinigkeiten aus dem es sich zusammensetzte.
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