#9
„Beten wäre schon einmal ein guter Anfang“, murrte Gavin eine Antwort auf die Frage der Twi'lek hin, während er die Anzeige der Schilde im Auge behielt, die alles, aber nichts Gutes verhieß. Jeder andere Frachter hätte wohl jetzt schon die Weiße Fahne gehisst und sich ergeben aber nicht die Legacy. Das Schiff war eben kein gewöhnlicher Frachter und auch kein gewöhnliches Schmugglerschiff. Die meisten Schmuggler statteten ihre Schiffe mit allerlei Waffen aus, weil sie der Ansicht waren so am ehesten eine Chance zu haben, doch Gavin war schon immer anderer Meinung gewesen. Man hatte ihn ausgelacht, als er einen zweiten Schildgenerator in sein Schiff eingebaut hatte und daraus eine kleine fliegende Festung daraus gemacht hatte. Er hatte auch nie vorgehabt sich in einem Kampf zu behaupten, sondern sein Ziel war es schon immer gewesen, einen solchen zu vermeiden und falls es doch dazu kam, lang genug zu überleben, um sich aus dem Staub zu machen. Aber selbst mit zwei Generatoren war es nur eine Frage der Zeit, bis sie ihren Geist aufgaben. „Rechts von dir ist ein kleiner Hebel“, wies Gavin die Twi'lek an und ignorierte den Umstand, dass sie sich dem Sternzerstörer immer weiter näherten. „Einfach zu dir ziehen.“ Es wurde Zeit, dass die Energie, die durch das Abschalten des Störsenders frei geworden war, in die Generatoren umgeleitet wurde. Mit viel Glück würde es ihnen ein paar Prozent wiederherstellen.

„Wie sehen die Schild aus?“, hörte er Tashas Stimme deutlich im Cockpit.
„Sie würden besser aussehen wenn ...“, antwortete Gavin und konnte gerade noch einem TIE ausweichen, der direkt auf sie zugeflogen kam. Sein Blick huschte zu den Anzeigen und dann aus dem Cockpit heraus. „Diese Bastarde!“, fluchte er, als ihm so langsam klar wurde, was man versuchte mit ihnen zu machen.
„Was ist los?“, hörte man Jace fragen und an seinem Tonfall ließ sich erkennen, dass er angespannt war, aber das waren sie wohl in diesem Moment alle.
„Sie versuchen uns vor den Zerstörer zu bringen“, antwortete Gavin, während er in seinem Kopf anfing eine Berechnung nach der anderen durch zu gehen. Aber es war nicht gerade ein leichtes Unterfangen, selbst wenn man durch diverse Verbesserung in der Lage war, mehrere Dinge auf einmal zu tun, sich auf das Ausweichen und zusätzlich auf die Berechnungen zu konzentrieren. Prüfend glitt sein Blick erneut zu den Anzeigen der Generatoren. „Haltet sie uns einfach weiter auf Abstand.“ Es lag, trotz der bescheidenen Situation ein Grinsen auf seinen Lippen.
„Was hast du vor?“, fragte Tasha, die gerade ein ziemlich ungutes Gefühl in der Magengegend verspürte. Sie kannte Gavin jetzt lang genug um einfach zu wissen, dass er etwas vorhatte.
„Dem Captain auf der Brücke zuwinken“, antwortete Gavin und ignorierte die darauf hin folgenden Beleidigungen die ihm Tasha an den Kopf warf. Es war verrückt oder besser gesagt es war absolut wahnsinnig was er vorhatte und die Chance, dass es gelang lag eigentlich bei nicht vorhanden. Aber er hatte nicht vor sich gefangen nehmen zu lassen und wenn das Imperium merkte, dass sie ihr Spielchen nicht mitspielen würden, dann würden sie höchstwahrscheinlich versuchen sie abzuschießen. Sie konnten auf die eine Art sterben oder auf die andere, aber die andere bot zumindest noch einen geringfügigen Unterhaltungswert.

„Was für eine scheiß Ladung habt ihr mir da eigentlich angedreht?“, wandte sich Gavin an die Person neben sich, denn dass es sich um keine Kleinigkeit handelte war ja wohl klar. Wegen einer Kleinigkeit würde das Imperium nicht einen solchen Aufwand betreiben. Erst die Sache auf der Planetenoberfläche und jetzt das Aufgebot hier. Wobei er hoffte, dass es ihnen nicht auch noch weitere TIE Staffeln wert war. Gavin ließ die Jäger noch einen Moment lang in dem Glauben, ihre Strategie nicht durchschaut zu haben, während er weitere Vorbereitungen traf. „Neben dem Hebel von eben ist ein Knopf und ...“, war er gerade dabei zu erklären, als ein Treffer direkt vor ihm das Schild traf und die elektrische Ladung über das Schild flimmerte und ihm kurzzeitig bunte Flecken vor den Augen bescherte. „Auf mein Zeichen drückst du ihn, dann den darüber, dann den schräg rechts und anschließend den zwei Reihen darunter.“ Er wusste nicht, ob sie jemals in einem Frachter gesessen hatte und wusste wofür die Knöpfe verantwortlich waren und falls sie es nicht wusste, dann würde er es ihr gewiss nicht erklären. In manchen Situationen war es besser, man wusste nicht was man tun musste, sondern tat es einfach. Es sollte ja Leute geben, die gerieten ein wenig in Panik, wenn sie wussten, dass sie beinahe von überall die Energie abzogen um sie auf die Generatoren zu legen. Ob sie es aushalten würden, wusste Gavin selbst nicht, aber er wollte darüber auch jetzt gar nicht nachdenken.
„Sag mal willst du das Schiff in die Luft jagen?“, erklang Tashas Stimme wütend im Cockpit, die mitbekommen hatte, welche Anweisungen er gegeben hatte und somit natürlich auch sofort wusste, was er vorhatte.
„Du kannst mir später danken“, entgegnete Gavin nur und konzentrierte sich auf die Einleitung seines Vorhabens. Er war nicht der Erste, der ein solches Manöver wagte, zumindest wenn man den Geschichten glauben mochte, die man sich so über Han Solo erzählte und man erzählte sich so einiges. Mit Sicherheit stimmte davon so einiges nicht, aber Gavin hoffte doch so ein klein wenig, dass zumindest diese Geschichte der Wahrheit entsprach.

Gavin lenkte die Legacy in eine leichte Rechtskurve, ehe er sie so scharf nach links zog, dass sie schon beinahe vertikal im freien Raum hing und flog den Frachter direkt auf den Sternzerstörer zu. In seinem Kopf flimmerten Bilder von Bauplänen auf und Auflistungen technischer Details ratterten wie auf einem Bildschirm herunter. Zum ersten Male machte sich die Investitionen in sich selbst deutlich bemerkbar. „70% der Leistung auf die vorderen Schilde“, sagte Gavin wie gewohnt, als wenn Tasha neben ihm sitzen würde. „Pass gut auf unseren Arsch auf“, rief er dann zu Jace, denn das Heck des Frachters war aktuell alles andere als gut geschützt, würde aber hoffentlich noch den einen oder anderen Treffer abfangen können. Aber er brauchte jetzt alles was irgendwie entbehrlich war auf den vorderen Schilde, denn von dort drohte gerade die größte Gefahr. Vermutlich würde ein völlig betrunkener Pilot noch besser gerade aus fliegen, als er gerade und Jace würde ihn dafür gewiss hassen, aber er hatte keine andere Wahl, wenn er nicht vorhatte sich von den Kanonen des Sternzerstörers treffen zu lassen. Ein Treffer und sie wären Geschichte oder besser gesagt ein Haufen Müll im Orbit von Corellia. Irgendwie hätte es ja etwas poetisch. Auf Corellia geboren und über Corellia gestorben. Der Kreis des Lebens hätte sich geschlossen, aber Gavin hatte nicht vor, es an genau diesem Tag passieren zu lassen.

„Jetzt“, gab er der Twi'lek das Zeichen das vorher besprochene in die Tat umzusetzen und es war keine Millisekunde zu spät. Alle verfügbare Energie wurde in die Generatoren umgeleitet und trotzdem konnte man gar nicht so schnell zählen, wie sie unter den Trommelfeuer des Sternzerstörers sanken. Energieblitze zuckten über die Schilde und das Schiff stöhnte und ächzte unter den Treffer.
„Nur noch ein kleines bisschen … Du schaffst das … Nur noch ein paar Meter ...“, murmelte Gavin leise vor sich hin, dessen Blick konzentriert zwischen den Anzeigen und dem vor sich hin und her huschte. Ein minimaler Fehler und sie würden dem Captain des Sternzerstörers nicht nur zuwinken können, sondern ihm vermutlich auch direkt die Hand schütteln können. Bald würden sie in Sprungreichweite gelangen und noch immer hatte Gavin keinen Sprung berechnet. Woher auch hätte er wissen sollen, wohin er die Ladung bringen sollte? Das hatte man, wie so vieles andere ebenfalls, vergessen zu sagen. Also begann er die Koordinaten einzutippen, welche sich regelrecht in seine Synapsen gebrannt hatten, kaum hatte er erfahren, wohin man seinen Vater gebracht hatte. Mit einem Auge schielte er nach links, um zu schauen, dass er sich auch nicht vertippte, während er weiter direkt auf den Kommandoturm des Zerstörers zuflog.
„Verdammt!“, fluchte er, als ein Treffer das Schiff durchschüttelte und der Alarm im Cockpit ansprang, als der erste Generator seinen Geist aufgab. Sein Blick glitt zu der Anzeige des zweiten Generators, welche ebenfalls mit einem „Verdammt!“ kommentiert wurde. Für einen winzigen Augenblick hatte ihn das alles so aus der Konzentration gerissen, dass er gar nicht mitbekommen hatte, wie nahe er seinem Ziel schon gekommen war, dass er gerade noch im allerletzten Moment den Frachter nach oben ziehen konnte. Allerdings verriet ein schreckliches Quietschen und ein Zittern, der durch das Schiff ging, dass das nicht ohne Folgen geblieben war. „Verdammt! Jetzt habe ich das Winken vergessen“, fluchte er weiter und tippte die letzten Koordinaten ein, wenn auch er sich nicht ganz sicher war, ob er sich nicht vielleicht doch vertippt hatte. Aber selbst wenn, war das jetzt auch nicht so wichtig. Nach Kessel flog man so oder so nicht in ein paar Minuten, so dass noch genug Zeit bleiben würde, den Sprung frühzeitig abzubrechen, ehe man noch in eines der vielen schwarzen Löcher dort sprang. Ein sehr unrühmliches Ende, nachdem sie das hier gerade so überlebt hatten.

„Alles was wir noch haben auf die Heckschilde“, gab er die letzte Anweisung und hoffte, dass sie durchhalten würden. So kurz vorm Ziel abgeschossen zu werden, das musste nun wahrlich nicht sein.
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