#18
Mytria nutzte Körperkontakt, um ihren Gefühlen anstelle von Worten Ausdruck zu verleihen. Sie suchte Trost, Nähe und Verbundenheit – gab diese Empfindungen aber auch in gleichem Maße wieder zurück. Koryn war einerseits froh über diesen Wandel, da das blauhäutige Mädchen nun endlich aus ihrem Schutzpanzer herauszukommen schien. Doch andererseits waren ihre überschwänglichen Gefühle auch der Grund gewesen, weshab die Dunkle Seite eben noch in ihr getobt hatte. Sie würde lernen müssen, ein Gleichgewicht zu finden. Sonst konnte es ihr trotz aller Beteuerungen jederzeit wieder passieren. Aber zumindest schien sie die Macht nun nicht mehr als etwas zu begreifen, das von außen auf sie einwirkte, sondern das aus ihrem Inneren kam. Dadurch bekam dieses schreckliche Erlebnis wenigstens irgendeinen Sinn.

Während sie Luke folgten, hielt Mytria auch weiter seine Hand. Der Kel Dor schloss seine Finger vorsichtig um ihre, sodass er sie mit seinen Krallen nicht verletzte. Koryn begriff, dass diese Geste für sie wichtig war, auch wenn es sich nicht ganz mit seiner eigenen Verhaltensweise deckte. Vor allem hier im Praxeum war er diese Art der körperlichen Nähe nicht gewohnt, die daheim im familiären Kreis schon eher praktiziert wurde. Er war gerade auch nicht ganz unglücklich, ein lebendes Wesen mit Machtsensitivität so nah bei sich zu spüren… Sie folgten Luke hinaus ins Licht – so fühlte es sich auch in seinem Inneren an. Die erdrückende Stille und der Hauch des Todes wurde hinter ihnen zurückgelassen. Stattdessen steuerte Luke einen gewaltigen und uralten Baum an, den Koryn schon bei seiner Ankunft bewundert hatte. In seinem halb erlernten Beruf hatte er natürlich mit totem Holz gearbeitet, dennoch wusste er die Kraft und Schönheit der Bäume zu wertschätzen. Nur ein starker Baum gab starkes Holz – und dieser hier war viel zu schade, um als Bretterhaufen zu enden.

Er setzte sich auf die Bank, während sich Meister Skywalker vor ihnen im Gras niederließ. Gern hätte sich Koryn mit ihm auf eine Ebene niedergelassen, doch er nahm an, dass der Jedi-Meister etwas Bestimmtes damit bezweckte. Also befolgte er – wie so oft – einfach die Anweisungen seines Meisters. Luke Skywalkers Worte spendeten Trost und gaben seinem Schmerz trotzdem Raum, um zu existieren. „Wenn Mytria und ich im Praxeum gewesen wären, dann hätte uns vielleicht das gleiche Schicksal ereilt“, wurde dem Kel Dor bewusst. Stattdessen waren andere gestorben. „Meister, Lee war doch einer von uns? Wie konnte er seine eigene Gemeinschaft verraten und etwas so schreckliches tun?“ In seiner Stimme schwang eine Schuldzuweisung mit. Er kam nicht auf den Gedanken, dass jemand Lee Valen manipuliert haben könnte. Nach Koryns Vorstellung musste jemand bewusst die Entscheidung treffen, auf die Dunkle Seite zu wechseln. Auch Mytrias Ausbruch war damit in Einklang. Es war ein emotionaler Impuls gewesen, den er ebenso missbilligte. Doch Lee musste mit der Absicht ins Praxeum zurückgekehrt sein, die Jedi zu zerstören. Für so eine Wahl kannte Koryn kein Mitleid. „Ich werde mich niemals von den Jedi abwenden“, sagte er voller Überzeugung. „Wenn einer von ihnen – einer von uns – mich braucht, werde ich da sein. Aber…“, fügte er kleinlauter hinzu, „ist das Praxeum jetzt noch sicher?“
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