#22
Überwunden? Was hatte er überwunden? Gab es etwas zu überwinden oder hatte er nur etwas verdammt? Diese Existenz war einem Fluch gleich, denn mit jedem Atemzug verlor Vesperum immer mehr den Bezug zum Leben. Seine Macht machte ihn blind für den Grund des Lebens. Ein Leben entfloh ihm mit jeder Tat und es blieb nur ein kümmerlicher Wille zurück, der ohne Seele, nach etwas suchte, was er nicht mehr kennen konnte. Darth Vesperum hatte die Grenze erreicht, das Leben selbst überwunden, und doch war dort etwas, was er vermisste und stets betrauerte. Etwas mit ihm stimmte nicht mehr. Es passte nicht mehr. Nicht die Klinge, die alte Ritualwaffe der Sith, hatte ihm etwas entrissen, sondern er sich selbst. Der Sith spürte das taube Prickeln in seinen Händen, wie es über die Haut wanderte und sich mit dem Rauschen seines Blutes vermischte, welches in seinen Ohren pochte. Jetzt. Hier. Es war anders. Es gab keinen Weg zurück mehr. Und doch wollte etwas in ihm zurück. Es war dieser Traum, der ihn stets begleitete, dass eine bessere Welt möglich war. Eine Welt ohne Leid. Doch brachte sein ganzes Leben anderen Leid. Er vernichtete Welten, zerstörte Träume und herrschte über eine sterbende Galaxis, ein sterbendes Imperium.

Es war dieser merkwürdige Zusammenschluss aus Gedanken, die Vesperum inne hielten ließen. Es entrückte ihn. Ald'ana, willfährige Dienerin, war voller Bewunderung, starrte auf ihren Meister, der sich erneut als gelebte Stärke erwiesen hatte. Seine Schwäche sah sie nicht. Es war Schwäche in ihm. Doch diese Schwäche war keine Lebensschwäche, sondern war der Rest Leben selbst. Die letzte Idee einer Person, die einst ein Leben hätte haben können; ein Leben zwar mit Einbußen aber auch Möglichkeiten. Nun mehr war seine Existenz bestimmt von einem Fluch. Die dunkle Seite regierte in seinem Herzen, verneinte jedwedes Glück und hinterließ nur eine erboste Hoffnung, dass er etwas ändern konnte. Eine Veränderung versuchte der dunkle Lord zu erzwingen und vergaß dabei, dass Veränderung wachsen musste. Vesperum maßte sich an, ein Schicksal für alle festlegen zu können, wie verblendet von der Macht dieser Mann war, so mächtig wurde auch die dunkle Seite in ihm. Ald'ana nahm die Waffe entgegen, hinterließ einen wortlosen Meister, der seine kalten Hände betrachtete. Die Narben vieler Kämpfe zeichneten sich ab, während die rissige Haut bereits Falten warf. Die krallenartigen Nägel in ihrem Schwarz wollten nicht zum Aschgrau der Hand passen. Schwarze Äderchen zogen sich durch die Haut, pulsierten unter dem toten Herzschlag; ein Herz, welches gegen die Fäulnis ankämpfte und gleichsam verbreitete.

"Wir Sith sprengen Ketten," vermittelte der dunkle Lord, der seine Hände herabsenkte, um Ald'ana mit seinem Blick heimzusuchen. Keine weiteren Worte für Momente. Der Blick aus dem Abgrund lag auf der Dienerin, die das sein wollte, was Vesperum verkörperte. Ein unaufhaltsames Etwas, frei und ungebunden. Doch verkannte die Twilek längst, dass darin nur ein tragisches Schicksal lag und am Ende ein peinvolles Dahinleiden blieb. Vesperum wusste inzwischen, dass diese Existenz Strafe sein musste aber konnte und wollte nicht mehr enden. Es bestand immer die Möglichkeit nach einem Mehr, nach einer Erlösung, wenn man nur genug Kraft aufwandte. Doch er wollte die Strafe nicht akzeptieren. Immerhin hatte ihm die Macht dazu verdammt. Sie hatte ihm seine Mutter genommen. Die Macht hatte ihm Amaranthine genommen. Selbst Saanza war durch das verdammte Schicksal von ihm getrennt. Was hatte diese Galaxis je Gutes für ihn bereit gelegt? Seinen Weg zum dunklen Thron vielleicht. Doch dabei hasste er auch diese weltlichen Verpflichtungen, diese Abhängigkeit der vielen Seelen von seinem Befehl, die ihn mit ihren einseitigen Lebensinteressen quälten. Das Imperium war wertvoll, mehr als nützlich aber auch ebenso lästig. Die Macht hatte ihn verstoßen. Wie einst Sorzus Syn, fühlte er sich verlassen und sah nur noch sich selbst. Der böse Blick verfinsterte sich, als dem dunklen Lord klar wurde, dass selbst in diesem Unterfangen ein Wille der Macht liegen konnte. War er nur ein Werkzeug? Ein gewolltes Böses? Ein gewolltes Monster, um eine Lehre zu zeigen? Es schmerzte, dass egal, was er tat, niemals entkommen konnte. Doch bald gab es eine Chance. Eine erneute Möglichkeit, mehr zu sein als nur ein Tyrann, ein Gewaltherrscher, sondern er würde ein Erlöser sein. Ein Heilsbringer für die Auserwählten. Sein Sith Orden würde die Schwäche hinwegwaschen. Seine Sith würden das Licht vernichten und am Ende wäre dort nur eines: sein Orden mit ihm als Erlöser.

Die Fragen durchdrangen den Schleier seiner Gedanken. Immer wieder echote ihre Stimme in seinem Schädel. Ald'ana war neugierig, begierig auf Wissen, was Vesperum schätzte. Anders als Ilara erwies sich Ald'ana als gelehrsame Sith, die alles aufnahm, was er ihr zeigte. Er hatte ihr noch viel zu zeigen: von seiner Welt und seinem Orden. Es gefiel ihm, dass sie opferbereit, so frei unter seiner Kette agierte. Mit ihr waren Dinge möglich, der Aufbau eines neuen Sith Ordens, der die Galaxis wirklich erobern konnte. Nur brauchte es Zeit. "Ich wusste es," erklärte der Lord nüchtern mit fester Stimme aber bewegte dabei kaum seine Lippen. Seine Mimik schien immer noch erfroren. "Die Macht ist eine mächtige Waffe. Ich sehe Dinge, viele Dinge, und kann mich ihnen auf eine Weise nähern, die dir auch irgendwann erschlossen wird. Es sind diese Gefühle, diese Gewissheit, die uns mächtig macht, Ald'ana." Darth Vesperum wollte seiner Schülerin etwas Wichtiges beibringen. "Hingabe zur dunklen Seite. Sei frei in deinen Emotionen. Fließe in deinem Hass, fließe in deinem Willen. Höre allein auf diese rauschende Stimme, die dir folgt. Eines Tages werde ich dir Dinge zeigen können, die selbst deine Realität verändern können. Das Potenzial der dunklen Seite liegt nicht nur in der Zerstörung, sondern auch im Leben selbst. Wir können alles erreichen, wenn wir wahre Sith sind," erklärte er und deutete dann mit einem langen Finger auf die noch junge Twilek. Dabei ließ er offen, was er mit wahre Sith meinte. Scheinbar unterlag dies einer besonderen Interpretation.

"Du bist begierig. Du willst etwas aus dir machen. Dein Schicksal gehört dir, nicht einer Moral oder einem Staat, sondern dein Wesen begehrt auf gegen die Ungerechtigkeit eines Lebens. Diese Gier ist das Wesen der Sith. Wir hassen, um zu leben aber leben, um mehr zu sein als bloße Spielsteine. Wir Sith herrschen. Nicht nur über uns, sondern über alles," leitete er seine weiteren Erklärungen ein, damit Ald'ana besser verstand, warum diese Waffe so große rituelle Bedeutung hatte. "Unser Wille definiert uns. Wir beugen uns nicht," folgte dann, bevor er auf ihre interessierten Fragen einging. "Diese Waffe, geschmiedet aus altem Stahl mit Blut von Sklaven in der alten Zeit von Sorzus Syn, ist ein Symbol für Willenskraft. Sie entnimmt Leben, um es anderen zu geben. Der Träger dieser gewinnt an Macht, wenn er bereit ist, mit der Waffe selbst zu ringen," sein Finger sank herab, um auf das Tuch zu tippen, welches die Waffe umschloss. Er drückte leicht darauf. "Sie ist durchdrungen von Tod," fügte er bedeutungsschwer an. "Ich brauche sie für ein Ritual, welches mir weitere Mysterien enthüllen wird," sagte er aber gab keine weiteren Informationen preis. Ald'ana würde früh genug lernen, was Vesperum für Rituale abhielt. Sie würde früh genug begreifen, worauf seine Macht basierte. Der dunkle Lord nahm den Finger zurück, ließ den Arm wieder hinabfallen und blickte mit einer hektischen Bewegung seines Schädels zum Ausgang.

"Du hast es dir verdient," murmelte seine gruftige Stimme, bevor er wieder verständlicher wurde. "Du bist eine Sith und ich werde dich auf dem Schiff erheben," sprach er überzeugt und trat dann zum Ausgang. Die Leiche von der alten Frau liegen lassend. Hier gab es keine Werte mehr. Nur noch Plunder. Vesperum hing nicht an weltlichem Besitz. Als Imperator konnte er sich ohnehin nehmen, was er wollte. Doch etwas geschah. Kurz bevor er den Raum verließ, blickte er zu Zala'tama. In seinen Augen lag ein gewisses Bedauern. Fühlte er etwa Mitleid? Es war ein Gefühl, welches sich abzeichnete, dass nicht genau definierbar war. Sie war tot, gestorben in einem Kampf, der eigentlich nicht der ihre war. Besessen von einer alten Macht, war sie schlicht verbraucht worden, um einem verfluchten Gegenstand zu dienen. Vesperum trat ab, wobei er seine Kapuze richtete und tiefer ins Gesicht zog. Er würde mehr über die Klinge erfahren, wenn er die Schriften studierte und auch die Inschrift auf ihr.

Beide begaben sich zurück zum Schiff.


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