#19
Immerhin hatte Risa ein klares Ziel vor Augen. Auch wenn noch nicht ganz sicher war, ob sie es jemals lebend erreichten. Zumindest waren sie für den Moment vor Imperialen geschützt, die hoffentlich nicht so wahnsinnig sein würden, einen ihrer eigenen Versorgungstunnel zu sprengen – davon ausgehend, dass dabei die Flüchtigen ebenfalls in Stücke gerissen würden. Andererseits… Dem Imperium war seit Alderaan alles zuzutrauen. „Dann lass uns hoffen, dass diese Tunnel genug Verzweigungen haben, damit man uns nicht sofort auf die Spur kommt.“ Es wäre überaus bedauerlich, wenn bereits überall an den Ausgängen Sturmtruppen postiert wären. Doch erst einmal mussten sie den Höllenritt über die Starkstromkabel überstehen. Dann an die Oberfläche. Dann zur Lagerhalle. Und dann irgendwie von diesem Planeten runter – zumindest für eine Weile. Ein Schritt nach dem anderen. Tal merkte den bitteren Geschmack von Galle in ihrer Kehle und wie sich Schweißperlen auf ihrer Stirn bildeten. Sie konnten nicht weit vorausplanen, da sich jederzeit die Umstände ändern konnten – doch warum sollten sie jetzt damit anfangen? Die Twi’lek würde sich ausschließlich auf ihre Auffassungsgabe und ihre Instinkte verlassen müssen. Das hatte sie auf Mygeeto auch gerettet. Und auf der Flucht vor Imperialen, als Captain Deeroku…

„Alles klar!“ gab der Rodianer von sich und schwang sich mit unerwarteter Kraft und Eleganz auf den Beifahrersitz, der vor kurzem frei geworden war. Mit flinken Fingern machte er sich an der Konsole zu schaffen. Erst mit ein paar Tastendrücken, dann wurde er so rabiat und entfernte das Frontpanel, um an die Schaltungen dahinter heranzukommen. Es surrte und knisterte, begleitet von einem piepsenden Warnsignal. Tal’ana konnte nicht zuordnen, von welcher Stelle die Geräusche der elektrischen Entladungen kamen, aber das konstante Absacken des Gleiters verhieß nichts Gutes. Fieberhaft ging Quen zu Werke und redete der Maschine im Flüsterton gut zu, aber das alles würde nichts nützen. Plötzlich war der Boden unter ihnen ein weiteres Mal verschwunden und das Fahrzeug sackte erneut in die Tiefe. Der Rodianer unterdrückte einen Aufschrei und verkeilte sich zwischen Sitz und Konsole, während Tal das Heckpolster weiterhin ruinierte. Einige Sekunden lang schien ihr Herz stillzustehen, als der Gleiter hart auf den Kabeln eines noch tiefer liegenden Tunnels aufkam und ohne jegliche Grav-Dämpfung über sie dahinschlitterte. Dann ging ein Ruck durch das Fahrzeug, als Risa geistesgegenwärtig eine kleine Plattform ansteuerte, auf die der Wagen mit einem ungesunden metallischen Kreischen aufprallte. Der Gleiter durchbrach mehrere Hindernisse und blieb schließlich in einer Konsole stecken, die selbst nur noch durch einige Nieten und Kabel in der Wand gehalten wurde.

Tal hatte während ihrer Schlitterpartie die Arme schützend vors Gesicht gehalten und fühlte nun einen scharfen Schmerz in ihrem rechten Unterarm und Lekku. Eines der Trümmerstücke hatte sie knapp verfehlt, aber blutige Schrammen auf ihrer Haut hinterlassen. Ihr Kopf dröhnte und durch den ohrenbetäubenden Lärm hörte sie ein konstantes Fiepen. Etwas benommen hob die Twi’lek den Kopf und sah die Rauchschwaden aufsteigen, ehe Risa den Piepton in ihrem Kopf mit warnendem Gebrüll übertönte. Tal packte ihre Jacke samt Blaster, schwang sich über die Seite des Gleiters und stolperte von dem Fahrzeug weg. Ein Schulterblick verriet ihr, dass auch ihr Co-Pilot sich von dem brennenden Fahrzeug entfernte, auch wenn er dabei humpelte und trotz der eher spärlichen rodianischen Mimik sehr angestrengt aussah. Mit ihrer freien Hand packte sie Quen beim Kragen – auch wenn die Berührung ihrer wunden Stellen wie Feuer brannte – und riss ihn mit sich in einiger Entfernung zu Boden. Lag halb auf ihm, um ihn vor einer möglichen Explosion zu schützen, ihrem Überlebensinstinkt zum Trotz. Aber die Explosion kam nicht. Stattdessen gab es ein fast gurgelndes Geräusch und der Gleiter schmolz langsam zu einer rötlichen Schlacke, die sich nun an der Wartungsplattform zu schaffen machte.

Die Twi’lek atmete tief durch und auch Quen stieß ein erleichtertes Seufzen aus. Tal’ana erhob sich und half ihrem Freund ebenfalls auf, der eines seiner Beine weniger belastete. Ein fragender Blick wurde mit einer abwinkenden Geste kommentiert. Risa schien es äußerlich den Umständen entsprechend ebenfalls gut zu gehen, auch wenn ihre Kleidung mehr und mehr in Fetzen hing. Tal steckte ihren Blaster zurück in den Holster und warf der Spionin ihre schwarze Jacke zu. „Hier.“ Bei dem, was ihnen noch bevorstand, sollte Risa nicht in Lumpen herumlaufen und es war eine – wenn auch ungelenke – Geste, damit die Frau sich etwas besser fühlen konnte. Die Rutian selbst tastete vorsichtig nach der aufgeschrammten Stelle an ihrer Stirn, die sich offenbar bis zum Ansatz ihres tchin erstreckte. Ihr lederner Kopfschmuck war nur wenig in Mitleidenschaft gezogen worden. Doch da Tal mittlerweile auch nur noch in Top, Hose und Stiefeln unterwegs war, riss sie kurzerhand eines ihrer Lederbänder ab, mit denen ihre Lekku umwickelt waren, und band es mit einem Zischen um ihre Armwunde. Es half, zumindest ein bisschen, und sie hätte jetzt viel für etwas starken Alkohol gegeben – zur inneren und äußeren Anwendung. Quen schien seine Balance wiedergefunden zu haben und die Twi’lek suchte nach Schildern oder anderen Hinweisen, wo sie sich befanden oder einen Ausgang finden konnten. „Ich bin froh, dass ich dich habe fahren lassen“, versuchte die Schmugglerin die Stimmung aufzuhellen und blickte zu Risa. „Also dann. Bereit, weiterzugehen?“
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