#6
Vesperum nahm gnadenvoll jene Gedanken, die Ald'ana ihm mitteilte, zur Kenntnis. Er hatte eine kranke Freude daran, dass seine Schülerin erneut an Vergangenes erinnert wurde. Es tat ihm gut, dass sie sich ihren eigenen Erinnerungen stellte. Es half ihm die böse Kontrolle über die baldige Sith aufrecht zu halten. Der dunkle Lord lauschte aufmerksam, schweigend lagen seine Augen auf ihr, während sie Schritt um Schritt näher an die Stadt gelangten. "Die Kindheit prägt uns mehr, als wir ahnen, Schülerin," teilte der Meister eine allgemeine Weisheit mit und unterließ einen Unterton. "Unsere Vergangenheit macht uns zu den Personen, die wir sind aber sie bestimmt nicht das, was wir werden. Die dunkle Seite wird dich befreien, wenn du bereit bist, die Vergangenheit hinter dir zu lassen, ohne sie zu verleugnen. Nutze die Gefühle, das Wissen um deine Person, um deinen Willen zu stärken," lehrte der Sith in seiner Rolle als Meister der dunklen Diener, achtsam und hingebungsvoll. Immerhin brauchte er sie für seine Geschichte, die noch nicht zu Ende geschrieben war. Wenn es nach seinen Wünsch ging, würde sie niemals enden und sein böser Schatten würde über jede Seele des bekannten Universums fallen. "Am Ende deines Lebens wird der Wille alles sein, was du bist." Der Sith blieb abrupt stehen, betrachtete die junge Twi'lek aufmerksam in der Macht. Seine Wahrnehmung, verschwommen durch die dunklen Kräfte, zeigte ihm viele Facetten seiner Dienerin. Zukunft, in einem schemenhaften Abdruck im Staub um sie herum, dorthin wohin sie gehen würden und ihre Vergangenheit, welche in einem grauen Schatten nachwirkte. Drei Personen verschmolzen zu einer, rauschend überschüttet von der Aura, welche punktiert glimmte, mal hell und mal schwarz, wobei die Dunkelheit zusehens an Macht in ihr gewann. Es schien fast so, als ob Vesperum gar diese Dunkelheit förderte, bestärkte und erhob, denn seine Macht lag überschattend auf ihr, verdrängte jedwede andere Wahrnehmung für diesen Moment, bis sich der ewige Schatten seiner Seele zurückzog. Die Kapuze bebte im Wind, während sie fest auf seinem Haupt lag. Man ging festen Schrittes weiter. "Deine Heimat wird mehr für dich bedeuten als du bis jetzt ahnst, Schülerin," teilte Vesperum eine Ahnung mit, während er wieder dieses teuflische Grinsen auf seinen Lippe hatte.

Die dunkle Seite gierte nach mehr, wollte mehr von ihm und ihr, als die Zeit beständig zusammenfiel, um den beiden einen Weg voran zu ermöglichen. Die ewige Uhr tickte weiter, immer weiter, mit jedem Herzschlag. Auch er fühlte diesen Ort voller Leben, konnte sogar einzelne Gedanken, welche durch die Macht flüsterten, aufnehmen. Stimmen, verschiedene Stimmen, die zu einem Rauschen gleich, lebendig waren. Anders als die toten Schreie, die ihn stets heimsuchten, verfolgten und seinen Wahnsinn verfehlten. Diese Stimme waren noch frei, ungebrochen durch seine Hand und wie in Sinnen berauscht, ließ er sie auf sich wirken. Sein zusammengesetzter Geist konnte einzelne Gedanken herausfiltern, genauer bestimmen und sogar klare Worte erkennen. Ganze Sätze entsponnen sich, über Alltagsthemen oder Handelsgespräche; wiederum auch einzelne echte Gedanken, wie Zuneigung oder Abneigung. DIe Sprache des Geistes war universell, wie die Macht. Wenn man gelernt hatte, zu lauschen, war vieles erkenntlich, wenn auch in Vesperums Fall entstellt durch die dunkle Seite. Der Lord verstand Harmonie nicht, verstand keine echte Liebe mehr, sondern sah nur noch negative Konsequenzen. Eben jene Leidenschaften, die ihn mächtig gemacht hatten- und doch war dort mehr, was er nicht sehen konnte aber erahnen. Es war eine Gewissheit, dass der Weg richtig war; gespeist aus diesem falschen Urvertrauen in diese kranke Obsession seiner eigenen Transzendenz. Die dunkle Seite täuschte ihn geschickt, während Ald'ana auf eine Antwort warten musste. Nicht lange, doch spürbar für ihren Geist, denn Vesperums Macht ließ den Frost wachsen, der ansonsten auf dieser Welt unbekannt war. Ein Frost, eine Kälte, die in alle Glieder kroch, keinen Platz mehr für andere Gedanken ließ, sondern allen sich selbst genügte. Es war das eisige Königreich, welches viele Herzen befallen hatte und nur sich selbst als König akzeptierte. Der Dämon keuchte im Staub des Windes, bevor er seiner Gefolgsfrau eine Antwort gab. "Ja, ein Ort des Handels und des Gespräches. Ein Markt, teilweise unterirdisch." Der dunkle Lord sah klarer als Ald'ana, ließ sie daran teilhaben, ohne Umschweife, und da war diese dunkle Macht wieder, die ihn heimsuchte. Die Schreie, die kranken Schreie von leidenden Seelen, welche an seinem Herzen rissen, den Frost zerschlagen wollten, der ihn schützte. Nur Kälte war sein Schild gegen sie, ansonsten würde die Schuld den Rest Verstand auffressen, der noch in ihm war. Wahnsinn war sein Schwert gegen die verfluchten Seelen, die er verdammt hatte. Seine Klinge und sein dunklen Zauber hatten sie alle verschlungen, ihm einverleibt, bis nur noch Asche dort war. Aber diese Asche wollte ihn erinnern, ihn bestrafen, dass dort ein Gericht war; kein Gericht mit einem Richter aber mit einem übermächtigen Urteil, welches irgendwann vollstreckt wurde. Vesperum spürte den Schmerz in seinem Schädel, wie er sich strahlend ausbreitete, seine Augen pulsieren ließ, so dass der Blick, der ohnehin von verschiedenen Ebenen bestimmt war, immer schwieriger wurde. Dieser Schmerz ließ keinen anderen Gedanken zu. Mit Mühen sowie fester Atmung gelang es ihm die Stimmen zu vertreiben, wieder zu dem Hintergrundrauschen zu machen, welches immer dort war. Seine Atmung beruhigte sich wieder. Die Macht als Schicksal wollte Vesperum nicht gehen lassen. Noch nicht.

"Es ist hier, auf dieser Welt. Es ruft nach uns, nach uns Sith," stammelte die wieder gebrochene Stimme in den Wind, weniger für Ald'ana, mehr für sich selbst. Darth Vesperum brauchte Gewissheit, ein Standbein, in diesem Irrsinn, der mit ihm war. Das dunkle Wunderland kannte keinen Sinn, noch Unsinn, sondern nur die Tat. Es gab nur seinen Willen, der stets daran erinnert werden musste, dass er selbst noch existierte. Erlösung lag erst am Ende seines Lebenspfades und bis dahin stand Leid im Zentrum seiner Macht; nicht nur für andere, sondern auch für sich selbst. Ohne es zu wissen, war er der Henker der Freiheit, die er eigentlich anstrebte. Die dunkle Seite war so verlockend schön geworden, dass ihr Rauschen einem Gesang gleich mit weiteren Verlockungen rief. Es gab immer nur ein "Mehr" und kein "Weniger" für diesen Mann, der mehr untoter Geist seiner Selbst als lebendig war. Vesperum war ein Abbild eines Mannes, der einmal gelebt hatte. Die dunkle Seite hatte ihn verdorben, getötet und zum untoten Monster gemacht, welches die fleischliche Maske eines Lebendigen trug. Der Gang wurde langsamer, aber blieb beständig auf die Stadt gerichtet. Eine Ironie fand sich darin, dass genau jetzt Ald'ana danach fragte, wie sie ihn mit seinem ursprünglichen Gesicht nennen sollte. Ihr Akzent amüsierte ihn, während er nicht lange überlegen musste. "Nenne mich Aidan," gab er seinen alten Namen preis. "Er ist die Person, die ich einmal war." Nein, er würde sich selbst nicht vollens verleugnen, wie er es auch Ald'ana geraten hatte. Zwar war er nun ein Sith, mehr noch sogar als das, aber wollte nicht vergessen, wer er einst war. Der neue Name und Titel waren Symbole von etwas Neuem, was aus Altem erstanden war. Sith nahmen sich neue Namen, um mit dem Alten abzuschließen, um etwas Wahrhaftiges zu werden, doch Vesperum war nicht bereit, Amaranthine und Mutter aufzugeben. Etwas hielt ihn noch hier. Doch seine neue Persönlichkeit war mächtiger als Aidan, so dass der Name nur Hohn war. Eine Lüge, wenn man wollte, die schlicht ausgesprochen wurde, wie die sonstigen Lügen, die er von sich gab. Es fiel ihm nicht schwer, da er wusste, dass er in Wahrheit nur Vesperum war aber die Erinnerung an diesen Namen befeuerte nur seinen Hass auf das Schicksal, welches er verdammte für all das, was ihm widerfahren war.

Es war an der Zeit, dass Ald'ana mit seinen Augen sah. Etwas von der dunkle Seite erblickte, wie er sie kannte. Der dunkle Lord beschloss, ihre Wahrnehmung zu verstellen, damit sie die Wahrheit über die Macht sah, über Personen, die ihr begneten. Kurz schlossen sich seine Augen, damit er seinen Willen ausrichten konnte. Die dunkle Seite umgierte den Geist von Ald'ana, als sie kurz davor waren die Stadt zu betreten. Händler, Einwohner und auch Fremde strömten vorbei, erste Stände kamen in Sicht, kurz vor der großen Energiebrücke. Ald'ana, unwissend über die Wirkungen, die auf sie gerichtet waren, spürte nur erneut diesen Frost. Doch Vesperum in bösartiger Freude an seiner Wahrheit ließ die Gesichter der um sie herumgehenden Personen verfallen. Skelettschädel blickten nun die Twi'lek an oder auch verwesenden Gesichter, welchen Stück für Stück die Haut herabfiel. Alle sie waren sterblich in Vesperums Augen, ohne Bedeutung, und somit war diese Illusion ein Geschenk an Ald'ana, die er mit Hingabe teilte. Die Illusion verschwand nicht sofort, nicht Schrittweise gewannen die Anwesenden ihre Gesichter zurück, bis urplötzlich alles wieder normal schien. Darth Vesperum nahm seine Macht zurück, um Ald'anas Reaktion zu beobachten, was sie fühlen würde- und ob sie verstanden hatte, was geschehen war. Er fand wirklich Gefallen an dieses Spielen, denn so hatte er einst Ilara mächtig gemacht, welche leider nun mehr eine Bestie des dunklen Lords war. Sie diente nur noch als Schlachtbestie, losgelassen auf seine Feinde, weniger als Person. Ehrlich hoffte er, dass Ald'ana, nun mehr in der gleichen Rolle, wie Ilara Vanis, mehr Willenskraft besaß, um die dunkle Seite mit ihm zusammen zu erschließen. Auch war dies ein Test, um ihren Nutzen für ihn zu beweisen. Nicht noch einmal wollte er Zeit, Lehren und Mühen in ein Wesen investieren, wenn dieses an der dunklen Seite zebrach. Zwar hatte die eitle Bestie Ilara ihren Nutzen aber noch eine Bestie benötigte er nicht als Handlanger. Das wahre Delirium begann erst später für die neue Schülerin.
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