#4
Fragil war das Gefüge aus Macht und Dominanz. Besessen von seiner Vision konnte Ardus Kaine nicht einfach gehen, ohne dieser Chance einen Finger seiner Hand zu geben. Wie ein toter Baum noch Wurzeln besaß, besaß auch Kaine noch Beziehungen zum Imperium. Nein, er hatte nie mit der imperialen Idee gebrochen; nur mit Personen. Er vertraute auf diese eine Sache, die hinter der Uniform stand. Es war diese verteufelte Einfachheit von Macht. Man musste sie nur akzeptieren. Sie war alles, was von Bedeutung für ihn war. Macht geben, um Macht zu nehmen. Das Imperium war eine Stände Wechselbeziehung aus dividierenden Einzelinteressen, die gegen einen Spiegel aus persönlichen Eitelkeiten prallten und sich vor ihren eigenen Bildern fürchteten. Alles, was war, war in den Köpfen der Personen gebildet worden, die heute Uniformen trugen. DIe alte Idee war niemals neu gewesen und drückte Kaine in Richtung des Schotts. Wie ein Blatt im Sturm dieser Zeit strebte der Mächtige zum kolossalen Tor. Grant verweilte still im Rücken. Seine Aufgabe war erfüllt. Sein Ziel lag ohnehin nicht hier. Es lag weitab von diesem Ort. Nicht einmal der Thron reizte Grant, der sich selbst als Verwalter einer Idee sah. Einer fähigen Person, die so eitel war, um einen Thron um des Thrones wegen zu begehren. Vielleicht wusste er auch einfach nicht, was er tun sollte, sondern fügte sich schlicht. Ebenso, wie Kaine sich gerade fügte. Zwar lag Widerwillen auf seinem Gesicht und die Schritte waren nicht schnell. Doch Neugierde war eine Triebfeder, die Geistwerke betrieb. Nun war er hier. Es hatte damals kein Zurück gegeben, so auch jetzt nicht. Das Schott öffnete sich, während die magnetischen Bolzen in ihren Ankern verschwanden. Ein dröhenden Surren kündigte falsche Verheißung an. Ardus Kaine hatte sich entschieden und trat in das graue Licht des Korridors. An dessen Ende stand eine in Purpur gekleidete Person, mit einem übergroßen Hut. Noch konnten Kaines Augen die Person nicht erkennen, doch dann kam sie ins Licht. Es war Sate Pestage, unbegleitet und einsam ging er gebückt vor den militärischen Eiferer.

"Aha," machte der Herrscher der Pentastar unbedacht, während Pestage nicht einmal lächelte. Beiden schien diese Sache unangenehm und so spielte man seine Rollen herunter. "Ardus Kaine," grüßte der Großwesir und nickte ihm zu.Nein, heute gab es kein Protokoll. So gab man sich nicht die Hand, keine Verbeugung und auch kein Bekenntnis. Es war keine Überraschung, dass Pestage sich für diese Idee auszeichnete. Nachdem Vesperum ihn mehrfach geprellt hatte und er sich sicherlich persönlich zurückgesetzt fühlte, war ein Verrat zu erwarten. Kaine hatte sich über die Situation im Reich aufklären lassen und so ließ ihn diese Begegnung weitesgehend kalt. Pestage war ein Bürokrat, kein Feldherr, so dass dieser schleichende Verrat im gut zu Gesicht stand. Es kümmerte Kaine auch nicht. Was Pestage wirklich bezweckte, ob er Vesperum stürzen wollte, um selbst zu herrschen, war ihm einerlei, so lange die imperiale Macht erhalten blieb. "Ich bin hier...," wollte Pestage beginnen, bevor er von Kaine unterbrochen wurde. "... um Verrat zu üben." Ardus Kaine grinste hämisch und verschränkte seine beiden Arme vor der Brust. "Ehm," machte der Großwesir, der sein Konzept für eine Sekunde verloren hatte. "Es ist doch bedeutungslos, was wir denken, Kaine. Es ist egal, was wir sind, solange das Reich, welches euch zur Macht verholfen hat, zusammenbricht," sagte der Bürokrat im ruhig-sachlichen Tonfall und blickte Kaine nüchtern an. Der übergroße Hut tat der Sachlichkeit nur einen geringen Abstrich an. "Hm, macht weiter," sprach Kaine und nickte Pestage zu.

"Seine Majestät ist zwar nach Verfassung eingesetzt aber nicht minder ein Problem für die Galaxis als andere Kriegstreiber. Ich selbst habe seine Milde aber auch seinen Wahn erfahren. Ich bin nicht hier, um Verrat am Thron zu üben," fuhr der aalige Mann fort. Kaine hob die Hand, so dass Pestage mit seiner Ausführung anhielt. "Weshalb seid ihr dann hier? Ist nicht eure Unterredung schon Verrat? Wie ich Vesperum einschätze, könnte dies euer Ende im Schmerzverstärker bedeuten. Vesperum hat die Sturmtruppen und auch Schattentruppen hinter sich. Dazu noch weite Teile der Flotte. Eure Anwesendheit hier wird nicht unbemerkt bleiben. Ein Pestage würde niemals ohne Rückendeckung agieren. Nennt mir eure Gönner und Unterstützer," forderte der erfahrene Machtmensch Kaine. Pestage grummelte kurz, holte Luft und setzte dann fort: "Wie gesagt, ich handle nicht auf Befehls des Throns aber auch nicht gegen ihn. Manchmal muss man einem Herrscher nicht geben, was er will, sondern, was er braucht. Ich habe Unterstützer, ja aber ich muss euch zustimmen, dass ich hier ein großes persönliches Risiko eingehe, um euch von einer Idee zu überzeugen. Einer Sache, die uns und dem Reich nützen kann." Kaine schmunzelte zynisch. "Natürlich nennt ihre keine Namen. Ich habe es auch nicht anders erwartet. Ihr kennt die Regeln des Spiels. Diese Idee muss euch etwas bedeuten. Und auch Grant, wenn er sich von einem Beamten vorschicken lässt. Ihr wisst, dass er sehr stolz ist...," formulierte der alte Kriegsheld, als Grant an ihm vorbei trat und den letzten Satz freundlich beedente: "Ja, das bin ich, alter Freund."

Kaine blickte schnell zu seinem alten Kameraden, als Pestage wieder das Gespräch aufnahm. "Es ist eine einfache aber nicht leicht umzusetzende Idee. Ihr seid besser als ich; ihre beide seid besser als es ein einfacher Beamter sein kann," sagte der Großwesir, wobei der letzte Halbsatz nicht ohne Hohn auskam. Doch in der Sache war Pestage bereit auch Verluste in seinem Ruf hinzunehmen, denn um diesen Stand es derzeit ohnehin nicht gut. "Der Imperator braucht fähige Männer, die seine Truppen geschickt verwenden und im Zweifel entsprechende Weisungen zu modifizieren. Ich konnte den Thron überzeugen, dass ihr Übertrittswilligkeit bewiesen habt. Grant verbürgte sich für euch. Vesperum tobte aber stimmte am Ende dieser Unterredung zu. Der Thron bietet euch autonome Selbstverwaltung als Teil des Imperiums an sowie einen Sitz im Rat der Großadmiräle. Grant konnte einen Großteil von euch überzeugen. Der unfähige Il-Raz und der verklärte Peccati Syn sind die einzigen beiden Namen, die euch ablehnen. Also verzeihlich. Was Vesperum nicht weiß, ist, dass ihr Unterstützung außerhalb des Rates erhaltet und auf Ressourcen aus Grants Flotte zurückgreifen könnt. Darüber hinaus werde ich euch mit Rückendeckung versorgen, sofern ihr unnötige Verluste und sinnlose Gefechte für das Reich vermeidet." Octavian Grant seufzte leicht.

"Es war nicht einfach. Der Rat verzeiht dir deinen Verrat nicht aber kann ihn inzwischen verstehen. Gegen entsprechende Zahlungen auf geheime Konten werden sie sicherlich wohlwollender gegenüber dir sein. Nur ein Vorschlag. Fakt ist, dass du ins Imperium zurück gelangen könntest. Der Thron braucht dich nicht zu kümmern. Wir kümmern uns darum." Ardus Kaine räusperte sich ungläubig, fast schon verstört. Kurz trat ein erhebliches Schweigen ein, bis er antwortete: "Wenn ich Nein sagte? Ich habe mich vom Imperium getrennt als es von Würmern zerfressen wurde aber ihr bietet mir einen geeinten Staat an? Wenn die Republik nur nicht wäre und die anderen Kriegsherren. Es ist nicht so einfach...," wollte er der Antwort ausweichen, doch Grant drängte mit fester Stimme: "Du verlierst nichts, sondern gewinnst an Ressourcen für dein wirtschaftlich abgeschwächtes Reich und lass' deinen Verwalter hinrichten. Nur so ein Tipp von meiner Stelle. Er ist ein Idiot." Octavian Grant nickte. "Es ist nicht einfach aber das Imperium und viele gute Offiziere brauchen Schutz. EIn Überlaufen ihrer Stelle scheint ausgeschlossen und ich bin diesen Krieg ebenso leid. Die Galaxis braucht eine dominante Macht. Ich selbst sehe ja die wuchernde Kriminalität in der Nähe meiner Welten auf sowie auf ihnen. DIe Flüchtlingsströme scheinen nicht abzuebben. Zumal Grunger und der Fette bereit stehen, um zu ihrem eigenen Wohl den Kadaver zu fressen. Mich interessierte persönlicher Wohlstand nie, sondern allein die Macht des Staates ... und um ehrlich zu sein, meine Stellung darin," formulierte Grant ruhig aber beständig.

Pestage weitete seine Augen: "Es ist niemals einfach aber wir verlangen ja noch nicht einmal, dass ihr Entralla verlasst. Ihr setzt euch auch keiner Gefahr eines Attentas aus. Unser Angebot ist überaus ehrlich. Der Thron braucht ein Korrektiv. Isard ist es derzeit nicht, so scheint es mir. EIn Sturz Vesperums würde den Kern niederreißen und damit Abermilliarden Leben. Ihr und Grant, als auch meine bescheidene Person werden das Imperium von Innen heraus korrigieren, damit der Imperator... seine Rolle wieder findet," sagte der Wesir und ließ die Bedeutung des Wortes Rolle offen. "Ich willige vorerst ein aber werde mich noch mit meinem Stab beraten. Auch mit Jerec, der wohl diese dunklen Machtnutzer besser versteht. Leider ist dieser noch verschwunden. Werden wir das Theaterstück ein wenig umschreiben, damit die Hauptrolle wieder bei den fähigen Männern liegt," sprach Ardus Kaine und wandte sich um, um zu seinem Shuttle zu gehen. Die Gespräche waren beendet. Doch ein Blick zwischen Octavian Grant und Sate Pestage verriet etwas, was nicht gesprochen wurde. Es lag etwas Heimtückisches darin, was nicht gegen Kaine gerichtet war aber wohl heimliche Freude war. Man hatte Isard ein Schnippchen geschlagen. Mit Kaine hatte sich die Machtbasis ihrer Fraktion deutlich ins Bessere verschoben. Bald würde man selbst ohne Rücksprache Forderungen gegen den Imperator stellen können und im Zweifel auch durchsetzen.
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