#9
"Ein Jedi ist immer geduldig.", begann Cara unter dem Wasserfall, in der Nähe des Jedi-Anwesens zu rezitieren. Es war ein typischer Tag auf Naboo, einem Planeten, auf dem Krieg und Elend immer so fern und weit weg erschienen, dass es kaum vorstellbar war, dass er je hierherkommen konnte. Aber dieser Eindruck täuschte. Sowohl in der Hauptstadt Theed als auch hier im abgeschiedenen Refugium der Jedi. Die Hallen waren leer geworden. Saanza Cyrodiell war verschwunden, Dion Bresk schwer verwundet und Lee Valen gewissermaßen verschollen. Die wenigen Leute, die es noch gab, waren sehr überschaubar, benennenswert davon waren auch lediglich zwei: Luke Skywalker und Ajax Catar und nun, irgendwo noch sie selbst. Ein seltsames Gefühl, eines, dass sich falsch anfühlte. Es war falsch hier untätig herumzusitzen und darauf zu warten, dass die Galaxis reagierte, darauf zu warten, dass Saanza und Lee irgendwie zurückkommen würden, blind darauf zu vertrauen, dass die Macht die Dinge wieder ins rechte Licht rücken würde.
Cara atmete tief durch und schloss die Augen wieder. Innere Ruhe war es, die das Wesen eines Jedi definierte. "Es gibt keine Gefühle, nur Frieden.", begann die junge Jedi damit, die Worte des Kodex laut zu wiederholen, als würde sich darin eine größere Weisheit befinden. Das mochte auch tatsächlich irgendwo der Fall sein und es war nur ihrem jugendlichen Tatendrang zuzuschreiben, dass sie sie nicht erkennen konnte. Einerlei. Cara zwang sich weiter zur Selbstdisziplin, während das Wasser hinter ihr rauschte. Es hieß wer ein Sandkorn bis hin zu seinen Molekülen vollständig begriff, der würde die Galaxis verstehen. Gegenwärtig war sie schon froh darüber, wenn sie begreifen würde warum die Jedi still saßen, während die Galaxis im Krieg versank. War es nicht ihre Aufgabe eben genau so etwas zu verhindern? Deeskalation statt Eskalation?

"Es gibt keine Unwissenheit. Nur Wissen." Gewiss der Teil des Kodex, der ihr am ehesten ein Rätsel aufgab. Wie genau war denn die Abwesenheit von Wissen zu bezeichnen, wenn nicht als Unwissen? Sie seufzte. Lang war der Weg zu Meisterschaft und selbst bei eben diesen war sie sich nicht einmal sicher, ob sie die Worte, die irgendein schlauer Mann in ein Buch geschrieben hatte, wirklich zur Gänze begriffen. Oder aber es steckte mehr Tradition dahinter, als eigentliche Ernsthaftigkeit, noch aus einer Zeit vor dem großen Krieg, vor der Republik. Möglicherweise lag darin die Schwäche dieses neuen Ordens: er kannte seine Wurzeln nicht, ihm mochte das bedeutende Gewicht des alten Ordens fehlen, seine Geschichte und die bedeutende Rolle, die er im Laufe der Zeitalter eingenommen hatte. Nicht, dass sie Luke dafür die Schuld geben würde, niemand trug daran die Schuld, aber irgendwo blieb dieser Gedanke im Kopf, dass es sich anders anfühlen könnte ein Jedi zu sein. Oder eine zu werden.
"Es gibt keine Leidenschaft. Nur Gelassenheit." Zumindest dieser Teil erschloss sich ihr zur Gänze, zumindest nahm Cara das an. Er warnte vor der Gefahr durch die dunkle Seite der Macht, davor, wohin ungelenkte Emotionen führen konnten. Die direkteste Auswirkung sahen sie nun in Form des Imperiums direkt vor ihnen, aber sie bezweifelte doch stark, dass mit "Gelassenheit" gemeint war, einfach nur zu sitzen und zu warten, bis die dunkle Seite sich selbst erledigte. Cara biss sich auf die Unterlippe. Das war kein netter Gedanke, dennoch fühlte sich letztendlich genau so an. Sie als Jedi könnten mehr tun, aber taten es nicht und das wiederum entzog sich ihrem Verständnis.

"Es gibt keinen Tod. Nur die Macht." Das war abstrakt zu verstehen. Vermutete sie jedenfalls. Zwar verband die Macht alles miteinander und durchdrang alle lebenden Wesen, doch wer tot war, war nun einmal tot. Vielleicht also doch eher ein Trostspruch, etwas, woran sich Jedi klammern konnten, wenn einer der ihren starb, um nicht von der Trauer überwältigt zu werden.
"Es gibt keine Langeweile. Nur Meditation.", schloss Cara schließlich den Kodex mit einer zynischen Bemerkung, die ihr sicherlich nicht zustand, in diesem Moment aber doch sehr befreiend wirkte. Langfristig helfen würde es ihr dennoch nicht, aber das Leben eines Jedi bestand eben wohl nicht nur daraus, mit dem Lichtschwert herum zu wedeln. Die junge Jedi streckte ihre Glieder und begann wieder von vorn, tief davon überzeugt, dass sich ihr die Weisheit der Galaxis und des Ordens irgendwann einmal offenbaren würden.
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