Es war angenehm, der rauen Stimme der Twi'lek zu lauschen. Ihre goldenen Augen wirkten warm und auch wenn sie die Schärfe eines Raubtieres besaßen, fühlte Sosul sich nicht als Beute. Das flaue Gefühl in ihrem Magen musste von Aufregung herrühren. Als Kind hatte sie sich ausgemalt, wie es sein musste, über besondere Kräfte zu verfügen. Jetzt schien es, als habe sich ihr bisheriges Leben auf diesen Moment zubewegt, als folge es einem unsichtbarem Sog. Sosul legte den Kopf schief. Rifta hatte von einem Willen gesprochen, den die übernatürliche Kraft besitzen sollte, die sie als "Macht" bezeichnete. Die Idee, dass dieses Zusammentreffen auf dem Plan einer höheren Entität beruhte, war aufregend und beängstigend zugleich. 'Zumindest', beschloss Sosul mit grimmiger Zufriedenheit, 'ist diese Macht gerecht.' Schließlich fand sie sich in verschiedenen Spezies, so auch in ihrer. Niemand aus ihrer Familie hatte je etwas Unerklärliches vollbracht. Doch musste das nichts bedeuten, schließlich wusste sie bislang ebenfalls nichts von ihrer Begabung. Und Rifta hatte erwähnt, dass manche Familien besonders von der mystischen Kraft gesegnet waren. 'Die alle umgibt und durchdringt..' Ein Lächeln geisterte über ihre Lippen und Sosul zog die rechte Hand unter ihrem Bein hervor, drehte sie hin und her und stellte sich vor, wie sie sie in einem unsichtbaren Kraftfeld bewegte.
Ihre Überlegungen wurden alsbald von drängenderen Fragen überlagert. Zum einen würde es weitaus länger dauern, den Umgang mit besagter Macht zu erlernen, als Sosul gehofft hatte. Zum anderen beabsichtigte Rifta, nicht lange auf Commenor zu verbleiben. Dass ihre Gabe für sie selbst eine Gefahr sein konnte, erschien Sosul beinahe nebensächlich: sie vertraute darauf, dass sie sich auch unbewusst nicht schaden würde. Mehr sorgte sie sich um ihr Umfeld, das bisher jedoch scheinbar sicher gewesen war. Vor allem aber existierte ihre Vorstellung von der Zukunft nicht mehr ohne das Element der Macht - und damit führte ihr Weg sie geradewegs in die Arme der fremden Twi'lek. Wie lange mochte es wirklich dauern, um über dieselben Fähigkeiten wie sie zu verfügen?
Allein durch die Änderung ihrer Mimik fror Rifta die Gedankengänge der Togruta für einen Moment ein. Sosuls Augenbrauenpartie zog sich zusammen, auch wenn ihr gefiel, dass die Frau offen sagte, was sie im Gegenzug erwartete. Wieder wollte jemand von ihr, dass sie tat, was man verlangte. Sosul erinnere sich an Fidar, die gelegentlich von ihrer Lehrzeit erzählte und blickte zugleich gedanklich auf zahllose Auseinandersetzungen mit Ghato zurück. Sosul, kriegst du es vielleicht heute endlich hin - Bis du fertig bist, herrschen auf dieser Planetenhälfte wieder Nacht und Eiseskälte - oder Krieg, wenn er schneller hier ankommt, als du es zum Schiff schaffst, also los! - Erzähl' mir, warum du es 'schon rein logistisch unsinnig' findest während du das erledigst, alles klar?
'..aber das hier ist auch etwas anderes.' Und der Mensch hatte ihr nicht anbieten können, worüber Rifta verfügte. Sosul nickte, auch, um die Frau nicht weiter zu reizen. »Jemand an Bord des Schiffes, mit dem ich mitreise, hat auch eine Ausbildung gemacht.« Fidar ließ kein gutes Haar an ihren Ausbildern. Doch durch sie und ihre Erzählungen wusste Sosul ziemlich genau, wovon Rifta sprach, auch wenn sie damit keine Erfahrung hatte. Auf Shili lernte jeder von jedem etwas, aber in manchen Teilen der Galaxis schien es üblich, dass spezielleres Wissen nur an einzelne Personen weitergegeben wurde. Ein kluges System, wie Sosul fand, denn auch in ihrem Volk gab es bessere Jäger, Waffenkünstler oder Heiler. Nur wenige beherrschten all das gleich gut. »Sie ist Mechanikerin. Auch, wenn sie immer über ihre Ausbilder schimpft wie ein Hutt, dem man die Paddy-Frösche geklaut hat, kann sie nicht abstreiten, dass sie viel gelernt hat. Ich hab' sie gefragt. Und sie ist gut in dem, was sie macht.« erklärte Sosul ihre vage Bereitschaft zu tun, was Rifta verlangte, wenn sie im Gegenzug ebenso gut mit der Macht umzugehen lernte, wie Fidar die Schiffsmechanik in Schach hielt.
Aber ihr Problem bestand in der Zeit, die sie würde erübrigen müssen. Sie kannte die Frau kaum und auch, wenn das Angebot so verlockend klang, konnte Sosul kaum aufspringen und sich mit ihr auf den Weg machen. Sie seufze frustriert. »Wie kann es sein, dass niemand etwas von diesen Leuten weiß? Oder von dem Orden, zu dem Ihr gehört..« machte sie ihrem Unmut, zu so einem ungünstigen Zeitpunkt mit dieser Entscheidung konfrontiert zu sein, mit leisem Protest Luft. Doch ohne auf eine Antwort zu warten, waren ihre Gedanken gleich einem ungestümen Tier weitergestürzt und erhängten sich in derselben Schlinge wie zuvor.
»Wisst Ihr,« begann sie und sprach, als vertraue sie Rifta ein Geheimnis an, während ihre Beine wieder zu schaukeln begannen »ich möchte das gerne. Sehr sogar. Und Ghato und die anderen, mit denen ich reise, sind in letzter Zeit auch.. ziemlich anstrengend. Aber in ein paar Monaten wollte ich wieder zu Hause sein.« Ein Ort, der so weit entfernt war und an den sie vor Kurzem nicht schneller hätte gelangen können. Nun war eine gleichermaßen aussichtsreiche Option daneben getreten. Vielleicht konnte sie Ghato bitten, ihre Familie zu benachrichtigen, wenn er zurückkehrte? 'Kann ich das?' stellte sie ihre eigene Entschlossenheit in Frage.
»Vielleicht kann ich.. später zu Euch kommen, wenn ich weiß, wie ich Euch oder Euren Orden finden kann?« dachte sie laut nach. Auf diese Weise würde sie ihre Familie sehen können, vielleicht herausfinden, ob auch diese die Gabe hatte, die übernatürliche Kraft - die Macht - wahrzunehmen, um dann so bald sie konnte Rifta zu finden. Die Existenz des Ordens blendete sie für den Augenblick aus, es lag ihr wenig daran, die gerade gewonnene Besonderheit zu etwas Alltäglichem verkommen zu lassen, das viele ihr Eigen nannten. Vielleicht würde sie zumindest die Frau mögen, von der Rifta ausgebildet wurde - schließlich lag es nahe, dass sie nicht zu jenen zählte, die Vorbehalte gegenüber nicht-menschlichen Spezies hatte.
Riftas Lächeln zu Sosuls Erzählungen hatte etwas Herablassendes an sich. Die Ausbildung in einem gewöhnlichen Handwerk hatte nichts mit der Schule der Dunklen Seite gemein und selbst die Lehrjahre eines Kriegers bereiteten nicht auf das vor, was die Macht einem offenbarte. Es ging nicht nur darum, Wissen und Techniken zu vermitteln. Das Studium der Macht veränderte die eigene Sichtweise der Galaxis. Eine Wahrheit, die sich Rifta erst vor kurzem wieder bestätigt hatte. Du bist selbst noch eine Schülerin. Hast gerade erst begonnen, zu begreifen, was es bedeutet, eine Sith zu sein – und willst dennoch selbst schon eine andere unterweisen? In der Tat, so war es. Auch wenn diese Wendung der Ereignisse Rifta selbst überraschte und es nicht so einfach war, wie sie Sosul glauben ließ. Noch besaß sie nicht den nötigen Rang, um eine eigene Schülerin anzunehmen und würde sich, um diesen zu erhalten, mehr als einer Prüfung und mehr als einem Urteil stellen müssen. Doch die Sith fühlte sich bereit dazu und es war mehr als bloße Neugier, die sie dazu trieb, die Togruta unter ihre Fittiche nehmen zu wollen. Sosul besaß eine naive Unschuld, aus der ein starker, bisweilen trotziger Wille hervorschimmerte. Eine Bindung zur Macht, die sich noch beliebig formen ließ. Ideale Voraussetzungen für ein Studienobjekt, das Ald’ana zu ihrer Schöpfung machen konnte. Eine Schülerin, eine Untergebene… Eine Vertraute, eine Gleichgestellte… Gedanken, welche der Twi’lek nicht bewusst offenbar wurden, aber sich in ihrem Herzen formten, das ihr Leben lang nur Verlust, Zurückweisung und Distanz gekannt hatte.
„Auch du kannst gut in dem werden, was dir gegeben wurde. Auch du wirst mich für das hassen, was ich von dir verlangen werde.“ Eine Wahrheit, die leichthin gesprochen wurde und bei der die Züge der Twi’lek weicher wurden. Sosul konnte noch nicht ahnen, was die Dunkle Seite beinhaltete. Doch wenn sich die Togruta bei ihrer eigenen Aufnahme als würdig erwies, würde Rifta ihre Klauen in sie schlagen und gegen all jene verteidigen, die ihr diese Beute wieder streitig machen wollten. „Die meisten Wesen fürchten, was sie nicht verstehen. Einige werden vor einem Machtanwender auf die Knie fallen – andere werden alles daran setzen, uns zu zerstören, weil sie unsere Fähigkeiten für unnatürlich halten.“ Rifta bedachte die Togruta, die sich abermals in ihren eigenen Gedanken verfing, mit einem harten Blick, in den sich jedoch auch etwas Bedauern mischte. Es war nicht mehr als eine Maske, doch die Sith vertraute darauf, dass die junge Frau den Unterschied nicht bemerken würde. „Der Orden, dem ich angehöre, ist nicht jedem zugänglich. Uns gibt es schon seit Tausenden von Jahren. Doch die Geschichte hat gezeigt, dass es weiser ist, nicht vor jedem offen in Erscheinung zu treten. Ich habe deinetwegen eine Ausnahme gemacht und mich dem Pöbel offenbart. Du bist etwas Besonderes, Sosul. Du könntest so viel mehr sein als du jetzt bist.“
Sie schüttelte langsam den Kopf und verschränkte die Arme vor der Brust. Sosul hatte mit ihrer Neugier und Sehnsucht ihr eigenes Netz geknüpft. Nun musste Rifta sie nur noch mit ihrem eigenen Faden in einen Kokon sperren. „Dies ist die einzige Chance, die ich dir bieten kann. Allein die Macht weiß, ob sich unsere Wege nach Commenor noch einmal kreuzen. Kannst du dich wirklich mit dem Leben zufriedengeben, das du jetzt führst? Hast du nicht deswegen damals dein Zuhause verlassen – um die Galaxis und deinen Platz in ihr zu entdecken?“, schloss die Twi’lek aus Sosuls Erklärungen. Sie prägte sich den Namen Ghato ein, falls er später noch einmal von Belang sein würde. „Ich möchte dir geben, wonach du suchst.“ Ald’ana streckte ihre Hand in einer einladenden Geste aus und schenkte der Togruta ein hoffnungsvolles Lächeln. „ Aber die Entscheidung liegt allein bei dir. Wenn du den Mut hast, sie zu treffen.“
Sosul sah die Herablassung in dem Lächeln ihres Gegenübers nicht oder wollte sie nicht sehen. Rifta schien freundlich und interessiert, dieser Eindruck verblieb bei der Togruta. Sie saß inzwischen weniger zurückhaltend auf dem alten Möbelstück. Die Hände unter ihren Beinen hervorgezogen nestelte sie mit der rechten an einer brüchigen Leiste, mit der der Schrank zur Seite hin abschloss.
Sie lächelte unwillkürlich, als ihr in Aussicht gestellt wurde, die Kraft, die ihr innewohnen sollte, einst ebenso gut beherrschen zu können, wie die Twi'lek vor ihr. Mehr noch, stellte sie eine weitere Überlegung an, sie könnte nicht nur gut, sondern großartig sein, vielleicht zu den Besten gehören, vielleicht die Beste sein. Rifta hatte selbst gesagt, sie könne so viel mehr sein, als sie es derzeit war. Hatte sie im Herzen nicht immer dieselbe Hoffnung mit sich getragen? Ihre Gedanken streiften ihre Mutter, die immer nur von den Welten über ihrem Kopf geträumt hatte. Wenn es bedeutete, dass sie etwas dafür tun musste, würde Sosul es können. 'Zumal es nicht dasselbe ist wie Frachten laden, Frachten löschen, umschlagen. Und von vorn.' An diesen Tagen langweilte sie sich am meisten. Aber das war Arbeit. Und für diese hatte Sosul weder eine Leidenschaft, noch ein Händchen.
Die Toguta grinste wie auf einen geteilten Scherz, als Rifta erklärte, sie würde ebenfalls Dinge von ihr verlangen, für die Sosul sie nicht mögen werde. »Das ist schon in Ordnung. Und notfalls lasse ich es Euch wissen, wenn es soweit ist.« erklärte sie noch immer lächelnd. Von Fidar wusste Sosul, was in etwa damit gemeint sein konnte. Damit würde sie sich arrangieren können - bisher war es ihr sogar oft genug gelungen, eine unangenehme Situation geschickt zu ihren Gunsten zu wenden. Zudem wirkte die Twi'lek intelligent und schien ihr helfen zu wollen. Der Orden, dem sie angehörte, war auch keine launische Mechaniker-Crew einer vielbeschäftigten Schiffswerft. Da Personen wie Rifta aufgrund ihres Talentes offenbar auch Feinde hatten, schien es nur logisch, dass sie sich zusammenschlossen. 'Auch wenn es nicht einfach sein dürfte, ihr bei dem, was sie kann, überhaupt zu nahe zu kommen..' Aber spätestens Riftas bedauernder Blick und der Hinweis auf die Vergangenheit deuteten darauf hin, dass Ihresgleichen genügend Gründe hatten, unter sich zu bleiben. Bei genauerer Überlegung hatte Sosul keine Kenntnis davon, was ein Orden genau sein mochte, aber der Klang des Wortes war besonders. Eine Beschreibung, die Rifta auch ihr zugebilligt hatte. Und dieser Zusammenschluss bestand schon seit so langer Zeit. Ob Ghato davon gehört hatte? Er war viel gereist und kannte in jedem Winkel der Galaxis irgendjemanden. 'Wenn jemand von einem Macht-Orden weiß, dann er.'
Ein Knacken und die Leiste am Rand der Schrankoberfläche hatte dem Druck von Sosuls emsigen Fingern nachgegeben. Das Teil fiel klappernd zu Boden und Sosul blickte aus den Gedanken gerissen hinterher, bevor sie gerade so elegant von dem Möbel herunterglitt, wie man einen provisorischen Sitzplatz auf einem morschen Schrank aufgeben kann. Ohne es zu merken spiegelte sie Riftas offene Haltung. Doch die Twi'lek schüttelte den Kopf und verschränkte die Arme - sie lehnte Sosuls Vorschlag ab, sie aufzusuchen, wenn die junge Togruta mit ihrer Familie gesprochen hatte. 'Oder nachdem ich zumindest Zeit hatte, darüber nachzudenken.' Ihre verzogenen Mundwinkel machten keinen Hehl aus ihrer Enttäuschung. Wenn Rifta es wirklich gewollt hätte, hätte sie sie zu einem anderen Zeitpunkt treffen können. Das war, was Sosul wusste und darauf, was die Macht über die Zukunft wissen konnte oder nicht, gab sie nichts von Wert. Trotzdem erreichte die Twi'lek mit ihren folgenden Worten Sosuls Inneres und die Togruta nickte unwillkürlich. Ein Erlebnis wie dieses und das, was es versprach, war eben der Grund, aus dem sie sich auf ihre Reise begeben hatte. Und wenn jene Macht - und was diese wusste oder nicht wusste - Sosul im einen Augenblick nicht weniger hätte interessieren können, so schien es ihr im nächsten, als bestünde in der weiten, sprunghaften Galaxie doch so etwas wie eine höhere Ordnung, die alle losen Enden zu verknüpfen wusste. Die Twi'lek schien das zu verstehen, sie zu verstehen.
Sosul reckte das Kinn ein Stück höher, als Rifta ihr zu unterstellen schien, nicht mutig genug zu sein, wenn sie sich nicht auf das festlegen konnte, was sie so offensichtlich wollte. Ihre Augenbrauenpartie kräuselte sich in Anbetracht ihres angegriffenen Ehrgefühls. Sie war schon oft faul, aber noch nie feige genannt worden. »Dann wäre es auch mutig, sich für Nein zu entscheiden, wenn es nur darum geht, eine Entscheidung zu treffen.« gab die Togruta beinahe spitz zurück und war mehr damit beschäftigt, sich in ihrer Rechthaberei zu sonnen als sich einzugestehen, dass die Anmerkung nicht zum Gelingen der Unterhaltung beitrug. Aber die Zäsur half, sie davon abzuhalten, die ihr so einladend dargebotene Hand zu ergreifen. Rifta wollte ihr geben, wonach sie suchte. Sosul verlagerte das Gewicht auf ihr anderes Bein und seufzte geräuschlos.
»Ich weiß.. Ich möchte es gerne. Und noch niemand hat mir so etwas angeboten wie Ihr. Aber auf jeden Fall müsste ich erst mit den anderen sprechen.« überging sie ihre eigene Randbemerkung und verwies auf Ghato und seine beiden Gefährten. »Ich kann nicht.. einfach so verschwinden. Die würden sich Sorgen machen. Und wütend sein. Vor allem das.« Sie hob kurz die Hände in einem Schulterzucken und lächelte. So konnte sie sich zudem ein wenig Zeit verschaffen.
»Ihr könnt auch mitkommen.« Vielleicht würde Rifta besser erklären können, wofür Sosul vermutete, sich entschieden zu haben. »Wenn Ihr möchtet. Ich weiß ja, dass Ihr.. Euch nicht gerne zu erkennen geben wollt. Die drei sind zwar ziemlich oft ziemlich anstrengend, aber in Ordnung. Gute Leute. Wenn man von der gelegentlichen Schmuggelei absieht, aber um es mit Ket zu sagen: Wer macht das nicht.« fand sie schließlich doch ein gutes Wort für ihre Begleiter, auch wenn es nichts daran änderte, dass sie aus ihrer Sicht die längste Zeit in ihrer Gesellschaft gewesen war. »Wahrscheinlich sind sie sogar ganz froh, wenn Ihr sie von mir befreit.« Sie rollte mit den Augen. »Ghatos Worte. Nicht meine.«
Trotz der ausgesprochenen Einladung konnte Sosul sich selbst nicht vorstellen, wie eine kultivierte Person wie Rifta zusammen mit Ghato, Fidar und dem bulligen Ket in dem kleinen Abteil ihres Schiffes saß. Oder in dem behelfsmäßigen Lager, dass sie aus Kisten und alten Stühlen in der Nähe errichteten, wenn ihnen nicht nach anderer Gesellschaft außer der eigenen der Sinn stand. Die Vorstellung war beinahe komisch, wenn nicht sogar befremdlich. »Was würdet Ihr sagen?«
Riftas Lächeln hielt an. Die Togruta hatte keine Ahnung, worauf sie sich einließ – und doch hatte die Sith nicht vor, ihre potentielle Schülerin zu belügen. Nur vielleicht ein paar Details zu unterschlagen, die nicht mehr von Belang sein würden, wenn Sosul die Dunkle Seite erst für sich erkannt hatte. Das morsche Möbelstück gab unter der jungen Machtbegabten nach und manifestierte auf sehr treffende Weise einen Bruch in ihrer Einstellung. Enttäuschung und Widerstand war deutlich in ihren Zügen zu sehen. Das nach oben gereckte Kinn zeugte von Stolz und offenbar hatte Sosul an ihren Worten Anstoß genommen. Gut. Rifta hatte kein Interesse an einem Schützling, der sich blauäugig jeder Anweisung fügte und Konfrontationen aus dem Weg ging. Eine solche Person überlebte nicht lang in ihren Kreisen. Sie brauchte inneres Feuer, um die Macht wirklich für sich nutzen zu können. Starke Emotionen, mit denen sie die kosmische Kraft ihrem Willen unterwerfen konnte. Die Gleichmütigkeit der Jedi war wie plätscherndes Wasser. Der Zorn eines Sith ein reißender Strom.
„Du hast Recht“, sagte Ald’ana anerkennend, als hätte Sosul gerade ihre erste Lektion abgeschlossen. „Es wäre ebenso mutig, mein Angebot abzulehnen.“ Auch wenn die Twi’lek dafür sorgen würde, dass das Schicksal der jungen Frau in ihre Hände fiel – mit oder ohne ihre Zustimmung. „Es ist eine Entscheidung, die dein weiteres Leben zutiefst beeinflussen wird. Ganz gleich, welche Wahl du triffst. Doch getroffen werden muss sie, wenn du dein Leben selbst in der Hand haben willst. Sonst werden immer nur andere für dich entscheiden.“
Die Togruta schien an ihrer momentanen Gesellschaft zu hängen, auch wenn der Faden, der sie mit ihnen verband, sehr dünn war. Vielleicht war auch dies eher Gewohnheit als wahre Zuneigung. Sie hatten sich miteinander arrangiert und die meisten Wesen in dieser Galaxis fürchteten eine drastische Veränderung. Lieber gingen sie ihrem gewohnten Leben nach und gaben dafür etwas anderes auf als dass sie sich in unbekannte Gefilde wagten. Rifta zog ihre Hand zurück und legte sie auf ihren Schoß. Doch es war eine entspannte Geste, bei der auch weiterhin ein verstehendes Lächeln ihre Mundwinkel umspielte.
„Niemand hat erwartet, dass du ohne einen Abschied und deine Habe mit mir kommst“, sagte die Sith fast amüsiert. „Es ist nicht so, als würde ich mich in Luft auflösen, sobald wir diesen Raum verlassen.“ Dann mischte sich fast so etwas wie Mitgefühl in ihre Züge. „Sie scheinen deine Gegenwart und Fähigkeiten nicht besonders wertzuschätzen. Vielleicht ist es auch nur ihre Art, Zuneigung zu zeigen. Ich denke nicht, dass sie dich davon abhalten werden, deinen Weg zu gehen. Es steht ihnen nicht zu.“ Und wenn doch… Sosul hatte genug preisgegeben, um Ghato und seinen Kumpanen bei Notwendigkeit einige Schwierigkeiten zu bereiten. Vielleicht würde Sosul sie sogar direkt zu dem Schiff führen. Dann wäre es ein Leichtes, die Imperialen auf illegale Geschäfte aufmerksam zu machen.
„Erzähl ihnen, dass man dir eine Ausbildung angeboten hat. Du brauchst sie nicht mit Dingen zu verwirren, die sie nicht begreifen werden. Ich werde dich gern begleiten, wenn du es wünschst. Aber es ist dein Leben“, stupste sie noch einmal und machte ein paar Schritte im Raum, strich mit den Fingern über das geborstene Möbelstück. „Deine Worte, deine Wahl.“
Dass Rifta keinen Anstoß an ihrer Spitzfindigkeit nahm, sondern diese im Gegenteil anerkannte, machte Sosul zufrieden. Nach außen hin wahrte sie jedoch so gut sie konnte einen ernsten Gesichtsausdruck, damit ihre Worte nicht an Bedeutung verloren. Währenddessen beschäftigte sie ein anderer Gedanke. Hatte jemals jemand anderes über ihr Leben entschieden? Sie dachte an die letzten Monate und Jahre, kam aber in dieser Kürze zu keinem beunruhigenden Ergebnis. Es war immer ihre Entscheidung gewesen, wohin sie ging und was sie tat – auch wenn es auf Geheiß eines anderen gewesen war. Sie konnte sich ebenfalls nicht vorstellen, dass Ghato und die anderen sie ernsthaft davon abhalten würden, was sie sich vorgenommen hatte.
»Also gehört sich in Luft aufzulösen nicht zur Alltagsroutine, das ist gut zu wissen.« Zum einen fühlte sich die Begegnung noch immer unwirklich an, obwohl oder gerade weil Sosul mit eigenen Augen gesehen hatte, wozu die Frau fähig war. Und so erwartete die Togruta beinahe, dass Rifta ihr in der Folge erklären würde, dass, in der Tat, das Verschwinden auf der Stelle ebenfalls eine ihrer vielseitigen Fähigkeiten sei, sie aber vorziehe, in diesem Fall keinen Gebrauch davon zu machen, gern geschehen.
Dann konnte sie es nicht mehr erwarten.
»Gut. Dann.. wenn Ihr mich begleiten möchtet, können wir gehen.« Sie ließ Rifta keine Zeit für eine Antwort und war insgeheim froh über deren Angebot. Im Zweifel würde sie mit Ghato und den anderen reden können, sollte Sosul nicht richtig erklären können, worum es ihr ging.
Den Überwurf griff sie wie einen alten Lappen und trug ihn in der Hand zur Tür. Das Kleidungsstück erinnerte sie an den unliebsamen Zwischenfall von zuvor. Sie entschied, es mitzunehmen, aber noch nicht zu tragen. Nach wie vor wollte sie sich nicht wegen etwas verstecken, das sie nicht getan hatte.
»Seid Ihr auch am südlichen Raumhafen? Ghato hat sich ziemlich über die Liegegebühr aufgeregt. Die Häfen werden jedes Jahr um diese Zeit zu Huttenkartellen.« wiederholte sie, was sie aufgeschnappt hatte. Die Luft außerhalb war drückender und etwas feuchter als in dem staubigen Raum. Unwillkürlich wandte sich Sosul um, um zu sehen, ob Rifta wirklich nicht verschwunden war. Erleichterter, als sie sich eingestehen wollte, nahm sie die schlanke Gestalt in ihrer Nähe zur Kenntnis. Die Togruta folgte dem intuitiv angelegten Gedankenkonstrukt ihrer Umgebung, das sie zurück zum Gelände des Raumhafens leitete. Zwar waren die unterschiedlich großen und scheinbar willkürlich angelegten Gebäude der Stadt nicht vergleichbar mit dem Wald, in dem sie groß geworden war, aber die Leute bahnten sich auf ähnliche Weise ihre Wege.
»Wenn Ihr hier seid, um etwas zu erledigen - was macht der Orden, zu dem ihr gehört?« Es musste eine Menge geben, was jemand mit den Fähigkeiten von Rifta tun konnte. Jedenfalls fielen Sosul eine Anzahl Personen ein, die ihr Können interessant finden mussten. »Und braucht Ihr dazu auch Eure Kraft? Also die.. Macht.« stellte Sosul die erste einer Anzahl von Fragen, die ihr in den Sinn gekommen waren.
Die Landezone, in die sich eine Vielzahl größerer und kleinerer Dockbuchten drängte, befand sich auf der ihnen zugewandten Seite des Raumhafens. So blieb es ihnen erspart, den umständlichen Weg durch die öffentlichen Massenreisebereiche zu nehmen.
»Das hier ist unsere Ecke.« erklärte Sosul, als sie einen der beiden niedrigen Eingänge zu Bucht 28 passierten. Die runden Wände waren von feinen Staubpartikeln gräulich verfärbt und die Aurebesh-Ziffern der Buchtkennziffer wirkten auffällig definiert, als wären sie gerade erst nachgezeichnet worden. »Und das ist die Thune.« Wie in einem Nest hatte sich der kleine, grasgrüne Frachter niedergelassen, um sich von seiner Besatzung umsorgen zu lassen. Seine Farbe war verblasst, sodass er sich passend in das Bild des in die Jahre gekommenen Raumhafen-Interieurs fügte. Die Laderampe der Thune war heruntergelassen und davor waren ohne ein erkennbare Ordnung hüfthohe Transportkisten verteilt. Ein abgeschalteter Droide stand verloren inmitten der Güter. »Sieht sogar so aus, als wäre jemand zu Hause.« murmelte die Togruta und schob die Hände in die tiefen Taschen der Latzhose. »Oy, Sos‘. Schon zurück?« rief ihr ein Mensch mittleren Alters entgegen, der mit hochgekrempelten Ärmeln auf der Kante einer der Kisten saß und ein abgenutztes Datapad in der Hand hielt. Er warf einen scheinbar überraschten Blick auf sein Chrono. »Das ist Ghato.« bemerkte Sosul an Rifta gewandt, während sie näherkam und kurz eine Hand aus der Tasche nahm, um zurückzuwinken. »Guter Zeitpunkt, sie kann mir hier ein bisschen unter die Arme greifen!« erklang eine weibliche Stimme aus dem Inneren des Transportmittels und bald darauf erschien Fidar, die sich die Hände an einem bereits fleckigen Tuch abwischte. »Sieht aus, als hätten wir Besuch.« stellte sie fest und musterte Riftas auffallend dunkle Kleidung unverhohlen, während sie den Sitz ihres eigenen grauen Overalls korrigierte.
»Ja, richtig. Fidar, Ghato, das ist.. Rifta.« Erst jetzt bemerkte Sosul, dass sie nicht den vollen Namen der Frau kannte. Dann wiederum hatte sie ihre Reisegefährten aus Gewohnheit auch mit ihrem Rufnamen vorgestellt. Mit Rifta zu sprechen, zu sehen, was sie vollbringen konnte, war ihr so ungezwungen erschienen. Nun, da sie den beiden gewöhnlichen Menschen gegenüberstand, mit denen sie die meiste Zeit des letzten Jahres verbrachte hatte, wirkte es, als hätte sie eine Figur aus einem Traum mit in die Realität genommen. Sie erinnerte sich noch daran, dass Rifta ihr angeraten hatte, ihre Gefährten nicht mit Dingen zu verwirren, die diese nicht begreifen würden und jetzt verstand Sosul, was sie damit meinte. »Ist Ket da?«
»Lass‘ mal sehen, ob er Zeit hat.« Ghato legte das Pad vor sich ab, nahm sich einen Schraubenschlüssel, warf ihn im Äquivalent einer Klingel gegen die Wand im Inneren des Raumschiffes und rief nach dem Klatooinianer. »Hat er wieder was verbrochen?« fragte er, nachdem der Schraubenschlüssel unter metallenem Klappern zu Boden gefallen war.
»Nicht, soweit ich weiß. Ich wollte nur mit euch reden.« Sie zuckte betont mit den Schultern. »Also. Ich habe Rifta in der Stadt getroffen, wo sie mir geholfen hat, als einer der Händler einen schlechten Tag hatte. Sie gehört zu einem Orden, der Leute mit besonderen Fähigkeiten ausbildet. Sie basieren auf etwas, das man die „Macht“ nennt. Ich wusste davon nichts, aber euch ist das vielleicht nicht neu?« Schließlich erwähnten beide bei jeder Gelegenheit, dass sie schon jetzt mehr Ecken der Galaxis gesehen hatten, als Sosul je würde. »Sie hat mir angeboten, dass ich auch so eine Ausbildung machen kann. Und ich möchte das Angebot annehmen. Ich weiß, es ist etwas plötzlich -« Ein massiger Klatooinianer bewegte sich schnaufend die Rampe hinunter und blieb mit verschränkten Armen an deren Ende stehen.
»Chuba Koochoo, Soosulchoo.«
»Sut tonka, Ket! Nochuba poonoo.« Sie hatte schon Schlimmeres von Ket gehört, war aber noch immer nicht bereit, sich eine Idiotin nennen zu lassen. Zudem fehlte der gewohnte, neckende Unterton in der schnaufenden Stimme des Mannes. Es machte seine Beleidigung nur persönlicher. Nicht, dass er den Mund halten würde, wenn sie ihn nicht gerade zuklebte. Und dass ihre Angelegenheiten nicht seine waren, hatte er noch nie begriffen.
»Whanaga tah bolla gee suuma u apmasi nawa?« Warum Sie mit jemandem gehen wollte, den sie gar nicht kannte? Die Frage entlockte Sosul ein trockenes Lachen. Sie stemmte einen Arm in die Hüfte.
»Mee dinopa chuba nawa peetch.« Sie war schließlich auch mit ihm und den beiden anderen mitgekommen, obwohl sie sie nicht kannte.
»Do mamo ot nawa um toowa.« Er mochte recht habe, dass ihre Mutter die drei gekannt und ihnen vielleicht auch vertraut hatte. Sosul hob lediglich ihre Augenbrauenpartie.
»Chone mee toowa.« ’Und ich vertraue mir selbst.’
Ket machte einen, dann zwei schnaufende Atemzüge, bevor er weitersprach.
»Chubanta jah grancha boszzi..« Wenn er dachte, sie hätte nicht, was es brauchte, konnte er es nachts den Sternen erzählen.
»Wantawanta, charkee‘una.« Ihre Worte waren fast ein Fauchen, die huttische Sprachmelodie lud beinahe zu scharfen Antworten ein. ‘Was du nicht sagst, Fleischklops, mehr als Dampf ablassen kannst du selbst nicht.‘ Die Worte kamen, ohne dass sie nachdenken musste. Mit Kets mürrischer Art umzugehen, war immer leicht gewesen, da man ebenso mürrisch antworten konnte, ohne anzuecken.
Ghato sah den Anflug eines ausgiebigen Lachens in Fidars Mimik und ergriff rechtzeitig das Wort, damit weder das Wortgefecht eskalieren, noch Fidar in amüsiertes Gelächter verfallen konnte. »Das sind.. unerwartete Neuigkeiten. Vielleicht gehen wir das etwas langsamer an. Wollt ihr euch für nen Moment setzen? Wir müssten noch etwas Nettes bei unseren Getränken haben.« Sosul nickte und war froh über den Themenwechsel und die Gastfreundschaft des Kapitäns der Thune. Den entgeisterten Blick, den Fidar Ghato zuwarf, sah sie nicht. »Ich gehe und hole etwas. Bin gleich zurück.« Mit einem kurzen Blick in Richtung ihrer neuen Begleiterin trat sie hastig in das Raumschiffinnere. Mit den Gedanken zur einen Hälfte bei Rifta und zur anderen bei Ket durchmaß sie die beiden Frachträume und den darauffolgenden, schmalen Gang und gelangte schließlich in eine kleine Kammer. Sie hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit, dass man ihr unterstellen würde, sie wäre nicht für das geeignet, was Rifta ihr anbot. ‘Chubanta boszzi.‘ wiederholte sie ärgerlich in Gedanken, während sie einige Becher und eine Flasche heraussuchte. Die Schubladen schlug sie etwas kräftiger zu, als notwendig. Aber was war, wenn Ket etwas anderes gemeint hatte? Die Togruta hielt für einen Augenblick inne und versuchte sich an ihr Vokabular zu erinnern. Was, wenn er sie nicht einfach beleidigt hatte, sondern meinte, dass sie gar nicht wusste, ob sie jene besonderen Fähigkeiten überhaupt besaß? Bis auf Riftas Worte hatte sie keinen Anhaltspunkt. Bald genug würde sie es erfahren. Und wenn sie Ket einmal wieder traf, würde sie es ihm beweisen. Sie erinnerte sich daran, was Rifta mit dem Händler in der Stadt gemacht hatte. Innerlich noch immer hin und her gerissen, machte sie sich auf den Weg in ihr kleines Quartier, um ihre Sachen zu packen, die sich bereits in einiger Wechselkleidung erschöpften.
»Also,« begann Ghato außerhalb des Schiffes, wurde aber von Fidar unterbrochen. Sie strich sich eine der aus ihrem chaotischen Zopf gefallenen Strähnen aus dem Gesicht und trat auf die Twi‘lek zu. »Ich habe keine Ahnung, wer Sie sind – Rifta. Aber was ich gehört habe, reicht mir, also ersparten Sie zumindest uns, was Sie der Kleinen erzählt haben. Was immer Sie ihr versprochen haben - Missionare wie Sie sind nichts weiter als eine Plage und ich schlage vor – Sie kennen diese Art von Vorschlag, hören Sie wahrscheinlich häufiger – Sie machen sich auf den Weg, bevor Sosul wiederkommt - die Ihnen im Übrigen auch geglaubt hätte, wenn Sie ihr gesagt hätten, dass Sie ihr beibringen könnten, mit den Gedanken einen Löffel zu verbiegen. Besondere Fähigkeiten am Arsch. Übrigens, ich hätte nicht einmal was dagegen, wenn sie was Brauchbares lernt. Sterne, würde ihr sogar guttun, glauben Sie mir. Aber das.. ist nicht einmal ein netter Versuch.« Sie ließ das verdreckte Tuch achtlos auf eine der Kisten fallen und ging an Ghato vorbei zu einer der weiter hinten gelagerten Transportboxen. »Jetzt kannst du, Ghato. Ich habe zu tun.« Der Angesprochene blickte ihr nach und wandte sich dann zu Rifta um. Bedauernd hob er die Arme. »Und ein Ratschlag-« rief Fidar über die Schulter, »ziehen Sie sich was anderes an. Mit dem Aufzug locken Sie keinen an, von Sosul offensichtlich abgesehen, aber das ist keine Kunst. Und wenn Sie sie aus einem anderen.. Grund gerne gehabt hätten, was, wenn ich Sie so ansehe,« sie deutete mit einer Hand etwas Längliches an ihren Schultern an, »ziemlich schräg wäre, würde ich mir zusätzlich noch nen anderen Plan überlegen, so wird das nichts. Aber Sie werden wissen, was Sie tun, Sie sind schließlich der Experte für besondere Fähigkeiten.« Unter ihren Händen erwachte indes der Droide wieder zu halb-bewusstem Leben und Fidar hockte sich vor ihn, um seine Programmierung zu konfigurieren. Ghato wandte sich gelassener an die Besucherin.
»Also, das Wesentliche ist wohl gesagt, auch wenn Fidar ein Schwarzmaler ist, tut mir leid deswegen. Wir sagen ihr, Sie hätten es sich anders überlegt. Sie suchen sich jemand anderen für Ihr - was immer Sie machen - und Sosul hier macht weiter ihren Job. Nichts für ungut, aber selbst wenn sie sonst wer wären, erklären Sie mal einer Togruta-Stammesführerin, dass Sie ihre Tochter in der erstbesten Galaxieecke zurückgelassen haben. Von den Krallen und Zähnen einmal ganz abgesehen – ich habe dort auch ein Geschäft und das setze ich nicht auf’s Spiel.«
Rifta erinnerte sich an die gemeinsame Reise mit Darth Vesperum und ein vielsagendes Lächeln glitt über ihr Gesicht. Doch die Sith würde dieses Wissen nicht Sosul teilen. Noch hatte die junge Togruta es auch gar nicht verdient. Als die beiden Frauen wieder hinaus in die Gasse traten, verbarg Rifta ihre Lekku wieder unter der Kapuze ihres Mantels. Ihre rote Hautfarbe würde sie in jedem Falle als etwas Nichtmenschliches ausweisen – und ihre Begleitung Aufsehen erregen. Doch die meisten Bewohner des Imperiums begnügten sich mit herablassenden Worten hinter ihrem Rücken und besonders Mutige würde die Sith sehr schnell auf andere Gedanken bringen. „Geh voraus, aber halte dich abseits der großen Straßen“, raunte sie Sosul zu und lauschte dann aufmerksam, während die Togruta unbekümmert mehr über ihr Schiff preisgab. Nicht völlig unerwartet, schließlich begleitete sie Sosul gerade dorthin und würde sich bald selbst ein deutliches Bild machen können. In ihrer Aufregung und Vorfreude ließ die junge Frau alle Vorsicht fahren und plauderte mit einer Fremden, vor der sie nichts zu befürchten hatte. Rifta würde bald eine Gelegenheit finden müssen, mit Yuan zu sprechen.
„Mein Pilot und Begleiter kümmert sich um diese Angelegenheiten“, antwortete sie ausweichend und konnte sich Lieutenant Fauns Miene zu dieser Aussage lebhaft vorstellen. „Nun, viele Dinge“, fuhr die Twi’lek fast im gleichen Plauderton wie Sosul fort. „Uns wurde lange Zeit unser Erbe vorenthalten. Nun müssen wir es uns zurückerobern oder neu entdecken. Zu meinen Aufgaben gehört es, Artefakte und Relikte ausfindig zu machen.“ Ihre Miene verfinsterte sich. „Doch heute bin ich hier, um Abtrünnige meines Ordens vor eine Wahl zu stellen – und ja, dazu werde ich die Macht brauchen.“
Ungehindert gelangten die beiden Frauen zum Raumhafen und die Sith bemerkte anerkennend, wie sicher sich die junge Togruta durch die Straßen von Munto bewegte. Das, obwohl sie mit den ‚Gepflogenheiten‘ dieses Planeten offenbar so wenig vertraut war. Diese Art der Intuition war nicht ungewöhnlich bei Machtbegabten. So mancher spätere Jedi oder Sith hatte schon als Kind ein besonderes Talent besessen. Vielleicht war Sosuls untrüglicher Orientierungssinn eine solche Gabe der Macht. Es würde sich zeigen.
Das Innere des Raumhafens, in dem sich die Thune befand, wirkte schäbig und heruntergekommen. Mehr ein Versteck als ein richtiger Landeplatz, doch wahrscheinlich entsprach dies genau den Wünschen der gelegentlich schmuggelnden Crew. Das Schiff passte sich mit seiner verblichenen Farbe perfekt der Umgebung an und willkürlich gestapelte Kisten trugen ebenfalls zur Tarnung bei. Rifta sah sich um und entschied, ihre Lekku wieder zu entblößen. Es erregte unter den Anwesenden im Raumhafen weniger Aufsehen als ihre verhüllte Gestalt.
Bald darauf lernte die Sith auch schon die ersten Crewmitglieder kennen. Die Begrüßung der beiden Menschen war wenig herzlich und vor allem Fidar schien Sosuls Begleiterin ein Dorn im Auge zu sein. Rifta erwiderte die Begrüßung mit höflicher Distanz. Doch ganz wie sie angekündigt hatte, hielt sich die Lethan zunächst im Hintergrund und überließ Sosul das Gespräch. Auf ebenfalls sehr ruppige Art wurde auch der dritte im Bunde hinzugeholt – obwohl es eine Weile dauerte, ehe er sich zeigte.
Als die Togruta gegen ihren Rat die Macht erwähnte, behielt Rifta die Crewmitglieder genau im Auge. Sie waren alt genug, um schon einmal von der Macht gehört oder vielleicht sogar einen leibhaftigen Jedi gesehen zu haben. Doch die erste Reaktion kam von einem breitschultrigen Klatooinianer, der schnaufend aus dem Schiff trat und offenbar einen Streit mit Sosul begann. Rifta verstand die meisten Worte nicht, doch die Togruta schien sich zu behaupten und sich von dem massigen Ket nicht einschüchtern zu lassen. Es freute sie, dass Sosul sie nun endgültig begleiten wollte und vermutlich machte die Reaktion ihrer Begleiter den Abschied umso leichter. Ghato wollte die Situation bei einem Getränk entschärfen. Die Twi’lek erlaubte es sich, ihre innere Zufriedenheit nach außen dringen zu lassen und die Einladung anzunehmen. „Sehr gerne. Ich verstehe, dass all dies etwas plötzlich ist.“
Im Gegensatz zu Sosul, die aufgeregt ins Innere des Schiffes eilte, entging Rifta nicht der entsetzte und dann abschätzige Blick von Fidar. Von der Menschenfrau ging eine unmissverständliche Feindseligkeit aus, die sie auch noch einmal in ihren Worten deutlich machte. Rifta belächelte ihre Kleingeistigkeit und den falsch verstandenen Beschützerinstinkt. Doch entgegen ihrer eigenen Behauptung zog sich die Mechanikerin nicht ganz aus dem Gespräch zurück, sondern machte einige sehr gefährliche Bemerkungen in Gegenwart der Twi’lek. Der Bernstein in ihren Augen begann etwas intensiver zu glühen und jede gespielte Freundlichkeit fiel von Rifta ab. Einige der Werkzeuge und Ersatzteile, die um Fidar herum verteilt lagen, begannen in der Macht zu vibrieren. Kaum merklich, doch es ähnelte dem Schutzkreis, den Sosul um sich herum gezogen hatte.
„Ich habe es mir nicht anders überlegt“, erwiderte die Twi’lek scharf und sah Ghato herablassend an. „Sosul wird mit mir kommen“, ließ sie ihre Kräfte, gepaart mit einer Handgeste auf den Schmuggler wirken. „An meiner Seite kann sie lernen, ihr volles Potential auszuschöpfen und die Galaxis als stolze Kriegerin bereisen – anstatt die Drecksarbeiten eines drittklassigen Schmugglers zu erledigen und sich in den Rattenlöchern eines Raumhafens zu verstecken. Wäre dies nicht ein viel würdigeres Schicksal für die Tochter einer Stammesführerin?“ Mit einem lauten Scheppern fiel ein schweres Metallteil von einer der Transportkisten direkt neben Fidar auf den Boden.
Rifta war nach Commenor gekommen, um sich Abtrünniger ihres Ordens anzunehmen. Vielleicht waren es Verräter? Und vor was für eine Wahl wollte die Twi‘lek sie stellen? In Sosuls Ohren klang das interessanter, als Artefakte zu suchen. Sie mochte Geschichten, befasste sich aber ohne große Leidenschaft mit den Errungenschaften und Niedergängen der Vergangenheit. Offenbar hatten die Artefakte, nach denen der Orden suchte, einen gewissen Wert für ihn. Sie würde Rifta danach fragen, warum diese Gegenstände so besonders waren. Ihrerseits hatte sie nichts in ihrem Besitz, das ihr so wichtig war, dass sie es ständig mit sich herumtrug. Viele Reisende hatten Rücksäcke und Taschen vollgepackt mit Dingen, die sie benötigten. Sosul hatte versucht, bei ihrer Abreise von Shili ebenfalls eine solche Reisetasche zu packen, war aber bald daran gescheitert und hatte nur die Tasche ohne Inhalt eingepackt. Wo diese sich befand, wusste sie nun nicht einmal mehr. Jedenfalls hatte sie sich nie gefüllt.
»Dann los.« sagte sie zu sich selbst und ihre Stimme klang lauter als sonst. Sosul atmete tief ein. Dann ließ sie sich dann zurücksinken. Sie lag mit dem Blick zur Decke auf dem weichen Untergrund, den sie in den vergangenen Monaten als Bett genutzt hatte. Ihre Montrals stießen leicht gegen die Wand und sie ruckte mit dem Kopf zur Seite. Den chemischen Geruch des Raumschiffes nahm sie kaum mehr wahr. Vor zwei Wochen hatte die Crew einen Planeten besucht, dessen Graslandflächen den kleinen Himmelskörper umspannten wie ein Meer. Dort hatte sie bemerkt, dass Wiesen ein Duft zu eigen war, den sie beinahe vergessen hatte. Wie hatte es sich in den morschen Wäldern ihrer Heimat angefühlt? Aus der Wand zu ihrer Seite drang ein leises Surren. ‘Diese Schaltkreise. Oder der.. Ach Fidar, ich hab’s schon wieder vergessen.‘ Das Raumschiff stellte für sie noch immer ein Mysterium dar. Eines, das zudem niemals still war. Selbst jetzt, wo die Thune unbeweglich darauf wartete, dass die Crewmitglieder ihren großen Bauchraum leerten und wieder füllten, führte sie ein geräuschvolles Eigenleben.
Mit einem Stöhnen setzte sich Sosul wieder auf, sah zu beiden Seiten und stellte sich umständlich auf die Beine. Ihr Herz schien in ihrem Hals zu klopfen, sodass sie den Pulsschlag in den anliegenden Lekku spüren konnte.
*
Fidar versteifte sich und knallte den Sensor in ihrer Hand neben hydraulischen Schraubstock auf der Kiste neben ihr. Noch während sie sich umdrehte, wurde sie laut. »Hier gibt es nichts, was Sie sich anders überlegen können. Wenn es Ihnen hier im Rattenloch nicht passt, da hinten geht’s raus. Diese drittklassigen Schmuggler- « aus ihrem Augenwinkel sah sie, wie der Schraubstock von der Kiste zu Boden fiel und sie sprang hastig beiseite, bevor das schwere Metallteil auf ihren Fuß traf. Sie fluchte. Noch während sie versuchte, sich zu erklären, wie der Schraubstock heruntergefallen sein konnte, hörte sie, wie Ket gegen die Türkontrolle des Schiffs schlug, sodass das Laderampe den Eingang verschloss.
Die fleischige Augenbrauenpartie des Klatooinianers legte sich in Falten und verdeckte zur Hälfte die tiefliegenden Augen.
»Jedai.« Das Wort war ein feuchtes Knurren. Darauf folgte ein Strom verwaschenen Huttischs, das Fidar nicht vollständig verstehen konnte. ‘Sie haben schon genug in der Galaxis ..verbrochen? Es ist gut, dass es mit ihnen zuendegegangen ist?‘
Zum ersten Mal jagte Ket ihr einen Schauer über den Rücken. Er baute sich vor der Thune auf. Verschwunden war die äußerliche Trägheit, die ihm stets anhaftete. Die Mechanikerin richtete den Blick auf die fremde Twi’lek. »Was ist hier los? Wer sind Sie?« brachte sie hervor und anstelle ihrer üblichen Bissigkeit lag unterschwellige Nervosität in ihrer Stimme. Etwas an der Frau hatte sich verändert und es waren nicht nur die Lekku, die sie bereits bei ihrer Ankunft nicht länger versteckt gehalten hatte. Ihre Augen –
Ghato drehte sich herum und hob eine Hand. Erwartungsvoll verschränkte Fidar die Arme und wartete darauf, dass ihr Captain der Fremden die Grenzen aufzeigte. »Lass‘ sie gehen.« Er sprach langsam und schien seine Begleiterin anzustarren. Fidar blinzelte und verstand erst im nächsten Moment, dass er nicht von der Twi’lek, sondern von Sosul sprach. »Sie sollte nicht in diesem Rattenloch.. – sie sollte nicht hier sein.« Seine monotone Stimme klang fest und war zugleich voller Bedauern. Vor einer Ewigkeit waren sie in einer Kantina auf Abar gewesen. Der Abend war teuer gewesen, aber die Credits hatten sich gelohnt. Woran Fidar sich nicht gerne erinnerte, war, wie Ghato dort gesprochen hatte. Und ausgerechnet jetzt kam es wieder über ihn? Waren sie wieder einmal nichts wert in der Galaxis? Zu lausig, sogar für die kleine Togruta? »Was soll das, Ghato? Bist du taub? Lassen wir uns einfach so abfertigen?«
Ket drängte sich an ihr vorbei und blieb vor der Twi’lek stehen. Er hatte beobachtet, dass sich nicht nur ihre Augen, sondern auch ihre Haltung verändert hatte. Es lag keine Freundlichkeit mehr in ihren Zügen. Das, was er jetzt sah, schien ihr Wesen zu sein. Die herablassende Boshaftigkeit stand ihr und sie trug ihre Arroganz wie ein extravagantes Abendgewand. Mit einem behäbigen Brummen blieb er vor ihr stehen. Er überragte die Twi’lek um eine Kopfgröße und sah zu ihr herab.
Auf Huttisch teilte er Fidar langsam mit, dass es die Fremde gewesen war, die den Schraubstock von der Kiste geschoben hatte. Und dass Ghato sich komisch verhielt, musste ebenfalls ihr Werk sein. Ob sie die Handbewegung nicht gesehen hätte? »Sosul caba boskat.« Hol‘ dir Sosul und geh‘. Rifta ließ er nicht aus den Augen, während er sprach und wandte sich dann direkt an sie. »Sty-uka, Cheeskar. Sosul mitgehen mit dir - nicht.«
Fidar spürte, wie ihr Körper sich sprungbereit zusammenzog, als sich Adrenalin in ihr ausbreitete und Kets Worte in ihren Gedanken nachhallten. Noch immer verstand sie nicht, was passierte. Aber ihr war nun klar, dass Ket die Frau für sehr gefährlich hielt. Doch wenn sie sich entscheiden musste, wen sie für ihre eigene und die Sicherheit anderer aufgeben müsste, würden es weder Ket, noch Ghato sein. Sie musste sich beeilen. Als sie ging, stand Ghato auf und legte Ket die Hand auf die Schulter.
*
Die Laderampe war verschlossen und nachdem sie ein halbes Dutzend Mal auf das Kontrollpanel geschlagen hatte, gab Sosul auf. Sie sah herab auf die Getränke und Becher in ihren Händen und beschloss, diese an Ort und Stelle stehen zu lassen. Sie würde nicht die Kellnerin für die Crew sein, wenn diese ihr die Tür vor der Nase verschlossen. Trotzdem beeilte sie sich mehr als nötig, um den Passagiereingang am anderen Ende des Schiffes zu nehmen. Das nervöse Gefühl in ihrem Bauch schob sie auf die schwierige Entscheidung, von der sie glaubte, sie getroffen zu haben. Sie sprang aus dem Raumschiff auf den staubigen Boden und sah, wie Fidar um die Ecke der alten Thune kam und ihr entgegentrat.
»Sosul. Wenn du sicher bist, dass du mit ihr mitgehen möchtest-«
»Darüber wollte ich mit euch reden! Kein Grund, mich einzusperren, oder was sollte das?«
»Das war Ket. Lass‘ einmal jemanden ausreden, klar? Ghato versteht, dass du gehen willst. Er gibt dir sogar seinen Segen. Wenn es nach mir geht – ich würd’s nicht tun, aber ich bin auch nicht du.« Sosul nickte. Es war nicht das erste Mal, dass sie unterschiedlicher Meinung waren. »Ket ist das Problem.«, fuhr Fidar fort. »Er ist kurz davor, sich mit.. mit deiner Freundin anzulegen.«
»Poodoo, er ist so ein Hitzkopf!« Sosul schritt an Fidar vorbei, die sie jedoch am Kragen festhielt.
»Ich meine das so, wie ich es sage.« zischte sie. »Ich weiß nicht, was mit ihm los ist, aber er meint es ernst. Wenn du einen Rat willst, geh' jetzt und triff dich woanders mit ihr wieder. So vermeidest du einen gewaltigen Streit.«
»Schön! Ich soll mich auch noch streiten, wenn ich von euch weggehe, ja?«
»Das habe ich nicht gemeint.«
»Wenn er wütend sein will, soll er das mit mir ausmachen.« Sosul konnte sehen, wie sich Fidar auf die Lippe biss. Schließlich schien sie sich zu überwinden.
»Das war Ghatos Idee.« Fidar war nicht entgangen, dass Sosul die Meinung des Freundes ihrer Mutter noch immer am höchsten schätzte. Wenn es half, würde sie sich auf seinen Namen stützen müssen. »Du weißt, dass er Ket am besten kennt. Was du nämlich nicht weißt, ist, dass Ket ein Problem mit Twi’lek hat. Und glaub mir, das ist nichts, dem du im Weg stehen willst.«
Sosul verfiel in Schweigen und sah die Frau an, die ihr nie ganz eine Freundin oder Mentorin gewesen war. Andererseits konnte sie auch nicht sagen, dass sie in Fidar nicht zumindest kurzzeitig das eine oder andere gesehen hatte. Als sie antwortete, klang ihre Stimme kühl und sie hob unwillkürlich das Kinn. »An dem Abend, als du und Ghato auf Abar in der Kantina verschwunden und erst am nächsten Morgen wieder aufgetaucht seid, war ich mit Ket unterwegs. Er wurde fast zum Rancor, weil er schon so lange nicht mehr das Schiff verlassen hatte. Am Ende hat er einen Twi’lek unter den Tisch getrunken und soweit ich das beurteilen kann, haben sie sich blendend verstanden. Ich weiß nicht, warum du mir nicht die Wahrheit sagen willst, aber Lügner frisst der Akul.«
Fidar bemühte sich nicht mehr, ruhig zu bleiben. »Ah, du meinst diesen Tick von dir, wegen dem wir dauernd in Schwierigkeiten geraten? Du weißt nicht, wie die Galaxie funktioniert, Sosul, das habe ich dir schon immer gesagt. Du glaubst, Ket und Ghato haben dich nie angelogen? Denke noch mal darüber nach.«
»Du meinst sie funktioniert so, dass Menschen nicht mit Togruta klarkommen? Oder Aliens insgesamt? Keine Sorge, ich hab‘ es mitbekommen und geholfen hat mir nicht Ghato und auch nicht du oder Ket – sondern Rifta.« Dass ihre Gefährten nicht anwesend gewesen waren, um sie zu unterstützen, war Sosul bereit, für den Augenblick auszublenden. Sie hatte begonnen, angestrengter zu atmen. Es war nicht ihr erster Streit mit Ket oder Fidar, aber selten hatte sie es so ernst gemeint. Wollte sie zu sehr, was Rifta ihr anbot? Aber warum machten ihre Gefährten es ihr so schwer?
»Sei nicht dumm! Diese Twi‘lek ist..« Dann schien sie sich eines Besseren zu besinnen. »Aber mach‘, was du willst.« Dieses Mal hielt die ältere Frau sie nicht auf, als sie zur Rückseite des Schiffes ging.
»Das habe ich vor. Du hast keine Ehre, Fidar. Wenn du jemanden anlügst, hört dir sowieso niemand mehr zu.«
Dann konnte sie um die Ecke blicken und sah, wie Ket Ghato niederschlug. »Ket! Hör auf!« Er fuhr herum und sie konnte für einen Augenblick die blanke Panik in seinen Augen sehen. Dann wurde er wütend. Kaum unterdrückter Ärger verzerrte sein Huttisch und sie hatte Mühe, die gebellten Worte zu verstehen.
»Was machst du hier? Fidar!« Sein Blick traf auf die Mechanikerin, die mit sturer, versteinerter Miene am Rand des Raumschiffes stehen geblieben war. Sie hielt ihm stand und rührte sich nicht.
Sobald sich Sosul überzeugt hatte, dass Ghato nicht blutete und auch noch lebte, nachdem er den Haken des Klatooinianers eingesteckt hatte, stand sie wieder auf. Ihr Blick streifte Rifta, dann ging sie auf Ket zu.
»Es reicht! Warum tust du das?« schrie sie ihn an und bemühte sich nicht, seine Sprache zu wählen. Doch Ket ließ sie nicht aussprechen. Er packte sie mit beiden Armen und hielt sie wie einen Sack Diebesgut eisern schräg vor seinem Körper, als er sich immer schneller in Richtung des Ausgangs der Landebucht bewegte.
Das laute Scheppern von Metall unterbrach die erneute Tirade der Mechanikerin und ganz wie erwartet wich Fidar mit einem irritierten Gesichtsausdruck aus. Dem folgte ein mechanisches Surren, als der Klatooinianer den Schließmechanismus der Laderampe betätigte. Knurrend spie er ihr ein Wort entgegen, auf das erneut ein Wortschwall in der ihr unbekannten Sprache folgte. Riftas Züge umspielte ein fast schon diabolisches Lächeln. Ihre persönliche Mission war soeben um einiges komplizierter und doch auch um einiges interessanter geworden. „Oh, nein. Ich bin kein Jedi“, hauchte die Sith beinahe lautlos in Kets Richtung und registrierte, dass Fidar sich ihr näherte. Ich bin schlimmer. Die Menschenfrau versuchte, sie einzuschüchtern. Doch ihre Bemühungen scheiterten kläglich an ihrer eigenen Unsicherheit und dem Eingreifen von Ghato, den die Macht von der Richtigkeit von Riftas Anliegen überzeugt hatte.
Der Klatooinianer würde sich dagegen nicht so leicht eines Besseren belehren lassen. Er wusste, was sie war – kannte zumindest die Geschichten über Machtnutzer – und sah sie nun eindeutig als Feind an. Bedrohlich baute er sich vor ihr auf, überragte sie um eine Haupteslänge und ließ seinen Schatten weit über sie fallen. Doch die Twi’lek hob stolz das Kinn, um ihm in die Augen zu sehen. Sie konnte ihm vielleicht nicht ihren Willen aufzwingen, aber der grobschlächtige Raumfahrer würde ihr keine Angst machen. Für einige Herzschläge lang war Ald’ana wieder ein Kind auf Ryloth und der lange Schatten eines Mannes fiel auf sie. Hasserfüllt hatte sie ihn angeblickt – und dann mit einem Aufbäumen ihrer Machtfähigkeiten in den Staub geschickt. Auch heute würde sie nicht unterliegen, aber sie musste vorsichtig sein. Rifta wollte die beiden Menschen und den Klatooinianer am Liebsten auf der Stelle niederstrecken. Doch ihrem Jähzorn nachzugeben, würde selbst in diesem abgelegenen Teil des Raumhafens nur unnötige Aufmerksamkeit auf sich ziehen und sie zweifellos Sosul kosten. Das bedeutete nicht, dass die drei Schmuggler den Planeten wieder lebend verlassen würden. Hass konnte warten und gedeihen, um zu süße Rache zu erblühen. Wenn sie die junge Togruta erst sicher in ihrer Obhut wusste, würde Rifta ihre Crew für ihre Unverfrorenheit büßen lassen und sämtliche Spuren verwischen, die Sosul einen Ausweg ermöglichten.
„Das werden wir noch sehen“, erwiderte die Sith herausfordernd und sah nur aus dem Augenwinkel, wie sich Fidar aus der Konstellation löste, um über einen anderen Weg in das Schiff zu gelangen. „Sosul“ hatte sie aus Kets huttischen Worten verstanden, aber mehr auch nicht. Sie musste sich des Klatooinianers entledigen, bevor die Menschenfrau noch eine Dummheit anstellte und mit ihrer künftigen Schülerin unbemerkt verschwinden konnte. Riftas Hand wanderte zu der kleinen Tasche an ihrem Gürtel, in der sie auf solchen Missionen ihre Waffe aufbewahrte. Eine Bewegung aus dem Handgelenk und der gewundene Griff würde in ihre Hand schnellen. Dann blieben ihr Sekundenbruchteile, um auf den Angriff des Klatooinianers zu reagieren und sich zu entscheiden, ob sie ihm ein schnelles Ende bereiten oder ihn vorerst verstümmeln wollte. Er durfte nicht schreien, und sie würde Ghatos Verstand ein weiteres Mal traktieren müssen, damit er ihr beipflichtete, dass sie in Notwehr gehandelt hatte. Oder sie ersparte sich die Scharade, erschlug Ghato ebenfalls und machte sich sogleich an die Verfolgung von Fidar. Kets Körpersprache machte klar, dass die Zeit für Gespräche nun vorbei war. Ein falsches Wort, eine falsche Geste, und er würde sie mit seinen kräftigen Armen attackieren. Rifta veränderte ihren Körperschwerpunkt und brachte die Macht um sich herum wieder zum Flirren. Doch der erste Angriff des Klatooinianers verlief anders, als sie es erwartet hatte…
Ghato hatte einen weiteren Versuch unternommen, eines seiner Crewmitglieder zu beschwichtigen. Unter anderen Umständen hätte Rifta das Chaos genossen, das sie verursacht hatte. Der Mensch legte eine Hand auf die Schulter des knurrenden Riesen, als sich Kets Muskeln anspannten und der Klatooinianer zum Schlag ausholte. Die Twi’lek sprang zurück, aber der Angriff galt nicht ihr. Stattdessen wurde Ghato von der vollen Wucht eines Hakens getroffen und ging bewusstlos zu Boden. Rifta rief ihr Lichtschwert in ihre Hand, doch bevor sie die rote Klinge entzünden konnte, hörte sie die aufgeregte Stimme Sosuls aus Richtung des Schiffes. Sofort fiel ein Schleier aus Angst und Sorge über ihr Gesicht. Ket hatte seine Aufmerksamkeit von ihr abgewandt und starrte in Richtung der beiden Frauen. Während Fidar steinern verharrte, eilte Sosul zu dem Captain der Thune, um zu überprüfen, dass er noch lebte. Der Blick der Sith traf den der Togruta und sie konnte förmlich dabei zusehen, wie sich Sosuls Miene von Entsetzen zu Erleichterung zu blanker Wut wandelte. Mitten in der Konfrontation wurde Sosul von Ket gepackt, der nun in Richtung Ausgang der Landebucht zu spurten begann. Es war wunderschön. Besser hätte es sich nicht entwickeln können.
„Sosul!“, rief Rifta den beiden theatralisch hinterher und nahm die Verfolgung auf. Sie ließ die Macht durch sich fließen, um ihre körperlichen Fähigkeiten zu verbessern, auch wenn dies nie zu ihren besonderen Stärken gehört hatte. Trotz seiner Klobigen Erscheinung und des zusätzlichen Gewichts einer jungen Togruta legte Ket ein ordentliches Tempo vor. Wie eine Peitsche ließ Rifta die Macht durch die kleine Landebucht schnellen, um dem Klatooinianer zurückgelassene Metallteile und anderen Schutt vor die Füße zu werfen und ihn so zu Fall zu bringen. Doch die Kreatur überraschte sie erneut. Ungelenk wich Ket dem ersten Hindernis aus und reagierte nur mit einem grimmigen Brummen darauf, vom zweiten getroffen zu werden. Wahrscheinlich hielt sich die Sith auch selbst zurück, um ihre künftige Schülerin nicht unabsichtlich zu verletzen. Nun doch frustriert von der Jagd suchten ihre glühenden Augen hastig den Eingangsbereich ab und fanden das Kontrollfeld, mit dem die Sicherheitstür der Landebucht für Privatsphäre und Notfälle geschlossen werden konnte. Rifta wandte die Aufmerksamkeit von ihrer Beute ab und ließ ihre Machtsinne durch das entfernte Panel strömen. Betätigte den Sicherheitsschalter und lauschte zufrieden dem verwaschenen Fluchen des Klatooinianers – untermalt von dem dröhnenden Geräusch der sich langsam schließenden Tür, die sich aus der Decke und aus dem Boden schob und damit Ket die Möglichkeit zur Flucht raubte. Draußen blickten ein paar Augenpaare neugierig ins Innere, doch schon bald war das schwere Metallschott weit genug geschlossen, dass sie sich mit anderen Dingen beschäftigen mussten.
Gehetzt wirbelte der Klatooinianer herum, der Sosul noch immer wie in einem Schraubstock gepackt hielt. „Sie gehört mir. Lass sie gehen“, sagte Rita mit finsterer Stimme und hob ihre linke Hand, als würden Fäden daran hängen. Dann drehte sie langsam ihre Handfläche und schloss die Finger zur Faust. Ket wollte ihr wohl gerade wieder etwas entgegenspeien, aber dem bulligen Mann blieben seine Worte im Halse stecken. Langsam kam die Twi’lek näher, hielt noch immer die Faust erhoben und präsentierte in der anderen Hand den Griff ihrer Waffe. Ket begann nach Luft zu schnappen, die Augen weit aufgerissen. „Das ist deine letzte Chance. Oder ihre eigenen Fähigkeiten werden dich in Stücke reißen.“
Die rote Frau rief den Namen der jungen Togruta und Ket lief ein Schauer über den Rücken. Er hatte nicht einmal mehr gewusst, wie sich das anfühlte. Sorge klang in ihrer Stimme mit und ihm war klar, dass der Ruf nur für ein Paar Ohren bestimmt war. Er konnte sein eigenes Schnaufen hören, während schwere Schritte ihn zum nächsten Ausgang der Landebucht trugen. Sosul in seinen Armen machte die Fortbewegung nicht leichter. Sie zappelte jetzt noch heftiger, wie ein panischer Fisch, sodass er fester zupackte. Er konnte hören, wie sie erstickt aufbegehrte. Selbst wenn er ihr wehtat war notwendig, wenn er sie vor etwas weit Schlimmeren bewahren wollte. Ein unförmiges Metallstück bewegte sich aus scheinbar eigenem Willen in seine Richtung. Ket sah es kommen und plante seinen Weg geschickt um die Flugbahn des Wurfgeschosses herum. Konnte er einem weiteren nicht ausweichen, bereitete er sich auf den Aufprall vor. Das war nichts, es entlockte ihm nicht mehr als ein Grunzen.
Loszurennen war keine kluge Idee gewesen. Stehenzubleiben und zu versuchen, die Frau zu bekämpfen, wäre ebenfalls dumm gewesen. Was hätte er tun sollen? Vor ihm schloss sich das große Schott und hinterließ eine kleine Staubwolke, als es auf dem Boden aufkam. Das Geräusch der alten, rostigen Vorrichtung malträtierte sein Gehör. Sein Fluchtweg war versperrt. Sofort drehte er sich um und sah die Twi’lek langsam auf sich zukommen. Der Anblick schien ihm die Luft abzuschnüren. Er begann zu knurren, aber es trat kein Geräusch hervor. Er wollte Luft holen und seine Augen wurden groß.
Erst eine Hand flog zu seiner Kehle. Dann die zweite. Sosul fiel zu Boden und noch während er um jeden Hauch von Sauerstoff ringen musste, trat er mit düsterem Blick vor das Mädchen und der Twi’lek entgegen.
Den dumpfen Schmerz in ihrer Hüfte, dem Knie und ihrem Ellenbogen bemerkte Sosul kaum, als sie auf dem Boden aufkam. Sofort setzte sie sich auf und sprang dann wackelig auf die Beine, noch während Riftas Worte in ihren Gedanken nachhallten. Sie gehörte niemandem – insbesondere nicht Ket, der sie wie eine erbeutete Bantha-Hachse hatte davonschleppen wollen. Ihr Herz klopfte angestachelt von ihrem Ärger auf den Klatooinianer. Die Hände des bulligen Mannes waren um seinen Hals verkrampft. Mit einem Blick erfasste sie die Situation. Nein, nein, nein. »Lasst ihn gehen!« rief sie erschrocken und ihre Stimme klang schrill. Sie sah Ket vor ihrem inneren Auge bereits so zusammenbrechen wie den Händler auf dem Marktplatz. »Hör‘ auf damit! Ket!« wandte sie sich dann an ihren Weggefährten. »Es ist genug!« Er sah sie nicht einmal an. Seine Augen waren fest auf Rifta gerichtet, als könne er sie auf diese Weise bezwingen. Dann blickte er doch zur Seite, als etwas seine Aufmerksamkeit erregte. Seinen Lippen entkam ein weiteres Röcheln und er lächelte.
Fidar hätte sich auch im Dunkeln in der Thune zurechtgefunden. Ihr räumliches Vorstellungsvermögen verlieh ihr die Sicherheit, große und kleine Figurenkomplexe aus allen Blickwinkeln sehen zu können. Zusätzlich hatte sie ein Auge für Details. Ein winziges Einzelteil konnte eine zentrale Funktion eines Raumschiffes beeinträchtigen. Aber den nötigen Überblick und das richtige Maß an Geduld hatten viele. Beides konnte antrainiert werden. Aber Fidar war eine herausragende Mechanikerin, weil sie nicht nur wusste, was sie tat, sondern auch ihren Körper beherrschte. Wenn es um ihre Arbeit ging, blieb sie auch inmitten eines Raumgefechtes ruhig. Manchmal erzitterte ein Raumschiff unter Beschuss oder wegen eines Magnetsturms. Oder auch, weil ein lausiger Pilot am Steuer saß. Darauf konnte sie keinen Einfluss nehmen. Worauf sie sich aber verlassen konnte, waren ihre Hände. Kam es darauf an, waren sie so ruhig in ihrer Haltung und so geschmeidig in ihrer Bewegung wie ein ordentlich festgeschweißtes Scharnier.
Jetzt öffnete sie vorsichtig eine kleine Luke im Bauch der Thune und glitt leise heraus. Am anderen Ende der Bucht sah sie die Fremde. Ihre rote Hautfärbung fing Fidars Blick regelrecht ein. Nicht umsonst färbte die Natur oft auffällig, was gefährlich war. Die Frau stand mit ausgestrecktem Arm Ket und Sosul zugewandt. Fidar musste sich beeilen. Hastig setzte sie ihre Füße voreinander und schlich außerhalb des Sichtfeldes der Twi’lek auf die Gruppe zu. Kurz sah sie auf den Blaster herab, den sie aus der Thune geholt hatte. Ihre Hand zitterte heftig. So sehr sie wollte, gab es nichts, was sie dagegen unternehmen konnte. Fidar betrachtete sie, als sei ihr der eigene Körper fremd. Am liebsten hätte sie die Waffe wieder weggeworfen. Wie sollte sie damit etwas treffen? Sie packte den Blaster mit beiden Händen und hob ihn an. ‘Entscheide dich, verdammt!‘ Sie sollte die Frau erschießen. Was aber, wenn sie sie verfehlte? Konnte sie dann noch den idiotischen Klatooinianer retten? Ket blickte zu ihr herüber und Panik ergriff von ihr Besitz. Wenn er sie bereits bemerkt hatte, dann –
Ket konnte sehen, wie bleich Fidars Gesicht war und sie schien zusammenzuzucken, als er sie ansah. Der Lauf der Waffe schwenkte nach links. Dann schlug die Plasmaladung in seine Brust ein und sein Körper wurde schlaff.
»Er ist nur betäubt.« kommentierte Fidar tonlos und schien sich dann daran zu erinnern, den Blaster sinken zu lassen. Sosul starrte die Frau an und spürte, wie ihre eigenen Beine nachgeben wollten. Sie tat einen Schritt zur Seite und hielt sich aufrecht. Direkt vor ihr war Ket zu Boden gefallen und sie sah ihn unverständig an. Fidar kam langsam näher, wobei sie Rifta nicht aus den Augen ließ. »Heute.. ist nicht sein bester Tag.« Sie schien nach weiteren Worten zu suchen, aber keine zu finden. Ihr Mund schloss sich mit einem Klicken der Zähne. Sosul nickte mit geweiteten Augen und aufeinandergepressten Lippen. Ihr war mit einem Mal kalt.
»Dann.. brecht ihr auf?« Die Mechanikerin klang hölzern. Sosul starrte sie an und schüttelte entgeistert den Kopf. ‘Nicht so!‘ Ihr Blick huschte zu Rifta und es lag Sorge in ihren Augen, vielleicht Furcht. Fidar verzog die Lippen, als ringe sie innerlich mit sich.
»Ich kann ihm, beiden, was ausrichten. Er wird sich aufregen. Aber er wird’s verstehen.«
‘Warum hat er das getan?‘ wollte die Togruta fragen. Aber sie fand keine Stimme für die Worte. »Warum hast du ihn angeschossen?« Die Frage war leichter, klang aber schon in ihren eigenen Ohren sinnlos.
»Manchmal geht Gefahr von anderen aus.« Fidar hielt ihren Blick angestrengt auf Sosul ruhen. »Und manchmal ist man selbst die größte Gefahr. Für sich und andere.« ‘Das ist deine letzte Chance. Oder ihre eigenen Fähigkeiten werden dich in Stücke reißen.' Das Echo hallte ungebeten in ihren Gedanken wider. »Ket war nie gut darin, einfach zu sagen, was er denkt.«
»Das ist aber nicht er.« beharrte Sosul. Fidar lachte trocken auf. Der Laut klang höher als gewöhnlich. »Jähzornig, übellaunig, egoistisch, dickköpfig? Ja, das klingt so gar nicht nach unserem Mauerblümchen hier.«
Der angsterfüllte Blick des Klatooinianers war wie süßer Wein für die dunkle Machtnutzerin. Ket wusste, warum er mit einem Mal nach Atem ringen musste. Er hatte seine Gegnerin unterschätzt und nun zahlte er den Preis. Die kräftigen Hände des Mannes griffen nach seinem Hals und ließen Sosul fallen, doch er konnte nichts gegen sein Schicksal unternehmen. Er hatte sie als Jedi beschimpft, weil er es nicht besser wusste. Er hatte sich als letzter zwischen sie und ihren Preis gestellt und versucht, Rifta ihre Schülerin vorzuenthalten. Damit hatte er sein Leben verwirkt. Die Sith entzündete ihre Waffe nicht, sondern kam stetig auf den Klatooinianer zu. Mit jedem Schritt wurde die unsichtbare Schlinge um seinen Hals ein Stückchen enger. Feine dunkle Äderchen bildeten sich wie gestochene Hautbilder um ihre Augen, die in einem dunklen Bernstein loderten. Die Twi’lek war taub für Sosuls flehende Worte. Doch ebenso wie Ket bemerkte sie etwas anderes, das ihre Aufmerksamkeit erregte. Eine mögliche Gefahr, ein weiterer Störenfried. Die Menschenfrau.
Rifta brauchte den Blick nicht von ihrem Opfer abzuwenden, dessen Miene plötzlich umschwang. Auch wenn er nicht mehr lange bei Bewusstsein bleiben würde, lächelte er. Höhnisch, erleichtert, siegesgewiss? Sie konnte seine Mimik nicht genau deuten. Doch dann erschlafften seine Züge, als er von einem betäubenden Blasterschuss getroffen wurde. Die Twi’lek hatte ihre Waffenhand in eine abwehrende Pose erhoben, aber die Klinge nicht entzündet. Der Schuss hatte nicht ihr gegolten. Fidar besaß anscheinend mehr Verstand als ihr Begleiter. Der glühende Blick der Sith fixierte die Menschenfrau, die ihre Position durch das Projektil verraten hatte. Zwei Stimmen rangen in ihr. Die eine rief ihr zu, dem Klatooinianer das Genick zu brechen und Fidar mit einem Streich ihres Lichtschwerts niederzustrecken. Doch dann wäre ihre Chance auf Sosul ebenfalls vertan. Nein. Du kannst noch warten. Sie werden diesen Planeten nicht lebend verlassen. Spare dir deinen Zorn für die Kultisten auf.
Mit einem tiefen Atemzug schloss die Twi’lek die Augen und öffnete ihre linke Hand. Wie ein nasser Sack fiel der bewusstlose Ket in sich zusammen. Als Rifta ihre Augen wieder öffnete, waren nur noch Schemen der feinen Äderchen zu erkennen und die Glut in ihrem Blick war fast erloschen. Sie bewegte die Finger, als müsste sie Dreck davon loswerden und musterte Fidar mit unverhohlener Warnung. Die Sith hielt sich vorerst aus der Unterhaltung zwischen den beiden Frauen raus, beobachtete und suchte nach einem Faden, an dem sie ziehen konnte, um das spröde Netz zwischen Sosul und ihren Gefährten weiter zu zerstören. „Er hätte es nicht tun sollen“, wandte Rifta schließlich leise ein und träufelte ein wenig Bedauern in ihre Stimme. Als würde es ihr leidtun, dass sie so grob gegen den Klatooinianer vorgegangen war. „Sosul hat eine Entscheidung getroffen und er konnte sie nicht akzeptieren. Auch du“, sagte sie in Richtung von Fidar, „wolltest sie nicht ziehen lassen und hattest vor, diese Waffe gegen mich zu richten. Ich wusste, dass so etwas passieren würde…“ Die Twi’lek schüttelte erbittert den Kopf. „Darum habe ich dich gewarnt, ihnen von deiner Begabung zu erzählen. Sie fürchten, was sie nicht verstehen und vertrauen dir offensichtlich nicht genug, deine eigenen Entscheidungen zu treffen.“
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